des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 11 des Abg. Roland Riese (FDP)
Die bessere Verzahnung von stationärer und ambulanter medizinischer Versorgung ist ein wichtiges gesundheitspolitisches Ziel. Der Bundesgesetzgeber hat in den letzten Jahren den Spielraum der Krankenhäuser in der ambulanten Versorgung erweitert. Die 2004 erfolgte Einführung und spätere Erweiterung des § 116 b SGB V berechtigt zur ambulanten Behandlung bei hoch spezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen. Insbesondere bei onkologischen Erkrankungen kann es hier aber auch zu einer Konkurrenzsituation gegenüber niedergelassenen Ärzten kommen.
Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind seit 2004 ausdrücklich zur vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 SGB V zugelassen. Gesellschafter können alle zugelassenen Leistungserbringer - also auch Krankenhäuser - sein. Die ärztliche Leitung eines MVZ ist nicht an eine kassenärztliche Zulassung gebunden. Insbesondere MVZ mit einer Mehrheitsbeteiligung eines Krankenhauses und/oder einer räumlichen Anbindung an einen Krankenhausstandort können Krankenhausbetreibern erheb
lichen Einfluss auf die regionale Versorgungslandschaft und die Steuerung von Patientenströmen bieten.
Instrumente mit grundsätzlich positiven Intentionen können so in der Realität der Versorgungslandschaft zu einem Verdrängungswettbewerb führen, der Krankenhausträgern und Klinikkonzernen gegenüber der niedergelassenen Ärzteschaft eine marktbeherrschende Stellung gibt. Daher haben CDU, CSU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag auf Bundesebene auch eine Überprüfung und Einschränkung der genannten Punkte vereinbart.
1. Wie stellt sich die Situation der Anträge und Zulassungen nach § 116 b SGB V in Niedersachsen im Hinblick auf Standorte und Krankheitsbilder dar?
2. Wie hat sich die Zahl von MVZ in Niedersachsen mit mehrheitlicher Beteiligung von Krankenhäusern oder räumlicher Anbindung an Krankenhäuser entwickelt?
3. Wie beurteilt die Landesregierung die beschriebenen Tendenzen eines Verdrängungswettbewerbs und die angedachten Möglichkeiten zur Gegensteuerung?
Die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung ist gemäß § 75 SGB V Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN). An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen nach § 95 SGB V zugelassene Ärztinnen und Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren (MVZ) sowie ermächtigte Ärztinnen und Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil.
MVZ sind fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärztinnen und Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärztinnen und -ärzte tätig sind. Sie können von allen Leistungserbringern, die aufgrund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten teilnehmen, gegründet werden und sich aller zulässigen Organisationsformen bedienen (z. B. Vertragsärztinnen und -ärzte, Kran- kenhäuser, Apotheken und Sanitätshäuser).
Ziel der MVZ ist es, durch die Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen und durch Kooperationen mit Apotheken, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten und anderen nicht ärztlichen Heilberufen den Versicherten eine medizinische Versorgung aus einer Hand anzubieten.
Seit dem 1. April 2007 sind die Krankenhäuser gemäß § 116 b SGB V auf Antrag berechtigt, hoch spezialisierte Leistungen, seltene Erkrankungen
und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen1 ambulant zu behandeln, wenn und soweit sie im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation dazu bestimmt worden sind. Der Katalog der Leistungen wird vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) definiert. Eine Pflicht zur Bedarfsprüfung im ambulanten Bereich seitens des Landes im Rahmen der Bestimmung von Krankenhäusern gemäß § 116 b SGB V ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Zu 1: In Niedersachsen liegen insgesamt 382 Anträge von 40 Krankenhäusern nach § 116 b SGB V vor. Zu 31 Anträgen ist ein positiver Bescheid ergangen, 75 Anträge wurden zurückgenommen und 33 ausgesetzt. Die übrigen Anträge sind in Bearbeitung. Zu den Anträgen und Zulassungen wird auf die Anlagen 1 und 2 verwiesen.
Die KVN und niedergelassene Ärztinnen und Ärzte haben gegen die im Jahr 2008 ergangenen Bescheide geklagt. Die Klagen sind noch vor dem Sozialgericht Hannover anhängig. Das Landessozialgericht Niedersachsen/Bremen hat in einem rechtskräftigen Verfahren zur Wiederherstellung des sofortigen Vollzugs eines Bescheides festgestellt, dass die KVN nicht klagebefugt ist.
Seit Mitte des Jahres 2009 finden im Vorfeld der Bescheiderteilung in der Regel Gespräche zwischen dem antragstellenden Krankenhaus und der KVN mit dem Ziel statt, einvernehmliche Lösungen zu erzielen. Die im Jahr 2009 ergangenen Bescheide - wie auch ein größerer Teil der Antragsrücknahmen bzw. -aussetzungen - stehen in diesem Zusammenhang.
Zu 2: Aufgrund der Zuständigkeit der KVN für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung liegen der Landesregierung keine eigenen Daten über die Zahl der zugelassenen MVZ vor. Nach einer Statistik der KVN stellt sich die Entwicklung der MVZ mit mehrheitlicher Krankenhausbeteiligung in Niedersachsen wie folgt dar:
Zu 3: Die Niedersächsische Landesregierung geht davon aus, dass es ein Nebeneinander der verschiedenen Versorgungsformen geben wird. Hierzu gehören die Vertragsärztinnen und -ärzte, die MVZ mit Vertragsärztinnen und -ärzten und angestellten Ärztinnen und Ärzten und die ambulante Behandlung im Krankenhaus gemäß § 116 b SGB V.
Laut KVN wird die ambulante vertragsärztliche Versorgung außerhalb der MVZ derzeit von ca. 11 600 Vertragsärztinnen und -ärzten sichergestellt. In den 143 MVZ sind 651 Ärztinnen und Ärzte tätig, von denen 513 in einem Angestelltenverhältnis stehen. Mit 310 Ärztinnen und Ärzten ist ein Großteil davon in einem Krankenhaus-MVZ angestellt.
Ein Vergleich dieser Daten lässt bislang keine marktbeherrschende Stellung von MVZ erkennen, die in Trägerschaft von Krankenhäusern oder Krankenhausbetreibern stehen. Festzustellen ist aber, dass die Anzahl von MVZ mit mehrheitlicher Beteiligung der Krankenhäuser und die Anzahl der dort tätigen Ärztinnen und Ärzte zunehmen.
Laut Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP auf Bundesebene sollen MVZ nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden. Die konkret vorgesehenen Änderungen bei der Zulassung von MVZ sowie die Überprüfung des § 116 b SGB V bleiben abzuwarten.
des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung auf die Frage 12 der Abg. Jan-Christoph Oetjen (FDP) und Clemens Große Macke (CDU)
In Deutschland ist der Bau von bis zu 94 Offshorewindparks geplant. Von den derzeit 94 geplanten Windparks sollen 77 in der Nordsee realisiert werden. Derzeit sind 1 529 Anlagen für die deutsche Ausschließliche Wirtschaftszo
ne der Nordsee genehmigt und über 4 000 Anlagen beantragt. Der Ausbau der Windenergie in der Nordsee bietet die Möglichkeit des Komanagements von Windenergienutzung und mariner Aquakultur. Der Schwerpunkt der marinen Aquakultur würde die umweltschonende Miesmuschel- und Makroalgenzucht sein.
1. Welches Potenzial sieht die Landesregierung in der großmaßstäblichen Nutzung von Makroalgen sowohl für die Ernährungswirtschaft als auch für die Nutzung als Biomasse für Biogasanlagen?
2. Wären die geplanten Offshorewindparks geeignet, durch die Einrichtung von marinen Aquakulturanlagen den Verlust an Fanggründen der heimischen Fischer adäquat zu kompensieren?
3. Gibt es Erkenntnisse darüber, in welchen Meerestiefen/in welcher Küstenentfernung ein Komanagement mit dem Schwerpunkt Miesmuschel- oder Makroalgenzucht am wirtschaftlichsten ist, und gibt es über die genannten Schwerpunkte der marinen Aquakulturformen hinaus noch weitere Möglichkeiten eines Komanagements zwischen Offshorewindparks und marinen Aquakulturanlagen?
An den deutschen Küsten existiert bislang kaum eine kommerzielle Anwendung der marinen Aquakultur. Wesentlich hierfür sind u. a. die ungünstigen Umweltbedingungen wie hohe Strömungsgeschwindigkeiten, kühle Wetterbedingungen und kaum geschützte Bereiche.
Bislang erfolgreiche marine Aquakulturen oder Marikulturen an der Nordseeküste sind die Austernzucht in Schleswig-Holstein und die seit wenigen Jahren in der Jade betriebene Aufzucht von jungen Miesmuscheln an Langleinen. Bislang beschränken sich Kulturanlagen im Meer jedoch ausschließlich auf küstennahe und geschützte Meeresgebiete.
Der Ausbau der Windenergie im Küstenmeer und in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der deutschen Nordsee eröffnet grundsätzlich neue Möglichkeiten. Von verschiedenen Einrichtungen (Alfred-Wegener-Institut, Institut für marine Res- sourcen, Forschungs- und Technologiezentrum Westküste) wird u. a. der Frage nachgegangen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kombination von Offshorewindparks mit umweltverträglicher Marikulturnutzung in der Nordsee möglich wäre, wobei als geeignete Kandidaten derzeit Miesmuscheln und Makroalgen im Blickpunkt stehen.
satz anderer Techniken erfordert, bieten sich grundsätzlich Windenergieanlagen mit ihren Gründungsstrukturen als Verankerungsmöglichkeiten für Aquakultursysteme an. Allerdings müssen von vornherein Fragen der Wirtschaftlichkeit mit einbezogen werden; hierbei wird u. a. geeigneten Kandidaten, der Entfernung von der Küste und den erhöhten logistischen Anforderungen eine besondere Bedeutung zukommen.
Zu 1: Das Potenzial für die großmaßstäbliche Nutzung von Makroalgen wird als vergleichsweise gering erachtet. Der Verzehr von Frischalgen in Deutschland ist eher gering; hierfür und um den Bedarf an Algenprodukten z. B. für hochwertige kosmetische Produkte zu decken, ist keine großmaßstäbliche Produktion erforderlich. Es erscheint aber vor allem fraglich, ob die hohen Investitions- und Betriebskosten einer Algenproduktion im Bereich von Offshoreanlagen an der deutschen Nordseeküste eine wirtschaftliche Produktion von Algen für technische Zwecke einschließlich der Verwendung in der Lebensmittelindustrie erlauben, da der weltweite Durchschnittspreis für Algen gemäß FAO-Statistik unter 0,50 US-Dollar/kg liegt.
Bei der Nutzung der Algen als Ausgangsmaterial für die Biogasproduktion ist zu bedenken, dass mittels der Algen nur ein Teil der Sonnenenergie fixiert werden kann. In den Wintermonaten wird wegen der kurzen Tage und des geringen Einstrahlwinkels (und entsprechend starker Reflektion an der Oberfläche) nur eine sehr geringe Produktion stattfinden.
In der Literatur ist die Nutzung von Makroalgen als Ausgangsmaterial für die Biogasproduktion nur von der Adriaküste beschrieben, alle anderen Literaturstellen beziehen sich auf Mikroalgen, die z. B. in Abwasser, an Standorten mit kontinuierlich hoher Sonneneinstrahlung und mit niedrigem technischen Aufwand produziert werden.
Zu 2: Aquakultur wird immer wieder als Alternative für Fischer dargestellt. Erfahrungen nicht nur in Deutschland (z. B. an der Kieler Förde Ende der 70er-/Anfang der 80er-Jahre), sondern weltweit haben gezeigt, dass die Aquakultur allerdings nur für einen kleinen Teil der Fischer eine echte Alternative sein kann. Probleme sind neben den unterschiedlichen Anforderungen an die technische und finanzielle Ausstattung auch Mentalitätsfragen.
Zu 3: Zur Frage der Platzierung von Anlagen im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit der Kombination von Windenergieanlagen und Algen- bzw. Muschelkultur gibt es nach Auskunft des von-ThünenInstitutes bisher keine Erkenntnisse. Kombinationen mit anderen Aquakulturanlagen, z. B. zur Kultur von hochwertigen Speisefischen (Preise von 5,00 bis 15,00 Euro pro kg) sind prinzipiell denkbar, allerdings geht der Trend dahin, derartige futterbasierte Aquakultursysteme auch für marine Arten eher an Land zu etablieren, um unter kontrollierten Bedingungen arbeiten und Emissionen kontrollieren zu können.