Protocol of the Session on February 24, 2005

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Ihr Redebeitrag hat mich an Georg Diederichs erinnert, der einmal gesagt hat: Selig sind die Schweiger, denn ihnen können ihre Reden nicht vorgehalten werden. Das bezog sich aber nicht auf den Inhalt der Rede, die wir gerade gehört haben; das will ich ganz ausdrücklich sagen.

Jetzt hat Frau Kollegin Ross-Luttmann das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jede unserer Kommunen mit Ausnahme der Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden ist nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung der Kommunalverfassung verpflichtet, eine Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Und: Weder die Landesregierung noch die Regierungsfraktionen schaffen auch nur eine Stelle ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Groskurt, Ihr Umkehrschluss ist falsch. Weder die Landesregierung noch die Regierungsfraktionen verschlechtern auch nur in einem Fall die Arbeitsbedingungen der Gleichstellungsbeauftragten.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen mehr Akzeptanz und eine breitere Unterstützung. Das möchte ich nach dem von Ihnen bisher Vorgetragenen einmal feststellen.

Im letzten Plenum haben Sie, liebe Frau Helmhold, ausweislich des Protokolls gesagt:

„Bei Ihnen wird aus Frauenpolitik zunehmend Familienpolitik. Das akzeptieren wir nicht. Das ist nur ein Segment der Frauenpolitik oder überhaupt von Frauenbiografien.“

Damit haben Sie wohl uns, die CDU-Fraktion, gemeint. Lassen Sie mich hierzu eines ausführen. In Artikel 6 unseres Grundgesetzes heißt es:

„Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“

Frau Helmhold, Sie haben ausnahmsweise einmal Recht: Die CDU-Landtagsfraktion bekennt sich ausdrücklich zur Familie.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was wol- len Sie jetzt damit sagen?)

- Warten Sie es ab! - Wir respektieren und achten dieses wichtige Grundrecht des Artikels 6 unseres Grundgesetzes, Sie doch hoffentlich auch. Familienpolitik, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sinkende Geburtenraten in Deutschland - das müssen doch große Themen unserer Zeit sein. Für meine Fraktion sind es jedenfalls wichtige Themen. Wir können doch die Wünsche vieler junger Frauen und Männer nach einer Familie, auch nach Kindern, nach Teilhabe am Arbeitsleben, nach der Karriere sowie den sich in Deutschland abzeichnenden demografischen Wandel nicht völlig außer Acht lassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Angesichts der Tatsache, dass Deutschland eine der niedrigsten Geburtenraten der Welt aufweist - Deutschland liegt nach Angaben der Weltbank von 190 Ländern auf Rang 185 -, erscheint mir erfolgreiche Familienpolitik wichtiger denn je.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich danke unserer Ministerin Frau Dr. von der Leyen, dass sie sich zum einen engagiert für Familienpolitik einsetzt sowie zum anderen vielfältige Angebote zur Förderung der Gleichstellung schafft und damit die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft entscheidend stärkt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Selbstverständlich erschöpft sich Gleichstellungspolitik nicht allein in Familienpolitik. Gleichstel

lungspolitik ist mehr. Unsere Frauenbeauftragten haben ohne Zweifel schon eine ganze Menge erreicht. Aber was ihnen fehlt und was sie brauchen, das ist eine breite Unterstützung bei ihrem Handeln

(Dörthe Weddige-Degenhard [SPD]: Von Ihnen!)

und vor allem die Akzeptanz von uns allen - von Ihnen und von uns.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Unsere haben sie!)

Es geht doch bei der Gleichstellung nicht ausschließlich um die Instrumente - wie Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, immer wieder vortragen -, sondern wir müssen uns politisch mit der zentralen Frage auseinander setzen, wie die noch immer vorhandene Benachteiligung von Frauen abgebaut werden kann.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir brauchen mehr familiengerechte Arbeitsplätze. Dafür müssen z. B. mit den Unternehmen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die zu mehr Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz führen.

(Zustimmung bei der CDU)

Es muss doch in unser aller Bewusstsein gerückt werden - in unser aller Bewusstsein -, dass wir die Gleichstellung nicht mit ideologischen Scheuklappen, sondern nur - das ist mir wichtig - gemeinsam, Frauen, Männer und Kinder, erreichen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir alle müssen die Gleichberechtigung wollen. Frauenpolitik ist für unsere Fraktion daher auch keine Politik gegen die Männer, sondern, meine Damen und Herren, sie ist ausgerichtet auf eine Politik der Frauen mit den Männern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Schon allein deshalb freue ich mich auch, dass der Begriff „Gleichstellung“ wieder Einkehr ins Gesetz gefunden hat. Wenn Sie, Frau Helmhold - wie im letzten Plenum -, beklagen, dass das jetzige Gesetz nicht in allen Fällen zu der gewünschten Akzeptanz geführt hat, dann hätten Sie sich schon vor Jahren die Frage stellen müssen, woran das liegt, um dann entsprechend auf die getroffenen Feststellungen reagieren zu können.

Die Anhörung im Ausschuss für Inneres und Sport zur Änderung der Kommunalverfassung hat mir gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, indem wir die Entscheidung über die Frage, ob Gemeinden ihre Gleichstellungsbeauftragten künftig haupt-, neben- oder ehrenamtlich bestellen, in die Personalhoheit der kommunalen Räte geben, und zwar aus folgendem Grund: Zum einen geben wir den von den Bürgern vor Ort gewählten Ratsmitgliedern die Verantwortung; zum anderen nehmen wir sie auch in die Pflicht. Der Rat wird dann seine Gleichstellungspolitik vor seinen Bürgerinnen und Bürgern zu vertreten haben. Meine Damen und Herren, eine breite Unterstützung von unten ist allemal besser als Ihr Weg der einengenden Vorgaben von oben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Daher werden wir uns auch nicht beirren lassen und den eingeschlagenen Weg für mehr Akzeptanz fortsetzen. Das Gesetz wird kommen; daher werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Das war nach Frau Groskurts Rede wichtig!)

Vielen Dank. - Frau Kollegin Helmhold hat das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ross-Luttmann, ich freue mich, dass Sie meine Reden nachlesen. Da steht auch immer sehr viel drin, was man noch einmal im Herzen bewegen kann. Leider hat das bei Ihnen nicht das entsprechende Ergebnis gezeitigt.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das wissen Sie doch nicht!)

Wir debattieren über dieses Thema ja zum wiederholten Male. Ich habe aber wenig Hoffnung, dass es auf Ihrer Seite des Hauses in diesem Punkt noch Einsicht geben könnte. Aber lassen Sie mich eines noch einmal sagen: Ich bin sehr an Ihrer Seite, wenn Familienpolitik gemacht wird. Ich bin nur nicht an Ihrer Seite, wenn diese gegen originäre Frauenpolitik ausgespielt wird. Denn das ist nicht dasselbe, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ursula Körtner [CDU]: Genau das wollen wir nicht!)

Sie sagen, dass Sie sich um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kümmern. Das finde ich auch völlig richtig. Ich meine nur, dass der originären Frauenpolitik keine Mittel entzogen werden dürfen. Diese Landesregierung sagt, dass sie Gender Mainstreaming praktiziert und tatsächlich jedes Vorhaben auf die Auswirkungen auf Männer und Frauen prüft. Ich bin der Meinung, wenn unter Gender-Aspekten etwas bezüglich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Betrieben gemacht werden soll, dann sollte das im Wirtschaftsministerium angesiedelt werden. Das heißt, es sollten nicht Mittel aus der Frauenpolitik, sondern andere Mittel verwendet werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das unrühmliche Ende dieser langen Debatte zeichnet sich heute bereits ab - Sie haben es mehr als deutlich gesagt -: die weitgehende Abschaffung eines der wichtigsten frauenpolitischen Instrumente auf kommunaler Ebene. Mann kann wirklich sagen, dass Sie mit unerschütterlicher Inbrunst an dem Ziel festhalten, dieses Instrument entscheidend zu schwächen, und das, obwohl Sie in keiner der Debatten bestritten haben, dass wir von tatsächlicher Gleichberechtigung immer noch weit entfernt sind. Das kann man auch auf den Internetseiten der Ministerin nachlesen.

Wenn die Lage nicht so ernst wäre, dann fände ich es geradezu rührend, mit welcher Naivität Sie die Haltung vertreten, man könne diese Instrumente abschaffen und mit freiwilligen Lösungen mehr erreichen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Freiwilligkeit hat aber im Falle der Gleichberechtigung von Frauen und Männern noch nie gezogen. Darauf haben Frauen wirklich lange genug gewartet, ohne dass sich etwas geändert hätte. Deswegen ist das, was Sie jetzt machen, absolut falsch.

Tatsächlich zeichnet sich ja auch das Gegenteil von dem ab, was Sie erreichen wollen. Im Rahmen der Anhörung zur NGO-Novelle - Sie haben das ja eben ausgeführt - haben die kommunalen Frauenbeauftragten noch einmal eindrucksvoll dargelegt,

dass allein die von der Landesregierung signalisierte Absicht, das Instrument zu schwächen, in den Kommunen schon dazu geführt hat, dass die Umwandlung von hauptamtlichen Stellen konkret ins Auge gefasst wird. Es hieß dort wörtlich: