Protocol of the Session on February 19, 2009

Der damalige Siegerentwurf - das sage ich in aller Klarheit - weist, bezogen auf die jetzigen Ansprüche, erhebliche Mängel auf. Das, was in den Zeitungen stand, dass diese Ansprüche zu 90 % erfüllt werden können, stelle ich schlicht und ergreifend infrage. Das wird nämlich nicht erreicht. Deshalb führt kein Weg daran vorbei, dass wir einen neuen Architektenwettbewerb durchführen. Dies sollten wir auch schon aus wettbewerbsrechtlichen Gründen tun. Wenn wir jetzt die Vorschläge von 2002 quasi reaktivieren, den Betreffenden die Chance zur Nachbesserung geben, möglicherweise nur dem Ersten, der dann die Vorschläge des Dritten übernimmt, dann werden - das liegt doch auf der Hand - wenige Tage später die Rechtsanwälte vor der Tür stehen. Das sollten wir uns schon aus diesem Grund nicht zumuten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und bei der LINKEN - Enno Hagenah [GRÜNE]: Das war in Berlin beim Reichstag auch so!)

Es geht überhaupt nicht um das Schlechtreden der Architektur von Oesterlen. Aber im Ergebnis können wir mit einem neuen Architektenwettbewerb die Chance auf einen großen, architektonisch bril

lanten und städtebaulich besonders reizvollen Entwurf bekommen.

Herr Kollege Dinkla, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hagenah?

Im Moment nicht. Ich möchte das im Zusammenhang darstellen. Anschließend können wir das gerne noch einmal besprechen.

Das, was ich eben gesagt habe, werden wir am Ende des Architektenwettbewerbs zu bewerten haben.

Ich will noch etwas in aller Deutlichkeit sagen - das klang beim Kollegen Schwarz bereits an -: Derzeit ist es so, dass sich die Oesterlen-Anhänger - wenn ich das so formulieren darf - in der Presse sehr stark darstellen. Aber zur Wahrheit gehört, dass ich Ihnen als Präsident in aller Klarheit sage: An mich gerichtete Mitteilungen, Telefonate, Briefe oder E-Mails sagen auch etwas völlig anderes. Ich will Ihnen das Drastischste hier gar nicht übermitteln. Aber dort ist immer wieder von einem schnellst möglichem Abriss des Plattenbaus, des Bunkers, des Kastens - um nur drei Begriffe zu zitieren - die Rede. Diese Stellungnahmen werden jedoch nicht öffentlich gemacht, weil befürchtet wird, dass in der öffentlichen Diskussion dann von hier und da starker Gegenwind kommt bzw. der eine oder die andere dann auch niedergemacht wird. Das will man nicht. Ich sage aber - das gehört zur wahrheitsgemäßen Betrachtung dazu -, dass es, was die Bewertung, auch in architektonischer Hinsicht, angeht, sehr unterschiedliche Positionen gibt, die zum Teil sehr krass sind. Das geht übrigens so weit, dass auch gesagt wird, man könne jetzt auch historische Pläne von Georg Ludwig Laves, die damals nicht verwirklicht worden sind, umsetzen.

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal auf das eingehen, was von der Landeshauptstadt Hannover hierzu vorgebracht wird. Es ist erforderlich, dass wir das Einvernehmen mit der Landeshauptstadt Hannover herstellen. Deshalb sage ich in aller Klarheit - damit gehe ich auf das ein, was Herr Kollege Bartling hier gesagt hat -: Ich bin dafür, die Landeshauptstadt in die Jury mit einzubinden. Das war für mich eigentlich - wenn ich das so sagen darf - gesetzt. Es hat ja auch im Vorfeld viele Gespräche mit der Landeshauptstadt gegeben. Dort ist das breit diskutiert worden. Aus der

Landeshauptstadt sind auch an mich persönlich Wünsche herangetragen worden, die jetzige Chance zu nutzen und eine Veränderung des Platzes der Göttinger Sieben sowie die Anbindung an die Leine mit in die Planung einzubeziehen. Das sollten wir jetzt nicht ausblenden.

Meine Damen und Herren, das weitere Verfahren ist klar geregelt. Das ist doch überhaupt kein Geheimnis. Es wird jetzt nicht so sein - Herr Kollege Hagenah, das darf ich in aller Klarheit sagen -, dass wir selbst im Hause quasi den Raumbedarf so erstellen, dass es nicht in die Kubatur passt. Darauf wäre ich auch selbst gekommen; das darf ich Ihnen einmal sagen. Wir beauftragen eine parlamentserfahrene Firma, die diese Phase eins - wenn ich das so nennen darf - bewertet. Diese hat sich bereits in Hessen und in anderen Bundesländern mit diesen Fragen befasst. Das ist dann eine neutrale Feststellung, die wir anschließend diskutieren können. Ich glaube, das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU)

Es wird eine intensive Auseinandersetzung auch mit den denkmalschutzrechtlichen Belangen geben; das ist überhaupt keine Frage. Es wird den Entwurf eines Auslobungstextes geben; auch das ist keine Frage. Das ist fest zugesagt; darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. Nach unserer Zeitachse soll das Ende März/Anfang April in der Baukommission diskutiert werden. Von mir aus kann das Satz für Satz geschehen; das alles können wir gerne machen.

(Zuruf von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Diese Punkte werden vor einer endgültigen Entscheidung auch der Öffentlichkeit vorgelegt werden. Wie der Auslobungstext formuliert ist, werden die Mitglieder der Baukommission Ende März/Anfang April sehen. Dann können wir darüber intensiv diskutieren.

Meine Damen und Herren, eines darf ich aber noch einmal sagen - das bezieht sich wieder auf den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen; das sage ich hier im Klartext -: Bei mir gibt es keine Bereitschaft - eine solche sehe ich auch bei vielen anderen Kollegen nicht -, vor dem Umbau bzw. Neubau einen städtebaulichen Wettbewerb durchzuführen. Wer das jetzt fordert, der tut dies trotz des Wissens - vielleicht aus taktischen Gründen -, dass in dieser Legislaturperiode überhaupt keine Baumaßnahme mehr durchgeführt wird bzw. durchgeführt werden kann. Nach meiner Wahr

nehmung will das die breite Mehrheit in diesem Hause nicht.

Herr Dinkla, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage von Frau Helmhold?

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich möchte Sie gerne fragen: Gehe ich recht in der Annahme, dass all das, was Sie hier in Bezug auf den künftigen Architektenwettbewerb und das, was der Baukommission vorgestellt wird, vortragen, auf der Grundlage des Beschlusses der Baukommission beruht, Variante 7 weiterzuverfolgen, die ja vorsieht, dass der Oesterlen-Bau abgeschnitten und entfernt wird?

Herr Dinkla!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin, die Präferenz ist eindeutig. Das ist auch Beschlusslage der Baukommission. Insofern werden wir die Feinheiten zu diskutieren haben, wenn die Diskussion in Bezug auf die textliche Ausgestaltung in der Baukommission ansteht.

Meine Damen und Herren, weil vom Kollegen Hagenah und anderen immer wieder die Worte „Kompromisse“ und „Einschränkungen“ gebraucht werden, weise ich auf Folgendes hin: Setzen wir zu stark auf Kompromisse - dies gilt für alle Nutzer, ob Abgeordnete, Besucher oder Verwaltung -, bindet uns dies auf Jahrzehnte. Die Fehler, die wir jetzt machen, die Kompromisse, die wir jetzt eingehen, wirken nicht wenige Jahre, sondern Jahrzehnte nach. Wir bauen nicht für einen kurzen Zeitraum, sondern für Jahrzehnte. Dieser besondere Blickwinkel darf hierbei nicht untergehen.

Niedersachsens neues Parlament soll ein Symbol für Offenheit und Transparenz werden: Abschied von der „Bunkersituation“, moderne, mediengerechte Arbeitsbedingungen für Abgeordnete und Medienvertreter, Barrierefreiheit - dieser Begriff ist heute noch nicht gefallen -, Besucherfreundlichkeit, Funktionalität, Wirtschaftlichkeit, moderne Energiekonzepte. Wir wollen nicht, dass dieser Bau ein „Energiekiller“ ist. Es können auch modellhaft Konzepte umgesetzt werden.

Abschließende Bemerkung: Niemand will einen Luxusbau, der unverantwortlich viel Geld für architektonische Spielereien verschlingt. Ich glaube aber, dass wir alle die Kraft haben sollten, uns zu einem modernen Parlamentsgebäude zu bekennen.

Herzlichen Dank, Herr Dinkla. Ihre Redezeit ist schon überschritten.

Gut, dann bedanke ich mich noch für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der SPD)

Es liegen zwei Wortmeldungen zu Kurzinterventionen auf Herrn Dinkla vor. - Zunächst hat Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Sie haben anderthalb Minuten.

Frau Vizepräsidentin! Herr Präsident Dinkla, ich begrüße ausdrücklich, dass Sie sich dieses Projekt auf die Hörner genommen haben und die Arbeitssituation hier im Parlament verbessern wollen. Ich halte fest, dass ich an drei Stellen einen Konsens sehe: Erstens sind wir uns einig, dass eine Modernisierung notwendig ist. Zweitens sind wir uns hier im Haus offenbar auch darin einig, dass eine energetische Sanierung dringend notwendig ist. Drittens sind wir uns einig, dass der Landtag angemessene Räumlichkeiten benötigt. Das ist der Konsens.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Wollen Sie keinen Neubau? Sie wollten doch einen Neubau! Jetzt bekommen Sie einen Neubau!)

- Den Dissens beschreibe ich jetzt auch, Herr Althusmann. - Der Dissens lässt sich mit der Frage umschreiben, ob wir, um diese Bedingungen zu erfüllen, einen vollständigen Neubau brauchen oder ob auch ein Umbau möglich ist, wie er beispielsweise mit dem Entwurf von Koch Panse realisiert würde. In diesem Zusammenhang geht es auch um die Frage, was am Ende teurer sein wird. Auch dazu gibt es unterschiedliche Einschätzungen.

Ich verweise noch einmal auf den Reichstag. Sir Norman Foster hatte ursprünglich die Kuppel nicht in seiner Planung. Sie wurde aus dem Entwurf des Drittplatzierten übernommen. Da ist also eine gute Idee in einen ohnehin schon hervorragenden Vorschlag eingebaut worden. Genau dies wünsche ich mir bei uns auch: den Wettbewerb um die beste Idee. Ich hoffe, dass sich dem am Ende keine Fraktion widersetzen wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Die nächste Kurzintervention kommt von der Fraktion DIE LINKE. Herr Dr. Sohn, Sie haben anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gehe zunächst ganz kurz auf das 30-Tage-Argument ein und stimme dem zu, was Herr Dinkla gesagt hat. Dieses Argument ist ein bisschen schwach und würde - ich bin kein Kirchenverteidiger per se - natürlich auch alle Kirchen in Niedersachsen in Bedrängnis bringen. Dann könnte man nämlich sagen, sie würden nur 50 Tage im Jahr genutzt, und könnte sie deswegen auch zumachen. Das ist also kein sehr starkes Argument.

Mir scheint, dass sich in der Diskussion den Bedingungen, die Frau Reichwaldt formuliert hat und von denen unsere Zustimmung zu diesen Baumaßnahmen abhängt, eine weitere dazugesellen könnte, nämlich dass der Plenarsaal auch über den Parlamentsbetrieb hinaus genutzt werden kann. Heute vor einer Woche fand hier in diesem Saal die szenische Aufführung von Peter Weiss’ Ausschwitzprozess statt, die mich persönlich sehr beeindruckt hat. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, waren zehn Abgeordnete anwesend. Ich wünsche mir, dass dieser Architekturwettbewerb auch berücksichtigt, dass der Plenarsaal nicht nur für das Landtagsplenum, sondern auch für Veranstaltungen wie die Aufführung von Peter Weiss genutzt werden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Dinkla möchte antworten. - Bitte schön, auch Sie haben anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Ich will nur eines in aller Klarheit sagen: Wir sollten uns unmissverständlich davon

distanzieren, dass es eine Chance gäbe, den Wettbewerb von 2002 zu reaktivieren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Wenzel, dies geht schlicht und ergreifend nicht, und deshalb sollten wir auch den Mut haben, dies klarzustellen. Eines kann man nicht tun, was Sie in dem Antrag getan haben: Sie können nicht auf der einen Seite für eine städtebaulichen Wettbewerb argumentieren und auf der anderen Seite dafür plädieren, dass man sich bei den Baumaßnahmen nur innerhalb der Kubatur bewegen dürfe. Dies halte ich für unlogisch; denn wenn wir, dem erklärten Wunsch der Landeshauptstadt folgend, hier einen markanten Punkt setzen wollen, müssen wir uns in Richtung auf den Platz der Göttinger Sieben öffnen. Andere Städte haben einen Roten Platz; dies ist ein toter Platz.

Ich wehre mich auch etwas dagegen, dass man das Kostenargument im Hinblick auf den Plenarsaalbau immer so anführt, als gehe es hier um etwas ganz Besonderes. Zweifellos ist er als Symbol der Demokratie auch etwas Besonderes. Aber in den letzten sieben Jahren haben wir im Bereich der Justizvollzugsanstalten in Niedersachsen 235 Millionen Euro investiert; Einzelmaßnahmen haben 110 Millionen Euro und, wie in Göttingen, 65 Millionen Euro gekostet. Dort wurde überhaupt nicht darüber diskutiert, ob diese Baumaßnahmen nicht auch 5 oder 10 Millionen Euro billiger hätten sein können. Ich will jetzt keine gedankliche Assoziation zu Justizvollzugsanstalten herstellen. Darum geht es mir nicht.

(Heiterkeit)

Das können Sie auch nicht mehr, weil die anderthalb Minuten jetzt vorbei sind, Herr Dinkla. Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Zu Wort gemeldet hat sich für die Landesregierung Herr Minister Stratmann. - Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Sohn, eine Vorbemerkung kann ich mir als jemand, der vielleicht ein anderes Verhältnis als Sie zu Kirchen hat, nicht verkneifen: Die meisten Kirchen in Deutschland stehen jeden Tag den Gläubigen offen

(Zuruf von der CDU: Den Ungläubigen auch! - Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

- den Ungläubigen auch -, nicht nur an Sonntagen. Insofern hinkte dieser Vergleich ein wenig.