Protocol of the Session on May 14, 2003

gibt? Wieso muss so etwas ausschließlich über die Krankenversicherung gezahlt werden? Warum ist es richtig, dass die Implantation von im Reagenzglas gezeugten Embryos ausschließlich von der Krankenversicherung gezahlt wird?

(Bernd Althusmann [CDU]: Hört sich gut an, ist aber im Prinzip falsch!)

Wenn wir wollen, dass in diesem Land wieder mehr Kinder gezeugt werden und Mutterschaftsgeld gezahlt wird, dann muss das anders finanziert werden als nur über die Beitragszahler.

(Beifall bei der SPD - David McAl- lister [CDU]: Dann müssen wir alle mehr rauchen! Hanebüchen!)

Die Herausnahme des Mutterschaftsgeldes aus der Krankenversicherung und die Finanzierung über Steuern ist vernünftig und sachgerecht.

(Bernd Althusmann [CDU]: Falsch!)

Es gibt Sozialpolitiker aus Ihrer Partei,

(Bernd Althusmann [CDU]: Ja, Sozi- alpolitiker!)

die das Gleiche wollen. Die zitiere ich beim nächsten Mal. Machen Sie den Leuten keine Albernheiten vor. Wir haben ein Riesenproblem. Sie haben Recht: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten. Aber von Ihnen habe ich dazu noch keinen Vorschlag gesehen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Gabriel. - Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir nicht vor.

Wir kommen deswegen zu

d) Blockade oder Neubeginn bei der Suche nach einem Atommüllendlager in Deutschland? - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/156

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Harms.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man stellt sich das in der Politik so schön vor, Herr Sander: Ein Mann, ein Wort. Das sollte doch gelten. Ich wünschte mir Gültigkeit dieses Anspruchs auch in Ihrer Politik, die Sie sicherlich noch nicht seit langer Zeit, aber seit mehreren Monaten zum Thema Entsorgung von Atommüll vertreten.

Wir haben vor vier Wochen versucht, mit einer Dringlichen Anfrage Ihre Positionen abzufragen, und zwar nicht ganz ohne Grund. Es gibt für uns aktuell einen Anlass, dieses Thema in Niedersachsen zu bearbeiten. Auf Bundesebene wird derzeit darüber entschieden, ob die Empfehlungen des Arbeitskreises Endlager für eine neue, wirkliche Suche nach einen Endlager umgesetzt werden oder nicht. Ich gehöre zu denjenigen, die ein existenzielles Interesse daran haben, dass es endlich zu einer solchen tatsächlichen Suche, gestützt auf Kriterien, kommt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich hatte Sie in der letzten Sitzung so verstanden, dass Sie zumindest an der Stelle d’accord sind und sagen, dass das, was der Arbeitskreis Endlager dazu vorgeschlagen hat, umgesetzt werden muss. Aber die Äußerungen, die Sie nach Ihrer Rundreise durch Niedersachsen - ich begrüße das sehr; leider kommen Sie nie in die Atommüllregionen; das sollten Sie mal ändern - gemacht haben, sind noch widersprüchlicher als vor vier Wochen. Mal werben Sie dafür, Schacht Konrad möglichst schnell in Betrieb zu nehmen, mal treten Sie entschieden für ein sofortiges Ende des Moratoriums in Gorleben ein, dann sagen Sie wieder, der AK End habe aber Gutes geleistet und seine Empfehlungen müssten umgesetzt werden. Aus meiner Sicht ist das unvereinbar.

Ich möchte diese Aktuelle Stunde nutzen, um hier noch einmal zu werben. Leider ist der Ministerpräsident nicht da. Ich weiß aber, dass auch er von Mitgliedern der Bundesregierung angesprochen worden ist. Ich möchte dafür werben, dass Sie von Niedersachsen aus als einem, wenn nicht dem zentral betroffenen Land etwas tun, damit diese neue Suche, gestützt auf Kriterien, jetzt wirklich zustande kommt,

(Beifall bei den GRÜNEN)

und dass Sie verhindern, dass es zu einer Absage der Beteiligung an einer Verhandlungsgruppe, so

wie es der AK End empfohlen hat, durch CDU/CSU und FDP auf Bundesebene kommt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich fände es auch als Niedersächsin beschämend, wenn wir diese Chance, die sich hier geboten hat, nämlich wirklich einmal zu überprüfen, was ein geeignetes Endlager wäre, vorübergehen lassen würden. Ich würde mich freuen, Herr Sander, wenn Sie heute aufklären könnten, welche Auffassung die Niedersächsische Landesregierung zum weiteren Vorgehen vertritt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Harms. - Als Nächste hat sich Frau Zachow gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Frau Harms, Sie sagten gerade, auf Bundesebene werde jetzt entschieden, ob auf Grundlage des AK End umgesetzt werden solle. Dazu kann ich nur sagen: Dann man los, Bundesregierung! Zu dem Zwischenbericht des AK End vom 17. Dezember liegt bis heute noch keine einzige Stellungnahme vor, die Auskunft darüber gibt, wie es weitergehen soll. Stattdessen will jetzt der Bundesminister - vielleicht weil es langsam eng wird - eine Arbeitsgruppe einsetzen, die bisher etwas erstaunlich erscheint, wenn man bedenkt, dass gerade diese rot-grüne Bundesregierung es war, die 1998 den Konsens der Staatssekretäre und Ministerpräsidenten von 1979, 1981 und 1990 einseitig aufgekündigt hat. Jetzt sollen alle wieder mit ins Boot, damit man im Konsens ist. Ich finde aber, dass jetzt erst einmal Sie am Zug sind, Ihre Regierung am Zug ist, zu sagen, wie es nun weitergehen soll.

Ich vergegenwärtige mir noch einmal, was bisher überlegt worden ist und wer in dieser Verhandlungsgruppe vertreten sein soll: die im Bundestag vertretenen Fraktionen, die A- und B-Länder - bisher hat man die Länder bei der Beratung über diese Fragen überhaupt nicht dabei haben wollen und hat sich vehement dagegen gewehrt, dass irgendein Ländereinfluss geltend gemacht werden kann -, die Energieversorgungsunternehmen - sie hat man mit dem AK End doch quasi vor vollendete Tatsachen gestellt, denn der AK End wurde einberufen, als der Energiekonsens mit den Ener

gieversorgungsunternehmen überhaupt noch nicht stand -, und die niedersächsische Evangelische Landeskirche soll ebenfalls dabei sein; wenn wir aber in ganz Deutschland eine weiße Landkarte bei der Suche nach einem Endlagerstandort haben sollen, dann müsste doch eigentlich die EKD gefragt sein.

Meine Damen, meine Herren von der rot-grünen Seite, für mich ist das alles nicht so ganz nachvollziehbar. Die EVUs haben bisher gesagt, sie beteiligten sich nicht an Finanzierungen für weitere Suchmaßnahmen; das wissen Sie genau. Bevor wir in Verhandlungen eintreten, muss Ihr Umweltminister das doch erst einmal in trockene Tücher bekommen. Wenn wir wirklich vergleichen und nach der besten Lösung suchen wollen, brauchen wir vergleichbare Daten. Wenn wir vergleichbare Daten haben wollen - siehe Gorleben -, spricht wirklich alles dafür, dass man das Moratorium abbricht und Gorleben zu Ende erkundet.

Vor diesem Hintergrund kann ich noch weniger diese wenige Transparenz verstehen - Transparenz wird sonst immer gefordert -, indem man jetzt sowohl in Gorleben als auch bei Schacht Konrad die Öffentlichkeitsarbeit massiv zurückfährt. Es kann doch nicht wahr sein, dass man nach dem Motto verfährt „aus den Augen, aus dem Sinn“ und nur noch möglichst wenige Besucher dahin lässt, damit das Ganze aus dem Fokus gerät, und dass wir hier die Augen zumachen. Meine Damen und Herren, so kann konstruktive Zusammenarbeit für eine Endlagersuche nicht funktionieren. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Frau Zachow. - Herr Dehde, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fragestellung ist: Blockade oder Neubeginn? Das, was ich hier soeben als Illustration und als Beitrag von den Christdemokraten gehört habe, deutet auf ganz andere Sachverhalte hin. Frau Zachow, das, was Sie hier vorgestellt haben, indem Sie immer nur mit dem Finger auf Berlin gezeigt haben, und was Sie zu den Verantwortlichkeiten gesagt haben, kann für uns hier nicht der richtige Weg sein. Wir haben hier niedersächsische Interes

sen zu vertreten und zu formulieren. Meine Damen und Herren, ich habe nicht einen Satz gehört, wenn es hier darum geht, präzise zu benennen, was wir als Niedersachsen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Geht es um unsere Interessen, oder wollen Sie lediglich den Müll hierher holen, um mit den Erkundungen in Gorleben weiterzumachen?

Ich will Ihnen das an einem Beispiel deutlich machen. Wir haben jetzt in den Zeitungen etwas über Risse im Erkundungsbergwerk in Gorleben gelesen; das ging durch die gesamte Presse. Nun wissen wir auch - das ist gar keine Frage -, dass uns die Bergleute das ganz genau erklären können. Ich bin oft genug da unten gewesen, um das möglicherweise selbst zu tun. Aber schauen Sie sich bitte einmal die öffentliche Wirkung an. Sie wollen in ein solches Erkundungsbergwerk über Jahrtausende hinweg hochaktiven Atommüll sicher einlagern. Der Öffentlichkeit aber wird der Eindruck vermittelt, dass es offensichtlich nicht einmal möglich ist, dieses Salzbergwerk über einen so geringen Zeitraum offen zu halten.

Das genau ist die Wirkung, die der AK End beispielsweise im Rahmen einer sozialwissenschaftlichen Betrachtungsweise haben will, um einen offenen Diskussionsprozess voranzubringen. Die betreffenden Kriterien müssen wir erst einmal entwickeln und auf den Weg gebracht haben. Dann können wir hier tatsächlich davon sprechen, mit Erkundungen weiterzumachen. In Gorleben weitermachen, weiterhin Geld in ein offensichtlich ungeeignetes Projekt zu stecken, ist der falsche Weg. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Von daher, liebe Kollegin Harms, geht es hier nicht um Blockade oder Neubeginn, sondern nach meinem Eindruck primär um Ignoranz und Rückschritt. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister Sander bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist hier heute schon eine eigentümliche Diskussion. Mich freut besonders, dass Sie, Frau Harms und meine Damen und Herren von den

Grünen, eine Legende um diesen ganzen Komplex bilden wollen - die Legende, dass CDU und CSU sowie FDP die Forschung und die Suche nach einem atomaren Endlager behindern oder gar blockieren wollen.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Das habe ich nicht gesagt!)

Gerade wir waren es - die beiden Parteien -, die in den 90er-Jahren gegen Ihren Widerstand sowohl hier im Landtag als auch im Bundestag immer wieder darauf gedrungen haben, dass diese Frage endgültig gelöst wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es gibt hier noch einige Kollegen im Hause, die sich gut an den Anfang der 90er-Jahre erinnern können, als Sie, als die Regierung Schröder, Trittin und Griefahn mit einigen Mätzchen versuchte, einen Stopp der Abteufung herbeizuführen, mit der Folge, dass Sie sich gewisse Prozesse eingehandelt haben. Dann haben Sie gewisse Klagen verloren, und dann haben Sie den Landeshaushalt noch mit mehreren Millionen Euro belastet, weil Sie diese Strafe zahlen mussten. Sie waren Gott sei Dank noch einsichtig. Sonst wäre das noch teurer geworden.

Meine Damen und Herren, wir reden hier über Blockade. Das ist aber nicht die Blockade, die Sie meinen. Sie haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine Blockadepolitik betrieben. Meine Damen und Herren, wir müssen hier jedoch über die Schlafmützigkeit der Bundesregierung reden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie allein hat den Schlüssel, weiter voranzugehen.

Meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Harms, ich habe vor ca. sechs Wochen und in einem persönlichen Gespräch versucht, Ihnen klar und deutlich die Linie der Niedersächsischen Landesregierung darzulegen. Im persönlichen Gespräch haben Sie es noch verstanden,