Jetzt behaupten die Gegner des Pflegeberufsgesetzes, dass Ausbildungsbetriebe künftig nicht mehr ausbilden würden, weil die Azubis zu kurz im Betrieb und viel außerhalb seien. Auch das wurde gerade angedeutet. Das überzeugt aber nicht. Denn durch die Kooperation mit anderen Ausbildungsbetrieben und den Austausch von Auszubildenden lernen die Ausbildungsbetriebe auch zusätzliche Auszubildende kennen und können versuchen, sie für sich zu gewinnen.
Richtig ist - das haben wir gerade gehört -, dass auf Pflegeschulen und Fachseminare große Herausforderungen zukommen. Aber die Modellvorhaben haben gezeigt, dass sich das alles bewältigen lässt, beispielsweise durch die Gründung von Ausbildungsverbünden.
Sehr positiv ist, dass das Pflegeberufsgesetz Jugendlichen mit Hauptschulabschluss und ergänzenden Qualifikationen die Möglichkeit der Ausbildung zur Pflegefachkraft offenhält. Hier sind die Bundesländer gefordert, auch zukünftig Helfer- und Assistenzausbildungen zu gewährleisten als Einstieg in die Ausbildung zur Pflegefachkraft. Diese neukonzipierte Ausbildung werden die Hauptschüler auch schaffen.
Der große Widerstand vor allem aus den Reihen der privaten Verbände hängt auch damit zusammen, dass die Bezahlung der KrankenpflegeAzubis im Allgemeinen tarifvertraglich geregelt ist. Das geht aber leider nach wie vor nicht in der Altenpflege. So ist im Tarifausschuss des Wirtschaftsministeriums die Allgemeinverbindlicherklärung des Azubi-Tarifvertrages zur Jahreswende leider gescheitert. Dort muss wieder ein neuer Anlauf unternommen werden. Wer Tariflohn an seine Azubis zahlt, der braucht vor der Generalistik-Ausbildung gemäß Pflegeberufsgesetz keine Angst zu haben.
Wir freuen uns sehr, dass Diakonie und Caritas nach wie vor sehr engagiert das Pflegeberufereformgesetz unterstützen. In beiden Verbänden ist ein sehr großer Teil der Pflegeeinrichtungen in Deutschland zusammengeschlossen - vom ambulanten Bereich bis hin zu den Pflegeheimen. Aufgrund dieser vielfältigen und langjährigen Erfahrungen sagen Diakonie und Caritas übereinstimmend: Es gibt nun einmal den Fachkräftemangel in der Pflege. Das Pflegeberufsgesetz macht den Pflegeberuf attraktiver und schafft ein modernes
und durchlässiges Pflegebildungssystem im Sinne des lebenslangen Lernens. Dabei haben die Pflegekräfte am Ende ihrer Ausbildung auch genügend spezifische Fachkenntnisse, lieber Kollege Försterling. Das lässt sich gut an den Konzeptionen zur neuen Ausbildung erkennen. Wer da seine Vertiefungskurse, Pflichtkurse und Orientierungskurse macht, kann in der Kinderkrankenpflege auf mindestens 1 100 Stunden in der praktischen Ausbildung kommen. Das entspricht in etwa dem, was bisher in der praktischen Ausbildung gegolten hat. Deshalb muss das Pflegeberufsgesetz nach Auffassung der CDU-Fraktion möglichst schnell ins Gesetzblatt.
Vor einigen Wochen haben sich bei einer BundLänder-Besprechung in Berlin alle gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU auf Landesebene zusammen mit dem Bund einstimmig für das Pflegeberufsgesetz ausgesprochen und die Verabschiedung noch in der laufenden Wahlperiode des Bundestages angemahnt.
Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt und damit auch der Bedarf an Fachkräften. Damit ist es höchste Zeit, in den Pflegenachwuchs zu investieren und dafür zu sorgen, dass die Pflegeberufe attraktiver werden. Deshalb ist der FDP-Antrag abzulehnen.
Vielen Dank, Herr Dr. Matthiesen. - Ich erteile jetzt der Kollegin Filiz Polat, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit über 20 Jahren wird nun schon über eine Reform der Pflegeausbildung diskutiert. Über die Ziele sind wir uns im Grundsatz alle einig. Wir müssen die Pflegeausbildung attraktiver gestalten, um mehr Fachkräfte zu gewinnen, und der Pflegeberuf muss heute schon den vielen Herausforderungen gerecht werden: dem Wandel des Krankenhausspektrums, des Krankheitsspektrums, dem demografischen Wandel, aber auch dem medizinischen Fortschritt.
Über den Weg dahin sind wir uns mal wieder nicht einig. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP - ich nehme es gleich vorweg, bevor Sie die Zwischenfrage stellen: auch bei den Grünen sind
wir uns nicht ganz einig -, Sie konstatieren in Ihrem Antrag, die Generalistik würde die Ausbildungsqualität gefährden. Ich empfehle Ihnen, einen Blick in die Curricula der einzelnen Ausbildungen zu werfen. Wir selber haben mit den verschiedenen Pflegeschulen gesprochen. Die unterschreiben das, was ich gleich sagen werde. Denn Sie werden feststellen, dass es eine Vielzahl von Überschneidungen gibt.
Natürlich werden in der einheitlichen Ausbildung nicht alle bisherigen Spezifika vermittelt werden können. Die Arbeitsfelder von Pflegekräften sind nämlich sehr vielfältig. Wenn man sich allein die Krankenpflege anschaut, ist es schon ein Unterschied, ob man in der Chirurgie, in der Inneren Medizin oder in der Endoskopie arbeitet. Auch in der Alten- und Kinderkrankenpflege ist es das Gleiche: Pflegeheim, Demenz-WG, Ambulanter Dienst, Neugeborenen-Station oder Kinder- und Jugendpsychiatrie erfordern spezielle Kenntnisse, die auch heute schon nicht alle in den einzelnen Ausbildungen vermittelt werden können. Deshalb ist eine breite Basisqualifikation nur folgerichtig, um Kompetenzen zu vermitteln, die Handlungsfähigkeit im gesamten Berufsleben und die Anpassung an die jeweils spezifischen Anforderungen einzelner Arbeitsbereiche zu ermöglichen. Das haben auch die Ministerien im Ausschuss deutlich gemacht. So hat es sich in vielen anderen Berufsfeldern auch bewährt.
Sie prognostizieren in Ihrem Antrag - Herr Försterling, Sie haben das in Ihrem Beitrag wiederholt - einen Abbau der Ausbildungskapazitäten. Das Gegenteil wird jedoch der Fall sein. Durch die Ausbildungsumlage, die in Niedersachsen ohnehin in Vorbereitung ist, wird es für Einrichtungen deutlich attraktiver, selbst auszubilden - siehe NRW, wo die Anzahl der Ausbildungsplätze seit der Einführung der Umlage um 40 % gestiegen ist. Gleichzeitig wird die verpflichtende Vergütung die Ausbildung deutlich attraktiver machen. Vor allem in der derzeitigen Altenpflegeausbildung ist es ein großes Problem, dass Auszubildende gar keine oder eine nur sehr geringe Vergütung erhalten. Wir müssen hier über unsere Landesgrenzen hinaus gucken; denn der Fachkräftemangel ist ein deutschlandweites Problem. In einigen anderen Bundesländern gibt es z. B. noch gar keine Schulgeldfreiheit.
Als dritten Punkt kritisieren Sie in Ihrem Antrag die Umlagefinanzierung. Die Diskussion über die Verfassungsmäßigkeit von Umlageverfahren gibt es immer wieder aufs Neue. Bisher war jedoch noch
Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass die Bundesregierung den einen oder anderen Aspekt an ihrem Gesetzentwurf auch im Hinblick auf die Hinweise des Bundesrates noch einmal überarbeitet. Auch darüber wurde im Ausschuss berichtet.
Im Grundsatz halten wir die generalistische Pflegeausbildung für den richtigen Weg, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und Pflegekräfte für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu wappnen. Deshalb werden wir den Antrag ablehnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Polat. - Das Wort hat jetzt für die SPD-Fraktion Herr Kollege Uwe Schwarz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen von Herrn Dr. Matthiesen und Frau Polat weitgehend anschließen. Das wird nicht verwundern, weil wir diese Identität schon bei der ersten Beratung hier hatten. Herr Försterling, ich kann nur daran erinnern: In der vorherigen Legislaturperiode gab es Entschließungsanträge von CDU und FDP, bei denen sich auch die FDP für eine Generalisierung ausgesprochen hat. Insofern wird es Gründe für Ihre Kehrtwendung geben.
Wir halten den Antrag weder für zutreffend noch für zielführend, noch halten wir ihn für zeitgemäß. Ich bedaure auch, dass der Änderungsantrag der CDU nicht gleich mitberaten werden kann. Ich glaube, den hätten wir hier gleich ergänzend verabschieden können.
Sie stellen in Ihrem Antrag fest, das Reformgesetz könne die Qualität der Ausbildung und Vermittlung der Kompetenzen gefährden. Das ist eine durch nichts belegte These. Sie wird von fast allen Fachleuten so nicht gesehen, sondern fast alle sind der Überzeugung, dass eine Generalisierung mehr als überfällig ist.
Sie weisen darauf hin - das haben Sie soeben auch getan -, das werde negative Auswirkungen auf die Ausbildungsbereitschaft haben. Ich kann
dazu nur sagen: Ich stelle in der Praxis vor Ort fest, dass ganz viele Krankenhäuser und ganz viele Alten- und Pflegeheime unterwegs sind, um sich für den praktischen beruflichen Teil ihre Partner in der jeweils anderen Profession zu suchen. Sie gehen alle davon aus, dass dieses Gesetz zum 1. Januar 2018 in Kraft treten wird.
Auch Ihre Darlegungen zur Umlagefinanzierung - Frau Polat hat darauf hingewiesen - sind so nicht richtig. Richtig ist, dass die Thematik der Umlagefinanzierung ausprozessiert ist mit dem Ergebnis, dass sie praktiziert werden kann. Richtig ist auch, dass in den Bundesländern, in denen sie praktiziert wird, deutliche Zuwächse in der Ausbildungsbereitschaft vorhanden sind. Im Sozialausschuss ist darauf hingewiesen worden, dass es allein in Nordrhein-Westfalen über 40 % sind. Das ist schon eine stolze Größenordnung.
Wenn wir uns die Ausgangslage vor Augen führen, so müssen wir feststellen: Wir haben es in der Alten- und Krankenpflege historisch mit unterschiedlichen Ausbildungssystemen, mit sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen und in allererster Linie mit einer deutlich unterschiedlichen Bezahlung zu tun. Es gibt überhaupt keinen erkennbaren und nachvollziehbaren Grund dafür, dass die Altenpflege teilweise bis zu 20 % hinter der Bezahlung in der Krankenpflege hinterherhinkt. Das ist systemrelevant, und das kann unseres Erachtens so nicht bleiben.
Die Aufgaben zwischen der Krankenpflege und der Altenpflege sind schon lange sehr, sehr fließend; das wissen wir alle. Wer heute im ambulanten Pflegedienst unterwegs ist, führt an derselben Person sowohl die Grundpflege als auch die Behandlungspflege durch. Das heißt, dass Kenntnisse in der Altenpflege und Kenntnisse der Krankenpflege vorhanden sein müssen. Die gleiche Situation stellt sich im Alten- und Pflegeheim. Wenn heute pflegebedürftige Menschen in das Krankenhaus kommen, womöglich mit demenziellem Hintergrund, dann benötigt man Krankenpflegepersonal, das hohe Kenntnisse in der Altenpflege hat. Insofern ist es mehr als überfällig, dass hier eine gemeinsame Grundausbildung stattfindet, die sich hinterher spezialisiert. Fast 90 % der notwendigen pflegerischen Grundkenntnisse sind in allen Pflegeberufen identisch.
Deshalb kann ich nur sagen: Dieses Gesetz mit dem Datum 1. Januar 2018 ist für uns ein Ergebnis von 20 Jahren politischer Arbeit. Wir haben das
Es wird dazu führen, dass die Ausbildung zukünftig in allen Pflegeberufen kostenfrei ist und in allen Pflegeberufen eine Ausbildungsvergütung gezahlt wird. Allein das ist schon ein super Ergebnis. Es wird dazu führen, dass die neue Pflegeausbildung einheitlich aus einem Landespflegefonds finanziert wird, dass die Ausbildung grundsätzlich drei Jahre dauert und dass sie nach wie vor als Einstieg für Personen mit mittlerer Reife und für Hauptschüler offen bleibt. Damit bleibt es bei dem Sonderweg im Berufszugang. Auch das ist extrem wichtig.
Wir werden natürlich auch einen Sondergang für die Kinderpflege haben, wenn es um die Qualifizierung geht.
Meine Damen und Herren, überhaupt nicht genug zu würdigen ist, dass - das sage ich ganz bewusst - mit einer teilweise systembedingten Ausbeutung von Altenpflegerinnen und Altenpflegern Schluss sein wird und dass auch mit der Methode der Gewinnmaximierung auf dem Rücken von Pflegekräften Schluss sein wird, weil es dort später eine gemeinsame finanzielle Grundlage geben wird.
Dass das einigen Akteuren nicht gefällt, kann ich nachvollziehen. Wenn ich auf der Anbieterseite stünde, hätte ich vielleicht auch das Interesse, so wenig wie möglich zu bezahlen. Wenn ich aber einen Schritt weiterdenke, hätte ich vor allen Dingen das Interesse, eine hochwertige und hoch qualifizierte Pflege bieten zu können, bei der ich auch die Wertschätzung der Pflegekräfte unterstreiche. Insofern ist dieses Pflegeberufegesetz für uns eine wirklich dringende Notwendigkeit.
Ich bin außerordentlich dankbar dafür, dass dieser Gesetzentwurf im Februar dieses Jahres im Bundesrat mit 15 : 1 begrüßt worden ist und begleitet wird. Im Gegensatz zu Ihrem Entschließungsantrag können wir die Landesregierung nur dringend bitten, dieses Bemühen fortzusetzen und alles zu tun, damit nach einer 20-jährigen Debatte endlich die generalistische Pflege in Deutschland in Kraft tritt. Das wird den Beruf massiv aufwerten, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Kollege Schwarz. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt Frau Sozialministerin Rundt das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bund hat im Januar 2016 einen umfassenden Gesetzentwurf zu einer generalistischen Ausbildung in der Pflege vorgelegt. Heute diskutieren wir hier den Antrag der FDP, der die Sinnhaftigkeit zumindest von Teilen dieser Reform in den Punkten Ausbildungsqualität und -kapazitäten infrage stellt. Dieser Antrag wurde bereits im AprilPlenum beraten, wurde dann umfassend im Ausschuss diskutiert und dort einstimmig abgelehnt.
Damit steht eigentlich fest, dass wir einen sehr breiten politischen Konsens über die Richtigkeit dieses Vorhabens haben. Auch die Landtagsfraktion der CDU unterstützt in ihrem Entschließungsantrag „Generalistik jetzt“ die Bestrebungen des Bundes und der Landesregierung. Auch die FDP in Niedersachsen hatte sich im Jahr 2009 als Koalitionspartner der CDU für eine entsprechende Reform eingesetzt.
Diese Reform wird auch funktionieren, weil ca. 90 % der Ausbildungsinhalte bisher identisch sind. Deshalb stehen auch die Altenpflegeschulen durchaus vor Herausforderungen, aber vor Herausforderungen, die sie bewältigen können.
Der Gesetzentwurf zur Reform der Pflegeausbildung ist notwendig und längst überfällig. Ich will aber auch sagen, dass wir als Landesregierung nicht alle Überlegungen im Detail des jetzigen Gesetzentwurfs teilen. Das heißt, die Länder haben die notwendigen Änderungen bereits in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.
Wichtig ist, dass generalistisch ausgebildete Pflegekräfte für die Versorgung von Menschen aller Altersgruppen umfassend qualifiziert sind. Sie sind vielseitiger in allen Arbeitsfeldern und Versorgungsformen ausgebildet. Das erhöht die Attraktivität des Berufs, und das ist gut für die Gewinnung von Nachwuchskräften.
Auch das geplante Umlageverfahren wird die Ausbildung in finanzieller Hinsicht deutlich gerechter machen als bisher; denn die Ausbildungskosten werden dann auf alle Unternehmen umgelegt. Das
wird also das Ende der Trittbrettfahrer bedeuten und wird auch viele Unternehmen zur Ausbildung motivieren. Was die Trittbrettfahrer betrifft, so sind das natürlich auch diejenigen, die sich gegen dieses Gesetz wenden.
Es gibt auch einen positiven Effekt der Generalistik, von dem weit überwiegend Niedersachsen profitieren wird. Bei generalistischer Ausbildung wird es nämlich kein Argument mehr für eine unterschiedliche Bezahlung von Altenpflege- und Krankenpflegekräften geben. Diese in Niedersachsen unterschiedliche Bezahlung in einer Größenordnung von 27 % zulasten der Altenpflege führt bereits jetzt dazu, dass Altenpflegerinnen gerne als gesuchte Fachkräfte in Krankenhäuser gehen, wo sie deutlich mehr verdienen. Wir brauchen also eine Angleichung der Gehälter, um auch zukünftig noch genügend Altenpflegerinnen zu haben.
Auch hier ist klar: Diejenigen, die als gewinnorientierte Unternehmen derzeit von diesem Gehaltsgefälle profitieren, wettern naturgemäß gegen die Generalistik.
Der Gesetzentwurf stellt also im Ergebnis alle Bereiche der Pflege auf eine zukunftsfeste Grundlage und wird deswegen von uns deutlich befürwortet.