Protocol of the Session on June 22, 2012

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss und fasse zusammen: Wir von der SPD wollen die neue EU-Förderung optimal nutzen, indem wir den sozialen Kriterien an neue Arbeit gerecht werden. Wir helfen, Armut durch Qualifizierung zu bekämpfen. Wir wollen Forschung und Technologietransfer dazu bringen, dass die Wirtschaft vorankommt, und wir werden die sozialen und wirtschaftlichen Kräfte im Land stärken, damit ein Auseinanderdriften des Landes verhindert wird. Kolleginnen und Kollegen, kurzum: Fördern wir gute Arbeit!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Emmerich-Kopatsch. - Für die CDU-Fraktion hat sich zu diesem Tagesordnungspunkt Herr Hegewald zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die EU-Strukturpolitik gibt es seit Gründung der Europäischen Union. Ziel der EU ist es seitdem, mithilfe

der Strukturfonds wirtschaftliche Unterschiede innerhalb Europas auszugleichen. Dabei ist die EU bislang sehr erfolgreich gewesen. In der Tat konnte sie strukturelle Unterschiede innerhalb der Union abbauen. Dies müssen wir uns immer wieder vor Augen führen, wenn wir über Sinn und Zweck der EU-Förderpolitik reden. Strukturfonds erfüllen keinen Selbstzweck, sondern sie sind wirkungsvolle Instrumente der EU-Kohäsions- und Strukturpolitik.

Niedersachsen erhält in der laufenden Förderperiode 2,7 Milliarden Euro an Fördermitteln aus dem EFRE-Fonds, aus dem ESF-Fonds sowie aus dem Landwirtschaftsfonds. Das ist viel Geld, und dieses Geld, meine Damen und Herren, wurde von der Landesregierung wirkungsvoll eingesetzt. Mit den Mitteln wurden wichtige Impulse für die Wirtschaftsförderung, für die Landwirtschaft, für die Fischerei und vor allem für den Arbeitsmarkt gegeben. Rund 20 000 Arbeitsplätze konnten mithilfe der EU-Mittel in unserem Bundesland gesichert oder geschaffen werden.

Damit sind die ursprünglichen Erwartungen deutlich übertroffen worden. Auch in der kommenden Förderperiode von 2014 bis 2020 wird es wieder eine flächendeckende Förderung für ganz Niedersachsen geben.

Allerdings wissen wir alle auch, dass die EU-Kommission weniger Mittel bereitstellen wird als in der laufenden Förderperiode. Insgesamt stehen als Strukturmittel zwischen 2014 und 2020 336 Milliarden Euro zu Verfügung. Das sind immerhin 20 Milliarden Euro weniger als bislang. Das wird ganz zwangsläufig dazu führen, dass auch wir in Niedersachsen mit einem geringeren Mittelaufkommen rechnen müssen.

Die jetzt von der EU-Kommission vorgeschlagene Förderarchitektur heißt für Niedersachsen: Es bleibt bei einer flächendeckenden Förderung auch der stärker entwickelten Regionen, die Regionen können auch künftig EFRE- und ESF-Mittel in Anspruch nehmen, und die Förderung der territorialen Zusammenarbeit wird fortgesetzt, was für Niedersachsen mit seiner Grenze zu den Niederlanden von großer Bedeutung ist.

Diese mit einer langen Tradition verbundene grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den Euregios Gronau und Neuschanz hat sich bewährt. Sie ist sehr erfolgreich und hat eine deutliche Wertschöpfung für die Grenzregionen mit sich gebracht. Das merken wir gerade bei uns in der emsländisch-ostfriesischen Region.

(Zustimmung von Dr. Max Matthiesen [CDU])

Sie wird künftig durch das INTERREG-V-A-Programm im Rahmen der niedersächsisch-niederländischen Kooperation erfolgen.

Für mehr Effizienz sollen nach dem Willen der EU verbindliche Etappenziele, feste Förderquoten und neue Berichtspflichten sorgen. Dabei spielt auch die Einhaltung haushalterischer Vorgaben wie Neuverschuldung und Staatsdefizit eine wichtige Rolle. Wer dagegen verstößt, muss mit Sanktionen rechnen, und das auch zu Recht.

Strategische Förderschwerpunkte unter dem Stichwort „EU 2020“ sind u. a.: Investitionen in kleine und mittlere Unternehmen, erneuerbare Energien, Energieeffizienz sowie Forschung und Innovation.

Bereits im letzten Jahr hat die Landesregierung eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der die wichtigsten Wirtschafts- und Sozialpartner sowie Kammern und Verbände vertreten sind. Wir als CDU-Fraktion begrüßen dies ausdrücklich. Die Einbeziehung nahezu aller relevanten gesellschaftlichen Kreise ist genau der richtige Weg.

Darüber hinaus ist das Land natürlich auch im ständigen Dialog mit unseren Kommunen. Bereits im April dieses Jahres wurde vom Kabinett ein Eckpunktepapier für die operationellen Programme festgelegt. Diese sehen Fördermöglichkeiten für die Verbesserung der regionalen Entwicklungen, für die Beschäftigungssituation sowie für die Entwicklung des ländlichen Raumes vor. Dabei werden die regionalisierten Teilbudgets, die die meisten von uns aus ihrer kommunalpolitischen Praxis kennen, zukunftsfähig gemacht.

In der zweiten Hälfte dieses Jahres werden MW und ML Regionalkonferenzen wiederum mit einer breiten Beteiligung von Verbänden, Kommunen und Organisationen vor Ort durchführen. Ende des Jahres wird die Landesregierung nach dem gegenwärtigen Zeitplan über die Finanzverteilung auf die einzelnen Ressorts entscheiden. Im nächsten Jahr werden die Programmdokumente erarbeitet, verabschiedet, mit dem Bund abgestimmt und anschließend der EU zur Genehmigung vorgelegt.

Wir werden uns, meine Damen und Herren, auf Veränderungen hinsichtlich der Förderpolitik einstellen. So wird es vermehrt von der einzelbetrieblichen Förderung mit nicht rückzahlbaren Zuschüssen zu einer Förderung durch Darlehen und Bürgschaften kommen. Sicher ist: Die niedersächsische

Wirtschaft wird sich auch künftig auf eine schnelle und transparente Förderpraxis verlassen können. Sicher ist auch: Die Landesregierung ist auf einem sehr guten Weg, die EU-Förderung auch für die Zeit von 2014 bis 2020 für unser Land zum Wohle der Menschen, der Unternehmen und der Beschäftigten auszurichten.

Von daher, liebe Kollegin Emmerich-Kopatsch, kann nicht von „altem Wein in neuen Schläuchen“ die Rede sein. Es kann auch nicht die Rede davon sein, dass es in Niedersachsen zu einem besorgniserregenden Rückgang der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gekommen ist. Ganz im Gegenteil: Wir haben den höchsten Stand bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, der jemals in unserem Land gemessen wurde.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Hegewald. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht zu diesem Tagesordnungspunkt Frau Kollegin Polat. Bitte schön!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir begrüßen den Antrag der Fraktion der SPD. Er kommt zum richtigen Zeitpunkt und ist von der Grundausrichtung her richtig.

Herr Hegewald, es ist auch wichtig, dass Sie eine kritische Analyse der bisherigen Förderpraxis betreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir haben im Februar dieses Jahres in Brüssel einen Beschluss zur Zukunft der Kohäsionspolitik der Europäischen Union gefasst. Wir haben mit der gesamten Fraktion nicht nur einen Blick in die vergangene und derzeit laufende Förderpraxis geworfen, sondern uns auch zu den Kommissionsvorschlägen positioniert, die derzeit auf allen Ebenen heftig debattiert werden.

Ich möchte nur einige Anmerkungen zur Halbzeitbilanz zur bisherigen Förderpraxis machen, die 2010 veröffentlicht wurde.

Bei der Halbzeitbilanz der EFRE-Förderprogramme 2010 wurde eine strategische Schwäche der niedersächsischen Fördermaßnahmen festgestellt, insbesondere was die energie- und klimapoliti

schen Herausforderungen betrifft. Bei der ESFHalbzeitbilanz wurden gravierende Defizite festgestellt. Dazu haben Sie gar nichts gesagt.

Vor diesem Hintergrund begrüßt unsere Fraktion die Vorschläge der Kommission und würde in den Beratungen im Ausschuss gerne noch mehr auf die Kommissionsvorschläge eingehen. Denn hier wird zum ersten Mal darauf verwiesen, dass sich die Strukturförderprogramme wirklich an den EU2020-Zielen zu orientieren haben. Das bedeutet eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Strukturpolitik, ganz klar ausgerichtet - das sagen wir als Grüne - an dem Green New Deal, um die Klimaschutzziele, die wir uns gesetzt haben, und eine ressourcenschonende Wirtschaftspolitik endlich verwirklichen zu können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man muss dazu sagen: Vordergründig unterstützen Sie die EU-2020-Ziele; das haben Sie im Juni auch im Bundestag wieder gemacht. Sie öffnen aber gleichzeitig Hintertüren, um z. B. mit dem Argument der Tourismusförderung wieder Autobahnen bauen oder andere Leuchtturmprojekte realisieren zu können. Sie wollen auf der einen Seite die Förderung auf kleine und mittelständische Unternehmen konzentrieren, wollen auf der anderen Seite aber auch die Großindustrie nicht ausschließen. Wir meinen, das Gießkannenprinzip, das in der Vergangenheit praktiziert wurde, kann gerade aufgrund der reduzierten Mittel zukünftig nicht mehr verfolgt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen - dem stimme ich zu - eine moderne, zukunftsweisende Strukturpolitik auch in Niedersachsen.

Lassen Sie mich auch vor dem Hintergrund der Diskussionen um den Fiskalpakt sagen: Es wird parallel auf EU-Ebene der mehrjährige Finanzrahmen der Europäischen Union diskutiert. Dieser mehrjährige Finanzrahmen bildet sozusagen das Grundkorsett für die Ausgestaltung der Struktur- und Förderprogramme. Wir wissen ja noch gar nicht, wie viel Geld letztendlich für die Fonds zur Verfügung steht, weil unsere Bundeskanzlerin und die Fraktionen im Bundestag bis zu 100 Milliarden am mehrjährigen Finanzrahmen sparen wollen.

Mit der flächendeckenden Förderung für ganz Niedersachsen verkaufen Sie eine Mogelpackung, wenn Sie auf der anderen Seite auf EU-Ebene Kürzungen vornehmen oder die Europäische Kommission und die Parlamente dazu drängen, bis

zu 100 Milliarden Euro in diesem Bereich zu kürzen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Polat. - Für die FDPFraktion spricht jetzt Herr Rickert. Sie haben das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fördermittel aus dem EUStrukturförderprogramm sind nicht mehr aus der Investitionsstruktur Niedersachsens wegzudenken. Hätten diese Mittel nicht zur Verfügung gestanden, hätten einige Projekte in Niedersachsen nicht umgesetzt werden können.

Dem Kapitel „Kohäsions- und Strukturpolitik“ entnehme ich, dass von 2007 bis 2013 ca. 2,7 Milliarden Euro nach Niedersachsen geflossen sind. Damit wurden 5 600 neue Arbeitsplätze geschaffen und 15 000 Arbeitsplätze erhalten. Wenn das alter Wein in neuen Schläuchen ist, dann weiß ich auch nicht weiter.

Wir haben bisher Investitionen in ländlichen Gebieten genauso zielgerichtet gefördert wie auch Unternehmen, Produktionen und Beschäftigungen. Wir haben es unserem Wirtschaftsminister Jörg Bode zu verdanken, dass sich die Wirtschaft in Niedersachsen wieder einen Stellenwert erobert hat, der sich sehen lassen kann.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Na! Na! - Zuruf von Petra Emmerich-Kopatsch [SPD])

Das ist liberale Wirtschaftspolitik und soziale Marktwirtschaft, die auch momentan in der Finanzkrise standhält.

(Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Vor allem im Vergleich zu anderen Bundesländern hat sich Niedersachsen bewiesen. Erkennbar ist dies daran, dass unserer Förderprogramme in Brüssel viel eher notifiziert wurden als die anderer Bundesländer. Das spricht für eine zielgerichtete effektive Förderpolitik unserer Landesregierung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die nächste Förderperiode ist jetzt schon bekannt, dass die Fördersumme deutlich geringer ausfallen wird. Das liegt jedoch an dem insgesamt geringen Finanzvolumen für die Kohäsionspolitik. Auch liegt es an den bestehenden sozioökonomischen Disparitäten zwischen den alten und den neuen Mitgliedstaaten. Die Europäische Kommission hat zudem Anfang Oktober 2011 Verordnungsvorschläge für die Strukturpolitik nach 2013 vorgelegt. Es ist jedoch nicht vor Ende 2012 mit einer Beschlussfassung über die Verordnungsentwürfe auf europäischer Ebene zu rechnen.