Protocol of the Session on December 6, 2011

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Zimmermann zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort, Frau Zimmermann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von der Affäre um den ehemaligen Präsidenten der Zentralen Polizeidirektion, Christian Grahl, der in der Sansibar, dem Stützpunkt der Rockerbande Hells Angels im hannoverschen Rotlichtbezirk, feierte, und auch vom peinlichen Verhalten des Innenministers, der so lange versucht hat, Grahl zu decken, bis der öffentliche Druck endlich zu groß wurde, haben wir soeben ausreichend gehört.

Ebenso wurde das katastrophale Verhalten des Innenministers und seines Ministeriums im Bereich der Flüchtlingspolitik angesprochen. Auch hier ist das Maß des Fehlverhaltens voll, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Niedersachsen muss endlich den Weg in Richtung einer auf modernen und humanitären Aspekten beruhenden Flüchtlingspolitik gehen. Doch auch dieser Weg beginnt mit einem ersten Schritt, und das ist die umgehende Entlassung des Abschiebeministers. - Diesen zweifelhaften Ruf hat sich Herr Schünemann inzwischen bundesweit eingehandelt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein weiterer für uns wesentlicher Bereich wurde auch schon angesprochen. Das ist die mangelhafte Auseinandersetzung mit dem Neofaschismus in

unserem Land. Ich will das noch ein wenig ausweiten.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist unglaub- lich!)

Auch hierzu kann man nur festhalten, dass sich die Landesregierung auf die schünemannsche VogelStrauß-Taktik eingelassen und damit auf ganzer Linie versagt hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Während stets vonseiten des Innenministeriums schon beinahe zwanghaft auf die Gefahren islamistischer und linksradikaler Gruppierungen verwiesen wurde, hat man jahrelang die Augen vor der Entwicklung des Neofaschismus verschlossen und den Faden verloren oder ihn noch nicht einmal aufgenommen.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

Viel schlimmer noch, meine Damen und Herren: Man leugnet sogar bis heute konsequent, dass es in Niedersachsen überhaupt ein strukturelles Problem mit dem Neofaschismus gebe.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist eine Un- verschämtheit!)

So wird nach Waffen- und Sprengstofffunden wie im Jahr 2009 in Südostniedersachsen lediglich lapidar auf eine gewisse Waffenaffinität in der Szene verwiesen,

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Un- glaublich!)

so, als würde es sich um Briefmarkensammlungen handeln.

(Beifall bei der LINKEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: Ja!)

Übergriffe organisierter Nazigruppen auf Migranten und Migrantinnen und Andersdenkende wie in Tostedt und Bückeburg werden als Streitereien rivalisierender Jugendbanden heruntergespielt und somit beinahe ins Lächerliche gezogen. Während Neonazigruppen aus dem ganzen Bundesgebiet das Gelände eines Landwirts in Eschede für verschiedenste Veranstaltungen nutzen und diesen Ort zu einem der bedeutendsten Veranstaltungsorte ganz Norddeutschlands entwickeln konnten, spricht die Landesregierung diesem Treiben lediglich den Charakter von privaten Feiern zu.

(Beifall bei der LINKEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: Unglaublich!)

Meine Damen und Herren, meine Fraktion hatte im Frühsommer 2009 in einer Anfrage auf Wehrsportübungen im Raum Hildesheim aufmerksam gemacht. So etwas wollte die Landesregierung allerdings nicht bestätigen. Man könne lediglich von Aktionen sprechen, die in der Öffentlichkeit als Wehrsportaktivitäten wahrgenommen werden könnten.

(Zurufe von der LINKEN und von den GRÜNEN: Unglaublich! Verharmlo- sung!)

Wie das Nachrichtenmagazin „Frontal 21“ jedoch kürzlich aufdeckte, wurden dort sogar Scharfschützenübungen angeboten. Für die Landesregierung mag das eine Art Folklore sein - für uns ist das Wehrsport.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dass Personen aus diesem Umfeld anscheinend Kontakt zu Unterstützern der NSU-Gruppe hatten, hat einen weiteren bitteren Beigeschmack.

Herr Schünemann, Sie sind ein Abschiebeminister, der in den Nebeln der Nacht agieren lässt, und Sie sind es, der im Kampf gegen den Neofaschismus im Nebel steht, auf dem rechten Auge blind ist und auf der ganzen Linie versagt hat.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist eine Unverschämtheit! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das wird immer schöner hier!)

Meine Damen und Herren, wer ein Problem nicht erkennen will oder nicht erkennen kann, kann sich auch politisch nur schwer damit auseinandersetzen.

(Jens Nacke [CDU]: Sind wir noch beim Thema?)

Das wiederum erkennt man an der miserablen Strategie im Kampf gegen Rechts.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das von Ih- nen hier zu hören! Das ist abenteuer- lich! - Unruhe - Glocke des Präsiden- ten)

Auch der sture Widerstand gegen die Vorbereitung eines neuen NPD-Verbotsverfahrens ist überhaupt nicht nachzuvollziehen. Auch das wird uns heute jeden Tag aufs Butterbrot geschmiert. Wir müssen nur einmal die Zeitung lesen.

Meine Damen und Herren, es ist Zeit für einen politischen Richtungswechsel. Neofaschismus darf nicht weiter als Lappalie behandelt werden.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das gibt es doch nicht!)

Vielmehr gehört er konsequent und strategisch bekämpft, nicht nur, wenn einem wie im Fall des NSU die Erkenntnisse um die Ohren fliegen. Hierfür bedarf es nämlich eines umfassenden Landesprogramms, wie es meine Fraktion im Übrigen gefordert hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Kriminalisierung von zivilgesellschaftlichem Engagement und antifaschistischem Prozess muss beendet werden. Stattdessen muss es ein klares Bekenntnis der Landesregierung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger geben, die sich in ihrer Gemeinde und in ihrer Stadt aktiv gegen fremdenfeindliche und rassistische Umtriebe engagieren und von der Landesregierung bisher alleingelassen worden sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, liebe Landesregierung, setzen Sie auf die Zivilgesellschaft, vertrauen Sie Ihren Bürgerinnen und Bürgern, und machen Sie sich stark für eine solidarische Gesellschaft!

Zuletzt appelliere ich an den Ministerpräsidenten: Trauen Sie sich; geben Sie Herrn Schünemann den Hut, und schicken Sie ihn nach Hause!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die CDU hat jetzt der Kollege Rolfes das Wort. Bitte sehr!

(Unruhe)

- Wie vorhin möchte ich auch jetzt um Ruhe bitten, damit der Redner - Herr Bachmann konnte das vorhin auch - sein erstes Wort sprechen kann. Bitte schön!

So laut kann ich nicht sprechen, Herr Präsident.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Innenminister Uwe Schünemann hat das Vertrauen der CDU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Muss die naiv sein!)

Wir werden das auch gleich beweisen. Herr Bachmann hat ja schon sofortige Abstimmung beantragt. Ansonsten hätte ich das an dieser Stelle getan. Es ist ja wohl klar, dass man solche Vorwürfe nicht länger im Raum stehen lassen kann.