Protocol of the Session on February 18, 2004

Für die FDP-Fraktion erteile ich nunmehr dem Herrn Kollegen Dürr das Wort. Herr Dürr, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der Änderung des Niedersächsischen Wassergesetzes haben wir uns im Oktober letzten Jahres ein ehrgeiziges Projekt vorgenommen. Primäres Ziel war dabei die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie in nationales Recht. Durch eine schnelle Beratung im Umweltausschuss - dafür muss ich auch die Opposition lobend erwähnen ist es uns gelungen, diese Umsetzung zeitnah abzuschließen. Die zentralen Ideen der Wasserrahmenrichtlinie, vor allem die flussgebietsbezogene Bewirtschaftung, sind sicherlich ein Gewinn für den Gewässerschutz. Von der Quelle bis zur Mündung, unter Einbeziehung aller Zuflüsse, soll in Zukunft ein Fluss betrachtet werden. Die Richtlinie sieht dabei die Erstellung national und international koordinierter Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne vor. So können Flüsse und Flusssysteme in Zukunft im Ganzen betrachtet werden. Bei den meisten Punkten gab es im Ausschuss eine große Einigkeit; Herr Meinhold hat das soeben bestätigt.

Meinungsunterschiede gab es vor allem bezüglich der Streichung des § 151 a. Dabei ging es um die Genehmigungspflicht für Einleitungen in Abwasserbehandlungsanlagen innerhalb von Industrieparks, so genannte Indirekteinleitungen. Die Entscheidung, diesen Paragraphen zu streichen, war absolut richtig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine Genehmigungspflicht für die Einleitung in das öffentliche Gewässer ist hier völlig ausreichend. Eine effektive Kontrolle ist zweifelsohne wichtig, meine Damen und Herren. Doppelte Genehmigungen für ein und dasselbe Abwasser sind aber schlicht überflüssig.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Insofern war dies auch ein wichtiger Beitrag zum Bürokratieabbau.

(Walter Meinhold [SPD]: Hört, hört, doppelt genäht hält besser!)

- Herr Meinhold, wenn Niedersachsen das einzige von 16 Bundesländern ist, welches diese doppelte Genehmigungspflicht in ihrem Gesetz hatte, dann sollte das sogar der SPD-Fraktion einmal zu denken geben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - David McAllister [CDU]: Denen ist nicht mehr zu helfen!)

Ich will es kurz machen. Eine zügige Ausschussberatung war wegen der Umsetzungsfrist notwendig. Dazu haben alle Beteiligten - das muss ich fairerweise sagen - beigetragen. Ich meine, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Im Übrigen schließe ich mich den brillanten Ausführungen der Kollegin Klopp an. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Steiner das Wort. Bitte schön!

(David McAllister [CDU]: Frau Steiner, machen Sie es bitte kurz!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich meine, über die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie brauchen wir uns nicht mehr zu verständigen. Darauf haben wir uns alle geeinigt. Es ist ja nicht so, dass es uns von oben durch die EU aufgedrückt wird. Wir alle erachten es für notwendig, dass der Schutz von Gewässern mit dem Schutz der davon abhängigen Landökosysteme und Feuchtgebiete verbunden wird und dass man endlich alles im Zusammenhang von Flussgebietseinheiten betrachtet. Dazu besteht allseits Zustimmung.

Das Niedersächsische Wassergesetz musste novelliert werden, um die Europäische Rahmenrichtlinie in niedersächsisches Recht umzusetzen, und zwar mit der Auflage bis zum 22. Dezember 2003. Bereits im Oktober 2003 haben wir im Umweltausschuss tatsächlich eine Vorlage zum Niedersächsischen Wassergesetz erhalten, verbunden mit dem Hinweis vonseiten des Umweltministeriums, dass das nicht groß diskutiert zu werden bräuchte, da es ja nur eine 1 : 1-Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie wäre. Einer Anhörung dazu bedürfte es auch nicht.

Die Umweltverbände haben bereits im Vorfeld in ihren Stellungnahmen auf verschiedene Punkte hingewiesen, die dem Anspruch einer 1 : 1Umsetzung eben nicht gerecht wurden. Das hat die Landesregierung nicht daran gehindert, dem Umweltausschuss den Entwurf fast unverändert zur Beratung vorzulegen.

Ich möchte nur zwei Beispiele anführen. Laut Wasserrahmenrichtlinie sollen nicht nur die Gewässer, wie im niedersächsischen Gesetzentwurf aufgeführt, sondern auch ihre Uferbereiche als Lebensstätte der von ihr abhängigen Flora und Fauna gesichert werden. Daraus ergibt sich eine ganze Zahl von Weiterungen, die dann alle nicht berücksichtigt werden. Hier wird also zu stark auf Gewässer eingegrenzt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ein weiteres Beispiel ist die Beteiligung der Öffentlichkeit und ihre Regelung. Das Niedersächsische Wassergesetz sieht die Förderung der aktiven Beteiligung aller interessierten Personengruppen und Organisationen nur bei der Vorbereitung der Beiträge zu den Maßnahmen und Bewirtschaftungsplänen vor. Die Wasserrahmenrichtlinie dagegen erlaubt keine Einschränkung und postuliert die Förderung der aktiven Beteiligung zu jeder Zeit und an allen Stellen der Umsetzung.

Es ist uns nicht klar, warum diese Reduzierung der Beteiligung vorgenommen wurde. Sie steht jedenfalls im Gegensatz zur Aussage und der Intention des Artikels 14 der Wasserrahmenrichtlinie. Ich könnte darüber spekulieren, warum hier die Beteiligung der Öffentlichkeit eingeschränkt worden ist. Auf jeden Fall würde das wieder zusätzliche Konflikte zwischen Naturschutzvertretern und den Unterhaltungsverbänden nach sich ziehen, die wir uns hätten ersparen können.

Ein letzter Punkt, der hier auch schon diskutiert worden ist, ist die Streichung des § 151. Mit dieser Streichung wird eine Regelungslücke geschaffen und damit eine Vorgabe der IVU-Richtlinie der EU ausgehebelt. Diese Regelungslücke wird hier bewusst geschaffen, weil es jetzt möglich ist, dass die Anforderungen des § 31 an die Einleitung von Abwasser unterlaufen werden; denn diese Abwässer können zunächst in eine private Abwasseranlage und anschließend in ein öffentliches Gewässer entsorgt werden, aber ohne die besonderen Anforderungen und Kontrollen des § 31. Das heißt, diese Belastung und auch die Kontrollen können anders sein.

(Christian Dürr [FDP]: Alles immer doppelt und dreifach!)

Dass dies kein Versehen und auch nicht unerheblich ist, kann man einerseits an der heftigen Auseinandersetzung im Umweltausschuss ablesen. Andererseits kann man sich auch einen Reim dar

auf machen, wenn von Unternehmerseite gerade der Wegfall dieses Paragrafen begrüßt wird. Das alles halten wir für so gravierend, dass wir gerade wegen des letzten Punktes diesen Gesetzentwurf ablehnen werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich nun Herrn Minister Sander das Wort. Bitte schön, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beratungen dieses Gesetzes in den Ausschüssen waren nicht einfach. Darauf haben alle Kollegen hingewiesen.

Herr Kollege Meinhold, bei der Frage des § 151 a geht es um einen Betrieb in Niedersachsen. Wenn wir Bürokratie abbauen wollen, dann machen wir das richtig und nicht in der Form, wie Sie es vorgesehen haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ganz abgesehen davon bin ich über Ihr Demokratieverständnis schon sehr enttäuscht. In der Manier, wie Sie die Beratungen in den anderen Landesparlamenten - auch mit Mehrheiten von RotGrün - bewerten, haben Sie das dort wohl genauso ernsthaft betrieben wie hier im Niedersächsischen Landtag.

(Zustimmung von Dr. Philipp Rösler [FDP])

Meine Damen und Herren, der ganzheitliche Ansatz bei den EU-Rechtsvorgaben zur Gewässerbewirtschaftung ist eine komplizierte Sache. Umso mehr möchte ich allen Mitwirkenden für ihre Mithilfe bei der Erarbeitung der rechtlichen Grundlagen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie danken.

Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie wird uns noch lange und intensiv beschäftigen. Die Fristen laufen bis 2015. Es könnte aber auch sein, dass es in Ausnahmefällen bis zum Jahre 2027 dauert.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Wollen Sie auf Zeit spielen?)

- Nein.

Derzeit läuft die Bestandsaufnahme zum Zustand der Oberflächengewässer und des Grundwassers. Sie zeigt uns, dass in vielen Landesteilen im Interesse der Kommunen, der Landwirtschaft und der sonstigen Nutzer Veränderungen an den Gewässern vorgenommen worden sind. Wir brauchen also ein Augenmaß beim Vollzug. Wir brauchen eine gerechte und durchschaubare Abwägung aller Belange einschließlich der Frage, was finanziell überhaupt leistbar ist.

(David McAllister [CDU]: Richtig! - Jörg Bode [FDP]: Genauso ist es!)

Deshalb wollen wir eine Bestandsaufnahme im Dialog mit den Betroffenen. Daran können und sollen sich alle interessierten Stellen und Personen außerhalb der Landesverwaltung aktiv beteiligen. Frau Kollegin Steiner, es ist nicht richtig, dass dort etwas eingeschränkt ist. Die Sechsmonatsfrist ist im Gegensatz zum ersten Entwurf nachgebessert worden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Meine Damen und Herren, deshalb haben bereits Veranstaltungen und Regionalkonferenzen stattgefunden und finden auch weitere statt, um im Dialog mit den Bürgern, mit den Betroffenen, mit den Menschen diese Bestandsaufnahme durchzuführen.

Herr Minister, entschuldigen Sie bitte. - Frau Steiner möchte eine Zwischenfrage stellen.

Frau Steiner, diese Zwischenfrage kann ich Ihnen gar nicht verwehren.

Frau Kollegin Steiner!

Herr Minister, Sie haben in einer Anhörung zur Wasserrahmenrichtlinie gesagt, wir würden eine Niedersächsische Wasserrahmenrichtlinie bekommen. Was unterscheidet die Niedersächsische

Wasserrahmenrichtlinie von der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie?

Sehr geehrte Frau Kollegin Steiner, wenn Sie die Rede abgewartet hätten, wäre ich noch auf diesen Punkt zu sprechen gekommen. Das tue ich auch, weil er dann besser passt und Sie ihn auch besser einordnen können.

Wir werden das noch im Laufe dieses Jahres in den einzelnen regionalen Konferenzen mit den Betroffenen weiter erörtern. Das heißt - Frau Steiner, hören Sie zu, sonst entgeht Ihnen etwas -, dass die Landesregierung die Wasserrahmenrichtlinie Hand in Hand mit allen Interessierten umsetzen will, also mit den Wassernutzern, den Wasserversorgern, den Verbänden der Schifffahrt, der Landwirtschaft, der Wirtschaft und allen anderen Nutzergruppen. Wir wollen keine Maßnahmen festlegen, ohne dass sie mit den Beteiligten im Dialog erörtert worden sind. Wichtig ist für uns, dass wir die Wasserrahmenrichtlinie 1 : 1 umsetzen.

(Walter Meinhold [SPD]: Das tun Sie doch nicht!)

Meine Damen und Herren, dabei werden wir die Besonderheiten des Landes Niedersachsens mit berücksichtigen. Frau Steiner, ab 1955 hat es beispielsweise einen Emslandplan gegeben. Der Emslandplan hatte das Ziel, dieses Gebiet zu entwässern. In Bayern hat es keinen Emslandplan gegeben; denn in Bayern gibt es kein Emsland. Das sind die besonderen niedersächsischen Gegebenheiten, die wir dementsprechend mit berücksichtigen werden. Deswegen gibt es eine Niedersächsische Wasserrahmenrichtlinie.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)