Protocol of the Session on January 19, 2010

(Glocke der Präsidentin)

Ich finde, solch undifferenzierte Begründungen werfen kein gutes Bild auf diesen Landtag. Mit diesem Vorgehen haben Sie gleichzeitig den besten Beleg dafür geliefert, worum es wirklich gehen sollte. Es geht nämlich nicht darum, einen Feiertag zu benennen. Es geht nicht um eine Fassade. Es geht darum, eine Botschaft zu vermitteln, diese

ernst zu nehmen und bestmöglich in praktische Politik umzusetzen.

Bitte kommen Sie zum Schluss!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Letzter Satz: Dass Sie dies in der Bewertung anders sehen - damit spreche ich alle drei Oppositionsfraktionen an - als wir von den Regierungsfraktionen, das muss so sein.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das wis- sen Sie doch noch gar nicht!)

- Frau Helmhold, ich - - -

Einen letzten Satz hatte ich Ihnen gestattet, Herr Kollege Wiese.

Frau Helmhold hat aber versucht, mich abzulenken.

(Heiterkeit)

Es scheint ihr gelungen zu sein. Aber dennoch ist Ihre Redezeit jetzt bei Weitem überschritten.

Diese Unterschiede sind nicht so schlimm; denn das ist schließlich Demokratie. Der internationale Gedenktag hierfür ist übrigens der 15. September.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Bravo! Sehr gut!)

Danke schön, Herr Wiese. - Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin Weddige-Degenhard das Wort. Bitte schön!

(Heiner Schönecke [CDU]: Ich schlie- ße mich den Ausführungen des Vor- redners an!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzentwurf zählt zu den Dingen, die die Welt nicht braucht.

(Beifall bei der SPD)

Dies war sicherlich nicht nur bei mir die erste Reaktion auf das Ansinnen, den Weltfrauentag und den Weltkindertag als Feiertage in Niedersachsen zu etablieren. Haben wir in Zeiten einer großen Finanz- und Wirtschaftskrise keine anderen Sorgen? Können wir die schlechte Bezahlung der weiblichen Arbeitnehmer, die geringere Rente der Frauen durch einen Feiertag beheben? Achten wir mehr auf Kinderrechte mit einem Feiertag?

Andererseits, meine Damen und Herren, zeigt das Medienecho, dass die Frage der Feiertage durchaus ein Thema ist, das in diesem Land interessiert.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Hört, hört!)

Es stimmt, dass Niedersachsen zu den Bundesländern mit den wenigsten Feiertagen im Jahr gehört. Es stimmt auch, dass im Jahr 2010 viele Feiertage auf ein Wochenende fallen und dass deshalb Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die Erholung durch zusätzliche Feiertage verzichten müssen.

Der vorgelegte Gesetzentwurf pickt sich den Weltfrauentag und den Tag des Kindes heraus, um sie zu gesetzlichen Feiertagen zu erklären. Frauen und Kinder besonders zu würdigen ist unser aller Anliegen; dies sollte es natürlich jeden Tag sein. Aber es gäbe noch eine Vielzahl anderer Möglichkeiten für Feiertage. Man braucht nur in das Verzeichnis der Aktions- und Gedenktage des Bundestages zu schauen. Lassen Sie mich einige aufzählen: Da wäre der 27. Januar, der Tag des Gedenkens an den Holocaust, der 8. Mai, der Tag des Gedenkens an die Opfer des Zweiten Weltkriegs, der 20. Juni als Weltflüchtlingstag, der 13. August zum Gedenken an den Mauerbau oder der 1. September als Antikriegstag zum Gedenken an den Beginn des Zweiten Weltkriegs. Möglich wären aber auch der 23. Juni als Tag des öffentlichen Dienstes oder der Tag des Lehrers am 5. Oktober, damit dieser Berufsstand und das Thema Bildung besser gewürdigt werden.

(Ulf Thiele [CDU]: Da gibt es dann schulfrei!)

Der Tag der Briefmarke kommt wohl eher nicht in Betracht, der am 25. Oktober im Kalender des Bundestages steht. Aber im Ernst, meine Damen und Herren: Vielleicht sollten wir diese Diskussion wirklich mit den gesellschaftlichen Gruppen, mit Kirchen, mit Gewerkschaften und mit Arbeitgeberverbänden führen.

Die Produktivität eines Bundeslandes scheint nicht von der Anzahl der Feiertage abzuhängen, wie uns der Blick nach Süddeutschland zeigt. Es ist schwer nachzuvollziehen, dass unsere Nachbarländer zwei oder sogar drei Feiertage mehr aufweisen.

Zum Kollegen Wiese: Feiertage sollten keine Modeerscheinung sein, sagten Sie. Das trifft beim Weltfrauentag oder beim Weltkindertag überhaupt nicht zu. Diesen Einwand kann ich hier nicht gelten lassen.

(Beifall bei der SPD)

Außerdem ist der Kultusausschuss für dieses Thema zuständig. Sie sollten sich bei der Landtagsverwaltung einmal erkundigen.

Eine interessante Lösung für das insbesondere in diesem Jahr mehrmals auftauchende Problem, dass ein Feiertag auf ein Wochenende fällt, zeigen die angelsächsischen Länder, die dann den nächsten Arbeitstag zum Feiertag erklären. Vielleicht wäre das auch für uns eine Lösung.

Ich bin gespannt auf die Diskussion im Kultusausschuss.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Weddige-Degenhard. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich jetzt Frau Kollegin Twesten zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einer Feststellung beginnen: Natürlich ist es nicht abwegig, über den Sinn und Nutzen von Feiertagen zu debattieren. Sicherlich ist es auch sinnvoll, darüber zu sprechen, ob die Auswahl der Feiertage noch zeitgemäß ist und ob nicht ab und an eine Anpassung an neue gesellschaftliche Realitäten angebracht ist. - So viel vorweg.

Nun zum Vorschlag der Fraktion der Linken, den Internationalen Frauentag und den Weltkindertag zu gesetzlichen Feiertagen zu erklären. Frauen zuerst: Die Forderung nach Gleichstellung von Frauen ist eines der Gründungsmotive der Grünen. Aus dieser Erfahrung heraus habe ich eine Empfehlung für Sie: Hüten wir uns vor Symbolpolitik! Es gibt nur wenige Politikfelder wie die Frauenpolitik - Kinderpolitik gehört aber auch dazu -, in denen

symbolhaftes Agieren und tatsächliches Handeln so weit auseinander liegen.

Für die Frauenpolitik stellen wir fest: Nicht die unzähligen Sonntagsreden und unverbindlichen Versprechungen haben für Verbesserungen gesorgt. Nein, es waren keine Symbolhandlungen, sondern klare gesetzliche Bestimmungen. Es waren und sind Regelungen wie die Frauenquote, die für gleiche Rechte und Chancen von Männern und Frauen Sorgen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer aufmerksam durchs Land fährt, stellt fest: Bei der Verbesserung der Situation von Frauen und Kindern gibt es weiterhin viel zu tun. Jedes sechste Kind in Niedersachsen lebt in Armut. Frauen verdienen im Durchschnitt 23 % weniger als Männer. Kinderarmut bedeutet allzu oft auch Armut der Mütter. Das sind zentrale Fragen für die Zukunft unserer Gesellschaft. Es gibt also sehr viel zu tun. Ein Feiertag gehört da ganz hinten auf die Agenda. Das mussten Sie, meine Damen und Herren von der Linken, bereits in den Bundesländern zur Kenntnis nehmen, in denen Sie einen solchen Antrag in ähnlich lautender Fassung gestellt haben.

Symbolpolitik hilft niemandem, nicht den Frauen und nicht den Kindern. Sollte dieser Antrag allerdings eigentlich ein ganz anderes Ziel verfolgen, dann hätte ich erwartet, dass Sie das auch klar formulieren können. Den Zusammenhang, einerseits eine besondere Würdigung von Frauen und Kindern einzufordern und andererseits damit die Anzahl gesetzlicher Feiertage in Niedersachsen zu erhöhen und insofern einen Ausgleich für fehlende arbeitsfreie Tage im Jahre 2010 herzustellen, kann ich nicht erkennen. Eine solche Begründung hinkt an allen Ecken und Enden. Entweder geht es ernsthaft um den Feiertagsanlass, oder es geht ganz simpel um zusätzliche arbeitsfreie Tage. Beides miteinander zu vermixen ist mehr als unglücklich. Das mache ich nicht mit.

Ein Land muss seinen Bürgerinnen und Bürgern in der Frauenpolitik und bei der Förderung von Kindern mehr zu bieten haben als Feiertage. Meistens ist es leider so: Dort, wo symbolhaft agiert wird, wo Orden und Auszeichnungen freizügig verteilt werden und wo schnell noch ein Feiertag zusätzlich eingeführt werden soll, gibt es in der Regel nicht viel auszuzeichnen oder zu feiern, sondern viel zu verstecken.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Richtig!)

Ich sage es hier ganz deutlich, und zwar als Frau, die in den letzten Jahren immer wieder an politischen Aktionen zum Internationalen Frauentag teilgenommen hat, aber auch als Frau, die sich schon seit Jahren in verschiedenen Funktionen für mehr Kinderfreundlichkeit in unserer Gesellschaft einsetzt: Wir müssen daran arbeiten, dass Deutschland, dass Niedersachsen mehr für die Verwirklichung der Gleichstellung tun. Wir müssen dafür sorgen, dass die Lebensbedingungen und Bildungschancen von Kindern in unserem Land deutlich besser werden.

(Zustimmung von Filiz Polat [GRÜ- NE])

Gerade beim Thema Gleichstellung von Frauen brauchen wir alles andere als Symbolpolitik. Wir brauchen Maßnahmen. Wir müssen daran arbeiten, dass Niedersachsen ein Vorzeigeland für Frauenpolitik und ein Musterland für Kinder wird. Gleichstellung und Kinderfreundlichkeit müssen gesellschaftlich und politisch gestaltet und vor allem gelebt werden. Erst wenn die Hälfte des niedersächsischen Himmels den Frauen gehört, sollten wir anfangen zu feiern. Wenn wir das geschafft haben, dann sage ich: Her mit den Feiertagen!

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Twesten. - Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Försterling zu Wort gemeldet. - Herr Kollege Koch und Herr Kollege Klare unterhalten sich noch darüber, ob nun gleich eine Überweisung an den Kultusausschuss stattfinden soll oder nicht. Darüber entscheiden wir gleich. Wir werden gleich darüber abstimmen, Herr Kollege Klare. Jetzt hat Herr Kollege Försterling das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist der Linksfraktion in der Tat nicht gelungen, hier zu begründen, warum wir Feiertage brauchen, um die Gleichberechtigung von Mann und Frau weiter voranzutreiben. Wenn man von der Gleichberechtigung in der Arbeitswelt spricht, wäre eher zu überlegen, dass die Männer einmal einen Tag zu Hause bleiben, damit die Frauen in den Firmen das Zepter übernehmen können. Das würde der einen oder anderen Firma vielleicht helfen.

Sehen wir uns den Antrag einmal etwas genauer an. Normalerweise heißt es immer: Frauen und Kinder zuerst. In der Begründung ist es der Linksfraktion aber viel wichtiger, zuerst zu sagen, dass im Jahre 2010 zwei Feiertage auf ein Wochenende fallen und deswegen zwingend der Weltfrauentag und der Weltkindertag mit besonderen Feiertagen bedacht werden müssen. Der Grund dafür ist also nicht, dass diese Tage besonders wichtig sind. Es drängt sich in der Tat der Eindruck auf, dass Sie sich hier etwas besonders herausgepickt haben.

Am Donnerstagabend werden wir über einen Entschließungsantrag von Ihnen beraten, in dem Sie die Wichtigkeit des Tages zum Gedenken an den 8. Mai 1945 besonders hervorheben wollen. Sie wollen dies allerdings nicht im Rahmen des Gesetzes über die Feiertage tun. Das ist schon sehr merkwürdig.