Um diese Vorgänge zu klären, ist eine Vorladung von Herrn Christian Wulff vor einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss notwendig, um ihn persönlich unter Eid zu diesen Vorgängen Stellung beziehen zu lassen.
(Beifall bei der LINKEN - Lachen bei der CDU - Hans-Christian Biallas [CDU]: Das ist ja abenteuerlich!)
Meine Damen und Herren, auch die Rolle weiterer Unionsfunktionäre, welche später Mitglieder der Landesregierung wurden, bedarf einer genaueren Untersuchung. In diesem Filz scheint nichts ausgeschlossen zu sein.
Ferner muss aufgeklärt werden, in welchem Maß etwa Sachmittel der Wolfsburger Stadtwerke wie Dienstfahrzeuge, Handys oder Computer im Rahmen des Wahlkampfs in Anspruch genommen worden sind; denn auch die Nutzung von Dienstwagen und Diensthandys öffentlicher Unternehmen für eine Partei ist rechtswidrig. Daher muss dringend offengelegt werden, wie die Abrechnung darüber mit den Stadtwerken gestaltet worden ist.
Genauso von Interesse ist es, ob es nach Bekanntwerden der Vorgänge zu Verhandlungen zwischen der CDU Niedersachsen und den Wolfsburger Stadtwerken über mögliche Ausgleichszahlungen kam und zu welchem Ergebnis man dabei gekommen ist.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, es gibt mehr offene Fragen, als es der CDU Niedersachsen recht sein kann. Auch und vor allem aus Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land ist es zwingend erforderlich, endlich Licht ins Dunkel zu bringen und diesen Filz zu durchkämmen.
Die Vorwürfe sind viel zu gewichtig, um sie einfach aussitzen zu können. Es handelt sich nicht um eine kommunale Lappalie, ganz im Gegenteil.
Ich appelliere also an die Oppositionsfraktionen, sich unserem Antrag auf Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchsausschusses anzuschließen. Ich appelliere ebenso an die Regierungsfraktionen, vor allen Dingen natürlich mit Blick auf die CDU, diesen nach besten Kräften zu
unterstützen, und zwar nicht nur mit warmen Worten. Denn Sie tun dies nicht für uns, Sie tun dies für die Glaubwürdigkeit Ihrer Partei
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was auf den ersten Blick wie ein Provinzkrimi daherkommt, in dem man nicht genau ausmachen kann, wer die Guten und wer die Bösen sind, das könnte auf den zweiten Blick eine Geschichte werden, in der es um viel mehr geht als um Handyrechnungen oder zweckfremde Nutzung von Dienstfahrzeugen. Wenn die Vorwürfe stimmen würden, die bisher unwiderlegt im Raum stehen, dann hätten wir es mit einem veritablen Parteienfinanzierungsskandal zu tun, in dem auch Mitglieder dieser Landesregierung eine Rolle spielen würden, zumindest Ministerpräsident McAllister und der ehemalige Pressesprecher der Landesregierung, Herr Glaeseker.
Für beide gilt, dass sie mit den Modalitäten des Landtagwahlkampfs 2002/2003, um den es maßgeblich geht, bestens vertraut gewesen sein müssen. Deshalb gehört das Thema zweifelsohne in den Landtag.
Die Selbstbezichtigung des Herrn Nahrstedt, er sei bei vollem Gehalt für Wahlkämpfe der CDU freigestellt worden, scheint immerhin so plausibel, dass die Staatsanwaltschaft ermittelt, die Stadtwerke Wolfsburg einen Wirtschaftsprüfer eingesetzt haben und Bundestagspräsident Lammert prüfen lässt, ob ein Verstoß gegen das Parteiengesetz vorliegt. Von Pappe ist das nicht, und vor allen Dingen gibt es keinen Grund, von Klamauk zu reden, Herr Thiele, wenn von der Linken ein Untersuchungsausschuss gefordert wird. Denn Fakt bleibt erst einmal: Der Verdacht der illegalen Par
Im Gegenteil. Es gibt Zeugen, die die Behauptungen des Herrn Nahrstedt stützen, und Widersprüche, die bisher nicht aufgeklärt werden konnten. Die Antworten auf die Dringliche Anfrage heute Morgen haben auch nur die Unschuldsbeteuerungen wiederholt, die wir seit Wochen hören.
Ministerpräsident McAllister hat damit heute aus unserer Sicht eine Chance verpasst, sich zu den im Raum stehenden Vorwürfen, er könne ein Mitwisser der damaligen Wahlkampftaktiken gewesen sein, zu erklären. Herr McAllister, Sie haben gegenüber den Medien mehrfach betont, dass an den Vorwürfen nichts dran sei. Aber einen Gegenbeweis sind Sie bisher auch schuldig geblieben.
(Beifall bei den GRÜNEN - Wilhelm Heidemann [CDU]: Das ist ein Witz, was Sie sagen! - Karl-Heinrich Lang- specht [CDU]: Wir leben hier in einem Rechtsstaat!)
Das ist jedenfalls kein Thema zum Aussitzen. Sie sind nicht in der Situation, Aufklärung zu fordern, sondern Sie müssen sie herbeiführen.
Meine Damen und Herren, der Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung - und um nicht weniger geht es hier - rührt an ein ebenso fundamentales wie sensibles Prinzip der Demokratie: das Prinzip des Fairplay, das im Parteiengesetz verankert ist. Dieses Prinzip ist Voraussetzung dafür, dass demokratisch legitimierte Mehrheiten auch von denen akzeptiert werden, die sich andere Machtverhältnisse gewünscht hätten, und damit eine Voraussetzung für das Funktionieren unserer Demokratie. Jeder noch so vermeintlich kleine Verstoß setzt die Glaubwürdigkeit derer aufs Spiel, die im Rausch des Die-nächste-Wahl-gewinnen-Wollens schon einmal fünf gerade sein lassen wollen.
Herr Ministerpräsident McAllister, Sie waren einer der Hauptverantwortlichen im Landtagswahlkampf 2003, wenn auch nur kurze Zeit. Schon aus eigenem Interesse sollten Sie endlich aus der Defensivhaltung des Dementierens herauskommen und offensiv zur Aufklärung beitragen.
Denn eines steht fest: Solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, stehen Vorwürfe im Raum, die auch Ihre Integrität in Zweifel ziehen können.
Damit bin ich beim Antrag der Linken. Werte Kollegen, Ihr Antrag zur Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist zum jetzigen Zeitpunkt aus unserer Sicht wenig hilfreich. Das Recht des Parlaments, Untersuchungsausschüsse einrichten zu können, ist eines der vornehmsten Rechte der Opposition, mit dem man entsprechend vorsichtig umgehen sollte.
Meine Damen und Herren, der Fall ist aus unserer Sicht sicherlich noch längst nicht geklärt. Es gibt erst Recht keinen Grund, schon heute einen Untersuchungsausschuss auszuschließen. Aber ihn jetzt schon einzusetzen, hieße, das Pulver zu verschießen, bevor klar ist, wen es zu stellen gilt.
(Beifall bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Das ist Kriegssprache! - Cle- mens Große Macke [CDU]: Veranstal- ten Sie eine Treibjagd?)
Aufgrund der diffusen Datenlage sehen wir - jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt - noch keine Veranlassung, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit etwas mehr als drei Wochen stellt sich die interessierte Öffentlichkeit die Frage: Was ging und was geht eigentlich in Wolfsburg vor? Ist das Ganze eine Provinzposse oder systematischer Machtmissbrauch mit Auswirkungen weit über Wolfsburg hinaus, hinein in die Landes-CDU und auf die dortigen Akteure? Die Antwort auf diese Frage kann - noch - nicht gegeben werden.
Parlamentarische Untersuchungssausschüsse haben in unserer Demokratie eine wichtige Aufgabe zu erfüllen: Durch sie erhalten Parlamente die Möglichkeit, unabhängig und selbstständig die
Sachverhalte zu prüfen, die sie in Erfüllung ihres Verfassungsauftrages als Vertretung des Volkes für aufklärungsbedürftig halten, insbesondere in den Verantwortungsbereich der Regierung fallende Vorgänge, die auf Missstände hinweisen. Ein Parlamentarischer Untersuchungssausschuss dient damit der Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrolle. Vor diesem Hintergrund muss man sich die Fragen stellen, was vorliegt, welche Vorwürfe im Raum stehen und welchen Bezug es zur Niedersächsischen Landesregierung oder zumindest zu einzelnen Vertretern dieser Landesregierung gibt.
Einigermaßen sicher kann man sich heute mit der Behauptung sein, dass eine vormals bestehende Freundschaft zwischen den Herren Karp und Nahrstedt brüchig geworden ist
(Jens Nacke [CDU]: Das kann man sicherlich so sagen! - Bernhard Bu- semann [CDU]: Das ist keine Behaup- tung, das ist Tatsache!)
- ich bin da sehr vorsichtig - und Herr Nahrstedt am 12. September 2010 mit erheblichen Anschuldigungen gegen viele Vertreter der CDU, aber auch gegen sich selbst an die Öffentlichkeit getreten ist.
Auch die Rolle von Herrn Nahrstedt kann man noch nicht abschließend beurteilen. Man weiß nicht, ob es ausschließlich ein Rachefeldzug ist oder ob nicht doch etwas mehr Wahrheit an den Vorwürfen ist.
Angesichts der erheblichen eigenen Belastung, verbunden mit dem Einräumen, selber Straftaten begangen zu haben, sowie unterstützender Aussagen aus dem Bereich der Stadtwerke - ich erinnere an Formulierungen wie „Termin bei Herrn Nahrstedt“ hieß, dass er für die CDU unterwegs war - sind die Vorwürfe zumindest nicht abwegig, und folgerichtig ermitteln nunmehr Staatsanwaltschaft Braunschweig und Landeskriminalamt.
Strafverfahren sind eingeleitet gegen die Herren Nahrstedt und Karp und auch gegen den Oberbürgermeister Schnellecke. Auch hierbei geht es nicht um Kleinigkeiten. Die Vorwürfe Untreue, Beihilfe zur Untreue, Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung sind keine Dummejungenstreiche, sondern Straftaten, die mit einer Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden können. Hinzu kommen die Ermittlungen durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages wegen möglicher Verstöße gegen das Parteiengesetz. Gleichzeitig soll ein unabhängiges Wirtschaftsprüfungsunter