Da wir diese Abwägung nicht vornehmen konnten, werden wir uns bei diesem Punkt enthalten. Ich bin überzeugt, dass sich die neue politische Mehrheit
Verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion im Fachausschuss zu diesem Gesetzentwurf war kurz; denn den Streit über die Materie, die damit noch einmal angefasst werden sollte, gibt es schon lange, und er wird, wie wir den Redebeiträgen entnehmen konnten, die wir bisher gehört haben, noch anhalten. Deshalb ist der Ausschuss in seiner großen Weisheit übereingekommen, das System, das mühevoll in vielen Jahren gefunden wurde, zunächst einmal nicht zu ändern.
Verehrte Antragstellerinnen und Antragsteller, wer die Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf liest - von dem Änderungsantrag, die Sie nachträglich eingebracht haben, will ich gar nicht reden -, der sieht, dass Sie die Welt nicht kennen. In der Begründung steht, dass die meisten Verkaufsstellen in Niedersachsen bis 22 Uhr und etliche bis 24 Uhr geöffnet seien. Fahren Sie doch mal durch das Land! Schauen Sie sich einmal um! Dann werden Sie sehen, welche Veränderungen eintreten. Es gibt tatsächlich Geschäfte, die das eine Weile probiert und bis 22 Uhr geöffnet haben. Dann zählen sie ihre Kunden und zählen ihre Kunden noch einmal. Dann machen sie nur noch bis 21 Uhr auf. Dann schauen sie sich auch das eine Weile an, und dann verkürzen sie die Öffnungszeiten möglicherweise noch einmal.
Es ist doch die absolute Ausnahme - und so haben wir das seinerzeit hier besprochen -, in der es die Nachfrage wirklich erfordert, dass Geschäfte bis 22 Uhr geöffnet haben. In Städten mittlerer Größe finden Sie vielleicht einen größeren Laden, der so lange offen hat.
Dann ist noch eine Verkäuferin an der Kasse, und allenfalls eine Kraft geht noch durch den Laden und guckt, ob alles in Ordnung ist. In diesem Rahmen muss das doch wohl möglich sein.
Wenn Sie sich hier an dieses Pult stellen und Gesetze für 10 000 Beschäftigte im Einzelhandel verlangen, dann darf ich Ihnen sagen, dass das Land Niedersachsen etwa 8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner hat - viele davon Bürger.
Wenn wir anfangen, Gesetze nur für 10 000 Menschen zu machen, dann wird die Gesetzgebung wirklich ganz problematisch. Es ist notwendig - und das ist bei dem Ladenöffnungsgesetz auch erfolgt -, die Interessen zahlreicher Gruppen abzuwägen. Ich spare mir jetzt die Zeit und zähle nicht noch einmal alle Widrigkeiten in der Lebenswirklichkeit auf: Was kann ich an der Tankstelle kaufen? Was kann ich am Bahnhof kaufen? Was ist Reisebedarf? Was sind Schnittblumen? Was gehört zu den Schnittblumen dazu? Gehört die Dekoration, die in den Strauß gesteckt wird, auch dazu? Kann die im Sinne des Ladenöffnungsgesetzes auch am Sonntag verkauft werden? Darf der Blumentopf eingewickelt werden, oder gehört das Papier schon wieder nicht mehr dazu? - Alle diese Widrigkeiten haben wir doch besprochen.
Meine Damen und Herren, nach meiner tiefsten persönlichen Überzeugung wäre die beste Regelung überhaupt keine Regelung. Dann könnten die Menschen das tun, was sie in ihrer Klugheit für richtig halten. Das würde zu geordneten Verhältnissen führen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist richtig, dass uns dieses Thema im Landtag zum wiederholten Male beschäftigt. Zuletzt ging es um den Verkauf von Blumen. Es ist auch völlig richtig, dass die unterschiedlichen Positionen hier im Landtag hinreichend bekannt sind, im Übrigen auch bei den betroffenen Akteuren, die regelmäßig angehört werden.
Ausgangspunkt der gesamten Debatte - auch der heutigen - war, dass die Koalition im Jahre 2007 gegen den massiven Widerstand einer übrigens nicht ganz alltäglichen Allianz, bestehend aus Kirchen, Gewerkschaften, Kommunen, Einzelhandelsbetrieben und Sozial- und Familienverbänden, eine deutliche Ausweitung der Ladenöffnungszeiten durchgedrückt hat. Treibender Motor dabei war die FDP mit dem Ziel der größtmöglichen Deregulierung. Sie, meine Damen und Herren, nennen das Liberalisierung.
Im Ergebnis - das ist mehrfach belegt - führt das kaum zu Umsatzsteigerungen. Vielmehr verteilen sich die Kunden jetzt über einen längeren Einkaufszeitraum. Dabei gibt es klare Gewinner, nämlich die großen Handelsketten und die Discounter mit entsprechender Gewinnmaximierung. Das ist nicht verwunderlich; denn dieses Vorgehen der Bedienung einer bestimmten Klientel hat bei der FDP Tradition, wie wir wissen.
Verlierer, meine Damen und Herren, sind Zehntausende von Beschäftigten, vorwiegend Frauen, die in Minijobs, also prekäre Beschäftigungsverhältnisse, abgedrängt wurden, Frauen, bei denen Altersarmut vorprogrammiert ist und für die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch schwieriger wird. Verlierer sind aber auch die kleinen Einzelhändler, die weder selber 24 Stunden arbeiten können noch sich zusätzliches Personal leisten können. Das, meine Damen und Herren, ist nach meiner festen Überzeugung keine liberale Politik, sondern staatlich provozierte Wettbewerbsverzerrung.
Insofern ist es auch gut - wir begrüßen das -, dass das Bundesverfassungsgericht 2009 festgestellt hat, dass bloße Gewinninteressen keine Ausnahme vom Sonntagsschutz rechtfertigen. Die SPD hat sich immer gemeinsam mit den Gewerkschaften gegen eine Öffnung rund um die Uhr ausgesprochen. Es gibt nach meiner festen Überzeugung nichts, was nur nach 20 Uhr gekauft werden kann oder zwingend gekauft werden muss - allenfalls Artikel aus der Apotheke, und dafür gibt es Bereitschaftsdienste.
Insofern stimmen wir mit den vorliegenden Forderungen von ver.di überein. Ich sage bewusst so deutlich „mit den Forderungen von ver.di“; denn nach eigenen Aussagen der Linken ist ihr Gesetzentwurf eine von ver.di erbetene Auftragsarbeit
Probleme haben wir jedoch mit den vorgesehenen Änderungen im Heil- und Kurwesen sowie im Tourismusbereich. Dort hat das Wochenende eine erhebliche Bedeutung. Auf Ihren Änderungsantrag komme ich noch zu sprechen.
Zu diesem Themenbereich hätten wir ganz gerne eine schriftliche Anhörung durchgeführt, die aber von der Koalition abgelehnt worden ist. Übrigens, meine Damen und Herren, hat der GBD darauf hingewiesen, dass die kommunalen Spitzenverbände zu diesem Gesetzentwurf zwingend angehört werden müssten. Auch das hat die Koalition abgelehnt.
Dass dies nicht erfolgt ist, hat die Konsequenz - wie uns mitgeteilt wurde -, dass der Gesetzentwurf heute gar nicht beschlossen werden könnte, weil dieses Anhörungsverfahren hätte vorgeschaltet werden müssen. Wenn ihm heute zugestimmt würde, müsste er in den Ausschuss zurücküberwiesen werden. Das gilt übrigens auch für Ihren Änderungsantrag. Weil wir dieses Spielchen nicht mitmachen wollen, werden wir uns heute der Stimme enthalten.
Klar war während der Debatte im Ausschuss - sie war nämlich tatsächlich sehr kurz, wie der Kollege Riese gesagt hat -, dass mindestens die CDU größtes Interesse hatte, das Thema möglichst schnell vom Tisch zu bekommen. Ich habe dafür auch Verständnis, wenn man sich jüngsten Verlautbarungen Ihres FDP-Koalitionspartners auf dessen letztem Landesparteitag vor Augen hält. Ich zitiere den FDP-Landesvorsitzenden und niedersächsischen Umweltminister, Herrn Birkner:
„Wir wollen die maximale Öffnung. Künftig soll rund um die Uhr für Kunden geöffnet sein. Im Prinzip wollen wir die Abschaffung des bestehenden Ladenschlusses.“
Meinen Sie die Freiheit der Kunden, die sich den Wecker auf 2 Uhr nachts stellen, damit man dann möglichst allein bei Aldi das Sortiment studieren kann? Oder meinen Sie die Frauen, die dann wenigstens nachts ihrem 400-Euro-Job nachgehen können, um tagsüber Zeit für die Familie zu haben?
Ich finde, die Vorschläge der FDP haben mit der Lebenswirklichkeit und mit den Nöten von lohnabhängig Beschäftigten nichts, aber auch überhaupt nichts zu tun.
Ich hoffe, dass Sie für diese erneute Klientelpolitik am 20. Januar nächsten Jahres nachhaltig die Quittung bekommen.
Sie sind ja noch nicht einmal bereit, das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts bei Ihrer Beschlusslage zu akzeptieren. So kann man im Landeswahlprogramm der FDP lesen - ich zitiere -:
„Wir wollen, dass die bisher auf drei Stunden begrenzten Sonntagsöffnungszeiten auf acht Stunden ausgeweitet werden.“
Ich bin froh, dass die FDP angesichts ihrer aktuellen Umfragewerte nicht auf die Idee gekommen ist, ihre neue Freiheitsinterpretation der Ladenöffnungszeiten schon beim Antrag der Linken auszuprobieren. Insofern sage ich Ihnen von den Linken: Sie haben mit Ihrem populistischen Antrag da wirklich mit dem Feuer gespielt. Dieser Schuss hätte auch dramatisch nach hinten losgehen können - und dann noch einmal zulasten der betroffenen Beschäftigten.
Ich teile die Auffassung von Frau Helmhold. Es wird Aufgabe der nächsten Landesregierung sein, dafür zu sorgen, das Bundesverfassungsgerichtsurteil bei den Ladenöffnungszeiten umzusetzen. Dabei haben die Interessen der Beschäftigten und die Interessen der kleinen Geschäftsleute im Vordergrund zu stehen und nicht die Gewinnmaximie
Zu dem Beitrag von Herrn Schwarz gibt es zwei Wünsche auf Kurzintervention, und zwar zunächst einmal von Frau Weisser-Roelle und dann von Herrn Riese. Bitte schön, Frau Weisser-Roelle!
Schönen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schwarz, Sie sprachen von einer Auftragsarbeit von ver.di.