Protocol of the Session on February 18, 2009

Die Ausführung dieses Gesetzes, meine Damen und Herren, beschäftigt viele Behörden, seine Begleitung zahlreiche Interessenverbände. Ich habe mit großem Interesse die Umfrage der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg zur Sonntagsöffnung in Kur-, Erholungs-, Ausflugs- und Wallfahrtsorten vom Februar und März 2008 zur Kenntnis genommen, der zufolge die erlaubten Öffnungszeiten an vielen Orten nicht ausgenutzt werden und ein leichtes Überwiegen der positiven Entwicklung auf die Gästezahlen festgestellt wird. Vor allem aber haben in dieser Umfrage 93 % der Befragten geantwortet, die Sonn- und Feiertagsöffnung habe nicht zu Problemen mit benachbarten Kommunen bzw. Händlern geführt. - So die IHK Lüneburg-Wolfsburg. Wie bei allen Umfragen muss man natürlich auch bei dieser Umfrage bei den Ergebnissen die gebotene Vorsicht walten lassen. Aber es zeigte sich zumindest nicht die hier behauptete allgemeine Unzufriedenheit mit den geltenden Regelungen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

Deswegen empfehle ich heute dem Niedersächsischen Landtag die Zustimmung zu der vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses.

Nicht in allen Ausflugsorten wird Begeisterung über die kommende Einschränkung herrschen, dass dort in Zukunft Bekleidung und Schmuck an Sonn- und Feiertagen nicht mehr verkauft werden dürfen. Der Wunsch besteht, diese Artikel zu verkaufen. Ihm wird durch die Zulassung von acht verkaufsoffenen Sonntagen mit Öffnungszeiten von bis zu fünf Stunden zum Teil entgegengekommen. Der Spezialfall Wietmarschen - dies ist erwähnt worden - wird hier in sinnvoller Weise geregelt.

Ich gehe zuversichtlich davon aus, dass die angesprochene Auswertung des derzeit geltenden Gesetzes innerhalb der nun folgenden 13 Monate

nicht zu bahnbrechenden neuen Erkenntnissen führen wird, die uns dazu zwingen würden, uns mit der Materie grundsätzlich erneut zu beschäftigen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Ross-Luttmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 6. März 2007 hat der Niedersächsische Landtag das Ladenöffnungsgesetz beschlossen. Ziele des Ladenöffnungsgesetzes waren - ich möchte sie noch einmal ganz kurz in Erinnerung rufen - zum einen der Abbau von Überregulierungen, zum anderen Anpassungen der Regelungen an geändertes Verbraucherverhalten und des Weiteren die Konkurrenzfähigkeit von Kurorten, insbesondere von Küstenorten, mit Nachbarländern zu gewährleisten. Über all dem stand für uns prioritär der Sonn- und Feiertagsschutz.

Wir haben bisher überwiegend positive Rückmeldungen erhalten, in einem Punkt aber auch Kritik erfahren. Deswegen sehen wir auch schon vor der Evaluierung Optimierungsbedarf. In Ausflugsorten haben wir nämlich vereinzelt die Erfahrung machen müssen, dass das Einkaufen im Vordergrund stehen könnte. Das ist aber nicht Sinn und Zweck des Ladenöffnungsgesetzes. Ausflugsorte sollte man besuchen, um sich ihre Sehenswürdigkeiten anzusehen, nicht aber in erster Linie der Einkaufsmöglichkeiten wegen.

Das eine ist - meine Damen und Herren, das scheinen Sie nicht immer zu verstehen -, in einem Gesetz etwas zu ermöglichen, es in die Verantwortung eines jeden Einzelnen zu stellen. Das andere hingegen ist, überzureglementieren und dem Einzelnen überhaupt keine eigene Verantwortung mehr zu geben. Wir wollen dem Einzelnen die Verantwortung geben - das ist unser Ziel -, weil wir glauben, dass es die Stärke einer Gesellschaft ausmacht, selbst handeln zu können. Wenn der Sonntagsschutz ausgehöhlt werden sollte, sehen wir uns aber in der Pflicht zu handeln.

Deshalb diskutieren wir heute über den Vorschlag, in Ausflugsorten den Verkauf von Bekleidung und Schmuck aus dem sonntäglichen Warenangebot

wieder herauszunehmen. Als Ausgleich für das reduzierte Warenangebot soll die Zahl zulässiger Sonntags- und Feiertagsöffnungen mit vollständigem Warenkorb von vier auf maximal acht pro Jahr für Ausflugsorte erhöht werden. In all den Diskussionen über die Frage, wie die richtige Lösung aussehen könnte, haben wir, wie ich glaube, gemeinsam gesehen, dass es unglaublich schwer ist, eine Lösung zu finden, die auf der einen Seite dem Sonn- und Feiertagsschutz eine hohe Priorität zuweist, auf der anderen Seite aber auch die unterschiedlichen Interessenlagen zwischen dem grundsätzlichen, prioritären Sonntagsschutz, dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Wettbewerbsfähigkeit des niedersächsischen Handels weitgehend in Einklang bringt. Die jetzt in den Ausschüssen des Landtages erarbeitete Lösung stellt meines Erachtens einen solchen Kompromiss dar.

Ich möchte ihn hier noch einmal kurz zusammenfassen. Erstens wird eine Verkleinerung des Warenkorbes einerseits und eine Erhöhung der Anzahl verkaufsoffener Sonntage von vier auf maximal acht Tage für fünf Stunden andererseits vorgesehen. Zweitens werden die Regelungen für Kur- und Erholungsorte sowie für Wallfahrtsorte nicht eingeschränkt. Drittens wird die gesetzliche Neuregelung - dies war mir besonders wichtig; ich bin den Regierungsfraktionen sehr dankbar für dieses Verfahren - erst ab dem 1. April 2010 gelten. Damit bieten wir Vertrauensschutz. Jeder Händler und jede Händlerin kann sich darauf einstellen. Es bleibt selbstverständlich bei der vorgesehenen Evaluation. Unabhängig von dieser Evaluation ist meines Erachtens jetzt der Zeitpunkt zum Handeln gekommen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Frau Ministerin Ross-Luttmann. - Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Kollegin Mundlos noch einmal zu Wort gemeldet. Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung haben Sie zwei Minuten Redezeit. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir ist es einfach wichtig, zum Schluss noch einmal ganz deutlich zu betonen, dass der Wettbewerb in den Bädern zwischen den einzelnen Bundesländern in der Tat auch weiterhin

möglich sein sollte. Wir haben die Feststellung gemacht, dass die Regelung, die jetzt greift und die auch schon seit einiger Zeit Gültigkeit hat, sehr gut funktioniert und dass sie allen, die in diesen Orten wohnhaft und ansässig sind, und natürlich auch denen, die als Touristen dorthin kommen, gerecht wird.

Wir haben andererseits auch festgestellt, dass in den Ausflugsorten eine gewisse Unsicherheit eingetreten ist und viele natürlich in der Tat auf die Region Braunschweig/Wolfsburg geschaut haben. Es war festzustellen, dass Wolfenbüttel im Vorgriff auf bestimmte Regelungen beantragt hat, auch Ausflugsort zu werden, um rechtzeitig auf Dinge, die da kommen könnten, vorbereitet zu sein. Was wir heute regeln, ist ein Interessenausgleich. Wir wollen denjenigen, die Probleme oder Sorgen hatten, gerecht werden.

Zu guter Letzt will ich vor allen Dingen noch einmal betonen, dass die Evaluation kommen und in aller Ruhe vorgenommen werden wird. Ich hoffe allerdings, dass die Oppositionsfraktionen dann etwas konstruktiver und stringenter mitarbeiten werden, als das heute der Fall war.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Frau Mundlos. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Einzelberatung dieses Gesetzentwurfes. Ich rufe auf:

Artikel 1. - Hierzu gibt es eine Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer möchte zustimmen? - Gegenstimmen? - Wir sind uns einig, dass das Erste die Mehrheit war.

(Zurufe von der SPD: Na? - Karl- Heinz Klare [CDU]: Mit Abstand!)

- Wir sind uns hier oben einig. Ich hatte schon § 83 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung herausgesucht. Machen Sie sich keine Sorgen. Wenn hier oben Einigkeit besteht, brauchen Sie dies gar nicht anzuzweifeln.

Artikel 2. - Auch hierzu gibt es eine Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer möchte zustimmen? - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetz seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Wer stimmt gegen das Gesetz? - Stimmenthaltungen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist das Gesetz so beschlossen.

Die Tagesordnungspunkte 7 bis 10 sollen vereinbarungsgemäß zusammen behandelt werden. Ich rufe somit auf:

Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Förderung eines regional ausgeglichenen vollständigen Schulangebots - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drs. 16/902

Erste Beratung: Bildungswege in allen Schulen offenhalten - Gesamtschulgründungen fördern und nicht behindern - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/886

Erste Beratung: Restschulen verhindern - Gleiche Bildungschancen für alle Kinder sichern - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/890

Erste Beratung: Ausbau von Ganztagsschulen jetzt erforderlich - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/900

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD und zu den damit zusammen zu beratenden Anträgen erteile ich Frau Kollegin Heiligenstadt von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion legt heute mit dem Gesetzentwurf ein Angebot vor, das ein regional angepasstes, vollständiges, zukunftsorientiertes, durchlässiges und stabiles Bildungssystem für das Flächenland Niedersachsen ermöglicht.

(Beifall bei der SPD)

Unser Gesetzentwurf hat das Ziel, ein Bildungssystem vorhalten zu können, das im Hinblick auf Schülerzahlen stabil ist, das im Hinblick auf alle erwerbbaren Schulabschlüsse zukunftsorientiert ist, das Durchlässigkeit zwischen den Schulformen

ermöglicht und das regional gestaltbar ist, bezogen auf die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Ausgangslagen der Schulträger in Niedersachsen.

Kurz zur Ausgangslage: In keinem vergleichbaren Industriestaat ist der Bildungserfolg so von der sozialen Herkunft abhängig wie in Deutschland und nach wie vor auch in Niedersachsen. Das heißt nichts anderes als dies: Der Bildungserfolg wird nach wie vor vererbt. Das deutsche Schulsystem versagt bei der Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund. Die frühe Trennung in verschiedene Schulzweige schöpft das Potenzial vieler Kinder nicht aus. Die Migrations- und Sozialprobleme sind in großem Umfang an den Hauptschulen konzentriert und können dort nur schwer gelöst werden, obwohl die Lehrerinnen und Lehrer an den Hauptschulen einen sehr guten Job machen und sehr gute Arbeit leisten.

(Beifall bei der SPD)

Gleichzeitig tendieren Schulwahlentscheidungen der Eltern zu immer anspruchsvolleren Bildungsgängen. Das ist darin begründet, dass Schulwahlentscheidungen vornehmlich in Abhängigkeit vom eigenen Bildungsstatus getroffen werden. Von Jahr zu Jahr verfügen immer mehr Eltern über höhere Schulabschlüsse, und so kommt es zu einer immer höher steigenden Anspruchsspirale.

Auf der anderen Seite treffen sinkende Schülerzahlen die Bildungsgänge der Sekundarstufe I ungleichmäßig: Schulen mit Abituroption - das sind die Gymnasien und Gesamtschulen - verzeichnen Zuwächse, Schulen ohne Abituroption - Hauptschulen und Realschulen - hingegen verlieren. In den Bundesländern um uns herum haben wir eine vielfältige Veränderung der Bildungslandschaft zu verzeichnen, allerdings mit einer Gemeinsamkeit: Es gibt immer mehr Kooperationen der gegliederten Systeme.

Nur in Niedersachsen, meine Damen und Herren, bewegt sich seit sechs Jahren nichts.

(Beifall bei der SPD)

Im Gegenteil: Diese Landesregierung und die sie tragende Mehrheit von CDU und FDP zementierten zeitweilig sogar die Zergliederung der Bildungslandschaft durch Verbote für neue Gesamtschulen und die Abschaffung der Kooperativen Haupt- und Realschule gleich zu Beginn der Legislaturperiode ab 2003. Erst letztes Jahr wurde das Gesamtschulerrichtungsverbot etwas gelockert; gleichzeitig aber wurden viele neue Hürden für die Errichtung neuer Gesamtschulen geschaffen.

Dankenswerterweise erkennen nun neben sozialdemokratischen, grünen und vereinzelt auch linken Vertretern in den Kommunalparlamenten aber auch CDU-Kommunalpolitiker, dass vor Ort auch Gesamtschulen eine interessante Alternative mit einer gymnasialen Option sein können.