Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich meine aber, dass dieses Urteil, wie einige Vorredner bereits gesagt haben, ausdrücklich auch Chancen bietet, beispielsweise beim Thema „Hartz-IV-Sätze für Kinder“. Auch Herr Kollege Thiele hat hier schon zu Recht darauf hingewiesen, dass insbesondere das Thema Bildung wieder eine größere Rolle spielen muss. Das Bundesverfassungsgericht hat uns ebenfalls ins Stammbuch geschrieben, dass es das Ziel sein muss, durch mehr Bildung die Hartz-IV-Kette, die es leider in einigen Familien in Deutschland gibt, zu durchbrechen.
Ich will für die FDP deutlich sagen, dass wir gerade im Bildungsbereich überlegen müssen, ob wir mehr zu Gutscheinsystemen kommen und auch dem Sachleistungsprinzip mehr Geltung verschaffen wollen. Das würde die Hartz-IV-Kette, die wir in Deutschland leider vielfach sehen - ich habe vorhin an dieser Stelle über Berlin berichtet -, endlich durchbrechen. Gerade die Kinder, die in Deutschland aufgrund problematischer Einkommensver
Ich möchte zum Schluss - dies wird ja von den Grünen, den Linken und der SPD seit einigen Jahren als Allheilmittel ausgerufen - noch etwas zum Thema Mindestlohn sagen. Ich stelle mir schon die Frage, was es dem Hartz-IV-Empfänger bringen soll, wenn er zwar auf dem Papier einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn hat, aber in Wahrheit diese Arbeitsplätze in Deutschland nicht mehr angeboten werden, meine Damen und Herren. Das hat nichts mit sozialer Gerechtigkeit zu tun.
Deswegen ist es ein absoluter Irrglaube, Frau Helmhold, zu sagen, dass alle Probleme mit der Arbeitslosigkeit in Deutschland durch Mindestlöhne gelöst werden könnten. Das ist ausdrücklich nicht der Fall. Mindestlöhne werden am Ende Arbeitsplätze kosten, und es werden mehr Menschen in Hartz IV verbleiben müssen. Das dürfen wir diesen Menschen nicht antun!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber mit seiner Entscheidung vom 9. Februar aufgegeben, die Regelleistungen nach dem SGB II bis zum Ende dieses Jahres neu festzusetzen. Das Verfassungsgericht hat deutlich gemacht, in welchen Punkten das gegenwärtige Verfahren zur Bemessung der Regelsätze in Ordnung ist bzw. an welchen Stellen der Gesetzgeber unter verfassungsrechtlichen Aspekten nachbessern muss. Es hat auch festgestellt, dass der Gesetzgeber wegen seines Gestaltungsspielraums selbst nicht befugt ist, nach eigener Einschätzung einen Leistungsbetrag festzusetzen. Es hat aber aus
drücklich klargestellt, dass eben nicht festgestellt werden kann, dass die derzeitigen Regelsätze der Höhe nach zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht als evident unzureichend anzusehen sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, richtigerweise sollte jetzt, wie auch unsere Bundesarbeitsministerin, Frau von der Leyen, gefordert hat, eine klare Debatte darüber geführt werden, wie die Bedarfe konkret zu ermitteln sind. Was macht die Würde des Menschen aus? Was bedeutet Arbeit als Wert an sich für das Selbstwertgefühl, für das Selbstverständnis eines Menschen? Wie sieht es mit der Chancengerechtigkeit von Kindern aus?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Sozialstaat baut auf Solidarität - sowohl auf eine Solidarität, die der Bürger in seiner Funktion als Beitrags- und Steuerzahler zu leisten hat, als auch auf die Solidarität der Leistungsbezieher. Ich sage dies völlig wertfrei. Mir ist sehr wohl bewusst, dass es viele Menschen gibt, die unverschuldet in Not geraten sind und die alles tun, um aus Hartz IV herauszukommen. Es gibt Menschen, die sich in einer Lebenssituation befinden und auf Hartz IV angewiesen sind. Es gibt aber auch Menschen - dies gehört zur Redlichkeit in der Politik dazu -, die versuchen, ein System auszunutzen.
Deshalb ist es unsere gemeinsame Verpflichtung, jetzt nicht zu verallgemeinern, sondern das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sehr genau anzugucken und zu schauen, welche Schlüsse hieraus zu ziehen sind, wo es Nachbesserungen geben muss und wo wir dafür Sorge tragen müssen, dass Menschenwürde bei der Frage des Existenzminimums eine ganz entscheidende Rolle spielt.
Ich sage an dieser Stelle eines ganz klar: Wer jetzt einseitig fordert, die Regelsätze völlig ungeprüft in die eine oder in die andere Richtung zu verändern, der missachtet den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, der an den Gesetzgeber gerichtet ist; denn der klare Auftrag an den Gesetzgeber ist, in einem transparenten und sorgfältigen Verfahren den Bedarf zu ermitteln. Karlsruhe hat ausdrücklich freihändige Setzungen kritisiert und verworfen. Deshalb müssen die Lebenslagen insbesondere von Kindern und Jugendlichen differenziert betrachtet werden.
Bereits in der Vergangenheit hat sich Niedersachsen auf Bundes- und Länderebene immer wieder für sachgerechte Lösungen bei der Bedarfsbemessung insbesondere bei Kindern eingesetzt. Die Bundesregierung ist mehrfach aufgefordert wor
den, die Regelleistungen für Kinder nach dem SGB II sowie die Regelsätze nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der Bedarfe von Kindern neu festzusetzen.
Kinder haben ganz spezielle Bedarfe, insbesondere im Bildungsbereich. Deshalb hat die Landesregierung bereits im Jahr 2007 darauf hingewiesen, neben Leistungen für die Beschaffung besonderer Lernmittel weitere Leistungen aufzunehmen: Mittagsverpflegung in Ganztagsschulen, Schulen mit einem Bildungs- und Betreuungsangebot am Nachmittag und in Kindertageseinrichtungen sowie die Einführung einer Öffnungsklausel entsprechend § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in das SGB II zur abweichenden Bedarfsbemessung. Insoweit sehe ich die jetzige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als eine Bestätigung unseres Engagements.
Dem von uns verfolgten Ziel, die bildungs- und entwicklungsbedingten Bedarfe der Kinder hinreichend zu berücksichtigen, sind wir mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Stück näher gekommen.
Ich darf Ihnen versichern: Wir werden den weiteren Prozess der Ermittlung verfassungsmäßiger Regelsätze konstruktiv begleiten.
Betreuung der Arbeitslosen aus einer Hand sicherstellen - Grundgesetzänderung jetzt! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 16/2203
(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Jetzt doch? - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Das Gute immer zum Schluss!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Dezember 2007 hat das Bundesverfassungsgericht bekanntlich den § 44 b des SGB II, in dem die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit in den Arbeitsgemeinschaften geregelt ist, als unzulässige Mischverwaltung für verfassungswidrig erklärt. Dem Bundesgesetzgeber wurde auferlegt, bis zum Ende dieses Jahres, also 2010, eine verfassungskonforme Lösung umzusetzen. Der Niedersächsische Landtag hat sich seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mehrfach mit der erforderlichen Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende befasst.
Nun ist Bewegung in die Frage gekommen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die Ministerpräsidenten der Union und die Bundesarbeitsministerin haben sich bekanntlich vorletzten Sonntag auf einen Kompromissvorschlag geeinigt. Herr Ministerpräsident, die CDU-Landtagsfraktion begrüßt diesen Vorschlag ausdrücklich. Wir danken für Ihr Engagement.
Nunmehr ist die Möglichkeit eröffnet, die Hilfe für Arbeitsuchende zum Wohle der Betroffenen in der bisherigen Form fortzuführen. Das heißt konkret: Leistungen aus einer Hand, entweder durch die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung von Bund und Kommunen in den Jobcentern oder durch die sogenannten Optionskommunen.
Meine Damen und Herren, wegen der erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag und im Bundesrat liegt es jetzt an der SPD, ihrer mehrfach angekündigten Kooperationsbereitschaft Taten folgen zu lassen.
Es gab und gibt in diesem Haus einen fraktionsübergreifenden Konsens. Die Frage der zukünftigen Ausgestaltung der Arbeitsvermittlung muss unverzüglich geregelt werden, gerade angesichts der vor uns liegenden Herausforderungen in der Arbeitsmarktpolitik. Dabei ist es wichtig, sich nochmals vor Augen zu führen, über welche Dimensionen wir hier reden:
Erstens. Es geht um die Frage, wie Millionen von Menschen, die dringend nach Arbeit suchen, vom Staat effektiv unterstützt werden können.
Zweitens. Es geht um ein effizientes Verwaltungsverfahren zur Auszahlung der Leistungen von über 40 Milliarden Euro pro Jahr.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen der CDU und der FDP haben sich in diesem Hause mehrfach für eine Verfassungsänderung ausgesprochen, um so weiterhin die Leistungen aus einer Hand gewährleisten zu können. Wir setzen dabei auch zukünftig auf die Kompetenz vor Ort. Wir plädieren für eine Wahlfreiheit der Kommunen: entweder Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit oder selbst organisierte Hilfe. - Beides hat sich bewährt.
Wir haben in Niedersachsen Vielfalt und damit einen Wettbewerb bei der Leistungserbringung. Es gibt bei uns bekanntlich 13 optierende Landkreise, 30 Arbeitsgemeinschaften und vier getrennte Trägerschaften in den Landkreisen Celle, Uelzen, Lüchow-Dannenberg und in der Wesermarsch. Entscheidend für die Wahl der Organisationsform sollte stets das optimale Ergebnis zum Wohle der Betroffenen vor Ort sein. Konkret heißt das für uns: Wer optieren möchte, sollte auch optieren dürfen und die Aufgabe eigenverantwortlich unter der Rechtsaufsicht des Bundes wahrnehmen. Für eine zahlenmäßige Begrenzung der Optionskommunen, für die sich die SPD bisher eingesetzt hat, gibt es keinen Grund. Die SPD sollte ihre Position bei diesem Thema endlich aufgeben.
Lieber Kollege Jüttner, wir erwarten, dass die Sozialdemokraten zu ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung stehen. Ein Scheitern der Verhandlungen wäre den Menschen in diesem Lande nicht vermittelbar. Das Gebot der Stunde lautet jetzt: Pragmatismus statt Ideologie zum Vorteil für die Arbeitssuchenden, die bestmöglich betreut und vermittelt werden sollen,
und auch zum Vorteil der vielen Mitarbeiter vor Ort, die wissen wollen, wo und wie sie zukünftig ihre wertvolle Arbeit erbringen werden. Dann und nur
dann werden wir unser selbst gestecktes Ziel erreichen, möglichst viele Menschen schnell und dauerhaft in Arbeit zu bringen. Deshalb brauchen wir eine Änderung des Grundgesetzes sehr schnell, nämlich jetzt.