Protocol of the Session on February 22, 2006

Herr Kollege Schneck, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ja, ich komme zum Schluss. - Es ist Ihnen sozusagen praktisch schon in den Schoß gefallen, Frau Heister-Neumann. Sie hatten drei Jahre lang Zeit, diesen Gesetzentwurf einzubringen und damit die außergerichtliche Schlichtung von Streitigkeiten zu stärken.

Wir hoffen, dass Sie das neue Schlichtungsverfahren so schnell einrichten, dass auf die Gerichte durch diese neue Rechtssituation keine zusätzliche Belastung zukommt. Die Einzigen, die sich über eine solche Klageflut im Nachbarrecht freuen könnten, wären die zuständigen Rechtsanwälte. Herzlichen Dank, sehr verehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Professor Dr. Zielke. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Modernisierung des Schuldrechts, die im Jahr 2001 als Bundesgesetz beschlossen worden ist, also unter Federführung eines sozialdemokratischen Justizministeriums, hat Änderungen von Landesgesetzen zwingend erforderlich gemacht, u. a. bei den Verjährungsregelungen und im Nachbarrecht. Daher verwundert es - ein wenig jedenfalls - zusätzlich zu allen inhaltlichen Überlegun

gen, dass Sie, meine Damen und Herren von der Landes-SPD, als einzige Fraktion einen Gesetzentwurf ablehnen wollen, der auf sozialdemokratischem Handeln im Bund fußt. Von allen Verbänden, die zur Anhörung im Rahmen des Gesetzentwurfs um Stellungnahmen gebeten worden sind, hat nur ein einziger Bedenken geäußert, nämlich die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände zu § 54 Abs. 2 des Nachbarrechtsgesetzes.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das ist aber ein wesentlicher Teil!)

Seitens der kommunalen Spitzenverbände ist dies insoweit nachzuvollziehen, als dies eine gewisse faktische Besserstellung des kommunalen Grundbesitzes gegenüber dem privaten Grundbesitz beseitigt. Die Neuregelung des § 54 Abs. 2 besagt, dass ein Grundstückseigentümer, der beispielsweise gegen die Anpflanzung einer Hecke zunächst keine Einwände geltend gemacht hat, auch nach der Verjährungsfrist von fünf Jahren darauf bestehen kann, dass der Nachbar die Hecke nicht über die aktuelle Höhe hinaus wachsen lässt, sondern sie auf dieser Höhe beschneidet.

Nach der Rechtsprechung konnte ein solcher Rückschnitt aber bisher nur in unklaren Einzelfällen verlangt werden, sodass hierbei im Grunde eine gesetzliche Klarstellung und Fixierung erfolgen. Der Sinn und die Richtigkeit der Regelung werden jedem, der jemals ein Grundstück sein Eigen genannt hat, unmittelbar einleuchten. Es kann auch nicht mit zweierlei Maß gemessen werden, nämlich danach, ob der Nachbar nun Privatperson oder Kommune ist.

Wir stimmen diesem Gesetzentwurf ausdrücklich zu, weil er vernünftig ist und in seiner Klarheit dazu beitragen kann, Rechtsunsicherheiten und unnötige Streitigkeiten zwischen Nachbarn zu beseitigen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Für die CDU-Fraktion Herr Kollege Röttger, bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Am Samstag konnten wir in der Neuen Presse lesen: „Die Gesetzesän

derung ist Beschäftigungstherapie für Prozesshansel.“ Dabei ändern wir gar keine Prozessordnung. Liebe Frau Bockmann, die Vorschläge, wie es richtig hätte sein sollen, fehlten dagegen in der Debatte im Fachausschuss. Die Aussage mit der Beschäftigungstherapie ist ebenfalls nicht richtig.

Wo stehen wir eigentlich? Wir werden sicherlich alle zustimmen: Das Leben in einer Gemeinschaft erfordert Regeln. Das geht manchmal mündlich und durch Vorleben, wie beispielsweise bei den Fahrlehrern, das bedarf manchmal auch Gesetze wie im Bund und im Land. Jetzt haben wir doch einmal ein Bekenntnis zu Rechtsstaat und Föderalismus abgegeben. Deshalb muss man auch mal Landesgesetze ändern, wenn der Bund seine Rechtsvorschriften geändert hat. Diese Anpassung ist zwischen uns völlig unstrittig, wie wir vom Kollegen Schneck gehört haben. Die Gesetzesänderung bringt in den formalen Dingen und Anpassungen keine Probleme.

Jetzt kommen wir zum Nachbarrechtsgesetz. Hin und wieder soll man einmal nach Norden schauen. Ich habe das getan und das kleine und schöne Bundesland Bremen entdeckt. Die haben kein Nachbarrechtsgesetz und leben auch und streiten vermutlich nicht mehr als die Niedersachsen. Denn wenn Menschen miteinander streiten wollen, brauchen sie dazu kein Gesetz; und wenn es eines gibt, zieht es den Streit nur in die Länge, denn dann braucht man auch noch Richter zum Richten und Anwälte zum Verteidigen und Anklagen.

Den Bremern scheint es also ganz gut zu gehen, aber wir leben mit unseren Vorschriften des niedersächsischen Nachbarrechts eigentlich auch gut. Wir haben aber eine Ausgangslage, die auf Erfahrungen beruht, dass nämlich in der Rechtsprechung durchaus kleine Unterschiede vorhanden waren. Wenn ich Recht habe und wenn ich gleiche Lebensbedingungen im Land erzielen möchte, ist es mir schon ganz lieb, wenn die Rechtsprechung in den betroffenen Fällen von Staufenberg bis Wangerooge gleich ist und nicht unterschiedlich gehandhabt wird. Von daher habe ich Verständnis dafür, dass wir das eine oder andere nun regeln.

Zu den hoch wachsenden Bäumen. Wir waren in der Ausgangsdiskussion eigentlich nur der Annahme, die Spitzenvertreter machen für die Kommunen Sonderregelungen geltend. Ich habe mich dafür eingesetzt, die Kommunen als Grundstückseigentümer und Nachbarn wie jeden anderen Privaten zu behandeln. Sie wollten die Kommunen

schützen. Als Sie die Stellungnahme gelesen haben, haben Sie festgestellt, unsere Kommunalos wollten keine Sonderregelung; sie haben vielmehr allgemein auf die Situation hingewiesen. Allerdings entstehen keine sinnlosen und unnötigen Mehrkosten. Wenn nämlich der kommunale Baum eine Gefahr für das Nachbargrundstück darstellt, zwingen schon die Regeln des BGB zu Veränderungen, zur Beseitigung, und dann fallen Kosten an.

Von daher gibt es aus meiner, aus unser Betrachtung heraus keine Schwierigkeiten. Mit dem Gesetz insgesamt sind recht brauchbare Erfahrungen gemacht worden. Auch diese Veränderung führt zur Einheitlichkeit im Land, und deshalb sollten wir der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen zustimmen und diese Rechtsänderung vornehmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Für die Landesregierung Frau Ministerin Heister-Neumann bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung verfolgt das Ziel, das Dickicht der Vorschriften zu lichten. Von daher wird man sich beim ersten Blick auf dieses Gesetz fragen dürfen: Muss das tatsächlich sein? Sind Regelung zum Abriss einer Nachbarwand oder zum Abstand von Gehölzen und Anpflanzungen zum Nachbargrundstück hin nicht viel zu kleinkariert und nicht auch überflüssig?

Dieser erste Eindruck, meine Damen und Herren, trügt; denn die Erfahrungen der Verbände, der Schiedsleute, die schon angesprochen wurden, der Gerichte und zahlreiche Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern an das Justizministerium ergeben ein wirklich anderes Bild.

Die hohe Bevölkerungsdichte in unserem Land und das Bedürfnis der Bevölkerung nach Recht und Ordnung gerade dann, wenn es um Haus und Garten geht, erfordern Regelungen, um zumindest zu versuchen, das friedliche Zusammenleben zu fördern. Dort nämlich, wo klare Regelungen getroffen worden sind, wird den Beteiligten jedenfalls eine interessengerechte Lösung genannt. Den Nachbarn bleibt es selbstverständlich völlig unbe

nommen, sich eine gegebenenfalls andere Lösung zu suchen und mit dem Nachbarn zu vereinbaren.

Worum geht es in dieser Gesetzesvorlage? Zum einen ist das Niedersächsische Nachbarrechtsgesetz an die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz geänderten Verjährungsvorschriften anzupassen. Auf die Einzelheiten möchte ich an dieser Stelle nicht hinweisen; das ist durch meine Vorredner schon ausreichend geschehen.

Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf eine Ergänzung der Vorschriften über die Ansprüche bezüglich solcher Bäume und Sträucher, die die vorgeschriebenen Grenzabstände nicht einhalten. Angesichts der gegenwärtig regelmäßig kleinen Grundstücke werfen hochgewachsene Anpflanzungen häufig einen Schatten nicht nur auf das nachbarliche Grundstück, sondern auch auf das nachbarschaftliche Verhältnis.

Das Nachbarrechtsgesetz sieht schon bisher vor, das nach Ablauf der fünfjährigen Ausschlussfrist ein Anspruch auf Beseitigung oder Kürzung zu hoch gewachsener Anpflanzungen auf das gesetzlich zulässige Höchstmaß nicht mehr besteht. Das Gesetz wertet damit: Das Gewächs soll bleiben. Das ist aber in den Fällen unbefriedigend, in denen der Baum oder Strauch weiter wächst. Soll der betroffene Nachbar wirklich dulden müssen, dass das Gewächs noch Meter zulegt, noch mehr Schatten und noch mehr Laub wirft? Wir meinen: Nein.

Dazu stellt das Gesetz nun klar, dass der Nachbar nach Ablauf der Ausschlussfrist zwar nicht die Beseitigung oder den Rückschnitt verlangen kann, aber sehr wohl, dass das weitere Wachstum unterbunden werden sollte. Dagegen mag man einwenden, dass die Verpflichtung zum Rückschnitt teuer werden könnte. Wir haben aber bei der Abwägung der Interessen gemeint, dass dieser Gesichtspunkt zurücktreten muss gegenüber dem Schutz dessen, dem das Gesetz im Interesse der Natur schon zumutet, die zu dicht stehende Anpflanzung zu dulden. Schon bei der Anpflanzung sollte eben neben dem subjektiven Schönheitsempfinden auch die endgültige Höhe des Bewuchses die Pflanzenauswahl mitbestimmen.

Meine Damen und Herren, wer, wie man in der Presseinformation der SPD-Fraktion letzte Woche lesen konnte, meint, diese Wertung fördere die Prozesshanselei, der verkennt die Natur des Prozesshansels. Denn das sieht doch eher, frei nach

Schiller, wie folgt aus: Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. - Wer Streit sucht, der überzieht seinen Nachbarn auch ohne Anspruchsgrundlage mit einem Prozess.

Im Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch finden sich Bestimmungen zu Rechtsinstituten, die in Niedersachsen im ländlichen Raum auf eine lange Tradition zurückblicken. Dazu gehören die Vorschriften zu den Altenteilverträgen. Diese Bestimmungen haben schon immer Verweisungen auf das Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches enthalten. Hierbei war auch eine Anpassung vonnöten.

Schließlich komme ich zum dritten Punkt und damit nochmals auf die eingangs erwähnten Bestrebungen nach der Lichtung des Vorschriftenwaldes. Um dieses Ziel zu erreichen, meine Damen und Herren, sollen auch Vorschriften aufgehoben werden. Es handelt sich dabei um das Rechtsvereinfachungsgesetz von 1989, das weitgehend gegenstandslos geworden ist. Deshalb soll es mit Artikel 3 des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfes aufgehoben werden.

Meine Damen und Herren, ich denke, diese Änderungen des Nachbarrechtsgesetzes sind sinnvoll und schaffen Klarheit. Ich hoffe, wir bekommen Ihre Zustimmung dafür. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die allgemeine Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

(Wolfgang Jüttner [SPD] unterhält sich.)

- Herr Jüttner, ich gehe davon aus, auch Sie möchten sich an der Abstimmung beteiligen.

(Zuruf von der CDU: Das weiß er noch nicht!)

Ich rufe auf:

Artikel 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor, über die ich abstimmen lasse. Wer dieser zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimm

enthaltungen? - Damit ist der Änderungsempfehlung des Ausschusses gefolgt worden.

Artikel 2. - Auch hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer dieser zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist auch hier der Änderungsempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Artikel 3. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer dieser zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist auch hier der Änderungsempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung:

Wer dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetzes und des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich zu erheben. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist das Gesetz so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 12: Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zum Abkommen zur Änderung des Abkommens über die einheitliche Ausbildung der Anwärter für den höheren Polizeivollzugsdienst und über die Polizei-Führungsakademie - Gesetzentwurf der Landesregierung Drs. 15/2530 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport Drs. 15/2630