Protocol of the Session on June 22, 2012

Für die nächste Förderperiode ist jetzt schon bekannt, dass die Fördersumme deutlich geringer ausfallen wird. Das liegt jedoch an dem insgesamt geringen Finanzvolumen für die Kohäsionspolitik. Auch liegt es an den bestehenden sozioökonomischen Disparitäten zwischen den alten und den neuen Mitgliedstaaten. Die Europäische Kommission hat zudem Anfang Oktober 2011 Verordnungsvorschläge für die Strukturpolitik nach 2013 vorgelegt. Es ist jedoch nicht vor Ende 2012 mit einer Beschlussfassung über die Verordnungsentwürfe auf europäischer Ebene zu rechnen.

Die Landesregierung hat bereits jetzt eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich am Programmaufstellungsverfahren beteiligt. Ich denke, dass auch der zuständige Ausschuss in diese Diskussion eingebunden werden kann. Bereits jetzt wissen wir allerdings, dass Niedersachsen weniger Mittel erwarten kann. Dennoch gilt - das ist auch schon beim letzten Plenum gesagt worden - unsere volle Aufmerksamkeit dem Erhalt der sogenannten Übergangsgebiete. Das betrifft z. B. den Sonderstatus von Lüneburg.

Die Landesregierung hat bereits in ihrem neuen Europakonzept aufgeführt, dass es auch in Zukunft möglich sein wird, dass sich niedersächsische Einrichtungen bei Themen wie Innovation, Meeresplanung, erneuerbare Energien und Klimapolitik gemeinsam engagieren. Im Rahmen der einzelbetrieblichen Förderung konnten z. B. in der Vergangenheit Unternehmen der Windkraftbranche nach Niedersachsen geholt werden. Beispielsweise wurden Hafenanlagen gebaut, damit Platz für Windkraftanlagen ist.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Die Förderung durch die EU-Mittel läuft in Niedersachsen hervorragend. Ich kann Ihnen versichern, dass die EU-Mittel auch in der nächsten Förderperiode effizient eingesetzt werden und dass auch die Schwerpunktthemen bei der Vergabe berücksichtigt werden. Ich kann Ihnen aber auch versichern, dass sich Niedersachsen für eine Entbürokratisierung in den zukünftigen Förderrichtlinien einsetzen wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der CDU: So machen wir das! - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Dieser Spruch wird Ihnen noch sehr wehtun!)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Rickert. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Flauger das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist völlig klar, dass für die neue Förderperiode auch neue Leitlinien geschaffen werden müssen und dass wir uns auch noch einmal über die Ausrichtung werden verständigen müssen, über die Ziele und darüber, wie wir das hier in Niedersachsen ausgestalten. Das ist nicht nur formal richtig, weil eine neue Förderperiode anfängt, sondern es ist auch inhaltlich richtig, sich ab und zu noch einmal anzuschauen, wie man bisher vorgegangen ist, ob das alles noch richtig ist oder ob nicht unter geänderten Bedingungen neue Ausrichtungen erfolgen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen finde ich es gut, dass die SPD einen Anstoß hierzu gegeben hat, indem sie einen Antrag vorgelegt hat. Ich denke, dass wir im Ausschuss dazu noch einigen Diskussionsbedarf haben werden.

Zunächst will ich ansprechen, dass zu Ihrer ersten Ziffer, wonach die Stärkung von Forschung, technischer Entwicklung und Innovation in der ganzen Wertschöpfungskette im Vordergrund stehen muss, schon zu fragen ist, wie sich das einbettet. Denn das alles sind keine Selbstzwecke. Man muss schon noch einmal fragen: Gilt das um jeden Preis, oder gibt es auch Begrenzungen? Wofür wollen wir das tun, oder wo wollen wir es vielleicht absichtlich lassen? - Auch fehlt mir die Nennung von übergeordneten Zielen. In der dritten Ziffer klingen die erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz an. Aber das alles ist mir noch zu vage. Vielleicht können wir das noch konkretisieren. Ich denke, dass wir uns, über das ganze Haus gesehen, im Grundsatz hierüber verständigen können.

Von Ihrer zweiten Forderung, die bisherige Dominanz der Zuschussförderung durch mehr Darlehens- und Beteiligungsmodelle zu ersetzen, bin ich noch nicht überzeugt. Das mag aber auch daran liegen, dass sich mir noch nicht ganz erschließt, was Sie sich darunter konkret vorstellen. Vielleicht können wir das auch noch miteinander besprechen und so konkret fassen, dass es sich auch Leuten wie mir auf Anhieb erschließt. Mir ist noch nicht ganz klar, wie Sie sich das an der Stelle vorstellen.

Zur vierten und fünften Ziffer will ich noch sagen: Auch die neuen Möglichkeiten regionaler Entwicklung zu nutzen, ist, so wie sich das jetzt darstellt, sicherlich sinnvoll. Aber es gibt auch Einschränkungen in der Strukturfondsverordnung. Deswegen glaube ich, dass uns relativ zügig Grenzen gesetzt werden. Lassen Sie uns nichtsdestoweniger auch das im Ausschuss konkretisieren.

Nun noch eine inhaltliche Anmerkung: Sie schreiben von „existenzsichernden Löhnen“. Frau Emmerich-Kopatsch hat in ihrem Vortrag durchaus konkreter gesagt, was sie an der Stelle meinen. Eine reine Existenzsicherung - das will ich hier ganz klar sagen - reicht uns als Linke nicht. Wir wollen schon eine Teilhabesicherung, also wirklich auch gute Löhne. Das klang im Vortrag besser, als es sich für mich im Antrag auf Anhieb liest. Deswegen können wir vielleicht auch insoweit noch zueinander kommen und das so gestalten, dass wir uns einigen können.

Ich freue mich auf die Ausschussberatungen. Das wird sicherlich spannend. Der Europaausschuss ist ja einer, in dem man sich ganz vernünftig unterhalten kann. Deswegen wird es sicherlich gut.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Frau Flauger. - Für die Landesregierung hat sich der Ministerpräsident gemeldet. Herr McAllister, Sie haben das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In meiner Regierungserklärung zur Europapolitik des Landes am 8. Mai bin ich bereits auf die Bedeutung der europäischen Regional- und Strukturpolitik eingegangen. Die Ausschüsse für Haushalt und Finanzen sowie für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien sind seitdem über den aktuellen Stand der Verhandlungen in Brüssel und die Entscheidungen der Landesregierung zur Ausrichtung der künftigen EU-Programme unterrichtet worden. Lassen Sie mich auf dieser Grundlage vier Anmerkungen machen.

Erstens. Die Landesregierung wird die laufenden Förderprogramme weiter erfolgreich umsetzen. Wir haben es bereits von den Vorrednern Hegewald und Rickert gehört. In den Programmjahren 2007 bis 2011 wurden nach den uns nunmehr vorliegenden neuesten Zahlen trotz Wirtschafts- und Finanzkrise über 17 600 Arbeitsplätze geschaffen

und rund 50 700 gesichert. Meine Damen und Herren, diese Zahlen alleine sind ein klarer Beleg für einen erfolgreichen Einsatz der EU-Mittel bei uns in Niedersachsen.

(Starker Beifall bei der CDU)

Zweitens. Die Landesregierung bringt ihre Vorstellungen zur zukünftigen Ausgestaltung der EU-Förderung zusammen mit anderen Ländern sowohl gegenüber der Bundesregierung als auch gegenüber der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament in die laufenden Verhandlungen ein. Lassen Sie mich kurz darstellen, um welche Punkte es dabei vor allem für die künftige EU-Förderung geht.

Wir wollen, dass für die ELER-Förderung die Förderklassifizierung von Übergangsregionen ebenso eingeführt wird wie für die EFRE- und ESF-Förderung. Wichtig ist uns auch, dass die erstmals vorgesehenen Ex-ante-Bedingungen eng mit den Maßnahmen und Programmprioritäten verbunden werden und nicht ein weiterer bürokratischer Mehraufwand entsteht.

Die erstmals vorgeschlagene Partnerschaftsvereinbarung stellt nicht das geeignete Instrument dar, um allgemeine wirtschafts- und beschäftigungspolitische Forderungen aus den länderspezifischen Empfehlungen oder den nationalen Reformprogrammen durchzusetzen und gegebenenfalls durch Einfrieren, Streichen oder Rückforderung von Strukturfondsmitteln zu sanktionieren. Das Verfahren zur Aufstellung der nationalen Reformprogramme muss an die Kompetenzverteilung föderal verfasster Mitgliedstaaten angepasst werden, sodass in Deutschland die Länder ausreichend Zeit zur innerstaatlichen Mitwirkung erhalten.

Wir lehnen nach wie vor die Einführung einer leistungsgebundenen Reserve ab, da sie nicht zur Steigerung von Qualität und Effizienz der Programme beiträgt. Das in der Förderperiode 2007 bis 2013 etablierte und bewährte Verwaltungs- und Kontrollsystem möge beibehalten werden. Wir wollen nicht, dass das Verfahren weiter verkompliziert wird. Die vorgeschlagenen Regelungen wie das neue Akkreditierungssystem, der geplante jährliche Rechnungsabschluss und die vorgesehenen finanziellen Sanktionen, all das halten wir in der von der Kommission vorgeschlagenen Form für nicht zielführend.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wir schon!)

Drittens. Dass auch ich mich zu einzelnen niedersächsischen Interessen einbringe, hatte ich im Rahmen meiner Regierungserklärung dem Hohen Hause mitgeteilt. Es geht dabei auch um die Frage der künftigen Klassifizierung der Region Lüneburg als Übergangsregion. Ministerpräsident Platzeck, Ministerpräsident Tillich und ich haben uns gemeinsam bei der Bundeskanzlerin dafür eingesetzt, dass diese Region in das Sicherheitsnetz für Lüneburg und vergleichbare Regionen einbezogen wird. Die Bundeskanzlerin hat uns, wie ich im Landtag ausgeführt habe, versichert, dass sich die Bundesregierung seit Beginn der Beratungen über die kommende Förderperiode in Brüssel für die Belange dieser Region eingesetzt hat und dies auch weiterhin tun wird.

Viertens. Die Landesregierung bereitet die Aufstellung der künftigen niedersächsischen Programme sorgfältig vor. Wir führen zu diesem Zweck seit Beginn des Jahres nahezu monatlich Gespräche mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie mit den Kommunen. Ziel dieser Gespräche ist eine frühzeitige und partnerschaftliche Vorbereitung und Begleitung der Aufstellung der künftigen Landesförderprogramme.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, derzeit gibt es bekanntermaßen noch keine gesicherten Grundlagen des zu erwartenden rechtlichen und finanziellen Rahmens der künftigen EU-Förderung. Nach gegenwärtiger Einschätzung werden diese erst Mitte 2013 vorliegen. Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Verordnungsentwürfe in ihrer grundlegenden Ausrichtung auf die Erreichung der Ziele unserer EU-Strategie 2020 nicht mehr ändern werden. Daher hat sie am 24. April 2012 eine erste Ausrichtungsentscheidung für die niedersächsischen EU-Programme getroffen und thematische Schwerpunkte bestimmt.

Um die EU-Strategie erfolgreich umzusetzen und um die Entwicklung unseres Landes voranzutreiben, halte ich es für entscheidend, Forschung, technologische Entwicklung und Innovationen weiter auszubauen, die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer und mittlerer Unternehmen zu stärken, die CO2-Emissionen in allen Bereichen der Wirtschaft zu verringern, die Mobilität der Arbeitskräfte zu erhöhen, in Bildung und lebenslanges Lernen zu investieren, die soziale Eingliederung und die Bekämpfung von Armut weiter zu verstärken.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung wird ihre erfolgreiche, auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtete Politik auch in der kommen

den EU-Förderperiode 2014 bis 2020 zukunftsgerichtet weiterführen. Darauf können sich die Niedersachsen verlassen.

Meine Damen und Herren, so machen wir das!

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Die SPD-Fraktion verfügt über eine Restredezeit von 3:30 Minuten. Frau EmmerichKopatsch hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Herr McAllister, Sie haben eben noch einmal erklärt, wie erfolgreich das war. Sie haben aber nicht erklärt, welche Art von Arbeitsplätzen geschaffen wurde. Das ist unsere Frage, die sich dahinter verbirgt.

Wir wollen keine 400-Euro-Jobs gefördert sehen, wir wollen keine Niedriglöhner gefördert sehen, sondern wir wollen zukunftsfähige neue und technologisch hochwertige Arbeitsplätze haben, an denen sich auch die Zukunft des Landes ausrichten mag.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Genau die sind geschaffen worden!)

Wenn Sie sich hier loben

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Zu Recht!)

- zu Recht oder zu Unrecht; Herr Hogrefe, ich weiß, gleich sagen Sie wieder, alles ist wohlgetan -, will ich ein Beispiel bringen.

Ihre eigenen Zahlen und Landkarten, die Sie dem Ausschuss zur Verfügung gestellt haben, weisen aus, dass es noch immer Landkreise gibt, die einen Kaufkraftindex von weniger als 75 % des EU-Durchschnitts haben. Das trifft z. B. auf den Landkreis Wolfenbüttel zu. Dieser Landkreis hat bis heute eine Förderung von rund 2 Millionen Euro bekommen. - Nur als Beispiel, es gibt auch andere! - Warum hat Wolfenbüttel so wenig Geld aus der EU-Förderung bekommen, obwohl es besonders hätte gefördert werden müssen? - Wolfenbüttel hat nicht die Möglichkeit, Kofinanzierungen zu leisten.

Das sind aber genau die Disparitäten, die die EU nicht will. Man will nicht einen armen Süden und einen reichen Norden haben.

Was sich durch die EU-Förderung in Niedersachsen gut entwickelt hat, ist z. B. der Bereich Cuxhaven. Dieser Bereich hat sich gut entwickelt. Ich will nicht sagen, dass dort irgendwer wohnt, der daran irgendwie gedreht hat. Das bestimmt nicht. Da ist etwas im Bereich Windkraft entwickelt worden: Offshore, Onshore.

(Hans-Heinrich Sander [FDP]: Dort hat man die Ideen!)

- Das ist auch in Ordnung. Das lobe ich ausdrücklich. Aber es kann doch nicht sein, dass der Süden abgehängt wird, dass Osterode überhaupt nicht betrachtet wird, der Landkreis Goslar gleichfalls nicht.

(Zurufe von der CDU: Wenn die keine Ideen haben! Dort, wo die CDU re- giert, geht es gut!)

Augenblick, Frau Emmerich-Kopatsch! Das wird jetzt nicht auf Ihre Redezeit angerechnet. Einen kleinen Moment, bitte!

Es ist doch unmöglich!

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das scheint Sie ja echt zu treffen! - Rein- hold Hilbers [CDU]: Wenn die es nicht hinkriegen, dann können wir doch nichts dafür! - Zuruf von der CDU: Generaldebatte? - Zuruf von Hans- Heinrich Sander [FDP])

- Ich will keine Generaldebatte. Aber was ich will - - - Herr Sander, da, wo Sie wohnen, ist es doch auch nicht gerade glückreich, obwohl Sie da wohnen.