Protocol of the Session on January 21, 2010

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Christian Meyer [GRÜNE])

Solange der Privilegierungstatbestand nicht konkreter gefasst wird, helfen auch Eignungsgebiete nur begrenzt. Ich kann mich nicht über die Arbeitsplätze eines Schlachtbetriebes freuen und gleichzeitig die damit vorprogrammierten negativen Auswirkungen in der Region ignorieren. Aus allen Presseberichten aus den Gemeinden wird deutlich: Alle wissen, dass sie die Großstallbauten auf der Basis des zurzeit geltenden Rechts letztendlich genehmigen müssen. Von daher ist es verständlich, dass sich die Menschen in den betroffenen Regionen wehren und dass sich eine Bürgerinitiative nach der anderen gründet, und zwar nicht nur dort; auch wir haben jede Menge Bürgerinitiativen. Diese Menschen geben sich nicht mit dem Spruch zufrieden „Wir können nichts machen“, den wir

jahrelang in den Räten gehört haben. Sie wollen endlich auch selber Handlungsoptionen erhalten.

(Zustimmung bei der SPD)

Wenn ich in der Zeitung lese, dass ein Hauptverwaltungsbeamter öffentlich sagt „Wem es nicht passt, der soll wegziehen“, dann sage ich: Dieser Hauptverwaltungsbeamte gehört abgewählt!

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Christian Meyer [GRÜNE])

Eine weitere Perversität - so sage ich einmal -: Wohin mit dem Hühnerkot? - Hühnerkot ist zwar ein wertvoller Dünger, mittlerweile haben wir aber Mengen, die nicht mehr abgenommen werden.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Aber doch nicht in Nordostniedersachsen!)

Was macht diese Landesregierung? - Per schriftlicher Anweisung an die Kommunen wird Hühnerkot einschließlich ein paar toter Hühner zu Gülle, die ohne Vorbehandlung in Biogasanlagen gekippt werden kann.

Ich berichte heute wirklich einmal über die Realität vor Ort. Der Landkreis Emsland wollte eine Genehmigung verweigern. Prompt kam die sogenannte Klarstellung aus dem Ministerium, dass zu genehmigen sei.

Der Legehennenerlass und die Verschleppung der Umsetzung der Geruchsimmissionsrichtlinie sind Beispiele dafür, dass sich die Landesregierung nicht scheut, auch mit rechtswidrigen Mitteln den Landwirten zu helfen, allerdings nicht den Kommunen. Darum ist der Frust bei den Menschen in den Kommunen in den betroffenen Regionen mehr als verständlich.

(Zustimmung bei der SPD - Christian Meyer [GRÜNE]: Leider richtig! - Glo- cke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich habe leider nicht mehr die Zeit, um die Punkte, die uns wichtig sind, aufzulisten.

(Zuruf von der CDU: Das ist aber schade!)

Wir haben in den Ausschusssitzungen noch mehr als genug Gelegenheit dazu. Ich möchte heute wirklich ernsthaft um eines bitten: Neben Tierschutz, Umwelt- und Naturschutz geht es auch darum, den Kommunen endlich Steuerungsinstrumente in die Hand zu geben, damit sie selber die

Probleme vor Ort auch nach ihrem eigenen Ermessen regeln können.

(Zustimmung von Christian Meyer [GRÜNE])

Das heißt, wir müssen auch über Bundesratsinitiativen einen erneuten Versuch starten, das Baugesetzbuch zu ändern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Frau Stief-Kreihe. - Nun hat Herr Kollege Oetjen für die FDP-Fraktion das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Karin Stief-Kreihe, ich finde es eigentlich schade, dass Sie in Ihrem Beitrag überhaupt nicht zwischen dem Nordwesten und dem Nordosten des Landes differenziert haben. Sie sind in keiner Weise auf die Argumente des Kollegen Deppmeyer eingegangen. Das können wir Ihnen so nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: Die Kom- munen brauchen überall mehr Mitbe- stimmungsrechte!)

Ganz ehrlich, Frau Kollegin, Sie können die Situation im Nordosten des Landes, wo es bislang fast keine Hähnchenställe gibt,

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Wir haben auch einmal klein angefangen!)

doch nicht mit der im Emsland und im Oldenburger Münsterland vergleichen; denn dort ist die Situation eine völlig andere als im Nordosten des Landes. Ein solcher Vergleich ist in dieser Debatte nicht sachgerecht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass durch die Investition, die im Landkreis Celle durchgeführt werden soll, bis zu 1 000 Arbeitsplätze geschaffen werden können,

(Christian Meyer [GRÜNE]: Hochsub- ventioniert!)

und zwar gerade für Menschen, die eine niedrige Qualifikation haben, die zum Teil keine Berufsausbildung haben. Diesen Menschen werden dort

echte Chancen gegeben. Dass Sie das hier so abqualifizieren, ist eigentlich nicht in Ordnung, verehrte Kollegin.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: Wie viele Arbeitsplätze gehen dadurch kaputt?)

Gerade in der Region gibt es eine sehr hohe Arbeitslosigkeit. Wenn wir Menschen in Lohn und Brot bekommen wollen, dann sollten wir auch das in unser Kalkül einbeziehen.

Sie müssen auch berücksichtigen, dass wir in Deutschland die höchsten Tierschutz- und Umweltstandards haben.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Quatsch! Österreich hat Legebatterien komplett verboten!)

Wir sollten durchaus dafür kämpfen, dass landwirtschaftliche Urproduktion bei uns im Land bleibt; denn das ist allemal besser - das hat der Kollege Deppmeyer auch gesagt -, als wenn wir auf die Exporte aus Osteuropa angewiesen wären, weil wir die Nachfrage bei uns nicht decken können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Es ist doch ein Irrglaube, Herr Kollege Meyer, davon auszugehen, dass das Hähnchenfleisch und die Eier, die wir konsumieren wollen, von freilaufenden Hühnern hinter dem Haus produziert werden könnten. Das können Sie doch wirklich niemandem erklären. Sie wissen auch ganz genau, dass die von Ihnen hochwohlgepriesene Freilandhaltung im wahrsten Sinne des Wortes auch nicht das Gelbe vom Ei ist, sondern dass auch das Probleme mit sich bringt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: Besser als Käfighaltung!)

Sie sprechen immer gerne von artgerechter Tierhaltung. Dabei wissen Sie ganz genau, dass Eier aus Freilandhaltung eine höhere Salmonellosebelastung haben können. Vor allem aber ist die Sterblichkeitsrate der Hühner in der Freilandhaltung wesentlich höher. Ob das mit Ihren tierschutzethischen Ansprüchen in Einklang zu bringen ist, wage ich einmal ganz deutlich zu bezweifeln.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: Quatsch!)

Sie verteufeln die Menschen, die in ihren Betrieben solche Investitionen durchführen wollen, und sagen, das sei alles Agroindustrie. Ich muss Ihnen jedoch sagen: Das sind landwirtschaftliche Familienbetriebe, die für sich entscheiden, eine Investition zu tätigen, und das auf modernem Standard, mit hohen Tierschutz- und Umweltschutzstandards. Wir alle wissen, welche Schwierigkeiten es im Zusammenhang mit dem Bundes-Immissionsschutzrecht gibt. Sie richten ihren Betrieb für die Zukunft, für eine neue Generation aus; mit modernen Arbeitsabläufen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Sagen Sie einmal etwas zu den wirtschaftlichen Perspektiven!)

Das ist eben nicht mehr die Landwirtschaft, wie sie einmal vor 30 Jahren gewesen ist. Das ist auch normal. Das ist der Gang der Zeit, und das ist aus meiner Sicht eine Investition in die Zukunft.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ein Drittel schreibt rote Zahlen!)

Das bringt Arbeitsplätze, gerade im Osten des Landes. Das findet die volle Unterstützung von CDU und FDP.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Meyer von der SPD gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur kurz zu den Eingangsbemerkungen Stellung nehmen, lieber Kollege Oetjen. Es ist eigentlich deutlich geworden, dass sich die Kollegin StiefKreihe um eine außerordentlich differenzierte Betrachtung des Problems bemüht hat.

(Zuruf von der CDU: Nein!)

Deswegen war der Vorwurf ein bisschen daneben.