Protocol of the Session on October 6, 2005

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Fraktion hätte sich generell weitergehende Reformen in der Lehramtsausbildung gewünscht. Eine konsequente Stärkung des Praxisbezuges erfordert aus grüner Sicht langfristig die Einphasigkeit der Lehramtsausbildung, wie sie in fast allen OECD-Staaten ja auch praktiziert wird. Da uns der Antrag der SPD-Fraktion in diesem Punkt nicht weit genug gegangen ist, haben wir einen eigenen Änderungsantrag im Ausschuss eingebracht und werden uns heute bei der Abstimmung zu dem Antrag der SPD-Fraktion der Stimme enthalten.

Wir erkennen allerdings ausdrücklich an - auch das hat die Anhörung deutlich gezeigt -, dass an den Hochschulen eine enorm hohe Bereitschaft besteht, die Lehramtsausbildung bei allen Widerständen, die diese Umstrukturierung vor Ort hat, strukturell und inhaltlich zu reformieren. Umso bedauerlicher ist, dass das Zurückrudern von CDU und FDP dem Reformtempo und der Motivation vor Ort einen ordentlichen Dämpfer versetzt hat, weshalb wir dem Antrag der Koalitionsfraktionen nicht zustimmen werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Professor Zielke von der FDP-Fraktion. Herr Zielke, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor uns liegen zwei Anträge: einer der SPD-Fraktion

vom Mai 2004 und einer der Fraktionen von CDU und FDP vom Januar 2005. Es scheint jedenfalls an der Oberfläche eine gewisse Gelassenheit in die Debatte um Schulformen und Lehrerausbildung eingekehrt zu sein. Die Zeit relativiert vieles. Außerdem stehen in beiden Anträgen in weiten Teilen Dinge, die zwischen den Parteien nie strittig waren.

Herr Wulf hat uns ja in der ersten Beratung zu unserem Antrag den Vorwurf des Plagiats gemacht und uns den Begriff „Plagiat“ ausführlich und behutsam erklärt.

(Wolfgang Wulf [SPD]: Das ist ja auch so!)

Er hat uns gelobt, weil wir mittlerweile verstanden hätten, was „Polyvalenz“ bedeutet.

(Ursula Körtner [CDU]: So ist er nun einmal!)

Wir haben kein Problem damit, Gemeinsamkeiten zu formulieren, wo Gemeinsamkeiten sind. Das sehen wir ganz locker. Aber es gibt eben an entscheidenden Stellen diametral entgegengesetzte Positionen in den beiden Anträgen.

Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der SPD, war im Grunde ein letzter Versuch, die überholte Gesamtschuleinheitslehrerideologie unter der neuen Landesregierung am Leben zu erhalten

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

und sie uns unter dem schwammigen Begriff „Polyvalenz“ im Zuge der Umstellung auf Bachelor und Master unterzujubeln.

(Wolfgang Wulf [SPD]: Das hat doch damit nichts zu tun!)

Wir dagegen - wir und die Menschen in Niedersachsen, die uns gewählt haben - wollen ein klar gegliedertes Schulsystem und eine entsprechende Lehrerausbildung mit klarem Schulformbezug.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn die PISA-Studien eines nicht gezeigt haben, dann die Überlegenheit von Einheitsschulsystemen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Sieger bei PISA 2003 war übrigens nicht Finnland, sondern Flandern - ein Land mit einem klassischen gegliederten Schulsystem

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

und sehr autonomer Schule und Schulinspektion. Flandern ist nicht irgendeine belgische Provinz, sondern es hat mehr Einwohner als Finnland.

In den Ausschussberatungen sollte uns - Frau Dr.      *  - ein Bekenntnis zum polyvalenten schulformübergreifenden Bachelor-Studiengang abgerungen werden. Das hat sie hier wiederholt. Die Beratungen im Ausschuss und die öffentliche Anhörung haben allerdings die Richtigkeit der Ziele unseres Antrages bestätigt,

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Was?)

und die Hochschulen ziehen mit. Kollegin Bertholdes-Sandrock hat das umfassend dargestellt.

Noch ein paar Anmerkungen zum Schulformbezug. Uns geht es bei der weiteren Umsetzung des Bologna-Prozesses für die Lehrämter vor allem um eine verbesserte Praxisorientierung und die Berücksichtigung der unterschiedlichen Anforderungen an die Lehrkräfte in den einzelnen Schulformen. Das bedeutet - nur ein Beispiel -, dass spezifische schulformbezogene Module, etwa für die Ausbildung von Realschullehrern, entwickelt und implementiert werden müssen - und das durchaus schon in der Bachelor-Phase.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Jörg Bode [FDP]: Genau!)

Wenn die Umstellung auf Bachelor und Master abgeschlossen sein wird, wird auch zu fragen sein, ob bei der derzeitigen Struktur, bei der an jeder entsprechenden Universität Grundschullehrer, Hauptschullehrer, Realschullehrer und Lehrer für weitere Schulformen nebeneinander ausgebildet werden, der erforderliche Schulformbezug wirklich optimal gewährleistet ist. Vielleicht wäre es sinnvoll, schulformbezogene Schwerpunkte in der Lehrerausbildung zu schaffen. Darüber sollte und müsste man ohne Scheuklappen diskutieren.

Übrigens, Herr Wulf: Welche Fachleute in den Ministerien schlagen die Hände über dem Kopf zusammen? - Diejenigen, die Sie in 13 Jahren eingestellt haben, oder auch noch andere? - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt spricht Herr Minister Stratmann für die Landesregierung.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe heute Morgen schon reichlich Redezeit in Anspruch genommen; deshalb werde ich mich kurz fassen.

Wir können feststellen: Niedersachsen ist bei der Umstellung der Lehramtsausbildung in Deutschland vorbildlich und führend. Das gilt insbesondere auch für die schulformbezogene Ausbildung.

Ich stelle ferner fest: Die Koordinierung zwischen den Hochschulen, dem Kultusministerium, dem MWK und auch dem Land Bremen funktioniert ausgesprochen reibungslos, aber auch unauffällig. - Lieber Wolfgang Wulf, ich sage das hier deshalb, weil es insbesondere zu Zeiten der Ministerin Jürgens-Pieper erhebliche Reibungsverluste zwischen dem MWK und dem MK gab. Das ist heute gottlob vorbei. Es gibt regelmäßige Workshops, die sozusagen überregional ihre Informationen austauschen.

Die Anerkennung der Abschlüsse zur Sicherung der Mobilität der Absolventinnen und Absolventen ist durch Beschluss der Kultusministerkonferenz vom Juni dieses Jahres grundsätzlich geklärt. Einzelheiten müssen die Amtschefs noch miteinander besprechen. Die grundsätzliche Klärung ist aber erfolgt, sodass es auch dort keine Probleme mehr gibt.

Abschließend muss ich hier noch eine Bewertung vornehmen. Sie bezieht sich insbesondere auf die Einlassungen des Kollegen Wolfgang Wulf. Ich habe das Gefühl, dass ausgerechnet der Kollege Wolfgang Wulf, der uns in einer seinen vorherigen Reden eine Lehrstunde in Sachen Polyvalenz gegeben hat, die Polyvalenz nicht richtig verstanden hat. Wir haben es heute mit der Situation zu tun, dass die Studierenden zwischen Modulen auszuwählen haben. Sie wissen, dass dann, wenn sie zum Lehramtsberuf zugelassen werden wollen, bestimmte Module gewählt werden müssen.

Deshalb stellen sich manche Fragen nicht mehr, die man innerhalb des herkömmlichen Systems +     !-      ( ) Ihrer Fragen klangen ein bisschen danach. Die

Fragen müssen heute vor dem Hintergrund eines völlig neuen - modularisierten - Systems neu gestellt werden. Damit stellen sich auch manche Probleme nicht mehr, die sich beim alten System gestellt hätten.

Es stellen sich aber vielleicht neue Probleme. Wir können heute natürlich schlechter vorhersagen, welcher Student oder welche Studentin sich im Zuge seines bzw. ihres Studiums entscheidet, nicht mehr auf lehramtsbezogene Module zurückzugreifen, weil z. B. in der Praxisphase erkannt wurde, für den Beruf eigentlich nicht geeignet zu sein. Genau das ist aber ein Vorteil, den die Module mit sich bringen. Genau dies wollen wir gemeinsam und deshalb sollten wir es auch gemeinsam befördern. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst stimmen wir über den Antrag unter a) ab: „Lehramtsausbildung in Niedersachsen zügig reformieren!“ Die Empfehlung des Ausschusses lautet auf Ablehnung. Wer so entscheiden möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag unter b): „Praxisnahe und schulformbezogene Lehramtsausbildung“. Hier lautet die Empfehlung des Ausschusses auf Annahme. Wer möchte so entscheiden? - Wer ist anderer Meinung? - Wer enthält sich der Stimme? - Auch hier war das Erste die Mehrheit.

Die Fraktionen sind übereingekommen, vor der Mittagspause noch die Tagesordnungspunkte 13 und 14 abzuhandeln. Sollten wir bis 13 Uhr aber nur den Tagesordnungspunkt 13 geschafft haben, treten wir bereits danach in die Mittagspause ein.

Zunächst rufe ich jetzt aber auf:

Außerhalb der Tagesordnung: Zweite Beratung: Frühkindliche Förderung verstärken - Förderzentren einrichten - alle Dienste bündeln! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/2003 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 15/2221

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Ich erteile Herrn Rudolf Robbert das Wort. Bitte schön, Herr Robbert!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da sie noch nicht lange zurückliegt, können Sie sich hoffentlich noch an die erste Beratung dieses Antrages erinnern. Es ging der SPD bei der Einbringung des Antrages betreffend Förderzentren um drei wesentliche Ziele:

Die Förderzentren sollen Bildungs-, Betreuungsund Erziehungsangebote für die Kinder bis zum Eintritt in die Schule unterbreiten. Das heißt, es gibt - darauf wurde hingewiesen - keine Altersbegrenzung nach unten, sondern die Eltern können ihr Kind, sobald sie es für notwendig und richtig halten, in solch einem Förderzentrum anmelden.