Herr Bachmann, einen kleinen Moment, bitte! Ich möchte Ihnen jetzt den letzten Satz zugestehen. Bitte schön!
Ich komme zum Schlusssatz und sage: Herr Ministerpräsident, wir fordern Sie auf, diesen Innenminister, der zu einer Belastung für dieses Land geworden ist und der sich zum Teil rechtswidrig verhalten hat, zu entlassen.
Die übrigen Dinge werden die anderen Antragsteller vortragen. Es ist, glaube ich, mehr als Zeit zum Handeln: Herr Schünemann löst keine Probleme, er ist das Problem.
(Björn Thümler [CDU]: Jetzt ist Schluss! Aus! - Klaus-Peter Bach- mann [SPD]: Ich möchte einen Ge- schäftsordnungsantrag anschließen! Das darf ich außerhalb der Redezeit!)
(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Ich melde mich zur Geschäftsordnung! - Anhaltender starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)
Herr Bachmann, Sie haben sich zu einem Geschäftsordnungsantrag zu Wort gemeldet. Den lasse ich jetzt zu. Bitte schön!
Ich beantrage für meine Fraktion die sofortige Abstimmung. Wenn es ginge, würden wir eine geheime Abstimmung beantragen - das ist leider nicht möglich -, damit die Kolleginnen und Kollegen der
Koalitionsfraktionen, die hier mit geballter Faust sitzen, diese Hand nutzen könnten, unserem Antrag zuzustimmen.
(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - La- chen bei der CDU und bei der FDP)
Es ist ein Geschäftsordnungsantrag gestellt worden. Gibt es dazu eine Gegenrede? - Das ist nicht der Fall, wie ich sehe.
Dann lassen wir darüber abstimmen. Wer dem Antrag des Kollegen Bachmann folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist so beschlossen worden. Wir werden nachher zur sofortigen Abstimmung kommen.
Als nächster Redner hat sich der Kollege Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet.
- Es wäre schön, wenn Sie den Weg frei machen würden. - Herr Kollege, Sie haben das Wort. Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Zum Fall von Herrn Schünemanns Kumpel Herrn Grahl
hat der Kollege Bachmann bereits einiges ausgeführt. Dazu nur ein paar kleine Anmerkungen. Sie, Herr Schünemann, haben bis heute nicht belegen können, dass es sich bei dem Gespräch zwischen Ihnen und Herrn Dr. Grahl im August tatsächlich um ein Personalgespräch gehandelt hat und nicht vielmehr um eine Strategiebesprechung unter Freunden.
Sie, Herr Schünemann, haben bis heute nicht begründen können, warum Herr Dr. Grahl nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Dienstwagenbenutzung nicht vorläufig suspendiert worden ist, sondern zunächst für etwas mehr als eine Woche in den LSKN abgeordnet worden ist. Sie, Herr Schünemann, haben bis heute nicht begründen
können, warum Sie Herrn Dr. Grahl auf eine Stelle ins Landwirtschaftsministerium versetzt haben, die längst ausgeschrieben war, auf die sich qualifizierte Fachleute beworben haben und für die Herr Dr. Grahl nach dem Ausschreibungstext überhaupt nicht qualifiziert ist, meine Damen und Herren.
Aber der Fall rund um den heiligen Grahl, der möglicherweise als Bauernopfer im Landwirtschaftsministerium gelandet ist, ist ja nicht die einzige Baustelle in Ihrem Haus, Herr Schünemann.
In Göttingen gibt Ihr Haus detaillierte Anweisung, wie eine ausländische Familie bestmöglich drangsaliert werden kann, inklusive unberechtigter Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft. In gewohnter Manier lassen Sie eine langjährig hier lebende Familie nach Vietnam abschieben. Diese Abschiebung der Familie Nguyen liegt nicht allein am Bundesrecht, wie Sie uns immer weismachen wollen, Herr Schünemann, und auch nicht allein am Landkreis Nienburg. Sie ist im Wesentlichen das Resultat Ihrer rigorosen Abschiebepraxis und der Tatsache, dass die Härtefallkommission aufgrund Ihrer Vorgaben echte Härtefälle in diesem Land gar nicht bearbeiten kann.
(Starker Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Ulf Thiele [CDU]:Das ist absoluter Unfug! Das wissen Sie doch genau! - Zuruf von der CDU: Märchenstunde! - Wei- tere Zurufe von der CDU)
Der nächste „Fall Nguyen“ steht bereits vor der Tür, heute in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung nachzulesen: Jetzt soll eine Familie aus Cuxhaven nach Sibirien fahren; sonst droht aus Ihrem Hause unmissverständlich die Abschiebung.
Sie geben immer vor, mit diesen Aktionen den Rechtsstaat zu verteidigen. Aber komischerweise bringt dieses Rechtsstaatsverständnis Ihrerseits die Menschen hierzulande massenhaft auf die Palme.
Die Menschen wollen nicht akzeptieren, dass aus ihrer Mitte heraus immer wieder Menschen abgeschoben werden, weil sie nicht in eines Ihrer Muster passen, Herr Schünemann.
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist ziem- lich infam jetzt! - Zurufe von Ulf Thiele [CDU] und Heinz Rolfes [CDU])
Aber es gäbe durchaus Bedarf, den Rechtsstaat hier in Niedersachsen zu verteidigen, z. B. wenn Ihre Ausländerbehörden zehnmal zu Unrecht Abschiebehaft beantragen. Aber da weigern Sie sich auf einmal, Fach- und Rechtsaufsicht wahrzunehmen. Ihr selektives Rechtsstaatsverständnis, Herr Innenminister, ist nicht vom Amtseid gedeckt. Auch deshalb ist Ihre Entlassung überfällig.
(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Heinz Rol- fes [CDU]: Das ist unglaublich!)
Das Spannende ist ja, dass sich bei diesen Abschiebeangelegenheiten Ihre eigenen Methoden gegen Sie wenden. Sie empfehlen den Ausländerbehörden, zu Schikanezwecken die Staatsanwaltschaften einzuschalten, aber die vergessen dann, diese in der Folge auch in Abschiebehaftsachen zu involvieren. Das beschert Ihnen mehr als einmal Niederlagen vor deutschen Bundesgerichten.
Ja, so kann es gehen, Herr Innenminister. Sie können sich den Rechtsstaat nicht so drehen, wie Sie es gerne hätten.
(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Mein Gott! - Jens Nacke [CDU]: Wischen Sie sich einmal den Schaum vom Mund! Dort oben sind Kameras! - Zuruf von Heinz Rolfes [CDU])
Schließlich zur Baustelle Rechtsextremismus. Sie versuchen jetzt durch einige Vorstöße von Ihrem Versagen und dem Versagen Ihrer Behörden abzulenken. Sie haben jegliche Gefahr durch Rechtsterrorismus verneint und sogar den geplanten Anschlag auf die Grundsteinlegung der Synagoge in München in einer Antwort auf unsere Anfrage heruntergespielt.
Aber davor, dass Nazis Waffen besitzen und bereit sind, sie auch einzusetzen, haben Fachleute und die Opposition immer wieder gewarnt.
(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist unglaublich! Das ist eine Unver- schämtheit!)
Herr Schünemann, etwas mehr Respekt, etwas mehr Selbstkritik, etwas mehr Demut wäre an dieser Stelle angebracht. Dazu sind Sie nicht in der Lage. Auch deshalb fordern wir heute Ihre Entlassung.