Protocol of the Session on June 30, 2011

- Aus meinem eigenen Landkreis! Man wird versuchen, es wieder über die Kommunalwahl zu bringen.

(Unruhe)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe. Herr Minister Sander, ich kann Sie kaum verstehen. Einen kleinen Moment bitte. Es ist mir eindeutig zu unruhig.

(Zurufe)

- Frau Modder, Dialoge wünschen wir hier auch nicht. - Herr Minister Sander, Sie haben das Wort.

Negativbeispiele brauche ich Ihnen eigentlich gar nicht zu nennen. Schauen Sie sich einmal die Gebühren in den einzelnen Landkreisen an. Dann werden Sie feststellen, wo die Abfallentsorgung voll in kommunaler Hand ist und man sich nicht der wirtschaftlichsten Lösung öffnet, gibt es die höchsten Gebühren. Das kann ich ganz allgemein sagen. Ich kann Ihnen aber auch wirklich die einzelnen Abfallgesellschaften nennen, bei denen das der Fall ist.

(Olaf Lies [SPD]: Also wirklich!)

- Herr Lies, ich weiß, ich weiß. Ich könnte es etwas anders darstellen, dann würde es etwas politischer werden: Wo diese Öffnung nicht vorhanden ist und wo es der Fall ist.

Herr Kollege Dr. Hocker hat klar und deutlich eine der erfolgreichsten Abfallwirtschaftsgesellschaften genannt. Der dortige Geschäftsführer gehört nicht unserer Partei an. Er sagt, er ist es manchmal leid, sich dafür angreifen zu lassen, wie lax in anderen Abfallgesellschaften mit diesem Thema umgegangen wird und die Fragen der Wirtschaftlichkeit keine Rolle spielen.

Weil Sie gerade von Fragen sprechen, Herr Minister Sander: Mir liegt der Wunsch nach zwei Zwischenfragen vor, nämlich von Herrn Kollegen Möhle und Frau Kollegin Korter. Lassen Sie diese zu?

Herr Möhle!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister Sander, woher nehmen Sie Ihre Information, dass man sich nicht um Wirtschaftlichkeit bemüht, wenn Abfallwirtschaft kommunal betrieben wird? Das empfinde ich als Beleidigung jeglicher Kommunalos.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister!

Herr Möhle, das finde ich toll. Sie unterstellen einfach, dass eine Kommune es wirtschaftlich macht und ein Privater, der nach ganz anderen Grundsätzen und anderen Leistungskriterien arbeitet, es unter Umständen teurer macht.

(Zurufe von der SPD)

- Herr Möhle, ich kann Ihnen die Beispiele nennen. Es hilft doch nichts. Schauen Sie in die Ergebnisse der einzelnen Abfallgesellschaften und auf das, was der Bürger für die Leistungen zu bezahlen hat. Das ist im Grunde genommen die entscheidende

Frage. Dort bekommen Sie Auskunft, um wen es sich handelt.

(Zurufe von der SPD und von der LINKEN)

Sie werden staunen, wenn Sie sehen, welche politischen Mehrheiten in den einzelnen Landkreisen herrschen. Sie werden sich wundern, wo es die wirtschaftlichsten Abfallgesellschaften gibt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einen zweiten Punkt kurz erwähnen. Es geht um die Wertstofftonne. Dass Sie die Wertstofftonne ablehnen, ist für mich ganz unverständlich. Es gibt im Grunde genommen keinen Abfall mehr. Es gibt nur noch Wertstoffe. Wir sind in Deutschland schon relativ weit. Aber der Bürger selbst ist teilweise nicht in der Lage, die einzelnen chemischen Zusammensetzungen von Kunststoffen zu erkennen. Das wiederum können nur großtechnische Anlagen. Deswegen ist es notwendig, eine Tonne zu haben, in die diese Abfälle hineinkommen.

Herr Minister Sander, Entschuldigung, wenn ich unterbreche. Eine weitere Zwischenfrage wurde von Frau Kollegin Korter gewünscht.

Ja, sie kommt aus der Wesermarsch. Dort ist es vorbildlich.

Frau Korter!

Herr Minister Sander, halten Sie es eigentlich für richtig, dass für einen Umweltminister der wichtigste Gradmesser in der Abfallwirtschaft die Frage der Gebührenzahlung und die Höhe der Gebühren ist?

Herr Minister!

Frau Korter, das ist das Entscheidende. In der Umweltpolitik gilt folgender Grundsatz: Umwelt, Ökonomie und soziale Belange müssen zusammengeführt werden, und es darf nicht nur ein Aspekt herausgegriffen werden.

(Beifall bei der FDP)

Diese Rosinenpickerei, die Sie immer machen, ist unverantwortlich.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Lassen Sie mich zum letzten Punkt, zur gewerblichen Sammlung kommen. Frau Kollegin Körtner hat deutlich gesagt, es gibt in diesem Gesetzentwurf keine Rosinenpickerei. Das ist etwas, was Sie an die Wand malen und was nicht gerechtfertigt ist. Auch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger müssen dafür Sorge tragen, sich nicht die Rosinen herauszupicken und die gewerblichen Anbieter aus dem Markt herauszudrängen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich finde es schon bemerkenswert, was in der Diskussion häufig von Ehrenamtlichen - ob in der Feuerwehr oder in Gesangsvereinen - genannt wurde, die sich dafür einsetzen, Papier zu sammeln und dieses Papier einem Privaten zur Vermarktung anzubieten. Das wollen Sie im Grunde genommen auch einschränken. Sie wollen das absolute Monopol haben. Das halte ich wirklich für unverantwortlich.

Insofern werden wir das weitere Gesetzgebungsverfahren des Bundestages weiter beobachten. Wir werden dabei unsere Hilfe anbieten.

Herr Kollege Jüttner, noch etwas Nettes: Dieser Gesetzentwurf stammt aus der Feder Ihres früheren Abteilungsleiters im Umweltministerium, Herrn Wendenburg. Dieser gehört nicht der FDP an.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es liegen zahlreiche Wünsche nach zusätzlicher Redezeit gemäß § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung vor. Zunächst erhält Herr Wenzel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zwei Minuten.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Sander, Sie sollten sich schämen!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

In Ihrem Beitrag geben Sie vor, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten. Aber Sie vertreten nicht die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, sondern Sie vertreten hier die Interessen einiger weniger Abfallkonzerne, die sich gerne die

Rosinen aus dem Kuchen herauspicken wollen. Das ist Ihr Interesse; dafür versuchen Sie, den Weg freizumachen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Ich will aus dem Gutachten der ASA zitieren. Darin heißt es: Der Entwurf einer Novelle des Abfallwirtschafts- und Kreislaufgesetzes schwächt ohne Not die Stellung der kommunalen Daseinsvorsorge bei der Abfallwirtschaft. Entgegen den Aussagen der Bundesregierung gibt es keine europarechtlichen Vorgaben im Abfallrecht umzusetzen, die Überlassungspflichten zugunsten der gewerblichen Abfallwirtschaft einschränken.

Meine Damen und Herren, der EuGH hat dazu ebenfalls eine ganz klare Position. Er hat gesagt:

„Um im Sinne des EuGH für eine Dienstleistung der Daseinsvorsorge möglichst niedrige Kosten und sozialverträgliche Preise“

- darum geht es; das ist das Interesse der Bürgerinnen und Bürger -

„gewährleistet zu sehen, begegnet eine gesetzliche Gestaltung, die für den Bereich der kommunalen Hausmüllentsorgung die Wertstofferlöse für den Gebührenhaushalt gegen private Konkurrenz sichert, keinerlei rechtlichen Bedenken.“

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Aber ökonomischen!)

Sie versuchen, da einen Keil hineinzutreiben, und zwar genau dort, wo es Wertstoffchargen gibt, die preislich attraktiv sind. Die wollen Sie den Privaten zur Verfügung stellen.