Wir unterstützen auch ausdrücklich, wie sich die Landesregierung in der rechtlichen Auseinandersetzung mit Porsche hinsichtlich der Satzung verhält. Die Satzung ist nach Aktienrecht sauber. Sie ist vor dem VW-Gesetz in Kraft gesetzt worden, und es gibt überhaupt keinen Rechtsgrund, sie in Zweifel zu ziehen. Ich hoffe, es gelingt, diese Rechtsposition durchzuhalten. Aber ich sage auch ausdrücklich: Bei diesem Thema darf man nicht nur ein Instrument nutzen, sondern muss man alle Instrumente nutzen. Wir müssen ganz auf der sicheren Seite sein.
Ich komme zu einem Punkt, bei dem wir schon über Ihr Verhalten, Herr Wulff, gestaunt haben. Wenn ich es richtig sehe, haben Sie 2005 einen Ausschuss des Aufsichtsrats für Geschäfte mit Aktionären initiiert. Dort werden Verabredungen, Verträge mit Porsche nachträglich zur Kenntnis
genommen. Das ist schön und gut, aber die Steuerungsmöglichkeiten bewegen sich hier in der Gegend von null.
In seiner Sitzung am 12. September hat der Aufsichtsrat nun einen Ausschuss für besondere Geschäftsbeziehungen eingerichtet. Dieser Ausschuss hat eine höhere Qualität, weil der Vorstand diesen Ausschuss nämlich zu informieren hat, ehe Verträge mit Porsche abgeschlossen werden. Vor diesem Hintergrund können VW-Interessen natürlich ganz anders tituliert werden.
Herr Wulff hat am 11. November in Wolfsburg gesagt: Ich tue alles, um die Interessen des Landes und der Beschäftigten bei Volkswagen zu sichern.
Wir fänden das klasse, wenn das passieren würde. Das wäre sehr in Ordnung; da sind wir einer Meinung. Aber, Herr Wulff, warum haben Sie dann in der Sitzung des Aufsichtsrates am 12. September gegen die Arbeitnehmerbank gestimmt? Das war ein Verstoß gegen diese Zusage, die Sie in Wolfsburg gemacht haben.
Warum ist das Landesinteresse eigentlich auf die Enthaltung von Herrn Piëch angewiesen und kann nicht auf die Zustimmung von Herrn Hirche und Herrn Wulff bauen? Das ist doch die Frage, um die es hier geht.
Nun haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Familie Porsche sich wieder zusammengefunden hat. Augenscheinlich wird Herr Piëch am 21. November im Aufsichtsrat beantragen, diesen Ausschuss wieder zu liquidieren. Ich bin allerdings der Meinung, dass wir diesen Ausschuss weiterhin brauchen. Er muss auf Dauer seine Arbeit machen, zugunsten der Belange des Landes, der Beschäftigten und der eigenständigen Existenz von Volkswagen im Rahmen der Holding.
Deshalb verlangen wir mit unserem Antrag, dass die Landesregierung diesem Antrag der Familie Porsche im Aufsichtsrat nicht zustimmt, sodass der Ausschuss, der - leider gegen die Stimme von Herrn Wulff - am 12. September eingerichtet worden ist, bestehen bleibt. Dann wäre eine optimale Vertretung der Belange der Beschäftigten und des Landes Niedersachsens gewährleistet. Herr Wulff,
stimmen Sie am 21. November mit der Arbeitnehmerbank, wie Sie es diese Woche in Wolfsburg noch einmal zugesagt haben!
Unser Antrag dokumentiert, dass der Landtag ein solches Verhalten uneingeschränkt unterstützen würde. Deshalb möchten wir heute auch sofort über ihn abstimmen, damit Sie mit der - hoffentlich einstimmigen - Rückendeckung des Landtages in der Aufsichtsratsitzung deutlich machen können: Die Arbeitnehmer und das Land haben gute Gründe, diesen Ausschuss auf Dauer zu halten. Er hilft den Belangen des Landes, der Beschäftigten und des Standortes. Das ist Ihre Aufgabe im Aufsichtsrat.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jüttner, ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt, wie Sie sich vom Saulus zum Paulus wandeln, wenn ich mir ältere Veröffentlichungen angucke, z. B. im NiedersachsenVorwärts von 2007, oder Interviews, die Sie geführt haben, beispielsweise am 20. November 2006, als Sie sich noch vehement dagegen ausgesprochen haben, dass Ministerpräsident Wulff und Minister Hirche sich dafür eingesetzt haben, dass der Einfluss von Porsche beispielsweise im Aufsichtsrat nicht so groß wird. Sie müssen mit folgendem Zitat aus jenem Interview leben:
„es gibt neben dem Land Niedersachsen einen Großeigner, das ist Porsche, und mit dem eine öffentliche Auseinandersetzung über die Zusammensetzung von Aufsichtsgremien zu führen, ist unprofessionell.“
Der von Ihnen vorgelegte Antrag, in dem Sie fordern, einen Weisungsbeschluss zu fassen und die Vertreter des Landes Niedersachsen im Aufsichtsrat von VW an eine bestimmte Meinung zu binden, geht schon aus rechtlichen Gründen nicht, wie Sie wissen. Herr Dr. Althusmann hat gestern in der Aktuellen Stunde freundlicherweise bereits aus dem Aktiengesetz zitiert, sodass ich das an dieser Stelle nicht wiederholen muss. Er hat darauf hingewiesen, dass Mitglieder eines Aufsichtsrats nicht durch einen Weisungsbeschluss von wem auch immer gebunden werden können. Schon deswegen ist Ihr Antrag im Kern nicht zustimmungsfähig, weil er gegen das Aktienrecht verstößt. Ich will mir jetzt Ausführungen dazu sparen; wir haben heute schon genug über rechtliche Konsequenzen debattiert.
Ich denke, dass wir hier auf einen seriösen Weg kommen sollten, mit diesem Thema umzugehen. Vor allen Dingen sollten wir das, was die Landesregierung schon lange macht, sanktionieren, indem wir sie in der Arbeit unterstützen, die sie in den letzten Jahren geleistet hat. Wir sollten nicht versuchen, politisches Kapital aus dem zu schlagen, was Sie dort meinen vorzufinden.
Die SPD versucht - das ist gerade durch Ihren Beitrag wieder deutlich geworden -, sich zu profilieren, indem sie Ministerpräsident Wulff und Minister Hirche auffordert, sich für etwas einzusetzen, was sie aus ihrem Selbstverständnis als Großaktionär bei VW heraus schon lange tun. Deswegen versucht Ihr Antrag, den Eindruck zu erwecken, die Landesregierung habe bisher nur sehr halbherzig die Interessen der 80 000 VWaner in Niedersachsen und anderswo vertreten. Sie wollen wahrscheinlich unterstellen, dass die Landesregierung und die Regierungsfraktionen sich nicht um VW gekümmert hätten. Ich kann Ihnen ausdrücklich sagen: Das ist falsch.
Die Landesregierung hat sich immer deutlich für die Sicherung der Arbeitsplätze und die Wettbewerbsfähigkeit von VW und damit auch für die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer eingesetzt.
Der vehemente Einsatz für den Fortbestand des VW-Gesetzes - Sie hatten es selber gerade angesprochen; da sind wir meinungsgleich - ist ein gutes Beispiel dafür. Ministerpräsident Wulff und Minister Hirche werden - ich denke, das kann ich hier so sagen - auch zukünftig konsequent die übergeordneten Landesinteressen sowie die Interessen der Arbeitnehmervertreter bei VW vertreten. Dies wird, meine Damen und Herren, ausdrücklich auch von der Arbeitnehmerseite bei VW unterstrichen und bestätigt.
Herr Jüttner, dies alles passiert, ohne dass die Arbeitnehmervertreter von irgendjemandem dazu aufgefordert werden müssten. Das kommt aus reinem Herzen. Ich habe vor Kurzem noch einmal mit Herrn Osterloh über dieses Thema gesprochen. Er hat ausdrücklich bestätigt, wie Ministerpräsident Wulff und Minister Hirche sich für die Belange der Arbeitnehmer dort einsetzen.
Dem inhaltlichen Teil Ihres Antrages - das ist das, was Sie als Begründung bezeichnen - ist durchaus zuzustimmen in den Forderungen, die darin enthalten sind. Das korrespondiert leider nicht mit dem Antragstext, weil der - das sagte ich schon vorhin - so rechtlich leider nicht haltbar ist. Sie müssten noch einmal überlegen, ob Sie da eine andere Formulierung finden können, weil Weisungsbeschlüsse nach Aktienrecht eben nicht gehen.
Das ist die Kernforderung, die wir als Regierungsfraktionen erheben. Das Anliegen der Arbeitnehmerseite, einen zu großen Einfluss von Porsche z. B. auf die Produktpalette von Audi zu verhindern, findet die volle Unterstützung der CDU-Landtagsfraktion.
- Moment! - Die Frage ist nur, in welchem Rahmen dies am besten durchsetzbar ist. Ein gesonderter Aufsichtsratsausschuss könnte da z. B. ein passendes Instrument sein. Klar ist aber auch, dass dafür ein rechtlich sauberer Weg gefunden werden
muss. Es kann nicht im Interesse des Unternehmens und auch nicht im Interesse der Arbeitnehmer sein, dass VW schon wieder mit irgendwelchen zusätzlichen gerichtlichen Auseinandersetzungen auf das Abstellgleis geschoben wird.
Das VW-Gesetz und die Bestandskraft werden heute im Bundestag beschlossen - das soll irgendwann um Mitternacht geschehen -, und es ist davon auszugehen, dass der Bundesrat ihm zustimmen wird. Dann müssen wir uns darauf konzentrieren, Herrn McCreevy in seinem Vorhaben zu stoppen, dieses Gesetz mit allen Mitteln zu kippen. Das ist unsere vornehmste Aufgabe. Darauf sollten wir uns konzentrieren.
Deswegen gilt bei all dem, was ich gerade gesagt habe, auch der Grundsatz: Sorgfalt geht vor Eile. Denn es handelt sich um eine rechtssystematisch schwierige Materie, und es geht um eine wirklich wichtige Entscheidung für das Land Niedersachsen und auch für das gesamte Parlament, weil - darin sind wir uns wahrscheinlich fast alle einig - VW ein Kernbestandteil, ein Markenzeichen des Landes Niedersachsen ist, welches in unserem Interesse geschützt werden muss.
Porsche - das ist schon angesprochen worden - hat als großer Autobauer die Absicht, einen noch viel größeren Autobauer zu beherrschen. Ich denke, Porsche muss an dieser Stelle gestoppt werden. Das kann und muss mit den Interessen der Arbeitnehmer erfolgreich zusammengeführt werden. Ich denke, dass Herr Piëch das durchaus erkannt hat; sonst hätte er sich in der Vergangenheit wohl anders verhalten.
Zukünftig sollte jedoch weniger über die Interessen einzelner Aktionäre und Vertreter von VW, Porsche oder das Land Niedersachsen, diskutiert werden. Vielmehr muss es darum gehen, das Gesamte zu sehen, damit VW im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit des gesamten Landes Niedersachsen weiter vernünftig wachsen kann und sich zum weltweit größten Autobauer weiterentwickelt. Dementsprechend sind wir gut aufgestellt. Es ist an uns, alle Beteiligten hier unter einem Schirm zu sammeln und dafür zu sorgen und zu kämpfen, dass VW hier in Niedersachsen für uns erhalten bleibt.