Dass das Thema Arbeitszeit auch in diesen Topf hineingehört, ist klar, bietet sich an. Dazu kann ich sagen: Das Kultusministerium hat eine Onlinebefragung gemacht. Wir kümmern uns um den Arbeitsplatz Schule. Das tun wir sehr gründlich, das tun wir wissenschaftlich begleitet. Sie können sich sicher sein, dass wir hiermit einen Prozess initiie
ren, der Wirkung zeigen wird. Selbstverständlich ist nicht auszuschließen, dass im Rahmen dieser Arbeit auch noch eine Studie zur tatsächlichen Berechnung der Lehrerarbeitszeit erfolgen kann, gegebenenfalls auch erfolgen muss. Nur, wir machen das nicht im Schnellverfahren, sondern vor dem Hintergrund eines sorgsam abgewogenen Verfahrens und wissenschaftlich begleitet.
Auch bei diesen Forderungen ist wieder zu bemerken, dass Sie erstaunlich unkonkret bleiben. Denn natürlich wollen Sie vermeiden, sich festzulegen, welche Konsequenzen das gegebenenfalls haben könnte.
Wir werden selbstverständlich im Ausschuss eine weitere Debatte über diesen Antrag führen, und das wird mit Sicherheit an einigen Stellen auch eine sehr kritische Debatte sein.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon spannend, wie die Redner von SPD und Grünen immer wieder die Entwicklung der Lehrersollstunden ins Feld führen.
Wenn man sich die Entwicklung der Lehreriststunden im Vergleich anschaut, stellt man fest, dass es keine großartige Steigerung gegeben hat und noch nicht einmal, wie es notwendig gewesen wäre, die Steigerung für Maßnahmen wie die Absenkung der Klassengrößen, die wir auf den Weg gebracht haben und die Sie fortsetzen, nachvollzogen worden ist.
Das heißt, Sie arbeiten ganz bewusst damit, dass sich die Lehreriststunden im Vergleich zu dem, was man bräuchte, um auf einer tatsächlich guten Unterrichtsversorgung zu bleiben, deutlich verringern, Sie erhöhen aber gleichzeitig die Lehrersollstundenzuweisung, argumentieren mit Lehrersollstunden und werfen sozusagen Nebelkerzen mit diesen Lehrersollstunden, die mit nichts hinterlegt sind. Lehrer, die diese Lehrersollstunden unterrichten sollen, gibt es einfach nicht, weil Sie sie nicht
Aber ich glaube, draußen interessiert sich niemand für all diese statistischen Berechnungen. Fakt ist: Das Thema Unterrichtsversorgung in Niedersachsen ist morgens, mittags, abends Gesprächsthema in den niedersächsischen Familien, weil es kaum einen Tag gibt, an dem die Kinder pünktlich, wie im Stundenplan ausgewiesen, zur Schule müssen oder erst dann nach Hause kommen, wenn es im Stundenplan ausgewiesen ist.
Der Regelfall ist mittlerweile, dass an drei von fünf Tagen Unterricht ausfällt und dass sich Eltern fragen: Wie soll denn mein Kind eigentlich noch lernen? - Und Sie führen hier Diskussionen, Herr Kollege Strümpel, über die Entwicklung von Unterrichtsqualität!
Ich sage Ihnen einmal eines - und das wissen die Eltern ganz genau -: Die Grundlage für Unterrichtsqualität ist, dass Unterricht überhaupt stattfindet. Und das ist das große Manko in diesem Land.
Sie müssen endlich begreifen, dass massiv Unterricht ausfällt. Mittlerweile reden wir nicht mehr davon, dass Ganztagsangebote nicht mehr gegeben werden können, sondern davon, dass Pflichtunterricht in diesem Bundesland ausfällt und nicht erteilt wird, und zwar nicht etwa durch Krankheitsfälle, sondern wegen von vornherein fehlender Lehrkräfte.
Deswegen habe ich die ganz konkrete Frage, die die Ministerin vielleicht gleich beantworten kann: Kann die Kultusministerin sicherstellen, dass an allen niedersächsischen Schulen aktuell in diesem Schuljahr der Pflichtunterricht erteilt wird, oder kann sie es nicht? - Ich sage Ihnen: Sie kann es nicht, weil sie den Laden nicht mehr im Griff hat.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Björn Försterling, Sie werfen Nebelkerzen, finde ich, und nicht wir. Ich will das einmal umdrehen.
Meine Erfahrung ist: Wenn Unterricht ausgefallen ist, egal wer regiert hat, gab es immer Klagen. Die wird es auch hier geben. - Das ist der erste Punkt.
Zweiter Punkt: Sie spielen Einzelbeispiele hoch. In meiner Umgebung ist mir kein einziges Beispiel bekannt, wo an drei von fünf Tagen Unterricht ausfällt. Ich habe nachgefragt. Das heißt: Sie suchen sich bewusst die Schwachstellen heraus - die es immer gegeben hat.
Dritter Punkt: Zu den Lehreriststunden will ich Ihnen ebenfalls rein sachlich etwas sagen. Auch da sind Sie nicht auf dem Laufenden. Sie berücksichtigen dabei Folgendes nicht: Jetzt stellen wir uns ja den Herausforderungen mit 2 800 Lehrern. 700 Stellen konnten nicht besetzt werden. Diese Schwierigkeiten hätte jeder. Dass die Zahl der Lehreriststunden stabil geblieben ist, bedeutet mehr Unterricht; denn in den letzten Jahren hat es weniger Klassen und weniger Schüler gegeben. Daher ist die Entwicklung der Lehreriststunden in den vergangenen Jahren ein Fortschritt gewesen.
Insofern müssen Sie hier einmal redlich und sachlich diskutieren und nicht immer nur auf Populismus machen.
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Strümpel, es ist Realität, dass Unterricht ausfällt. Das müssen Sie anerkennen. Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, es fällt kein Unterricht aus - denn die Realität, die die Eltern und die Schüler gerade in Niedersachsen erleben, ist eine ganz andere.
Es ist faktisch so, dass Pflichtunterricht nicht mehr erteilt werden kann. Das haben Sie gerade auch wieder anders behauptet.
Und dann sagen Sie, die Entwicklung der Lehreriststunden hat dazu geführt, dass die Situation besser geworden ist - weil es weniger Schüler gibt.
Sie können sich nicht je nach Situation aussuchen, ob es jetzt weniger oder mehr Schülerinnen und Schüler sind, sondern müssen einfach dafür sorgen, dass die Schüler, die es in Niedersachsen gibt, auch den Unterricht bekommen, den sie erhalten müssen.
Deswegen noch einmal ganz konkret der Hinweis: Ich möchte gerne von der Ministerin wissen: Wird der Pflichtunterricht in Niedersachsen aktuell erteilt, ja oder nein?
Vielen Dank, Herr Försterling. - Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor.
Vorgesehen ist die Beratung im Kultusausschuss. Wer so abstimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist dann so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 32: Erste Beratung: Rechtsreferendariat praxisnah und familienfreundlich gestalten - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/6245
Eingebracht wird der Antrag durch die Kollegin Kathrin Wahlmann, SPD-Fraktion. Frau Wahlmann, Sie haben das Wort. Bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Niedersachsen verfügt über hervorragende Juristinnen und Juristen -
in der Justiz, in der Anwaltschaft, in der Verwaltung, in der Wirtschaft, in Gewerkschaften und in Verbänden. Das ist auch notwendig. Unser Staat, unsere Gesellschaft würde ohne ein intaktes Rechtssystem nicht funktionieren.
Das, was wir hier im Landtag machen, was unsere Kolleginnen und Kollegen im Bundestag machen, was auch unsere Kolleginnen und Kollegen in anderen Landtagen tun, ist, Recht zu setzen. Wir beraten und verabschieden Gesetze - Regeln, die in unserer Gesellschaft gelten. Wir geben die Struktur, die dazu beiträgt, unsere Gesellschaft zusammenzuhalten.
Leider können wir in dem Recht, das wir setzen, nicht alle Eventualitäten abbilden. Vieles ist allgemein. Nicht alle Einzelfälle sind berücksichtigt. Manches ist auslegungsbedürftig. Hier schlägt dann die Stunde der Juristen - derjenigen, die gelernt haben, mit solchen Fällen umzugehen.
Aber auch dann, wenn Unklarheit besteht, wie ein Sachverhalt genau abgelaufen ist, wenn Straftaten verübt worden sind oder wenn komplizierte Verträge geschlossen werden sollen, wenn Grundstücke verkauft oder Erbschaftsangelegenheiten geregelt werden sollen, brauchen wir Juristinnen und Juristen, und zwar im besten Fall solche, die nicht nur Jura können, sondern auch weitere Fähigkeiten haben, sogenannte weiche Faktoren; heute sagt man auf Neudeutsch auch Soft Skills.