Die Investitionsquote liegt in Niedersachsen auf einem historisch einmalig niedrigen Stand, der beileibe nicht wachstumsfördernd wirken kann.
Den Kommunen wurden im Haushalt 2005 entgegen allen vorherigen Versprechungen 150 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich entzogen, die ebenfalls für notwendige Investitionen vor Ort fehlen.
Und wie sieht es jetzt mit dem selbst gesetzten Ziel aus, die Neuverschuldung jährlich um 350 Millionen Euro zurückzuführen? - Sowohl in 2004 als auch in 2005 wurde dies lediglich formal dadurch
erreicht, dass in einem deutlich höheren Umfang Vermögenswerte veräußert oder Einmaleffekte berücksichtigt wurden.
Auf die Erklärung, wie die 152 Millionen Euro aus dem Verkauf der Domänen an die Klosterkammer, die in 2004 zwar eingestellt wurden, aber nicht realisiert werden konnten, ausgeglichen werden sollen, warten wir übrigens noch heute.
Meine Damen und Herren, das Institut der deutschen Wirtschaft hat in einer Veröffentlichung im April 2005 darauf hingewiesen, dass die öffentliche Verschuldung im Jahr 2004 im Bund im Vergleich zum Vorjahr um 5,8 % angestiegen ist, im Lande Niedersachsen allerdings um 7,6 %. Auch hier zeigt sich: Zahlen sind sicherlich ein wichtiges Indiz, aussagekräftig werden sie allerdings erst dann, wenn sie in ökonomische und politische Zusammenhänge eingebunden sind. Bei der Umsetzung der Ziele des Maastrichter Vertrages und des Stabilitäts- und Wachstumspaktes geht es daher um die Verpflichtung aller politischen Ebenen, die wir sicherlich in den kommenden Beratungen noch intensiv zu diskutieren haben. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist sehr schwierig, in nur drei Minuten Redezeit über das Thema Stabilitätspakt zu philosophieren und dann auch noch die letzten drei Jahre steuerpolitisch Revue passieren zu lassen. Allein für die Fehlentwicklung im Jahr 2002 bräuchte ich einen halben Nachmittag. Aber probieren wir es einmal in noch drei Minuten.
„Ökonomen sehen Freibrief für Schlendrian“, „Der Pakt ist am Ende“, „Sorge um Generationengerechtigkeit“ - so titelte die FAZ am 22. März 2005.
Seit In-Kraft-Treten des europäischen Stabilitätsund Wachstumspaktes im Jahre 1997 - das war übrigens weit nach der Wende, sodass die Folgen der Wende, und zwar auch die fiskalischen Folgen, durchaus bekannt waren - hatte die deutsche Fi
nanzpolitik das Ziel, das Staatsdefizit mittelfristig auf 1 % des Bruttoinlandproduktes zu senken und langfristig sogar auf null zu bringen. Dass wir davon sehr weit entfernt sind, zeigen die letzten Zahlen: 2002 3,7 %, 2003 3,8 %, 2004 3,7 % und 2005 mehr als 3 %.
Das hätte aus Richtung Brüssel deutliche Strafzahlungen zur Folge. Um diesen zu entgehen, hat die Bundesregierung die Aufweichung des Stabilitätspaktes mit veranlasst. Anstatt wirtschafts- und fiskalpolitisch ernsthaft zu handeln, bemühte sich die Bundesregierung um eine Aufweichung gerade dieses Stabilitätszieles und der dazugehörigen Kriterien, mit deren Hilfe die finanzpolitischen Misserfolge kaschiert werden sollten.
Damit wird eine Weichwährungskultur gefördert, was insbesondere im Hinblick auf die neuen Beitrittsländer mehr als schädlich ist. Der alte Stabilitätspakt sah den Verzicht auf ein Defizitverfahren nur bei außergewöhnlichen Ereignissen wie Naturkatastrophen und bei einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um mindestens 2 % vor. Diese Bestimmungen werden nunmehr wesentlich großzügiger ausgelegt. Ich will das jetzt nicht im Einzelnen darstellen.
Höhere Schulden bringen nicht mehr Wachstum und nicht mehr Beschäftigung, sondern verschärfen die Haushaltskrise - so kritisiert der Bundesverband deutscher Banken. Richtige Maßnahmen zur Rückführung der Schulden wären, um nur einige wesentliche Punkte zu nennen, wachstumsfördernde Strukturreformen, niedrigere Steuersätze für Unternehmen - ich führte vorhin bereits etwas dazu aus -, Rückführung der Staatsquote, größere Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und selbstverständlich auch Subventionsabbau.
Soweit möglich wird die Landesregierung den Konsolidierungskurs beim Landeshaushalt fortsetzen. Trotz der sehr ungünstigen Steuerschätzung für die Zukunft gilt für die Fraktion der FDP das Ziel eines verfassungskonformen Haushaltes bis 2008. Wir müssen damit leben. Warum das so ist, habe ich hier ausgeführt; das lässt sich im Ausschuss aber noch vertiefend darstellen. Inwieweit dabei die theoretischen Vorstellungen von Herrn Professor Homburg eine Rolle spielen und wie hilfreich sie sein können, wird zu untersuchen sein. Auf jeden Fall sind sie ein wichtiges Signal, um die wirklich schwierige Lage des Haushaltes dieses
Landes zu verdeutlichen. Wir als Land werden im Rahmen unseres Haushaltskonsolidierungskurses sicherlich einen wesentlichen Beitrag zur Einhaltung des Stabilitätspaktes leisten. - Vielen Dank.
Danke schön, Herr Rickert. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Wenzel, bitte schön!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Stabilitäts- und Wachstumspakt war eine Initiative Deutschlands. Trotzdem hat Deutschland ihn mehrmals gerissen. Wir als Niedersachsen - das ist auch allen klar - können aber mit dem Finger nicht allein auf Berlin zeigen. Wir können mit dem Finger nicht nur auf andere zeigen. Vielmehr wissen wir, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt Maßzahlen für die gesamtstaatliche Verschuldung enthält. Deshalb müssen wir in diesem Zusammenhang natürlich auch an die niedersächsische Schuldenquote erinnern. Wir müssen vom hohen Ross herunter, Herr Möllring und Herr Althusmann. Die Kurve beim niedersächsischen Landeshaushalt, die Sie zu verantworten haben, Herr Möllring, die man hier ganz eindeutig sehen kann, ist in den letzten fünf Jahren - ich verweise auf den Verlauf unter der Regierung Gabriel und der Regierung Wulff - steil angestiegen.
Eine wesentliche Ursache war natürlich der verlorene Prozess mit der BEB, der auch in diese Zeit fällt. Die steile Kurve steigt unvermindert weiter an. Zusammen mit Ihren Schattenhaushalten haben wir in diesem Jahr eine Neuverschuldung, die höher ist als im letzten Jahr. - Ich stelle Ihnen die Grafik einmal hier vorne hin, damit Sie sehen können, an welcher Stelle die Kurve einen steilen Knick nach oben macht. Leider flacht sich die Kurve immer noch nicht ab. Der Trend weist nach wie vor steil nach oben.
Meine Damen und Herren, nach wie vor steht auch die Einigung über die EU-Sanktionslasten und die EU-Haftungsfälle bei Vertragsverletzungen aus. Hier hat der Ministerpräsident erst neulich in seinem Brief an Ministerpräsident Stoiber noch zusätzlich Sand in das Getriebe geworfen. Leider gibt
es diesbezüglich nach wie vor keine Regelung. Auch insofern ist also kein Grund gegeben, mit dem Finger nur auf andere zu zeigen. Wir müssen uns in Niedersachsen vielmehr auch an die eigene Nase fassen, und das gilt in diesem Fall natürlich ganz besonders für die Landesregierung.
Noch ein Satz zum Wachstum und zum Glauben an das Wachstum. Auch in diesem Zusammenhang möchte ich wieder einen Ihrer Berater zitieren. Herr Homburg hat in einer Pressekonferenz vor zwei Tagen gesagt, dass Haushaltssanierung allein mit Wachstum nicht möglich ist, da auch die Ausgabenseite natürlich mitwächst, wenn Gehälter oder Pensionen angepasst werden. Insofern ist der Glaube an eine Sanierung und Konsolidierung auf dem Wege über Wachstum verfehlt. Wir müssen also hier in Niedersachsen anpacken.
Die Modifizierung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes hätte sicherlich in Europa keine Mehrheit gefunden, wenn nicht auch konservative Regierungen die Modifizierung für sinnvoll gehalten hätten. Es handelt sich letztlich nur um eine Obergrenze. Es handelt sich sozusagen um eine Grenze, die nur das Höchstmögliche beschreibt. Dass wir diese Grenze insgesamt unterschreiten müssen, dass wir die Neuverschuldung drastisch zurückfahren müssen, dass wir Schuldenabbau und insbesondere Subventionsabbau betreiben müssen, ist, wie ich denke, allen klar.
Ich bin beim letzten Satz. - Wer in diesem Zusammenhang noch Steuersenkungen verspricht, wie das die CDU in diesem Land und im Bund tut, den kann ich angesichts des Zustandes der Haushalte wirklich nicht mehr ernst nehmen. - Herzlichen Dank.
Danke schön, Herr Wenzel. - Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Möllring zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Minister!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das eben war ja nun sehr interessant. Heute hat Herr Müntefering noch erklärt, es bleibe bei der Körperschaftsteuersenkung. Sie haben eben gesagt, es sei sehr unsolide, Steuersenkungen zu versprechen, und deshalb dürfe es keine Steuersenkungen mehr geben. Sie müssen sich langsam einmal entscheiden, ob Sie in Berlin in den nächsten drei Tagen wenigstens äußerlich noch zusammenhalten wollen oder ob Sie die Flinte jetzt schon ins Korn werfen wollen, Herr Wenzel.
Wenn man einen Vertrag schließt - der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt von 1997 ist ja ein Vertrag -, gibt es immer zwei Möglichkeiten, ihn umzusetzen. Die einfachste Möglichkeit ist, sich an den Vertrag zu halten. Die andere Möglichkeit ist, sich nicht an ihn zu halten. Das Einfachste ist, man respektiert den Pakt und hält sich an ihn. Dann muss man allerdings auch eine Politik betreiben, die sich im Rahmen dieses Vertrages hält. Dass das geht, haben uns einige Nachbarn in den vergangenen zehn Jahren vorgelebt, z. B. unsere nördlichen Nachbarn, die skandinavischen Länder. Norwegen nehme ich dabei allerdings aus, denn wegen seiner Erdgas- und Ölvorkommen ist manches für dieses Land ausgesprochen einfach.
Die skandinavischen Länder haben auch Erfolg gehabt. Sie haben die Quote der Staatsschulden gemessen am Bruttoinlandsprodukt in den vergangenen zehn Jahren um 20 bis 30 Prozentpunkte reduziert. Sie haben eine Verschuldung von 40 bis 50 %, während Deutschland inzwischen bei 66,1 % angelangt ist und damit die Latte deutlich reißt. Das heißt, wir haben in den skandinavischen Ländern in den letzten Jahren auch eine deutliche Steigerung des Bruttoinlandsproduktes zu verzeichnen. Deutschland hat es unter der rot-grünen Regierung fertig gebracht, im Jahre 2003 gegenüber dem Vorjahr sogar eine Reduzierung um 0,1 % zu erreichen. So ist Wachstumspolitik natürlich schlecht zu machen.
Herr Wenzel und Herr Möhrmann, seit 2002 verletzt die Bundesregierung permanent den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt. Das gesamtstaatliche Defizit liegt ständig eher bei 4 % anstatt bei unter 3 %, wo es laut Vertrag hingehört. Eine Aussicht auf Besserung besteht nicht. Herr
Wir müssen Folgendes feststellen: Es ist verabredet worden - das war noch vor unserer Regierungszeit -, dass der Bund einen Anteil von 45 % an der innerstaatlichen Defizitverteilung haben darf. Aber welchen Anteil hat er heute? Nicht von 45 %, sondern von 79 %. Und dann sagen Sie, Herr Wenzel, wir sollen nicht auf den Bund zeigen. Ja, wer sich nicht einmal an die 45 % und noch nicht einmal an die 50 % hält, sondern einen Anteil von 79 % hat - das sind mehr als drei Viertel der ganzen Marge -, der ist doch derjenige, der zuallererst Schuld hat.
Wenn die SPD meint, durch solche Politik könne man Wachstum erzeugen, so kann ich dazu nur sagen: Das Gegenteil ist der Fall. Dadurch wird überhaupt kein Wachstum erzeugt. Vielmehr wird Stagnation erzeugt, daraus wächst die öffentliche Finanznot, und daher rühren die steigenden Arbeitslosenzahlen und die Ausbreitung der Armut. Deshalb sollten Sie sich nicht hier hinstellen und dieses Handeln auch noch loben.
Welche Konsequenzen hat diese so genannte Reform des Paktes, also die Aufweichung der Kriterien? Ich will hier drei Aspekte nennen.
Erstens. Wer die Sanktionen des Paktes abschleift, gefährdet den Euro. Dagegen können Sie nicht andiskutieren. Deshalb ist das gemacht worden. Die SPD will dies offenbar Millionen von Sparern zumuten und hat anscheinend die Lehren der Inflationen der 20er- und der 40er-Jahre vergessen. Auch darauf hat Herr Professor Homburg, der hier ständig zitiert wird, vor zwei Tagen hingewiesen, dass es nichts Ungewöhnliches ist, dass ein Staat auch Bankrott gehen kann. Aber darunter leidet nicht der Staat, sondern die Bürgerinnen und Bürger verlieren ihr Sparguthaben, und das sind doch die berühmten kleinen Leute, an die Sie immer denken.
Zweitens. Die Bundesregierung schädigt deutlich das Ansehen Deutschlands im Ausland. Der größte Mitgliedsstaat der EU, der 1997 mit größten Anstrengungen einen wehrhaften Stabilitätspakt durchgesetzt hat, muss heute eingestehen, dass er selbst den Herausforderungen dieses Paktes nicht gewachsen ist. Frau Geuter meinte, dass