Das ist eine Wahnvorstellung von Ihnen, von der Sie einfach nicht herunterkommen, egal, welche Fakten dagegen stehen und welche Fakten Ihnen entgegengehalten werden.
Deswegen habe ich mich aber gar nicht gemeldet. Interessant ist vielmehr, dass Sie ganz nebenbei offenbart haben, welche Sozialabbaupolitik Sie machen würden, wenn man Sie in diesem Land an die Macht kommen ließe. Ich habe mich vor allen Dingen daran gestoßen, dass Sie hier viele schöne
Sprüche machen, aber glauben, Sie könnten mit dem Spruch „Ich habe zwar kein Geld, aber die Bank hat noch was“ gut Politik machen.
Dann versuchen Sie auch noch, uns eine vage Absichtserklärung für 2017 als heutige Glanzleistung dieser Landesregierung zu verkaufen. Sie haben in den letzten Jahren die Nettoneuverschuldung in der Tat heruntergefahren. Dies haben Sie aber nicht aufgrund Ihrer Haushaltspolitik, sondern aufgrund der übersprudelnden Steuerquellen und einer übersprudelnden Konjunktur hingekriegt.
Von daher muss man fragen, warum Sie in den letzten Jahren eigentlich nur so wenig und nicht mehr geschafft haben. Genau diese Situation wird Ihnen aber in den nächsten Jahren nicht begegnen.
Deswegen ist es illusorisch, zu glauben, dass Sie mit den läppischen Mondzahlen, die Sie in Ihre Mipla geschrieben haben, im Jahre 2017 zu einer Nettoneuverschuldung null kommen. Das ist ein Märchen und sonst nichts.
Herr Klein, ich nehme zur Kenntnis, dass die Grünen heute gesagt haben, es sei Kahlschlag, wenn man in Deutschland Familien mit zwei Kindern erst ab einem Einkommen von 40 000 Euro steuerlich belasten will.
Ich nehme zur Kenntnis, dass die Grünen gesagt haben, es sei Kahlschlag, wenn bei Kindern genau dasselbe Existenzminimum wie bei Erwachsenen steuerlich freigestellt wird. - Weil Kinder mehr Geld brauchen und mehr Kosten verursachen als Erwachsene, ist dies sozial.
Ich nehme zur Kenntnis, dass die Grünen sagen, es sei Kahlschlag, wenn wir davon reden, Leistung muss sich lohnen, wer sich mehr anstrengt, soll auch mehr haben.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Bei der Bundestagswahl geht es um das sozialste Steuersystem, das jemals in Deutschland zur Abstimmung gestanden hat. Die Familien werden mehr haben, und die Menschen werden sich mehr anstrengen. Damit wird es Deutschland und Niedersachsen besser gehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung, zunächst zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 3, dem Haushaltsgesetz 2010. Federführend soll der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein, mitberatend alle Fachausschüsse. Wer dem so folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist so beschlossen.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 4, Drittes Nachtragshaushaltsgesetz 2009. Federführend soll auch hier der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein. Ich halte Sie für damit einverstanden, das Dritte Nachtragshaushaltsgesetz 2009 außerdem, wie bei allen Gesetzentwürfen üblich, an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen zu überweisen. Wer dem so folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist so beschlossen.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu den Tagesordnungspunkten 5 und 6, dem Haushaltsbegleitgesetz 2010 sowie dem Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Versorgungsrücklagengesetzes und des Ministergesetzes. Federführend soll der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer dem so folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist so beschlossen.
Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) - Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1646
Eingebracht wird dieser Gesetzentwurf von Herrn Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Wieder einmal hat der Innenminister dieses Landes ein Problem mit den Grundrechten. Es ist schon erstaunlich, Herr Minister, wie wenig Sie aus der Vergangenheit gelernt haben. Seinerzeit haben Sie - das wissen Sie - eine sehr schwere Niederlage mit Ihrem Polizeigesetz zur präventiven Telefonüberwachung eingefahren. Aber offenkundig bringen höchstrichterliche Rügen und Urteile Sie nicht davon ab, die Grundrechte immer wieder einem erneuten Belastungstest zu unterziehen.
Es war schon sehr interessant, Herr Bode, dass Sie gerade gesagt haben, das Steuersystem der FDP sei das sozialste. Sie haben damals ja auch gesagt, das niedersächsische Polizeigesetz sei das liberalste in der ganzen Bundesrepublik. Insofern erinnere ich mich sehr gern daran, welche Rede Sie damals gehalten haben. Dieses liberalste Polizeigesetz war dann verfassungswidrig, nachdem es mit dem Segen der FDP hier im Landtag verabschiedet worden war.
Es lohnt sich, meine sehr verehrten Damen und Herren - ich habe es jedenfalls in Vorbereitung auf diese Sitzung getan -, das Urteil des Bundesver
fassungsgerichts zum niedersächsischen Polizeigesetz noch einmal gründlich durchzulesen. Es handelt sich dabei ja um sogenannte Vorfeldmaßnahmen, die auch jetzt wieder ganz entscheidend sind. Das höchste deutsche Gericht hat 2005 in seinem Urteil sehr genau den Konflikt und die Schranke zwischen den Grundrechten einerseits und den staatlichen Schutzpflichten andererseits herausgearbeitet. Sie kennen immer nur eines, Herr Schünemann, nämlich die staatlichen Schutzpflichten; aber die Grundrechte sind Ihnen nicht so bekannt.
Also habe ich mir die Mühe gemacht und dieses Urteil noch einmal gelesen. Deshalb zitiere ich jetzt, was in aller Klarheit und Deutlichkeit in diesem Urteil steht: Die allgemeinen Eingriffsbefugnisse des Staates sind umso sensibler anzuwenden, je abstrakter und unkonkreter die allgemeine Gefahrenlage ist. Die Gefahr, dass immer mehr Unschuldige von den Kontrollmaßnahmen betroffen werden können und damit in ihren Freiheitsrechten beschnitten werden, ist umso höher, je weiter die staatlichen Kontrollmaßnahmen - jetzt hören Sie genau zu, Herr Schünemann! - in das Vorfeld verlagert werden. Der Staat hat bei seinen Eingriffs- und Kontrollmaßnahmen stets den strengen Maßstab der Verhältnismäßigkeit anzulegen.
Auf gut Deutsch: Je abstrakter die allgemeine Gefahrenlage und je größer die Menge der von den staatlichen Kontrollen unschuldig Betroffenen, umso kritischer sind die Eingriffe zu bewerten.
Ähnliche Rechtsgrundsätze hat das Bundesverfassungsgericht in vielen weiteren Urteilen längst aufgestellt, z. B. auch bei der Rasterfahndung. Immer wieder hat das Gericht gesagt: Die Exekutive hat im freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat nicht das Recht, die Bürger willkürlich und ungezielt zu kontrollieren. In diesem Land gilt schlicht und ergreifend nicht der dümmliche Satz: „Wer sich nichts zu Schulden kommen lassen hat, der hat nichts zu befürchten“, sondern es gilt der Satz: „Jeder hat das Recht auf Freiheit.“ Der Staat hat also nicht das Recht, aufgrund diffuser Lagebilder in die Grundrechte der Menschen einzugreifen.
Natürlich - das ist gar keine Frage - soll uns der Staat vor Gefahren schützen. Niemand leugnet die Gefahren, die von Terrorismus und Kriminalität ausgehen. Aber die Instrumente, die der Staat bei seinen Kontrollmaßnahmen anwendet, müssen zielführend sein - das ist das ganz Entscheiden
de -, sie müssen sich einer strengen Erfolgskontrolle unterziehen, und vor allen Dingen müssen sie auch verhältnismäßig sein. Das sind die drei Maßstäbe, die man an die Kontrollen anlegen muss. Es dürfen eben keine allgemeinen, ungezielten oder unverhältnismäßigen Maßnahmen sein, sondern sie müssen sich einer strengen Kontrolle unterziehen.
Nach dieser allgemeinen Einführung zum Prinzip der Abwägung von Freiheit und Sicherheit im demokratischen Rechtsstaat komme ich jetzt zu den konkreten Moscheekontrollen, die der Anlass unseres Gesetzentwurfes sind. Auch hier, Herr Minister, hilft ein Blick in das Grundgesetz, ein, wie ich finde, wirklich sehr gutes Gesetz, wenn man von der einen oder anderen Änderung in der jüngeren Vergangenheit absieht. In Artikel 4 Abs. 2 steht der schnörkellose und daher auch allgemein verständliche Satz: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ Ich will das wiederholen, weil das ein so schöner, einprägsamer Satz ist: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“
Wenn man genau nachguckt, ob vielleicht eine Relativierung dieses Satzes im Grundgesetz steht, etwa „Das Nähere regelt ein Gesetz“ oder „Dieses Recht kann durch Gesetz beschränkt werden“, stellt man fest: Nein. Klar und eindeutig heißt es ohne Einschränkung: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“
Ich frage alle hier Anwesenden und auch Sie, Herr Minister: Ist die ungestörte Religionsausübung eigentlich gewährleistet, wenn zum Freitagsgebet ein Polizeiaufgebot vor der Moschee steht und die Gläubigen kontrolliert, die sich identifizieren und entsprechenden Maßnahmen unterziehen müssen?
Ist die ungestörte Religionsausübung in diesem Land gewährleistet, wenn Gläubige sogar wieder umkehren und das Freitagsgebet nicht besuchen, weil sie sich vor soviel Polizei schlicht und ergreifend fürchten?