Protocol of the Session on December 15, 2004

sie noch vornehmen mussten. Stattdessen sind im Jahre 2002 300 Millionen Euro mehr ausgegeben worden, als die ohnehin schon beträchtliche Rekordverschuldung von 3 Milliarden Euro hergegeben hat. Das ist der eigentliche Punkt, unter dem wir heute leiden und weshalb wir die Innovationsförderung nicht verdoppeln können, sondern uns darüber freuen können - dafür danke ich den beiden Fraktionen -, dass im Haushalt der gleiche Stand des Vorjahres wiederhergestellt worden ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Rahmen der schwierigen Haushaltslage, in der wir uns befinden, bilden die Innovationspolitik und die Außenwirtschaft in diesem Zusammenhang insofern zwei durchaus erkennbare Schwerpunkte, weil sich aus unterschiedlichen Motiven in diesen beiden Bereichen Arbeitsplätze in Niedersachsen schaffen lassen. Ich brauche diese Motive jetzt nicht im Einzelnen vorzutragen.

Meine Damen und Herren, die Opposition hat verständlicherweise angesprochen, dass die Investitionsquote unter 10 % liegt. Ich habe dafür viel Verständnis; denn auch ich finde das nicht schön. Aber wenn ich unsere Lage mit der in Bayern vergleiche, dann stelle ich fest, dass die Bayern im Haushalt eine Zinsausgabenquote von 3,2 % und die Niedersachsen eine Zinsausgabenquote von 11,8 % haben. Meine Damen und Herren, dieses Geld fehlt im laufenden Haushalt, um Investitionen zu bedienen. Das lässt sich nicht mehr aus den Schulden finanzieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es war wohl der Kollege Hoppenbrock oder der Kollege Hermann - ich weiß es nicht mehr genau -, der davon gesprochen hat, dass das Zukunftsdiebe seien. Sie, Herr Hoppenbrock, waren es, der an dieser Stelle den Bischof Lehmann zitiert hat. Diese Verschuldungspolitik können wir nicht mehr betreiben.

Meine Damen und Herren, natürlich schmerzt es mich bei einem Vergleich mit meiner ersten Amtszeit, dass wir bei den Landesmitteln im Vergleich zum letzten Jahr Kürzungen in Höhe von 25 % vornehmen mussten. Aber wenn Sie ein Haus erben, auf dem riesige Schulden lasten, und das Dach kaputt geht, dann können Sie leider nur die Stelle flicken, die kaputtgeht, und nicht das ganze Dach erneuern. Das ist genau die gleiche Situation, in der wir als Landesregierung und in der Privatleute stehen. Deswegen haben die Bürger

draußen auch viel Verständnis dafür, dass wir in dieser Weise vorgehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es liegt doch deswegen auf der Hand, dass wir darüber nachdenken müssen, wo und wie Infrastrukturausgaben auch mit privatem Geld finanziert werden können, weil die Aufgaben noch vorhanden sind, auch wenn wir kein Geld haben, um sie wahrzunehmen. Deswegen muss man Projekt für Projekt betrachten. Es ist nun einmal so - das wissen die Grünen ganz genau -, dass Sie Hafeninfrastruktur nicht in dem Stile privat finanzieren können, in dem es in Wilhelmshaven erforderlich ist. Wer das fordert, will im Klartext einen Stopp des Projekts und traut sich nur nicht, es laut in der Öffentlichkeit zu sagen. Sie sind an der Stelle ein Stückchen feige. Sie bekennen sich nicht zu Ihrer Industriefeindlichkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei den GRÜNEN - Ste- fan Wenzel [GRÜNE]: Wer hat denn die alten Zahlen in die Welt gesetzt?)

Meine Damen und Herren, gleichzeitig bin ich froh darüber, dass es gelungen ist, im Zusammenhang mit der A 22, der Küstenautobahn, mit der regionalen Wirtschaft und den Kreisen eine Vereinbarung zu erreichen, wonach wir die erste Phase der Planung zu je einem Drittel finanzieren. Wenn wir es schaffen - die Aussichten sind gut -, dass die Europäische Kommission in Brüssel die A 22 als Teil des transeuropäischen Netzes akzeptiert, dann haben wir auch Chancen für den zweiten Teil der Planung, nämlich bis zum Planfeststellungsbeschluss Zuschüsse zu erhalten. Meine Damen und Herren, dann treten wir in die dritte Phase, die Bauphase, ein. Wir sind in Anbetracht der Lage der Bundesfinanzen zu der Einschätzung gelangt, dass es schwer sein dürfte, Bundesmittel bereitzustellen. Deswegen wird die Landesregierung im Januar oder Februar eine Initiative in den Bundesrat einbringen, das Bundesfernstraßenprivatfinanzierungsgesetz so zu verändern, dass wir in der Lage sind, das Vorhaben durch Private bauen und betreiben zu lassen - -

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Zwischen- frage, Herr Hirche!)

Herr Minister Hirche, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wenzel?

- gleich! -, weil diese Region eine Erschließung über die Straße braucht, weil wir die Straße für den JadeWeserPort brauchen und weil wir damit diesen verkehrsfernen Raum an die Haupträume anbinden wollen; denn Arbeitsplätze entstehen an solchen Verkehrsachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister Hirche gestattet die Zwischenfrage. Herr Kollege Wenzel, bitte schön!

Herr Minister Hirche, ist Ihnen klar, dass wir Sie bei den Zahlen zum Tiefwasserhafen an Ihren eigenen Zahlen messen, die Sie hier ausdrücklich gebilligt haben und die ursprünglich einmal von Roland Berger stammen, dem Sie hier hohe Fachkompetenz unterstellt haben? Genau diese Zahlen sind es, auf die wir uns heute beziehen.

Herr Minister!

Herr Wenzel, ich darf nur sagen: Das Gutachten von Roland Berger wurde von der vorigen Landesregierung in Auftrag gegeben.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie haben es ausdrücklich gutgeheißen!)

- Augenblick mal! - Wir wollen uns keine fremden Federn an den Hut stecken. Die vorige Landesregierung hat die Einzelheiten beurteilt.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Nein, das haben Sie gutgeheißen!)

Wir haben Ihnen im Haushaltsausschuss nach unserer Erkenntnis unter Nutzung aller Unterlagen, die vorher erarbeitet waren - das ist gar keine Frage -, Zahlen vorgelegt. Diese Zahlen stehen, und an diesen Zahlen lassen wir uns messen, meine Damen und Herren.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie be- haupten hier, dass diese Zahlen Wol- kenkuckucksheime seien! Das ist es doch!)

Ich bin froh darüber, dass wir im Plan sind und das Planfeststellungsverfahren läuft. Im EU-Amtsblatt ist der Text für das Betreiben des Hafens ausgeschrieben. Ich meine, dass wir das Verfahren bis zur Sommerpause abgeschlossen haben werden und bis dahin auch das Planfeststellungsverfahren in etwa beendet sein wird und wir dann rasch vorankommen werden.

Meine Damen und Herren, weil es an dieser Stelle um großes Geld geht, möchte ich doch noch ein kleines Wort zu dem Streit sagen, der gestern und heute seitens der SPD immer wieder in die Debatte hineingetragen worden ist, nämlich zu dem Jäger 90 dieser Tage, also zu der Eigenheimzulage, mit der sich alles finanzieren lässt. Ich möchte daran erinnern, dass im Land Niedersachsen durch die völlig missglückte Reform der Körperschaftsteuer, die die SPD durchgeführt hat,

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

allein in den Jahren 2000 bis 2002 das Aufkommen aus der Körperschaftsteuer um 1,4 Milliarden zurückgegangen ist. Das sind etwas größere Beträge als die, die heute in der Debatte eine Rolle gespielt haben. Auf Bundesebene waren es merkbare zweistellige Milliardenbeträge, die die Grünen in Berlin genauso zu vertreten haben wie die SPD. Es war eine Entlastung für die Konzerne, für deren Kriegskasse. Der Mittelstand jedoch hat diese Entlastung nicht bekommen. Auch das will ich einmal festhalten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das darf ich zum Verkehrshaushalt doch sagen, weil hier der Eindruck erweckt wird, beim Bund sei alles in Ordnung, und dann, wenn etwas gekürzt wird, geschieht das auf Landesebene. Die Kürzungen im Bereich des Bundesverkehrswegeplanes belaufen sich in der Zeit von 2004 bis 2008 auf 8 Milliarden Euro. 10 % davon können Sie für Niedersachsen ansetzen. 800 Millionen Euro fehlen uns in dieser Zeit für den Straßenbau. Trotzdem ist es traurig, dass wir auf Landesebene keinen Ausgleich vornehmen und unsere Landesmittel nicht vorhalten können. Wenn die Opposition hier aber den Eindruck erweckt, dass das alles bösartig sei und dass man doch könne, wenn man denn nur wolle, da muss ich Ihnen entgegenhalten: Es geht nicht, erst die Kasse zu entleeren und im Anschluss daran die anderen dafür zu kritisieren,

dass kein Geld mehr da sei, das man ausgeben könne. - So lassen wir mit uns nicht spaßen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich bin sehr froh darüber, dass der Ausbildungspakt, den wir mit der Wirtschaft geschlossen haben, ein solcher Erfolg ist. Ich bleibe auch nach allem, was Herr Hagenah hierzu gesagt hat, dabei: Es gibt im Vergleich zum Vorjahr 3% zusätzliche Ausbildungsplätze, wie uns die Handwerks- sowie die Industrie- und Handelskammern mitgeteilt haben. Das ist ein großer Erfolg - ein großer Erfolg deshalb, weil die Politik der Bundesregierung in diesem Jahr wieder zu einer Rekordzahl von Pleiten bei Betrieben geführt hat, die somit keine Ausbildungsplätze vorhalten konnten. Meine Damen und Herren, wir haben es erlebt. Nachdem diese unselige Ausbildungsplatzabgabe endlich vom Tisch war, war es möglich, mit den Betrieben zu reden, Vertrauen zu bilden und ihnen zu sagen, dass sie etwas für die jungen Leute tun müssen. Sie haben es dann in bewundernswürdiger Art und Weise auch getan. Ich finde das großartig.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch Folgendes sagen: Wenn kein oder nur noch wenig Geld da ist - der Kollege Hermann hat das schon angesprochen -, muss man sich etwas einfallen lassen. Dann muss man, wenn man Gespräche in den Betrieben führt - das wissen auch Sie von der Opposition -, erkennen, dass wir das beseitigen müssen, was die Betriebe so drückt, nämlich die überbordende Bürokratie an allen Ecken und Enden. Hier sind wir noch lange nicht am Ende. An dieser Stelle kommt man nur sehr schwer voran.

Die Landesregierung hat in diesem Zusammenhang drei Maßnahmen ergriffen. Erstens haben wir auf Bundesebene gesagt, dass das Arbeits- und Tarifrecht geändert werden muss. Das ist an RotGrün aber leider zum Teil gescheitert, obwohl alle internationalen Experten sagen, dass es der Haupthemmschuh für die deutsche Wirtschaft sei. Deshalb wächst die deutsche Wirtschaft schwächer als alle anderen Wirtschaften.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zweitens haben wir in unserem eigenen Bereich mit der Verwaltungsreform und der im Zusammenhang damit vorgenommenen Abschaffung einer Entscheidungsebene, einer Hierarchieebene, dafür

gesorgt, dass Entscheidungen schneller getroffen werden. Meiner Meinung nach ist das für die Wirtschaft fast noch wichtiger als die Tatsache, dass wir am Ende auf Landesebene fast 7 000 Stellen einsparen werden. Aber auch das ist wichtig.

Drittens ergibt sich eine Entbürokratisierung dadurch, dass die Betriebe von Doppelkontrollen und Kosten befreit werden. Das ist der eigentliche Sinn der Diskussion über die Berufsgenossenschaften, wenn ich Ihnen das sagen darf. Wir brauchen nicht den Dualismus, die gleichzeitige Prüfung durch Gewerbeaufsicht und durch Berufsgenossenschaften. Wir brauchen diese Doppelkontrolle nicht. Wir als Landesregierung haben gesagt: Wir wollen diese Debatte ganz vorurteilslos beginnen. Dann werden wir am Ende entscheiden, ob wir die Aufgaben bei der Gewerbeaufsicht oder bei den Berufsgenossenschaften abbauen werden. Ich plädiere dafür, an dieser Stelle ganz rational vorzugehen. Aber auch Sie wollen doch sicherlich nicht Doppelkontrollen beibehalten.

Meine Damen und Herren, das ist ein wichtiger Punkt. Natürlich reden wir darüber. Ich habe auch mit dem Zentralverband der Berufsgenossenschaften und mit anderen geredet. Wir werden auch in Zukunft in der Diskussion und im Dialog mit ihnen bleiben.

Übrig bleibt - das darf ich am Schluss noch feststellen -: Niedersachsen war bis zum Februar 2003 in der unteren Tabellenhälfte der Bundesländer. Jetzt befinden wir uns in allen Fällen in der oberen Tabellenhälfte.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, angesichts der Erfolge, die die Landesregierung gerade auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik erzielt hat, zeigt sich, dass die Abwahl von Sigmar Gabriel und der SPD für dieses Land ein Segen war und ist.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Was zählt, sind nicht Sprüche und falsche Behauptungen in diesem Parlament, sind nicht Daten und einzelne Angelegenheiten, sondern es zählt das Ergebnis. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wir steigern Tempo, Leistung und Qualität. Es ist aufwärts gegangen. Darüber wird sich hoffentlich auch die Opposition freuen, wenn sie Gutes für

Niedersachsen will. Es wird in Niedersachsen auch weiterhin aufwärts gehen. Das aber ist schlecht für die Opposition. Es ist jedoch gut für Niedersachsen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank sage ich insbesondere den Fraktionen von CDU und FDP für die hervorragende Zusammenarbeit. Ich sage ganz herzlichen Dank aber auch meinen Mitarbeitern im Ministerium und in allen nachgeordneten Behörden. Das ist eine leistungsfähige und motivierte Verwaltung. Gemeinsam schaffen wir bessere Verhältnisse in Niedersachsen. Wir wollen mit dieser Entwicklung in Niedersachsen auch Zeichen in Deutschland setzen. - Danke schön.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der CDU: Zugabe!)