Protocol of the Session on April 29, 2010

Oder aber: „Kein Vergeben, kein Vergessen - Bullen haben auch Adressen!“

(Björn Thümler [CDU]: Was? Un- glaublich!)

Frau Kollegin, es gibt einen weiteren Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Nein. - Meine Damen und Herren, solche Sprüche machen deutlich, dass es diesen Gruppen eben nicht um eine geordnete rechtsstaatliche Verfolgung polizeilicher Übergriffe geht,

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

sondern um Einschüchterung und Bedrohung unserer Polizei. Das werden wir nicht zulassen. Deswegen werden wir diesen Antrag auch in Abstimmung mit den Polizistinnen und Polizisten - hier wurden die Gewerkschaften genannt; uns liegen Äußerungen von DGB und DPolG vor, die sich gegen eine Kennzeichnungspflicht aussprechen - heute ablehnen.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es gibt zwei Wünsche auf Kurzinterventionen, und zwar zunächst von Frau Zimmermann und dann von Herrn Briese. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Modder, ich habe zwei Fragen. Sie haben immer von Namensschildern gesprochen. Dass man in diesem Fall natürlich Übergriffe zu

Hause erwarten kann, ist gar keine Frage. So weit gehen wir ja mit. Ich habe aber in meinen Ausführungen zweimal ausdrücklich betont, dass man sich auch für eine Verschlüsselung entscheiden kann, sodass die Polizisten hinterher identifiziert werden können. Es geht nämlich darum, dass nicht nur die Polizisten geschützt werden - was ja völlig richtig ist -, sondern auch die Demonstranten. Die Demonstranten haben bei einer Gruppe von Polizisten in schwarzen Anzügen mit riesigen Schienbeinschonern und großen Helmen, sodass man nicht einmal die Gesichter sehen kann, keine Chance, sich gegen Übergriffe zu wehren, die es ja durchaus gegeben hat.

(Editha Lorberg [CDU]: Warum soll man bei den Polizisten wohl nicht die Gesichter sehen? Fragen Sie sich das doch einmal!)

- Frau Lorberg, dass Sie das nicht wissen, kann ich mir gut vorstellen.

(Editha Lorberg [CDU]: Sie haben doch überhaupt gar keine Ahnung, warum die dort herumlaufen!)

Es gibt aber ausreichend entsprechende Beispiele. Darüber sollten Sie sich auch einmal informieren.

(Zuruf von Editha Lorberg [CDU])

Entschuldigung, Frau Lorberg, wir machen hier kein Koreferat.

Meine erste Frage bezieht sich also darauf, dass ich nicht für ein Namensschild, sondern für eine Verschlüsselung eintrete.

Meine zweite Frage lautet: Wie wollen Sie dann, wenn Sie dem nicht zustimmen, den Schutz der Demonstranten gewährleisten? Denn er ist objektiv nicht gewährleistet.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, die zweite Kurzintervention kommt von Herrn Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!

Es ist überhaupt keine Frage - da bin ich mir sehr sicher -, dass jeder hier im Landtag jegliche Form von Gewalt gegen Polizei verurteilt. Jeglicher Auf

ruf zur Gewalt gegen Polizei muss selbstverständlich aufgeklärt werden. Das ist gar keine Frage.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Erstens. Ich frage mich allerdings schon ein wenig, in welchem sachlichen Zusammenhang das Problem von Gewalt gegen Polizisten - das wir haben; dagegen brauchen wir auch Maßnahmen - mit der Forderung nach einer Kennzeichnung von Polizisten steht. Ich sehe diesen sachlichen Zusammenhang in keiner Weise.

Zweitens. Frau Modder, Sie haben bei der Anhörung anscheinend nicht richtig zugehört. Dort hat der Vertreter der Deutschen Polizeigewerkschaft auf meine Rückfrage, ob er sich denn vorstellen könne, eine anonymisierte Kennzeichnungspflicht bei geschlossenen Verbänden einzuführen, ziemlich eindeutig gesagt: Ja, in anonymisierter Form könne er sich das sehr gut vorstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ach!)

Damit kann es auch nicht zu einer Gefährdung der Familien kommen, wie Sie das hier immer wieder skizzieren. Das ist ein Schutzargument bzw. falsches Gegenargument, das Sie hier anführen. Insofern bitte ich Sie, etwas Sachlichkeit walten zu lassen und die entsprechenden Argumente abzuwägen.

Drittens. Ich finde es unlauter, hier solche perfiden Einzelfälle von - natürlich völlig verkehrten - Aufrufen zu Gewalt gegen Polizei anzuführen. Diese Aufrufe sind absolut zu verurteilen; das ist keine Frage. Auf der anderen Seite haben wir durch ständiges Bemühen aber auch erreicht, dass diese Vorfälle nicht massenweise vorkommen.

Herr Kollege, das ist eine Kurzintervention!

Tun Sie also nicht so, als ob die allermeisten Demonstranten polizeifeindlich eingestellt sind. Das sind sie nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Frau Modder möchte gerne erwidern.

Meine Damen und Herren! Wie ich vorhin schon gesagt habe, stehen wir auch in engen Gesprächen mit den Polizistinnen und Polizisten. Sie müssen einmal hören, was die Polizistinnen und Polizisten sagen, die in diese Einsätze gehen. Ich spreche nicht über den normalen Alltag, sondern ich spreche über die Einsätze, bei denen ein Gruppenführer oder Einsatzleiter den Einsatzbefehl gibt.

(Kurt Herzog [LINKE]: Sie kennen diese Fälle gar nicht!)

Das Problem besteht nicht in der Identifizierung. Das Problem besteht doch an ganz anderer Stelle: Wenn die Polizistinnen und Polizisten identifiziert sind, die Übergriffe getätigt haben, dann sagen sie ganz oft nicht gegeneinander aus. Das ist das eigentliche Problem, nicht die Identifizierung. Denn auch bei geschlossenen Einsätzen kann durch die Kennzeichnung der Helme oder die Balkenkennzeichnung geklärt werden, zu welcher Einheit sie gehören.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aber doch nicht, wer sie sind!)

Die von mir zitierten Sprüche sind natürlich zu verurteilen, deswegen habe ich sie angeführt. Ich will Ihnen das noch einmal ganz deutlich sagen: Diese Sprüche erzeugen bei den Polizeikräften Angst, wenn sie in solche Einsätze gehen. Denn sie fürchten dann, dass sie identifiziert und für etwas zur Verantwortung gezogen werden, das sie zum Teil gar nicht zu verantworten haben. Deswegen lehnen wir die Kennzeichnungspflicht sowohl mit Namen als auch mit Nummern ab.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion hat nun der Kollege Ahlers das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich kurz an meine Vorredner wenden:

(Zuruf von der SPD: Und Vorredne- rinnen!)

Sehr geehrte Frau Modder, ich habe mich sehr über Ihre Rede gefreut. Ich darf Ihnen im Namen der CDU-Fraktion Dank aussprechen.

(Johanne Modder [SPD]: Bitte nicht!)

Sie haben mir und uns sehr viel argumentative Arbeit abgenommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ein zweites Wort richtet sich an Herrn Briese: Ich möchte darauf hinweisen, dass Polizei nach wie vor Ländersache ist. Ich habe die große Freude, hier für die CDU-Fraktion des Niedersächsischen Landtages zu sprechen. Deshalb sage ich drittens - an Frau Zimmermann gerichtet -: Die CDUFraktion lehnt Ihren Antrag ab.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir wollen nicht, dass alle Polizistinnen und Polizisten während ihrer dienstlichen Tätigkeit durch das Tragen eines Namensschildes oder einer Dienstnummer zusätzlich kenntlich gemacht werden. Dies habe ich für meine Fraktion bereits in der letzten Plenarsitzung am 18. März deutlich gesagt und entsprechend begründet.

(David McAllister [CDU]: In beeindru- ckender Art und Weise!)

In der Innenausschusssitzung in der letzten Woche haben die Fraktionen ihre Standpunkte nochmals ausgetauscht. Es ist eben nicht so, Herr Briese, wie Sie deutlich machen, dass die Gewerkschaften in der Sache falsch liegen. Wir beziehen uns vielmehr auf die Stellungnahmen der Polizeigewerkschaften. Insbesondere die der GdP und der DPolG bestärken uns in der Meinung, dass nach der geltenden Geschäftsanweisung der Polizei die eingesetzten Beamten jederzeit identifiziert und zugeordnet werden können.

(Zustimmung von David McAllister [CDU])