Nach unserer Auffassung gibt es durchaus unterschiedliche Beratungs- und Unterstützungsangebote; sie sind allerdings auf unterschiedliche Stellen verteilt. Deshalb sind wir der Überzeugung, dass diese Angebote gebündelt werden müssen und dass deren Amtscharakter verschwinden muss, sodass Eltern ihre Angst verlieren. Sie gehen dann nicht zum Sozial- oder Jugendamt, sondern zu einer Beratungsstelle, die sie schon kennen, weil sie wissen, dass sich zwei Türen neben dem Kindergarten oder der Kindertagesstätte eine Beratungsstelle des Gesundheitsamtes befindet. Dort können sie Fragen stellen, wenn sie Probleme haben oder wenn die Erzieherinnen sie darauf hinwiesen, dass es Probleme mit ihrem Kind gibt.
In anderen Ländern gibt es Kompetenzzentren. Der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit ist gerade in Stockholm und Helsinki gewesen und hat dort solche Zentren besichtigt, die dazu da sind, den Eltern zu helfen, und von den Eltern angenommen werden. Aus England kennen wir die Early Excellence Centre. Genau so stellen wir uns unsere Familienzentren vor: ein Ort, den Eltern kennen, dem sie vertrauen, in dem präventive Arbeit geleistet wird und von dem nicht nur die Eltern, sondern vor allen Dingen die Kinder profitieren. Wenn wir die Eltern kompetent machen, dann haben auch die Kinder etwas davon. Aus den Berichten wissen wir, dass Kinder viel Hilfe brauchen. Präventive Arbeit ist also angesagt.
Nun steht im Koalitionsvertrag auf Bundesebene der Begriff „Mehrgenerationenhäuser“, den es auch in Niedersachsen gibt. Er ist dort aber mit anderen Inhalten unterlegt, z. B. mit der Zusammenarbeit mit Jugendhilfeeinrichtungen, Schulen und anderen Institutionen. Diese Inhalte kommen unserem Begriff von Familienzentrum schon sehr nahe. Deshalb haben wir in unserem Antrag - dies hat etwas zur Verwirrung geführt - die Formulierung „Mehrgenerationenhäuser/Familienzentren“ gebraucht. Das ist ein Hinweis darauf, dass dies im Koalitionsvertrag steht, wir aber einen anderen Begriff vorziehen. Die Fördersumme ist ähnlich wie
Aber was passiert jetzt? Werden in Niedersachsen weiterhin Mehrgenerationenhäuser neben dem Bundesprogramm gefördert? Dies darf nach unserer Auffassung nicht sein; in Zeiten, in denen wir jeden Cent dreimal umdrehen, bevor wir ihn ausgeben, darf es keine Doppelförderung geben. Das Landesprogramm muss dann beendet und durch das Bundesprogramm ersetzt werden. Im Ausschuss wurde uns mitgeteilt, dass das Bundesprogramm noch nicht so weit erarbeitet sei, dass es umsetzungsfähig wäre. Daher stellt sich die Frage, was jetzt im Lande passieren soll: Bleiben die Anträge der Träger in der Warteschleife hängen? Frau Ministerin, Sie haben zu Beginn Ihrer Amtszeit erklärt, Sie wollten dieses Projekt weiterführen. Nur, unter welchen Bedingungen soll es jetzt weitergeführt werden? Erfahren die Antragstellerinnen und Antragsteller, was passiert, oder bleiben sie weiterhin im Ungewissen? Derjenige, der einen Antrag stellt und die Bedingungen erfüllt, hofft natürlich, in das Förderprogramm aufgenommen zu werden. Deshalb ist Klarheit für die Antragstellerinnen und Antragsteller vonnöten.
Meine Damen und Herren, es war schockierend, im Ausschuss zu hören, dass wir in diesem Lande 25 Mehrgenerationenhäuser fördern, ohne dafür eine Grundlage in Form einer Förderrichtlinie zu haben. Es kann nicht sein, dass wir auf anderen Gebieten von den Einrichtungen große Anstrengungen erwarten, was Belege und Beweisführung angeht. Die Familienbildungsstätten müssen für eine Förderquote von 7% einen großen schriftlichen Aufwand leisten. Dies zeigt, dass es hier keine Gleichbehandlung gibt. Ohne Gleichbehandlung aber geht es nicht. Man kann nicht 40 000 Euro pro Jahr ausgeben, ohne über eine Förderrichtlinie als Grundlage zu verfügen.
Meine Damen und Herren, Sie haben morgens den rundblick auf Ihrem PC. Manchmal ist es ganz interessant, was man dort erfährt. Im Emsland gibt es einen Landrat namens Bröring; er ist mit Sicherheit nicht verdächtig, SPD-Mitglied zu sein.
Herr Bröring hat festgestellt, dass es bis Ende 2007 in allen Städten und Gemeinden seines Landkreises Familienzentren geben werde.
Schauen wir nach Nordrhein-Westfalen: Herr Rüttgers, der ebenfalls nicht verdächtig ist, der SPD nahe zu stehen, hat sein Kabinett zu dem Beschluss geführt, dass jetzt 250 Familienzentren in die Pilotphase gehen und ab 2007 eine flächendeckende Einführung von Familienzentren geplant ist. Um uns herum passiert also eine ganze Menge. Deshalb beantragen wir: keine Doppelförderung, wenn Landesförderung, dann Förderrichtlinien, und Klarheit für die Antragstellerinnen und Antragsteller.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag heißt „Mehrgenerationenhäuser light durch Familienzentren ersetzen“. Deshalb gab es im Ausschuss Verwirrung; Frau Hemme, Sie wiesen eben zu Recht darauf hin. Mehrgenerationenhäuser sind etwas anderes als Familienzentren. Mehrgenerationenhäuser bedeuten ein gelebtes Miteinander von Jung und Alt, ein Erfolgserlebnis für alle Beteiligten.
Die Formel ist ganz einfach: Alt hilft Jung, und Jung hilft Alt. Der Austausch der Generationen und gegenseitige Unterstützung machen den Alltag im Mehrgenerationenhaus aus. Wir wissen, meine Damen und Herren, dass der demografische Wandel in Niedersachsen und sich verändernde Lebensund Arbeitsbedingungen - Frau Hemme sprach auch schon davon - große gesellschaftliche Herausforderungen mit sich bringen. Kinder, Eltern und Großeltern wohnen häufig weit voneinander entfernt; es ist nicht mehr so wie früher in unserer Generation. Die Großfamilie löst sich zunehmend auf. Heute leben zumeist nur noch Eltern mit ihren Kindern unter einem Dach. Zudem ist berufliche Flexibilität gefragt, was sich mit der Betreuung pflegebedürftiger Eltern nicht verbinden lässt. Auch Eltern, die tagsüber arbeiten, und insbesondere Alleinerziehende - wir wissen, dass fast jedes siebte Kind bei nur einem Elternteil aufwächst haben häufig nicht die Möglichkeit, ihre Kinder nachmittags zu betreuen und bei den Hausaufgaben zu unterstützen. Andererseits vereinsamen
Bisher gibt es zahlreiche Angebote und Einrichtungen wie Familienzentren, Schülerläden, Seniorenbüros und Mütterzentren. Sie sind zweifellos wichtig, aber dort ist nur jede Generation unter sich. Um neue soziale Kontakte und Netze zu schaffen und ein neues gesellschaftliches Verantwortungsgefühl füreinander entstehen zu lassen, ist ein Austausch der Generationen notwendig. Mit Mehrgenerationenhäusern schaffen wir eine Plattform für bürgerliches Engagement und zeigen, dass sich die Generationen mit ihren Erfahrungen im Miteinander der Starken und Schwachen unserer Gesellschaft etwas zu sagen haben.
Deshalb ist das Mehrgenerationenhaus eben mehr als nur irgendein Projekt. Es ist vielmehr eine Möglichkeit, in einer sich verändernden Gesellschaft miteinander menschlich zu leben. Mit ihren Angeboten verstärken Mehrgenerationenhäuser die Bedingungen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Hier wird die Weitergabe von Erfahrungen und Kompetenzen der Älteren an die nachfolgenden Generationen gefördert.
Das Land - das haben wir eben schon gehört beteiligt sich an der Finanzierung für jedes Mehrgenerationenhaus mit rund 40 000 Euro pro Jahr für eine feste Personalstelle sowie für Honorarund Sachmittel. Die schon eröffneten Häuser sind positive Beispiele für diese gelungene Umsetzung.
Das zeigt, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Sicherlich müssen wir noch Erfahrungen sammeln, den Prozess weiterentwickeln und in einigen Bereichen auch ausbessern. Dabei ist es sicherlich auch ratsam, den Entwicklungsprozess auf Bundesebene weiter zu beobachten.
Zu Punkt 1. Es scheint mir nicht sinnvoll zu sein, ein Programm mit jetzt schon so hoher Akzeptanz zu begraben. Denn das Landesmodell kann nicht verkehrt sein, da es im Grundsatz der Fördermodalitäten auf den Bund übertragen werden soll.
Auch spricht die Menge der Einrichtungen für sich: 25 geschaffene Einrichtungen in Niedersachsen, 23 konkrete Anträge und 270 Anfragen.
Zu Punkt 2. Die SPD-Fraktion will bestehende Mehrgenerationenhäuser aus dem Landesprogramm in das Bundesprogramm überführen, um Einsparungen zu erzielen. Das Sinnvolle besteht aber gerade darin, dass wir flächendeckend in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt in Niedersachsen Mehrgenerationenhäuser einrichten wollen. Eine Doppelförderung Bund/Land ist über die Richtlinien auszuschließen bzw. ausgeschlossen.
Zu Punkt 3. Dort steht, dass die Förderung von Mehrgenerationenhäusern als Landesprogramm bis zum Beginn des Bundesprogramms ausschließlich nach verbindlichen und transparenten Förderrichtlinien vorzunehmen ist. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit und schon gegeben bzw. kurz vor Abschluss. Das ist operatives Geschäft und keine politische Entscheidung.
Mehrgenerationenhäuser kann man nicht durch Familienzentren ersetzen. Das sind zwei ganz unterschiedliche Modelle. Mehrgenerationenhäuser beruhen im Wesentlichen auf Freiwilligkeit und Ehrenamt im Zusammenspiel der Generationen. Familienzentren - so, wie in der Begründung des Antrags der SPD-Fraktion beschrieben - haben eine andere Zielsetzung und ein wesentlich breiteres Leistungsspektrum, worin einige Probleme versteckt sind.
Ganz kurz noch: Das niedersächsische Modell beruht auf Freiwilligkeit und Ehrenamt. Die Förderung soll dies unterstützen; denn besonders das Ehrenamt braucht Anerkennung.
Wir wollen keine Doppelförderung. Wir wollen keine Doppelstrukturen. Ich sage das noch einmal, weil vorhin ja über zusätzliche Bürokratie diskutiert wurde, Herr Kollege Johannßen und Herr Kollege
Klein. Wir wollen auch in diesem Bereich keine zusätzliche Bürokratie. Wir wissen, was wir wollen, nämlich eine Stärkung der sozialen Beziehungen zwischen den Generationen. Dafür wollen wir das ehrenamtliche Engagement und die Eigeninitiative und Kreativität aller Beteiligten unterstützen.
Zu einer Kurzintervention hat sich die Abgeordnete Frau Hemme gemeldet. Ich erteile ihr anderthalb Minuten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Frau Kollegin Prüssner, ich kann mich erinnern, dass Sie mit uns anderen zusammen im Ausschuss saßen, als dieses Thema auf der Tagesordnung war. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass auf meine Frage, ob ich die Darstellung richtig verstanden hätte, dass Förderrichtlinien erarbeitet worden seien, sie aber jetzt in der Schublade lägen und nicht angewandt würden, geantwortet wurde, dass ich das richtig verstanden hätte.
Wenn Sie also jetzt sagen, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Landesmittel nur auf Grundlage von Förderrichtlinien vergeben werden, so ist das schlichtweg falsch.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da wir den Antrag damals direkt in den Ausschuss überwiesen haben und heute das erste Mal im Plenum darüber sprechen, möchte ich wiederholen, was ich im Ausschuss gesagt habe.
Ich freue mich sehr, dass die SPD jetzt auch Mehrgenerationenhäuser haben möchte, nachdem sie diese zu Anfang entschieden abgelehnt hat.
Ich weiß noch genau, als diese Idee damals aufkam, gab es heftige Gegenpositionen. Inzwischen - man kann es sich ja auch mal anders überlegen sieht es anders aus. Es gab einen Gesinnungswandel durch den Koalitionsvertrag, den wir generell begrüßen. Denn - das hat Frau Prüssner schon ausgeführt - das Projekt Mehrgenerationenhaus ist gut angelaufen.