Eine andere Möglichkeit ist, dass nicht die Klassenkonferenzen dies feststellen, sondern dass das Land Niedersachsen mit einer - wie Sie es nennen - Sondergenehmigung sagt: Das pädagogische Konzept der IGS Göttingen-Geismar ist so gestrickt, dass ein Großteil, nämlich weit über 90 %, der Schülerinnen und Schüler, die diese Schule besuchen, nicht in der Lage sein werden, das Abitur nach 12 Jahren abzulegen. Das wäre die Variante, die Sie favorisieren. Diese drei Möglichkeiten gibt es.
Ich glaube, es wird möglich sein, wenn man sich in den nächsten Tagen und Wochen intensiv mit diesen Möglichkeiten beschäftigt, eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden - wohl wissend, dass aus vielerlei Gründen die IGS Göttingen-Geismar nicht 1 : 1 auf alle anderen Schulstandorte in Niedersachsen zu übertragen sein
wird. Das muss jedem bewusst sein, der diese Schule immer hochhält. Denn an dieser Schule geht es nicht nur um die räumlichen Konzepte. Da geht es auch um die Frage: Wie viel Engagement der Lehrkräfte gibt es dort? Wie viel Engagement der Eltern gibt es dort? - Das kann man nicht grundsätzlich per se 1 : 1 auf alle Standorte im Land übertragen.
Deswegen sage ich: Wir können eine Lösung für die IGS Göttingen-Geismar finden. Man sollte aber nicht proklamieren: Wenn man nur dieses Konzept anbietet, dann wird die Welt von heute auf morgen überall im Land Niedersachsen in Ordnung sein. Das würde bedeuten, Herr Kollege Wenzel, eine Nebelkerze zu zünden. Das sollte man tunlichst vermeiden.
Frau Präsidentin! Herr Försterling, Sie haben eingangs Ihrer Rede verschiedene Gespräche erwähnt, die heute im Laufe des Tages geführt wurden. Ich würde darum bitten, dass uns Herr von Danwitz und der Kultusminister zur Verfügung stehen und uns mitteilen, was in diesen Gesprächen erörtert wurde und welche Lösungen anvisiert wurden. Es wäre, glaube ich, angemessen, Herr von Danwitz, wenn Sie das für die Fraktion tun oder wenn das der Kultusminister tun würde.
Ich freue mich sehr, dass der Bundespräsident die Größe gehabt hat. Wir wissen um seine differenzierte Haltung zu diesem Thema. Er hat auch immer diese Schule besuchen wollen. Zwar hat er das in seiner Amtszeit nicht geschafft, er hat aber diese Schule ausgezeichnet. Dabei hat er gesagt: Diese Schule ist modellhaft. - Dieses Wort zeichnet eine Schule aus, die eine pädagogische Qualität liefert, die z. B. Hauptschülerinnen und Hauptschülern ermöglicht, am Ende mit einem Abitur ins Leben zu starten - und das in beachtlicher Zahl. Das ist eine modellhafte Entwicklung, die hier durch das Lernen der Schwachen von den Starken völlig ohne Fachleistungsdifferenzierung bis Klasse 10 gelungen ist. Das gilt es zu erhalten oder noch zu verbessern.
Insofern bitte ich Sie eindringlich: Lassen Sie uns sehen, dass das gelingt! Reden wir nicht über Verschlechterungen, sondern reden wir über Wege, wie wir dieses Modellhafte erhalten können, damit auch andere davon lernen können!
Herzlichen Dank. Das war jetzt eine Kurzintervention auf den Redebeitrag von Herrn Kollegen Försterling und dann gesprungen zu Herrn Kollegen von Danwitz. - Herr Försterling, Sie haben Gelegenheit zu antworten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe nur diese Kopie des Deutschen Schulpreises gesehen. Ich gehe davon aus, dass der nicht von allein hierhergekommen ist, sondern dass er dem Minister wahrscheinlich übergeben worden ist. Ich weiß zwar nicht genau, was man dabei bespricht, aber man wird auf alle Fälle „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“ und wahrscheinlich auch dazwischen einige Worte zueinander sagen.
Herr Wenzel, ich möchte auf das zurückkommen, was Sie gerade gesagt haben, nämlich dass man sich auch die Frage stellen müsse, wie man möglicherweise zu Verbesserungen kommen kann. Wenn Sie mir gestern zugehört haben - Frau Korter hat es nachgelesen -, dann wissen Sie: Es gibt die durchaus spannende Variante, dass man, wenn man im Sekundarbereich I diese zusätzlichen Lehrerstunden hineingibt, um auf die 192 Stunden zu kommen, erreicht, dass alle Schülerinnen und Schüler der IGS Göttingen-Geismar - auch diejenigen, die das Abitur nach 13 Jahren ablegen, und insbesondere diejenigen, die das Abitur nach 13 Jahren ablegen - insgesamt sogar noch 13 Stunden Unterricht mehr als die Schülerinnen und Schüler an anderen Integrierten Gesamtschulen und an den Gymnasien in Niedersachsen bekommen. Damit können sie noch bessere pädagogische Konzepte gewährleisten. Dann wären wir in der Tat sogar so weit, dass es zu einer Verbesserung kommen würde.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss schon sagen: Wenn Herr von Danwitz hier für die CDU-Fraktion ans Rednerpult geht und sagt, er habe zu diesem Thema hier heute nichts zu sagen,
dann kann ich Ihnen nur empfehlen: Dann hätten Sie lieber Herrn Koch reden lassen sollen. Der hätte hier, glaube ich, Vernünftiges gesagt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die IGS Göttingen-Geismar ist eine erfolgreiche Schule und die erfolgreichste Schule beim Deutschen Schulpreiswettbewerb im Jahr 2011! Das belegen auch die Anmeldezahlen für diese Schule: Es sind weit mehr Anmeldungen, als die Schule Plätze zu vergeben hat, und das nicht erst für dieses Schuljahr, sondern seit Jahrzehnten.
Das pädagogische Konzept dieser Schule ist in den Debatten des gestrigen und auch des heutigen Tages zu diesem Thema schon intensiv beleuchtet worden. Es ist ein besonderes Modell. Das ist richtig. Warum aber sollten wir uns nicht der Mühe unterziehen, hier in diesem Hause darüber zu diskutieren, wie wir alle Schulen in Niedersachsen in den Genuss dieses Modells kommen lassen können, damit alle Kinder in Niedersachsen in die besten Schulen Deutschlands gehen können?
Die Region in Südniedersachsen, vor allen Dingen aber in der Stadt und im Landkreis Göttingen, steht hinter dieser Schule und hinter diesem Schulkonzept - und das im Übrigen auch mit CDU-Beteiligung und FDP-Beteiligung, Herr Försterling.
Niemand kommt auf die Idee, diese erfolgreiche Arbeit der IGS in der Region infrage zu stellen. Aber was macht die Landesregierung? - Ihr Handeln und die entsprechende Gesetzesänderung in den letzten Schulgesetzänderungen führen dazu, dass diese Integrierte Gesamtschule ihre erfolgreiche Arbeit nicht mehr weiterführen kann. Gestern
haben wir erlebt, wie der Kultusminister den Erfolg dieser Schule kleinzureden versuchte und ein Glückwunsch doch mehr als gequält erscheint - jedenfalls uns erscheint.
Die Landesregierung nimmt dieser Schule die Möglichkeit, ihr pädagogisches Konzept mit Tischgruppenmodellen weiterzuführen. Sie zwingt diese Schule im Grunde genommen, die Schülerinnen und Schüler voneinander zu trennen. Dann hilft es auch nicht, dass allen Schülerinnen und Schülern von der 5. bis zur 9. Klasse diese Stunden zur Verfügung gestellt werden, Herr Försterling, sondern es ist schon der Zeitraum, in dem dieser gemeinsame Unterricht stattfinden muss. Der ist eben von Klasse 5 bis Klasse 10 und nicht von Klasse 5 bis Klasse 9, weil dann zu viele Schülerinnen und Schüler da einfach nicht mitkommen können.
Die Linken fordern jetzt in ihrem Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass diese Schule ihr Konzept weiterfahren kann und diesen Modellcharakter weiter behalten kann. Sie fordern dies in der Nr. 2 ihres Antrages auch für alle Gesamtschulen in Niedersachsen. Dieser Forderung, sehr verehrte Damen und Herren, schließen wir uns ausdrücklich an, wir unterstützen sie.
Es gibt auch keine einzige pädagogische Begründung, warum man dieses Konzept nicht weiterfahren will. Frau Korter hat schon darauf hingewiesen. Es gibt keine pädagogische Begründung. Wenn man aber eine ökonomische Begründung haben möchte, warum dieses Konzept weitergefahren werden sollte, dann ist es doch die, dass die Schule in Göttingen wie keine andere Schule in Niedersachsen beweist, dass so viele Schülerinnen und Schüler mit Hauptschulempfehlung und mit Realschulempfehlung entgegen ihrer jeweiligen Empfehlung zum Abitur geführt werden können.
Meine Damen und Herren, wir brauchen doch Fachkräfte in Deutschland! Gerade gestern haben wir diese Debatte wieder geführt. Wenn es keine pädagogischen Gründe für das Kaputtmachen dieses Konzeptes gibt, dann gibt es zumindest pädagogische Gründe, das Konzept fortzuführen, und ökonomische Gründe, es den Kindern nicht auch noch schwer zu machen, ihr Abitur zu erlangen, sondern möglichst viele Kinder bis zum Abitur
zu führen, damit auch sie Gelegenheit haben, Fachkräfte von morgen werden zu können, meine Damen und Herren.
In diesem Sinne - ich hatte das schon ausgeführt - werden wir die Ausschussberatungen natürlich positiv begleiten. Lieber wäre es uns allerdings, sehr verehrte Damen und Herren, wenn der Kultusminister noch in dieser Woche endlich die Entscheidung treffen würde, dass diese Schule mit gutem Gewissen in die Sommerferien gehen kann und nach den Sommerferien gut starten kann - mit einer positiven Entscheidung dieser Landesregierung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte einige wenige Worte zu dem ergänzen, was hier gestern zu dem Thema gesagt worden ist. Herr Dr. von Danwitz hat richtigerweise gesagt, er habe in ausführlichster Weise Stellung genommen. Trotzdem gestatten Sie mir, wie gesagt, in Details eine Ergänzung.
Ich bin zwei- oder dreimal, auch gestern, auf mein Zitat in der taz angesprochen worden. Selbstverständlich stehe ich zu diesem Zitat und werde dazu auch gleich noch etwas sagen.
Frau Heiligenstadt, wir haben der Schule als Fraktion - ich habe mit Herrn Vogelsaenger, dem Schulleiter, gesprochen - nach der Preisverleihung selbstverständlich ganz herzlich gratuliert. Verschiedene Leute von uns waren in der Schule, schon über Jahre, bevor sie den Preis auch nur anvisiert bekommen hat, und haben sich die Schule angeguckt. Ich kann das aus meiner Sicht sagen - ich habe einmal Pädagogik studiert -: Ich war von diesem speziellen Konzept an der Schule in Göttingen begeistert.
Ich habe es genossen, wie die da gearbeitet haben, und habe mich auch gefreut, dass dabei am Ende dieser Preis herausgekommen ist. Wie die
Der Kollege Koch, der hier gerade ins Spiel gebracht wurde, weiß sehr genau, wann er reden kann. Und er kann hier reden. Aber er weiß auch ganz genau, wie er seinen Einfluss, den er hat, an anderer Stelle umsetzen kann. Das macht er - übrigens parteiübergreifend -, wie er es kann und wie sein Naturell ist, mit großer Gelassenheit und mit großer Durchschlagskraft.
Ich möchte einen dritten Punkt ansprechen. Wir haben im Schulbereich immer mit Ausnahmeregelungen gelebt. Es hat immer Ausnahmeregelungen gegeben. Einer der ganz großen Kultusminister des Landes Niedersachsen, Werner Remmers, hat viele Ausnahmeregelungen gemacht. Sie mussten aber auch Ausnahmeregelungen bleiben, weil sie für ganz bestimmte Konzepte angewandt worden sind. Wenn Sie jetzt den Schluss ziehen, dass wir dann, wenn wir das in Göttingen machen, für alle IGSen das Modell mit 13 Jahren zulassen müssen, dann kommen wir nicht mehr ins Geschäft. Das funktioniert dann nicht. Wenn dieses besondere Konzept ein wirklich besonderes Konzept sein soll - und nach dem, was wir wissen, ist es das -, dann kann es nur für diese eine Schule eine besondere Regelung geben.
Ich glaube, dass wir nie eine absolute Gleichheit von Schulen hinbekommen werden. Das ist auch nicht sinnvoll. Jede Schule hat ein eigenes Konzept. Eine Gleichmacherei von Schulen würde unserem Ansatz, dass jede Schule ein eigenes, besonderes Konzept hat, überhaupt nicht gerecht werden. Trotzdem sage ich zu diesem besonderen Konzept, das ich als einmalig in Niedersachsen bezeichne, Folgendes: Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass für die IGS Göttingen-Geismar eine Ausnahmeregelung möglich sein muss.
Dazu gehört aber auch, dass eine Abwägung stattfinden muss, welche Auswirkungen das haben könnte. Die Auswirkungen müssen relativ beschränkt bleiben; sonst ist es keine Ausnahmesituation. Ich habe mit dem Minister mehrere Gespräche geführt: Diese Abwägung wird in nächster Zeit stattfinden. Wenn sie stattgefunden hat und daraus die notwendigen Schlüsse gezogen werden können, kann der Minister nach der Abwägung über eine Ausnahmeregelung „Abitur nach 13 Jahren an der IGS Göttingen-Geismar“ nachdenken und kann sie erteilen. Dann hätte er unsere Unterstützung.