Protocol of the Session on November 14, 2007

In seinem Kern aber ist der Antrag akzeptabel. Deshalb werden wir ihm zustimmen. Er stellt einen Zusammenhang zwischen der Bioenergiepoduktion bei uns in Niedersachsen, einer effizienten Nutzung und der Vielfalt der möglichen Kulturpflanzen her. Auch Biodiversität ist in dem Zusammenhang übrigens ein Thema.

Darüber hinaus wird in dem Antrag auch ein Bezug zur importierten Biomasse hergestellt. Ich verweise auf die Palmöl-Debatte, die wir hier schon geführt haben. Darin war die Zertifizierung ein Aspekt. Die Probleme sollten nicht einfach nur woandershin verlagert werden. Es darf nicht sein, dass wir hier warme Stube haben, während woanders in der Welt alles plattgemacht wird.

Verantwortungsbewusste Politik muss alle diese genannten Aspekte berücksichtigen. Der Antrag der Grünen tut dies, und deshalb finde ich ihn gut. Aus demselben Grunde finde ich hingegen den Antrag, auf den sich Herr Dr. Runkel und Herr Oetjen bezogen habe, sehr schmalspurig, um es einmal sehr freundlich zu formulieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist jetzt Herr Dürr von der FDPFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Meyer, Herr Kollege Janßen, dass Biomasse ein wichtiger Bestandteil des Energiemixes auch der Zukunft ist - insbesondere wegen seiner Stetigkeit -, daran kann kein Zweifel bestehen. Es kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass wir alle die Direkteinspeisung wollen. Es geht also nicht um das Ob, sondern um das Wie, also darum, wie man den Weg am besten beschreitet.

Der Antrag von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen trägt die Überschrift „Bioenergie energieverträglich und effizient nutzen“. Herr Meyer hat in seiner Rede die Auswirkungen des ErneuerbareEnergien-Gesetzes auf Niedersachsen beschrieben. Das alles klingt ja ganz gut. Aber Rot-Grün muss sich vorhalten lassen, dass ihre Förderpolitik ausdrücklich nicht dazu geeignet war, unser gemeinsames Ziel zu erreichen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

In Niedersachsen sieht man das sehr deutlich: Fast alle Biogasanlagen, die seit dem Jahr 2000 errichtet worden sind, setzen auf nachwachsende Rohstoffe. Das hat zur Folge, dass immer mehr Flächen für die Energieproduktion verwendet werden und immer weniger Flächen für Nahrungs- und Futtermittelproduktion zur Verfügung stehen. Dadurch wird der Druck auf Pacht-, Futter- und Nahrungsmittelpreise zusätzlich erhöht. Die Zeche, meine Damen und Herren, zahlen am Ende die Landwirte und die Verbraucherinnen und Verbraucher; das muss man ganz deutlich sagen.

Nachwachsende Rohstoffe werden ja nicht eingesetzt, weil dies wirtschaftlich oder ökologisch sinnvoll wäre, sondern weil es dafür einen Extrabonus gibt. Gleichzeitig aber verschwenden wir immer noch viel Energie, indem wir es zulassen, dass energiehaltige biologische Abfälle einfach weggeworfen, statt in Biogasanlagen eingebracht werden.

Rot-Grün hat mit dem EEG am Markt vorbei gefördert, meine Damen und Herren, und das zulasten der Nichtenergielandwirte und der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich möchte der SPD einmal einige meines Erachtens recht interessante Zahlen vorhalten. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, ein Niedersachse, schlägt für die Haushaltsklausur der Bundesregierung in Meseberg folgende Biomassestrategie des BMU bis zum Jahre 2020 vor: 3,8 Millionen ha Raps, 3,4 Millionen ha Getreide und 3,5 Millionen ha Energiemais für Biogasanlagen. - Das ergibt 10,7 Millionen ha Ackerfläche nur für die Biomassenutzung.

Insgesamt stehen in Deutschland insgesamt etwa 12 Millionen ha Ackerfläche zur Verfügung. Das heißt: Herr Gabriel will allen Ernstes fast 90 % der Ackerfläche in Deutschland für Biomasse nutzen. Das ist, mit Verlaub, der größte Schwachsinn, den ich je gehört habe.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Dürr, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Letzter Satz. Wäre ich zynisch, würde ich sagen: Das passt dann auch wieder zusammen; denn wenn wir weniger zu essen haben, brauchen wir halt mehr an Wärmeenergie.

Mit einem tragfähigen Biomassekonzept hat dieser Vorschlag des Bundesumweltministers jedenfalls nichts, aber auch gar nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Meyer gemeldet. Herr Meyer, Sie haben das Wort für eineinhalb Minuten.

Herr Kollege Dürr, wenn Sie das, was Sie eben gesagt haben, ernst meinen, dann müssten Sie eigentlich sofort aus der Regierung austreten. Das steht nämlich in klarem Widerspruch zu dem, was Frau Kollegin Klopp vorhin gesagt hat, und auch zu dem, was die Landesregierung macht.

Im Übrigen: Wenn Ihre Vorschläge umgesetzt würden, dann würden sich die Landwirte sicherlich bei Ihnen bedanken. Schließlich ist der Boom, den wir in der Landwirtschaft verzeichnen und den wir der

Agritechnica besichtigen können, zum Teil darauf zurückzuführen, dass durch die Möglichkeit, als Energiewirt tätig zu werden, neue Einkommensquellen erschlossen und ungeheuer viele neue Produkte angeschafft werden können. Dass es dabei zu einer Flächenkonkurrenz kommen und es im Blick auf die Erzeugung von Lebensmittel irgendwann auch einmal kritisch werden kann, ist klar. Aber so weit sind wir noch lange nicht; im Moment ist die Situation - ich habe die Zahlen für Niedersachsen vorhin ja genannt - noch völlig problemlos. Das heißt nicht, dass es in aller Zukunft problemlos bleibt. Aber im Moment ist es das noch.

Was Sie vorschlagen, Herr Kollege Dürr, ist nun eine völlige Abkehr. Ich glaube, Sie haben die letzten Debatten nicht wirklich verfolgt. Unter den Agrarpolitikern wird darüber jedenfalls ganz anders diskutiert.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dürr möchte antworten. Auch Sie haben eineinhalb Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Meyer, ich lade Sie herzlich ein, einmal in meine Region zu kommen. Da wird nämlich bereits darüber diskutiert, dass diejenigen Landwirte, die keine Biogasanlage haben - z. B. unsere Schweinebauern -, darauf angewiesen sind, vernünftige Pacht- und Futtermittelpreise vorzufinden, weil sie für ihre Produkte noch keinen höheren Preis am Markt erzielen können. Diese Landwirte schimpfen sehr wohl auf das EEG und auf die Politik der alten rot-grünen Bundesregierung. Sie erinnern sich

noch genau an die Worte von Frau Künast von den Grünen, die damals durch die Lande gezogen ist und gesagt hat, das sei alles gar kein Problem, die Landwirte würden die Ölscheichs von morgen.

Diese Politik, meine Damen und Herren, ist gescheitert. Das zeigt auch die Biomassestrategie des Bundesumweltministers. Hier muss auch bei uns in Niedersachsen wieder ein bisschen mehr Realität einkehren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt äußert sich Herr Minister Ehlen zu dem Thema.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will an das anknüpfen, was Herr Dürr gerade gesagt hat. Herr Dürr, wenn man sich mit den Besuchern der Agritechnica unterhält - ich war zweimal dort -, stellt man fest, dass dieses Stück Normalität oder Realitätsbewusstsein inzwischen wieder eingekehrt ist.

Ich glaube, wir tun gut daran, einmal die tatsächlichen Zahlen zur Kenntnis zu nehmen. Aber vorher muss man schon noch einmal darauf zurückkommen, wie es überhaupt zu diesem Bioboom gekommen ist, warum so viel in Bioenergie investiert wird.

Den ersten globalen Bioboom haben die niedrigen Weizenpreise auf der einen Seite und die hohen Erdölpreise auf der anderen Seite eingeleitet.

In Deutschland haben die Wärmeerzeugung aus Biomasse und die Erzeugung von Biodiesel aus Raps die größte Bedeutung. - In diesem Zusammenhang ein Hinweis an die Fraktion der Grünen: Der Kollege Heineking, der jetzt im Landtag sitzt, ist nicht der Biodieselpionier, obwohl auch er sehr viel für die Umwelt tut. Der Biodieselpionier war sein Vorgänger. Sie sollten einmal zu ihm fahren und sich das anschauen.

Meine Damen und Herren, in der Vergangenheit führte der verstärkte Rapsanbau kaum zu einer Konkurrenz von Rohstoff und Fläche.

Durch das 2004 novellierte Erneuerbare-EnergienGesetz begann in Deutschland dann aber die zweite Phase des Energiepflanzenanbaus. Die Einspeisevergütung für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen sorgte für die umfangreichen Investitionen in die Biogasproduktion. Allein in Niedersachsen sind seit der Einführung des EEG rund 320 Anlagen ans Netz gegangen. Die Zahlen, die ich hier nenne, sind die Zahlen aus 2007; neuere Zahlen gibt es nicht. Von den insgesamt etwa 420 000 ha Anbaufläche für Mais in Niedersachsen sind 115 000 ha in die Biogasanlagen eingebunden. Insgesamt haben wir eine Fläche von insgesamt 200 000 ha für Energiepflanzen. Neben

vielen Pflanzen für Biogas zählt dazu letztendlich auch der Raps.

In Niedersachsen sind derzeit rund 11,2 % der Ackerfläche mit Energiepflanzen bebaut, und rund 90 % stehen für Futtermittel und Lebensmittel zur Verfügung. Bundesweit werden rund 14,9 % der Ackerfläche mit Energiepflanzen bebaut.

In Niedersachsen werden etwa 60 % der Energiepflanzen für Biogas genutzt und nur 40 % für Biokraftstoffe, also für Biodiesel. Bundesweit ist es umgekehrt: 20 % für Biogas und 80 % für Biokraftstoffe.

Niedersachsen ist hier also wesentlich zukunftsfähiger aufgestellt. Durch die Ganzpflanzennutzung bei Biogas ist die Flächen- und Energieeffizienz dieser Biogasstrategie derzeit allen anderen Formen der Bioenergie aus der landwirtschaftlichen Anbaumasse deutlich überlegen.

Im Zusammenhang mit der Flächennutzung für Biogas wird insbesondere der Anbau von Energiemais kontrovers diskutiert. So befürchtet der Naturschutz durch die Flächenverknappung eine Verteuerung seiner Maßnahmen und kritisiert den Maisanbau aus grundsätzlichen Erwägungen.

In diesem Zusammenhang unterstellt Ihr Forderungskatalog zum Energiepflanzenanbau, dass die derzeitige Biomasseerzeugung quasi im rechtsfreien Raum stattfindet. Richtig ist, dass der Anbau von Energiepflanzen denselben fachrechtlichen

Bestimmungen unterliegt wie der Anbau zur Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln. Es gibt hier also keinen Unterschied. Es ist egal, ob die Pflanze letztendlich im Tank oder auf dem Tisch landet. Ich nenne hier die gute fachliche Praxis. Das Düngerecht, das Pflanzenschutzrecht, das Naturschutzrecht, das Wasserrecht und das Bodenschutzrecht wurden schon angesprochen, und wir könnten noch viele andere Rechtsbezüge herstellen.

Besondere Vorgaben für den umweltgerechten und nachhaltigen Anbau von Energiepflanzen sind aus der Sicht der Landesregierung nicht erforderlich; das gilt für ganz Deutschland. Sie würden zusätzliche Bürokratie schaffen, die Flexibilität und die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe verringern und den Ausbau der Bioenergie verhindern.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist ganz klar gegen Restriktionen, aber für Innovatio

nen. Sie ist auf dem richtigen Weg. Wir brauchen dieses neue Gesetz nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit.