Protocol of the Session on November 18, 2004

Frau Ortgies, leider war diese Interessenlage nicht ganz so, wie Sie sie heute dargestellt haben. Ihre Kolleginnen und Kollegen wollen die Planung des Tiefwasserhafens vor allem dazu nutzen, eine küstennahe Autobahn durch die norddeutsche Tiefebene zu treiben, koste es, was es wolle. Dabei gerät die eigentliche Funktion des geplanten Hafens zunehmend aus dem Auge.

(Björn Thümler [CDU]: Wir haben zwei Augen!)

Durch den Bau des Tiefwasserhafens entsteht eine extrem leistungsfähige neue Infrastruktur zum Gütertransport auf See. Aber Sie haben bisher offensichtlich nicht bemerkt, dass dadurch eine neue A 22 in Ost-West-Richtung parallel zur Küste überflüssiger wird, als sie heute schon ist.

(Björn Thümler [CDU]: Falsch!)

Der seeseitige Gütertransport in Ost-WestRichtung an Niedersachsens Küste wird durch den Tiefwasserhafen weiter gestärkt. Der kostengünstige Seeweg wirbt Ihnen, Herr Minister Hirche - bei realistischen Verkehrsannahmen im Verhältnis zu einer Mautautobahn -, die sonst prognostizierten Gütertransportsteigerungen für die Zukunft schlichtweg ab. Die im Vergleich zur A 22 wirtschaftlichere und bessere Alternative zum Gütertransport in Ost-West-Richtung ist schon da und wird mit dem Tiefwasserhafen noch besser. Fee

derschiffe in die Ostsee können die Güter nun einmal günstiger transportieren als jeder Lkw.

Was wir an der Küste zusätzlich zum Tiefwasserhafen brauchen, ist eine verbesserte Schienenanbindung des Binnenlandes an die gesamte niedersächsische Hafeninfrastruktur.

(Astrid Vockert [CDU]: Das reicht doch hinten und vorne nicht!)

Die Autobahnen ins Binnenland sind nämlich schon mit enormen Leistungsreserven vorhanden. Wenn man nach Wilhelmshaven, Cuxhaven oder Emden fährt, ist man manchmal alleine auf der Autobahn.

(Ursula Körtner [CDU]: Fahren Sie denn Auto? - Astrid Vockert [CDU]: Das ist doch völlig verkehrt!)

Die Autobahnen führen von den Häfen ins Binnenland. Der Engpass für den Tiefwasserhafen liegt in der Schieneninfrastruktur, die in schlechtem Zustand ist und in für die Bevölkerung sehr belastender Weise mitten durch die Ortschaften führt.

Bezeichnend finde ich, dass der Änderungsvorschlag der Fraktionen der CDU und der FDP erst nach Kritik von grüner Seite um den lapidaren Satz „Ziel ist es, diese Belastungen zu minimieren“ ergänzt wurde. Frau Ortgies, Ihre Kollegen, die diesen Änderungsvorschlag formuliert haben, haben Ihre Rede leider nicht gehört.

(Inse-Marie Ortgies [CDU]: Das haben wir aber wieder geändert!)

Die Anwohner der Bahnstrecke nach Wilhelmshaven werden künftig unter stark zunehmendem Lärm leiden. Die Güterzüge mit zum Teil bis zu 800 m Länge fahren schon heute vor allem nachts, und zwar, wie z. B. im Ort Sande, nur wenige Meter von den Wohnhäusern entfernt. Deswegen und wegen der zusätzlichen Hafenverkehre fordern wir Grünen schon heute ausreichenden Lärmschutz, der vom Land Niedersachsen als Störungsverursacher auch zu finanzieren ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dazu erwarten wir Ihre Lösungsvorschläge, Herr Hirche. Wir erwarten keine Initiativen zur Finanzierung der Planung einer Autobahn aus kommunalen Haushalten, für die die Kommunen nun wirklich nicht zuständig sind. Ihre straßenlastige Sicht der

Welt ist jedenfalls nicht zukunftsfähig. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Kollege Hermann hat jetzt das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Herr Hagenah, wir sind uns fast alle einig, dass der Jade-Weser-Port eines der wichtigsten Vorhaben nicht nur des Landes Niedersachsen, sondern wohl ganz Deutschlands ist. Es ist schön zu wissen, dass dieses herausragende Projekt nunmehr von der Landesregierung und dem Land Bremen in gemeinsamer Verantwortung vorangetrieben wird.

Im Grunde, verehrte Damen, meine Herren, ist das Folgende dann eine Binsenweisheit: Nur wenn Menschen und Güter sich schnell, zuverlässig und auch kostengünstig bewegen können, kann sich die Wirtschaft entwickeln.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Hagenah, vielleicht nehmen Sie das einmal in Ihr Buch auf: „Wie mache ich Wirtschaftspolitik?“ Eines steht jedenfalls fest: Durch Immobilität ist noch kein Arbeitsplatz entstanden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Voraussetzung für diese Transportleistung ist eine wirkungsvolle Infrastruktur für sämtliche Verkehrsträger. Es ist daher selbstverständlich, dass parallel zum Bau des Jade-Weser-Ports die Verkehrswege entsprechend ausgebaut werden müssen. Ein sehr wichtiger Baustein ist dabei der Bau der A 22. Damit wird u. a. die Verkehrsanbindung nach Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern nachhaltig gefördert und der Großraum Hamburg vom Transitverkehr wesentlich entlastet. Es freut mich sehr, dass in dieser Woche der Startschuss für die A 22 gefallen ist. Frau Ortgies hat das auch schon gesagt: Kompliment und Danke an Minister Hirche!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Besonders erwähnenswert erscheint mir hierbei, dass die Kosten für die Linienplanung zu jeweils gleichen Teilen von der Wirtschaft, den Kommunen

und dem Land getragen werden. Eine solche Kostendrittelung ist schon einmalig.

Die FDP-Fraktion ist stolz darauf, dass sie es war - bitte hören Sie jetzt einmal genau hin! -, die die Initiativgespräche mit der niedersächsischen Bauwirtschaft, den Handwerkskammern und den Industrie- und Handelskammern vorangetrieben hat. Dies hat uns allen gezeigt, dass dieser Weg der richtige Weg ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es steht außer Frage, dass dieser Weg nur mit den Menschen gemeinsam beschritten werden kann. Der Bau des Jade-Weser-Ports und auch der Ausund Neubau der Hinterlandverbindungen werden tausende von Arbeitsplätzen schaffen.

Man muss aber auch daran denken, dass Menschen Angst haben, aufgrund der Entstehung der neuen Verkehrswege durch Lärm und Abgase belästigt zu werden.

(Wolfgang Wulf [SPD]: Das ist so!)

Verehrte Damen, meine Herren, ich versichere Ihnen, dass wir die Ängste und auch die Sorgen der Bevölkerung sehr ernst nehmen. Hier sind Besonnenheit und sorgfältige Abwägung notwendig. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es gab mehrere Rückfragen, wie wir es mit der Mittagspause halten. Wir wollen Tagesordnungspunkt 19 noch vor der Mittagspause abhandeln. Das ist mit den Fraktionen so abgesprochen. Wir werden die Mittagspause dann bis 15 Uhr ausdehnen.

Herr Minister Hirche, Sie haben nun das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass hier von den Sprechern aller Fraktionen festgehalten worden ist, dass der Bau des Tiefwasserhafens Wilhelmshaven das herausragende, auf die Zukunft gerichtete Projekt im Nordwesten für ganz Niedersachsen und, wie man hinzufügen kann, in der Tat für ganz Deutschland ist. Dieses Projekt bietet hervorragende Entwick

lungschancen für die Struktur in der Region und insbesondere für Beschäftigung. Herr Will, ich bedanke mich für Ihre Unterstützung. Ich will hier festhalten, dass das finanzielle Konzept erst von dieser Landesregierung auf eine realistische Grundlage gestellt worden ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir werden das Projekt zusammen mit Bremen weiter vorantreiben. Nicht nur die Planfeststellung für den neuen Hafen läuft auf Hochtouren, sondern auch die Vorbereitung der Ausschreibung für den Betreiber. Der aktuelle Stand der verkehrlich notwendigen Hinterlandanbindungen ist dieser:

Erstens. Die Verlängerung der Autobahn A 29 in das Hafengebiet befindet sich in der Planung.

Zweitens. Nach der klaren Entscheidung für die A 22 im Bedarfsplan setzt die Landesregierung alles daran, das Projekt zügig bis zur Baureife voranzubringen. Die gemeinsame Finanzierung der Linienplanung der Küstenautobahn von Land, Landkreisen und Wirtschaft unterstreicht eindrucksvoll das starke Engagement. Die entsprechende Vereinbarung wurde am vergangenen Montag von den Beteiligten unterzeichnet. Ich bedanke mich, dass insbesondere die Kollegin Ortgies und der Kollege Hermann dies hier noch einmal besonders unterstrichen haben. Das Ergebnis ist, dass die Planungen bereits 2005 beginnen.

(Beifall bei der CDU)

Die EU hat übrigens in der vergangenen Woche den östlichen Abschnitt des Streckenverlaufs als Projekt des transeuropäischen Netzes anerkannt und prüft zurzeit die Aufnahme des westlichen Abschnitts. Damit wird die Chance für die Beantragung von Planungskostenzuschüssen aus Brüssel eröffnet.

Drittens. Für den sechsstreifigen Ausbau der A 1 hat der Bund eine Finanzierung nach dem Betreibermodell in Aussicht gestellt, sobald die Lkw-Maut eingeführt ist. Unter Mitwirkung Niedersachsens hat der Bund Musterregelungen für das so genannte A-Modell ausgearbeitet. Die A 1 ist nach diesem Modell unter den vier bundesweit vorrangig zu realisierenden Projekten.

Viertens. In enger Abstimmung mit der Bahn stellt das Land sicher, dass die erforderliche Schienenverbindung zwischen Wilhelmshaven und Olden

burg und darüber hinaus entsprechend dem jeweiligen Ausbaustand des Hafens bedarfsgerecht zur Verfügung steht. Der Schwerpunkt unserer Arbeiten gemeinsam mit Bremen liegt derzeit bei den Planungen für den notwendigen Ausbau des Bahnknotens Bremen.

Fünftens. Wegen der Auswirkungen des zusätzlichen Verkehrsaufkommens des Jade-Weser-Ports auf der Schiene insbesondere mit Blick auf die Lärmentwicklung und die Schrankenschließzeiten habe ich einen Arbeitskreis unter Leitung von Staatssekretär Werren eingerichtet. Dieser wird mit namhaften Vertretern der Deutschen Bahn AG die vorgebrachten Anliegen und berechtigten Interessen wie z. B. die besondere Situation in Sande aufnehmen, prüfen und abwägen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie sehen, wir haben die notwendigen Maßnahmen rechtzeitig erkannt und, soweit erforderlich, planerisch bereits in Angriff genommen. Unterstützung ist immer willkommen. Wir werden uns bei der Realisierung dieses Projekts auch nicht durch Attacken von der falschen Seite aufhalten lassen.