Protocol of the Session on November 13, 2008

Drittes Zitat, Braunschweiger Zeitung: Frau Uschi Helmhold hat gesagt:

„Jetzt ist wirklich Kante. Geht jetzt, sagt die Grüne Ursula Helmhold zu einer Gruppe junger Mädchen. Sie hören zu und ziehen ab.“

Da ist aktiv versucht worden, einen Konflikt zu lösen. Offenbar hat das von Ihrer Fraktion niemand versucht. Stattdessen versuchen Sie jetzt hier, daraus für Ihre politischen Zwecke Honig zu saugen.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, nächste Rednerin ist Frau Flauger von der Fraktion DIE LINKE.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Sie haben uns mit diesem Tagesord- nungspunkt herausgefordert! - Ge- genruf von Ursula Helmhold [GRÜ- NE]: Wir erwarten, dass das zurück- genommen wird! Wir erwarten eine Entschuldigung!)

Frau Flauger, vielleicht warten Sie einen Moment. - Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern haben niedersachsenweit weit über 20 000 Schülerinnen und Schüler demonstriert. Ich möchte einleitend aus der Begründung des Antrags „Demokratieerfahrungen fördern …“ der SPD-Fraktion zitieren, den wir heute im Plenum behandelt haben:

„In der im Mai 2008 erschienenen Studie zur Entstehung rechtsextremer und demokratischer Einstellungen in Deutschland ‚Ein Blick in die Mitte’ wird festgestellt, dass viele Menschen Defizite haben, sich selbst als Subjekte demokratischer Prozesse zu begreifen.“

Gestern haben viele Schülerinnen und Schüler gezeigt, dass sie sich als Subjekte demokratischer Prozesse begreifen. Das ist ausdrücklich zu begrüßen.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier haben Schülerinnen und Schüler „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut!“ und „Bildung für alle, und zwar umsonst!“ - gemeint war „kostenlos“ - skandiert und so für gleiche Bildungschancen demonstriert. Sie haben deutlich gemacht, wie sie zur Bildungspolitik dieser Landesregierung stehen. Das verdient unsere Anerkennung und unsere Achtung.

(Beifall bei der LINKEN)

Da ist niemand instrumentalisiert worden, sondern hier ging es um selbstständige Äußerungen von selbstständig denkenden Menschen. Dass Ihnen das in mancher Hinsicht nicht gefällt, kann ich mir vorstellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte jetzt aus einem Fax zitieren, das uns gestern zugegangen ist.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Von wem?)

- Von jemandem, der nicht in unserer Partei ist, den wir auch nicht kennen. - Das Zitat: Ich war als Älterer - - -

(Unruhe)

- Vielleicht hören Sie einfach mal zu.

Ich war als Älterer ein Stück mit den jungen Leuten gegangen, weil ich ihre Forderungen berechtigt finde und von der sehr engagierten und zunächst sehr friedlich-gewaltfreien Atmosphäre beeindruckt war. Deshalb wende ich mich an Sie, um mich meiner eigenen Beobachtungen zu vergewissern. - Es geht weiter mit einer eingeschlagenen Tür, wegen eines Steinwurfs. - Das ist mehr als ärgerlich. Aber dafür darf man doch nicht Tausende von friedlich demonstrierenden Jugendlichen verantwortlich machen.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der CDU: Wer macht das? Das macht niemand!)

In solch einer Situation, so geht es hier weiter, muss die Polizei klaren Kopf behalten.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das hat sie auch!)

Und er schildert: Hier habe ich gleich an mehreren Stellen ein drohend-agrressives Verhalten von Polizisten beobachtet, das mich beunruhigt hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Er schreibt von Tätlichkeiten einer jungen Frau gegenüber, von einem Polizisten, der eine vor ihm davonlaufende junge Frau von hinten an ihren Haaren zu Boden gerissen hat. Das wurde von mehr als 1 000 Demonstrantinnen und Demonstranten gesehen. Er schreibt, dass es selbstverständlich Aufgabe der Polizei sei, das Parlament zu schützen - keine Frage -, aber dass man dabei auch besonnen reagieren müsse.

Ich möchte jetzt ein paar persönliche Eindrücke schildern. Ich bin in diese Demonstration hineingegangen, so wie einige andere Abgeordnete unserer Fraktion und der Fraktionen der Grünen und der SPD auch.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: In der Bannmeile haben Sie nichts zu su- chen!)

Ich habe keine gewalttätigen Aktionen gesehen. Ich habe allerdings gesehen, dass viele Schülerinnen und Schüler versucht haben, sich aufregende Klassenkameradinnen und Klassenkameraden zu beruhigen. Das habe ich allerdings sehr wohl gesehen. Ich habe gesehen, dass man mit diesen Schülerinnen und Schülern sehr vernünftig reden konnte. Das habe ich getan. Ich habe erlebt, wie

Frau Korter - ebenso wie ich - versucht hat, dafür zu sorgen, dass Polizisten ansagen, dass die Schülerinnen und Schüler bitte zum Opernplatz gehen sollten, wo wir dann gerne bereit gewesen wären, mit ihnen zu diskutieren. Die Polizei hat das aber nicht getan.

Ich habe gehört, wie Polizistinnen und Polizisten ohne Grund und ohne Auslöser Schülerinnen und Schüler mit Ausdrücken wie „Scheißgören“ und „blödes Volk“ angepöbelt haben. Man kann so reagieren. Das muss man aber als erwachsener Polizist nicht gegenüber Teenagern. Ich habe erlebt, wie Polizisten physisch gerempelt haben - ohne jeden Auslöser. Ich habe mich mehrfach beruhigend zwischen Schülerinnen und Polizisten gestellt - erfolgreich übrigens. Bei mir haben sich Polizistinnen und Polizisten - - -

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Sie haben sie an ihrer Arbeit gehindert! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Seien Sie bitte einmal ruhig! - Ich habe sie nicht an ihrer Arbeit gehindert, sondern diese Polizistinnen und Polizisten haben sich mehrfach bei mir dafür bedankt, dass ich in dieser Art und Weise deeskalierend gewirkt habe. Vielleicht nehmen Sie das auch einmal zur Kenntnis. Das hat mit der Behinderung von Polizeiarbeit nichts zu tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht hierbei ganz klar nicht darum, Steinwürfe zu rechtfertigen. Das ist gar nicht die Frage. Die sind aus gutem Grund verboten. Das ist eine Straftat, und das verurteilen wir selbstverständlich. Das hat da nichts zu suchen.

(Zuruf von der CDU: Endlich etwas Neues!)

Es geht übrigens auch nicht darum, Polizisten pauschal zu verurteilen. Aber ich habe die Angst und die Hilflosigkeit in den Augen vieler dieser jungen Polizistinnen und Polizisten gesehen. Und ich bitte Sie, die Landesregierung, ausdrücklich darum, dafür zu sorgen, dass diese Polizistinnen und Polizisten besser ausgebildet werden, damit sie wissen, wie man in so einer Situation besonnener und ruhiger reagiert, als das hier der Fall war.

(Beifall bei der LINKEN - Widerspruch bei der CDU)

Was Sie gerade abliefern, ist übrigens in keiner Weise besonnen und ruhig. Das möchte ich hier auch einmal darstellen.

Frau Heister-Neumann, Sie sind gerufen worden. Sie hätten die Möglichkeit gehabt zu deeskalieren, indem Sie sich der Diskussion und den Gesprächen mit den Schülerinnen und Schülern gestellt hätten. Das haben Sie nicht getan.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Nicht in der Bannmeile! - Unruhe)

Frau Kollegin, bitte warten Sie einen Moment. Sie sind nämlich nicht zu verstehen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Frau Flau- ger, wir verstehen Sie auch nicht!)

Das haben Sie nicht getan. Stattdessen tun Sie hier etwas, was Sie wirklich nicht tun sollten. Sie werfen Tausende von friedlichen Demonstrantinnen und Demonstranten in einen Topf mit einigen wenigen, die wirklich Straftaten begangen haben mögen. Ich kann das nicht beurteilen. Sie sollten ebenfalls nicht Abgeordnete, die sich in die Demonstration begeben haben, um mit den Demonstranten zu reden und zu deeskalieren, hier mit unzutreffenden Vorwürfen überziehen, während Sie sich selbst nicht getraut haben, diese Gespräche zu führen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Sie sollten sich schämen für diese völlig unzutreffenden Unterstellungen, die Sie aus parteipolitisch motivierten Gründen gegenüber Tausenden von friedlich demonstrierenden Schülerinnen und Schülern und gegenüber Abgeordneten dieses Landtags, denen Sie Straftaten vorwerfen, vorbringen. Sie sollten sich dafür entschuldigen, Sie sollten Ihre Vorwürfe zurücknehmen, das sollten Sie tun!

Ich möchte hier noch eine Anzeige hochhalten. Sie betrifft einen unserer Mitarbeiter, der von Polizisten zu Boden gestoßen wurde. Natürlich haben wir gegen den Polizisten Anzeige erstattet; auch das aus guten Gründen.

(Unruhe bei der CDU - Glocke des Präsidenten)

Ich sage, um mich den Ausführungen meines Kollegen von den Grünen anzuschließen: Entweder beweisen Sie die Vorwürfe, die Sie hier erheben, oder Sie nehmen sie zurück und entschuldigen sich dafür. Dazu fordere ich Sie hier nochmals auf.

(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Hier kann jeder frei re- den! Außer in der Bannmeile, da geht das nicht!)