Ich erteile jetzt Herrn Minister Dr. Althusmann das Wort, ausnahmsweise auch einmal ohne schriftliche Wortmeldung.
Ich bitte vielmals um Vergebung, Herr Präsident. Ich versuche, dementsprechend Zeit aufzuholen. - Die Deckung des Personalbedarfs ist für alle westdeutschen Bundesländer zurzeit eine große Herausforderung. Im Übrigen darf ich auf den Aspekt aufmerksam machen, dass diese Problematik für die ostdeutschen Bundesländer in der Form nicht gilt. In den nächsten Jahren wird intensiv auch darüber zu entscheiden sein, inwieweit gerade Erzieherinnen und Erzieher, die dort ausgebildet werden, auch in den westdeutschen Bundesländern Dienst tun können und aufgrund des Mangels an Kindern in den ostdeutschen Bundesländern in den entsprechenden Kindertagesstätteneinrichtungen hier eingesetzt werden. Der Landesregierung kann man nachweislich zugutehalten, dass sie alles Notwendige getan hat, um dieser Herausforderung für die nächsten Jahre entsprechend begegnen zu können.
Ich möchte es kurz machen und nur ein paar wenige Zahlen nennen: Mehr als 11 000 Schülerinnen und Schüler sind in der Ausbildung zum Erzieher oder zur Erzieherin. Das waren vor vier Jahren noch 9 500. Das ist also eine deutliche Steigerung. Mehr als 1 800 Schülerinnen und Schüler schließen jedes Jahr in Niedersachsen die Erzieherausbildung erfolgreich ab. 2005 waren es noch 1 500. Dazu kommen 800 Zweitkräfte sowie 150 Absolventinnen und Absolventen der Aufbaustudiengänge für Frühpädagogik auf den Arbeitsmarkt. 2010 ist die Zahl der jungen Männer in der Berufsfachschule auf nahezu 1 100 - 2005 waren es noch 750 - und in der Fachschule auf 570 - 2005 waren es noch 440 - gestiegen, also um insgesamt 15 %, was den Männeranteil betrifft. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in der Berufsfachschule ist auf nahezu 300 bzw. 4,5 % und in der Fachschule auf 130 bzw. 3 % gestiegen. Insofern, meine Damen und Herren, bedarf es eines Aktionsplanes, wie Sie ihn fordern, wohl nicht.
im Kultusbereich in den nächsten Monaten und Jahren mit Sicherheit noch ergeben -, ist die Frage, wie die Ausbildungsinhalte der Erzieherinnenausbildung kontinuierlich auf dem Niveau gehalten werden können.
Die Anhebung des Ausbildungsniveaus ist eine weitere Frage. Wer heute eine Erzieherinnenausbildung absolviert, hat automatisch die Fachhochschulreife und kann damit entsprechend studieren. Es stellt sich die Frage der Anrechenbarkeit im Rahmen der Erzieherinnenausbildung auf aufbauende Studiengänge - „Schulversuch Modularisierung“ nur als Stichwort. Dieser wird 2012 in Niedersachsen mit der Erarbeitung eines modularisierten Rahmens bzw. von Rahmenrichtlinien abgeschlossen. Damit sind wir bundesweit führend. Es gibt kein anderes Bundesland, das diese Dinge in der Form auf den Weg gebracht hat wie Niedersachsen. Das geht bis hin zur Einrichtung von Studiengängen für Leitungspositionen, Bachelorstudiengängen für Erzieherinnen und Erzieher und Zertifikaten. Letztendlich geht es darum, dass Sie diese Dinge einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen.
Insbesondere noch ein Aspekt zu guter Letzt: Die Aufnahmekapazitäten, die Sie in dem ersten Punkt Ihres Antrages einfordern, sind eine Sache der kommunalen Ebene. Darüber haben die kommunalen Schulträger mit den berufsbildenden Schulen und den Fachschulen vor Ort zu entscheiden. Das kann das Land in der Form überhaupt nicht steuern. Insofern geht zumindest diese Forderung an dem tatsächlichen und richtigen Ziel, das dahinter steht, vorbei.
Ich glaube, das niedersächsische Gesamtkonzept insgesamt ist auf dem richtigen Weg. Wir haben die Fachkräfte sehr wohl im Blick. Mit dem Angebot des Ausbildungsmoduls „Sozialpädagogik“ werden wir ab dem nächsten Schuljahr alle Schülerinnen und Schüler an Realschulen ansprechen. Derzeit führt die Landesregierung gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege und der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit die entsprechenden Werbemaßnahmen durch.
Insofern ist Ihr Aktionsplan und damit auch Ihr Entschließungsantrag, so leid es mir tut, überflüssig, weil längst von der Realität überholt.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/3224 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt.
Erste Beratung: Der Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus und Extremismus auch mit Prävention entgegenwirken - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/3412
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir diesen Antrag in unserem Gremium berieten, haben wir uns eines nicht vorstellen können, nämlich dass wir in Deutschland so rasant Opfer eines islamistisch verblendeten Einzeltäters werden.
- Ich auch habe die Möglichkeit, einzelne Kolleginnen und Kollegen persönlich anzusprechen, von denen wir hier oben den Eindruck haben, dass sie erheblich stören. Aber ich stelle das noch kurz zurück. - Bitte, Herr Kollege!
Das Attentat des 21-jährigen Islamisten am 3. März dieses Jahres auf dem Frankfurter Flughafen bestätigt uns jedoch in unserem Antrag und seinen Forderungen. Der 21-jährige Mann aus
dem Kosovo erschoss am 3. März auf deutschem Boden zwei amerikanische Soldaten. Er lebte zuvor jahrelang völlig unauffällig unter uns. Nicht einmal seine nächsten Angehörigen konnten sich die Tat erklären noch sie im Geringsten erahnen. Seine Familie war den Amerikanern vielmehr wohl gesonnen. Denn die Amerikaner haben im Jugoslawienkrieg den Kosovo beschützt. Die Familie des Attentäters war den Amerikanern dankbar.
Allein dem glücklichen Umstand, dass die Waffe des Attentäters eine Ladehemmung hatte, ist es zu verdanken, dass nicht ein noch größeres Blutbad angerichtet wurde. Radikalisiert wurde der Attentäter anscheinend über das Internet. Auf seiner Facebook-Seite kommunizierte er mit verschiedenen Führern islamistischer Organisationen. Das Who’s who der islamistischen Szene in Deutschland befand sich unter seinen Facebook-Freunden. Auch hier muss man zukünftig ansetzen und islamitische Tendenzen frühzeitig erkennen. Meines Erachtens ist dies ein zentrales Argument für eine Vorratsdatenspeicherung.
Erschreckend ist, dass dieses schreckliche Attentat in den Medien nicht die Präsenz fand, die es hätte erhalten müssen.
Wie wäre die Resonanz gewesen, wenn es sich nicht um zwei amerikanische Soldaten, sondern um Touristen auf dem Berliner Hauptbahnhof gehandelt hätte?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sicherlich können wir auch künftig nicht jeden geplanten Anschlag eines Einzeltäters verhindern. Aber wir sollten auch nichts unversucht lassen, um die Bevölkerung umfassend zu schützen. Umso wichtiger ist unser heutiger Antrag, mit dem wir uns auf die Prävention konzentrieren. Der Dialog mit muslimischen Organisationen und Moscheen ist hierbei von zentraler Bedeutung. Denn allein mit der Androhung von Repressalien in Form von Gefängnisstrafen kommt man bei religiös motivierten Attentätern nicht weit. Um es auf den Punkt zu bringen: Wer tatsächlich daran glaubt, ihn erwarteten bei einem Attentat nicht der Teufel, sondern 72 Jungfrauen im Himmel, der wird sich von einer Gefängnisstrafe nicht beeindrucken lassen -
erst recht nicht, wenn er sich bei seinem Anschlag selbst tötet. Prävention ist daher der richtige Weg.
Die Zusammenarbeit mit muslimischen Organisationen muss aber auch mit einer Zusammenarbeit mit Schulen, Jugendämtern, Ausländerbehörden, Ordnungsämtern, Justizbehörden usw. einhergehen.
Schleichende Radikalisierungen müssen frühzeitig erkannt werden. Wir müssen junge Männer von ihrem verhängnisvollen Weg abhalten und sie viel mehr in unsere Gesellschaft integrieren und ihnen Perspektiven aufzeigen. Dazu gehört auch, dass wir Gettobildung in Großstädten entgegenwirken. Menschen mit Migrationshintergrund sollen in der Mitte unserer Gesellschaft leben und nicht an deren Rand.
Parallelgesellschaften darf es nicht geben. Um solche Parallelgesellschaften und Radikalisierungen frühzeitig zu erkennen, benötigen wir den benannten Dialog. Hätte man diesen Weg des Dialogs in Großbritannien verfolgt, hätte beispielsweise der Anschlag in Stockholm im Dezember letzten Jahres wahrscheinlich verhindert werden können.
Der Stockholmer Attentäter studierte in Großbritannien Sport und arbeitete nebenbei in einem Teppichladen - alles völlig unauffällig. Aber er war wegen seiner zunehmenden radikalen Ansichten ungern in seiner Moschee gesehen.
Ich möchte Sie kurz unterbrechen. - Herr Kollege Siebels, auch wenn Sie gestern Geburtstag hatten: Vielleicht können Sie den Gesprächskreis da hinten auflösen.
Hätten die Behörden in Großbritannien mit den muslimischen Organisationen und der Moschee in Kontakt gestanden und zusammengearbeitet, wären dieser Attentäter und seine Radikalisierung vorher aufgefallen. Zum Glück ist in Stockholm nichts Schlimmeres geschehen.
Unser Antrag hat nicht ein Ausspionieren oder einen Generalverdacht mit Blick auf Menschen mit Migrationshintergrund in unserer Bevölkerung zum Ziel.
Dies ist nicht unser Anliegen. Wir suchen den Dialog, auch zugunsten aller muslimischen Organisationen, die sich zu unserem Grundgesetz bekennen. Wir wollen nicht, dass muslimische Organisationen und Moscheen pauschal als Herd terroristischer Aktivitäten abgestempelt werden. Wir wollen keine Volksentscheide wie in der Schweiz. Diese betrachten wir vielmehr mit Besorgnis.