Meine Damen und Herren, nicht nur mit diesem neuen Polizeigesetz werden wir mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger schaffen, sondern ebenso mit dem Einsatz der 1 000 zusätzlichen Polizeibeamten. Es freut mich sehr, dass der zuständige Innenausschuss den Antrag unverändert hier zur Abstimmung vorgelegt hat. Damit werden wir die Polizeipräsenz im Lande spürbar erhöhen, insbesondere im ländlichen Raum, den wir dadurch auch sicherer machen. Wir wollen künftig mehr Beamte im Einsatz auf der Straße und im Streifenwagen haben und weniger in den Amtsstuben. Innenminister Uwe Schünemann hat hier die volle Rückendeckung der CDU-Landtagsfraktion und das weiß ich aus vielen persönlichen Gesprächen auch der FDP-Landtagsfraktion.
Meine Damen und Herren, ich möchte vor allem zum Entwurf für das neue Polizeigesetz etwas sagen. Wir leiten heute ganz bewusst das Ende des rot-grünen Gefahrenabwehrgesetzes aus der Periode von 1990 bis 1994 ein. Lassen Sie es gesagt sein - Herr Bartling, Sie waren ja damals schon in der Verantwortung -: Dieses Gesetz war eines der
Es beginnt mit dem Namen „Gefahrenabwehrgesetz“, in dem schon wieder dieser ideologische Ansatz durchkommt, was Polizei zu tun hat und was nicht. Wir kehren zu dem alten, guten und allseits verwendeten Namen „Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ zurück, weil wir der Meinung sind, dass Polizei für etwas steht und nicht nur gegen etwas.
Wie schon der Name des Gesetzes besagt, werden wir die öffentliche Ordnung wieder in die polizeirechtliche Generalklausel aufnehmen. Wir wollen ganz bewusst ein Zeichen setzen; denn wir wollen den Wertvorstellungen unserer Bürger, die durch den Begriff der öffentlichen Ordnung geschützt sind, endlich wieder mehr Bedeutung zumessen. Warum? - Die öffentliche Sicherheit ist definiert als die Unversehrtheit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und der sonstigen Träger der Hoheitsgewalt. Der Begriff der öffentlichen Ordnung geht weiter. Er ergänzt den Begriff der öffentlichen Sicherheit. Er umfasst die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln für das Verhalten der Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung nach den herrschenden Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten staatsbürgerlichen Zusammenlebens betrachtet wird. Die öffentliche Ordnung ist damit ein wichtiger Auffangtatbestand, um Störungen des Gemeinschaftslebens bei Fehlen von spezialgesetzlichen Regelungen begegnen zu können.
Meine Damen und Herren, nachdem wir in den letzten Tagen unseren Gesetzentwurf vorgestellt haben, habe ich hier und dort - insbesondere vom innenpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion - lesen müssen, dass die Wiedereinführung des Begriffs der öffentlichen Ordnung in das Polizeirecht ein Griff in die Mottenkiste sei. Ich weise dies ausdrücklich zurück. Erstens haben auch 13 andere Bundesländer den Begriff der öffentlichen Ordnung in ihren Polizeigesetzen. Da stehen ja verdammt viele Mottenkisten herum, Herr Bartling. Zweitens findet man den Begriff der öffentli
chen Ordnung auch in zahlreichen Bundesgesetzen, insbesondere in § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes, in § 19 des Gaststättengesetzes und sogar in Artikel 35 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes - alles geltendes rot-grünes Bundesrecht, meine Damen und Herren von der SPD und von den Grünen. Wir gleichen das Landesrecht nur an das Bundesrecht an. Diese Angleichung muss doch geradezu Ihre Zustimmung finden.
Wir haben unser Polizeigesetz in wochenlanger Detailarbeit unter Beteiligung von Fachleuten aus der Praxis im zuständigen Arbeitskreis von CDU und FDP vorbereitet. Gerade die Anregungen von Praktikern, die das Polizeigesetz jeden Tag anwenden müssen, waren für uns in der Beratung unseres Gesetzentwurfes wichtig. Wir sind deshalb sehr für die neuen Regelungen über die präventiven Telefonüberwachungen mit der Möglichkeit des Einsatzes von so genannten IMSI-Catchern oder über die Einrichtung von Kontrollstellen.
Es würde jetzt den zeitlichen Rahmen sprengen, wenn ich auf alle Punkte eingehen würde. Ein Punkt in diesem Gesetzentwurf ist für uns Christdemokraten aber sehr wichtig: Wir verankern endlich den finalen Rettungsschuss klipp und klar im Polizeirecht.
Meine Damen und Herren, wenn eine Polizeibeamtin bzw. ein Polizeibeamter in einer extremen Gefahrenlage abwägen muss, ob er Leib und Leben eines Täters oder eines Opfers schützen soll, dann will ich, dass diese Polizeibeamtin bzw. dieser Polizeibeamte künftig Rechtssicherheit hat und im Anschluss an solch eine schwerwiegende Entscheidung nicht vor dem Strafrichter stehen muss. Das schulden wir unseren Polizeibeamten, die jeden Tag im Einsatz sind.
Um die Organisierte Kriminalität und den Terrorismus besser bekämpfen zu können, wollen wir auch die längerfristigen Observationen von Tatverdächtigen spürbar verbessern. Längerfristige Observationen bedürfen auch weiterhin der Anordnung eines Richters, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle liegt. Allerdings ist eine längerfris
tige Observation nun erst nach einem Monat gegeben. Das erleichtert die Arbeit der Praktiker vor Ort erheblich.
Meine Damen und Herren, zur Klarstellung: In manch anderem Bundesland ist die längerfristige Observation sogar gänzlich ohne richterliche Anordnung möglich. Insofern befinden wir uns mit unserer Absicht, den Richtervorbehalt im Gesetz zu verankern, sicherlich auf der liberalen Seite der rechtlichen Lage. Im Übrigen orientieren wir uns im Wesentlichen an den Regelungen der §§ 163 ff. der Strafprozessordnung. Auch hier passen wir unser Landesgesetz wiederum dem Bundesrecht an.
Wir verlängern außerdem den Unterbindungsgewahrsam von vier auf zehn Tage. Mit dieser Regelung geben wir vor dem Hintergrund von Demonstrationen z. B. bei den CASTOR-Transporten, aber auch so genannter Chaostage, wie es sie in der Landeshauptstadt Hannover in früheren SPDZeiten leider gegeben hat, der Polizei nun endlich die Möglichkeit, den Unterbindungsgewahrsam länger anzuordnen. Diese Regelung richtet sich nicht gegen friedliche Antiatomdemonstranten. Sie richtet sich aber gegen Chaoten, die im Vorfeld dieser Veranstaltungen Straftaten begehen wollen. Da wollen wir der Polizei den Rücken stärken.
Meine Damen und Herren, wie ich unseren Innenminister kenne, wird er noch auf viele Details des Gesetzentwurfes eingehen. Ich bin gespannt auf die Beratungen in den Ausschüssen und hoffe auf eine zügige und gleichzeitig konzentrierte Beratung. Viele Praktiker wie etwa der Bund der Kriminalbeamten haben uns für unseren Gesetzentwurf in den letzten Wochen gelobt. Bedanken möchte ich mich ausdrücklich bei der FDPFraktion, die uns bei der Vorbereitung des Entwurfs unterstützt und gut mit uns mitgearbeitet hat. Koalition heißt auch Kompromiss. Wir können mit diesem Kompromiss gut leben. An die FDPFraktion sei in aller Freundschaft gerichtet: Sicherheit ist eine elementare Voraussetzung der Freiheit.
Ich lade die SPD-Opposition ein, den Gesetzentwurf zu unterstützen. Herr Bartling, wir schreiben jetzt in das Gesetz hinein, was Sie immer haben wollten, was Ihnen Ihre alte Fraktion aber niemals hätte durchgehen lassen. Wir sorgen mit dem neuen Polizeigesetz und 1 000 neuen Polizisten für
mehr Sicherheit in unserem Bundesland. Wir verfolgen den Anspruch, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen sicher fühlen. Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, bevor wir die Beratungen fortsetzen, möchte ich noch eine Mitteilung machen. Draußen in der Lobby liegt ein blaues Nokia-Handy. Wer ein solches vermisst, sollte draußen einmal gucken und es dann an sich nehmen.
Jetzt rufe ich auf Frau Wörmer-Zimmermann, die die Berichterstattung zu Tagesordnungspunkt 17 übernommen hat.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der Beschlussempfehlung in der Drucksache 207 empfiehlt Ihnen der Ausschuss für Inneres und Sport mit den Stimmen der Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, den Antrag unverändert anzunehmen. Die mitberatenden Ausschüsse für Haushalt und Finanzen sowie für Ernährung, Landwirtschaft und den ländlichen Raum haben sich diesem Votum mit gleichem Stimmverhalten angeschlossen.
Im Ausschuss ergab sich zu dem Entschließungsantrag nur eine kurze Aussprache, da wir alles Wesentliche schon hier im Plenum gesagt haben. Der Ausschussbericht ist auch nur sehr kurz. Um ein wenig Zeit einzusparen, gebe ich den restlichen Bericht zu Protokoll.
Ein Vertreter der antragstellenden Fraktionen betonte nochmals, dass man die Zusage einhalten werde, zusätzliche Polizeianwärter einzustellen. Man sei auch daran interessiert, möglichst schnell die Präsenz der Polizei in der Fläche zu verbessern. Darum werde man sich weiter bemühen, ausgebildete Polizeibeamte aus anderen Bundesländern oder Kräfte vom Bundesgrenzschutz zu
übernehmen. Diese zusätzlichen Stellen für Polizeibeamte seien trotz der schwierigen Haushaltssituation finanziert, da hier ein besonderer Schwerpunkt gesetzt werde.
Der Vertreter der FDP-Fraktion schloss sich diesen Ausführungen an und führte ergänzend aus, dass nach seiner Auffassung auch die Überarbeitung des Personalverteilungsschlüssels bei der Erhöhung der Polizeipräsenz in der Fläche eine Rolle spiele.
Vertreter der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen betonten, dass die angesprochenen zusätzlichen 1 000 Stellen im Ergebnis angesichts der gegenwärtigen Haushaltslage nicht zu finanzieren sein. Ferner machten Vertreter der SPDFraktion darauf aufmerksam, dass diejenigen Anwärter, die nun zusätzlich eingestellt werden sollten, tatsächlich erst nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Verfügung stehen würden. Daher dränge sich bei dem vorliegenden Antrag der Eindruck auf, dass es sich hier um Aktionismus handle.
Damit schließe ich meinen Bericht und bitte Sie namens des Ausschusses für Inneres und Sport, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 207 zu folgen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP unverändert anzunehmen.
Danke, Frau Wörmer-Zimmermann. - Jetzt hat das Wort Herr Dr. Lennartz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihr Polizeigesetz wird verbrannte Erde für die bürgerlichen Freiheiten in Niedersachsen hinterlassen.
Aufgabe eines liberalen Staates - ich bitte jetzt speziell die Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, zuzuhören - ist es, die größtmögliche Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten, ohne dabei ihre demokratischen Freiheitsräume unverhältnismäßig einzuschränken. Das steht so in Ihrem Wahlprogramm. Genau dies wird aber mit Hilfe dieses Polizeigesetzes passieren, nämlich dass durch die vorgesehenen Eingriffsbefugnisse für die Polizei die demokratischen Freiheitsräume der Bürgerinnen und Bürger unverhältnismäßig
eingeschränkt werden. Ich nenne beispielhaft einige wenige besonders kritische Positionen: die Verlängerung des Unterbindungsgewahrsams auf maximal zehn Tage, die präventive Telekommunikationsüberwachung, die Observation ohne richterliche Anordnung. Herr Rösler, Sie haben sich kürzlich gerühmt, die FDP habe - wörtlich - das Schlimmste verhindert. Begründet haben Sie das damit, dass nun die Erweiterung der vorgesehenen Polizeibefugnisse auf fünf Jahre befristet werde.
Schaut man in den Gesetzentwurf hinein, dann sieht man, dass genau eine Regelung auf fünf Jahre befristet wird, nämlich die vorbeugende Telekommunikationsüberwachung. Alles andere wird durch das Innenministerium evaluiert. Wir kennen das Ergebnis schon jetzt: Alles ist bestens gelaufen, wird es in fünf Jahren heißen, wenn das Innenministerium tätig geworden ist.
Sie haben nicht das Schlimmste verhindert, nein, Sie sind in der Innenpolitik die treuen Untertanen des großen Koalitionspartners, jedenfalls am Beispiel des Polizeirechts.
Aber nicht genug damit. Sie hatten gehofft, Sie könnten mit Ihrem Einschwenken sozusagen das Feld der inneren Sicherheit - ein für Sie schwieriges Feld - für den Rest dieser Legislaturperiode verlassen. Unmittelbar danach ruft Ihnen der Innenminister hinterher, man solle im Innenbereich niemals nie sagen. Das heißt für uns: Das war nicht das Ende, sondern das ist erst der Anfang der Einschränkung von Bürgerrechten in Niedersachsen.
Mit diesem Gesetz befreien Sie die Polizei von den rechtsstaatlichen Fesseln des Polizeigesetzes von 1994. Dazu passt auch Ihre Organisationsreform.