Protocol of the Session on October 18, 2007

gen seitens der Marktexperten für die kommenden Jahre können für die europäische Land- und Ernährungswirtschaft hieraus neue und attraktive Marktchancen erwachsen. Auch für einzelne ländliche Räume können sich aus dem ökologischen Landbau interessante Perspektiven ergeben. Damit diese Chancen auch von der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft genutzt werden können, gilt es, die Wettbewerbskraft der deutschen Unternehmen weiter zu stärken und noch bestehende Wachstumshemmnisse zu beseitigen.“

Meine Damen und Herren, so weit das Zitat von Herrn Bundesminister Seehofer aus einer Pressemitteilung seines Hauses.

Wer meint, dass dieser richtigen Erkenntnis nun auch ein Maßnahmenkatalog zur Unterstützung und Wettbewerbstärkung für den ökologischen Landbau folgt, reibt sich verwundert die Augen. Der Pressebericht endet mit dem Hinweis, dass die Bundesmittel für 2008 um fast 40 %, nämlich von 16 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro, gekürzt werden sollen.

Der darauf einsetzende Protest der SPD-Bundestagsfraktion hat dazu geführt, dass wir zumindest im Augenblick noch Hoffnung haben dürfen, dass es nicht zu der angekündigten Kürzung kommen wird.

Auf Landesebene das gleiche Bild: Als besonderes Bemühen um den Ökolandbau nennt der Minister die Besuche zahlreicher Aktionstage des Ökolandbaus. Er findet auch immer nette Worte - wie beim Besuch einer netten Tante -, aber das Handeln und der Stellenwert zeigen sich in der Reduzierung der Mittel für den Ökolandbau in den Jahren 2003 bis 2007 um ca. 50 %.

Bezeichnend für die Scheinheiligkeit dieses Ministers ist,

(Oh! bei der CDU)

dass im Zusammenhang mit der Einbringung des Haushalts 2008 der Bereich Ökolandbau noch nicht einmal erwähnt worden ist.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Hört, hört!)

Bekanntlich ist die Einbringung des Haushalts ja damit verbunden, dass Schwerpunkte für den kommenden Haushalt gesetzt werden.

Im Gegenteil! Auch in dem vorliegenden Haushaltsentwurf wird der Ökolandbau um weitere 100 000 Euro gekürzt.

In die gleiche Kerbe schlägt der vorliegende Antrag der Fraktionen von CDU und FDP. Den korrekten Feststellungen folgen lediglich Luftblasen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Was?)

Sie bitten die Landesregierung um die Fortführung und Intensivierung der Arbeit des Kompetenzzentrums.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Ja, das ist doch gut!)

- Schön wäre es!

Im gleichen Atemzug kürzen Sie die Mittel für das Kompetenzzentrum.

Meine Damen und Herren, Kernpunkt unseres Antrages ist die Anhebung der Umstellungsprämie gerade für das erste und das zweite Jahr der Umstellung.

Ich möchte noch einmal daran erinnern - auch wenn ich langsam das Gefühl habe, dass das bei Ihnen hoffnungslos ist -,

(Zuruf von der CDU: Ja, genau!)

dass diese Landesregierung die Umstellungsprämie ohne finanzielle Not von 160 Euro auf 137 Euro gekürzt hat.

Ich mache auch noch einmal darauf aufmerksam, dass sich alle - von den Produzenten der Rohstoffe, d. h. der Landwirtschaft, über die weiterverarbeitende Industrie bis hin zum Handel - einig darin sind, dass umstellungswillige Betriebe für die Zeit der Umstellung auf verstärkte Förderung angewiesen sind.

(Zuruf von Ernst-August Hoppenbrock [CDU])

Angebot und Nachfrage klaffen immer weiter auseinander. Uns fehlen die Rohstoffe. Andere europäische Länder nutzen die Chance und erobern sich den deutschen Markt. Diese Landesregierung verschleudert niedersächsische Wirtschaftspotenziale.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist im Rahmen der EU-Strukturförderprogramme gut bedient worden. Andere Bundesländer haben starke Mittelkürzungen hinnehmen müssen. Gerade deswegen macht ein Vergleich der Fördersätze für ökologische Anbauverfahren deutlich, dass die Unterstützung für den Ökolandbau nichts mit Finanzen zu tun hat, sondern einzig und allein mit dem politischen Willen, mit dem politischen Wollen. Die Unterstützung des Landwirtschaftsministers gilt fast ausschließlich der konventionellen Landwirtschaft. Dies gilt auch für die Fraktionen der CDU und der FDP.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Das ist doch Quatsch!)

Bayern zahlt für die ersten beide Jahre 190 Euro, Baden-Württemberg 150 Euro, Hessen 190 Euro, Nordrhein-Westfalen 262 Euro, Rheinland-Pfalz 200 Euro, Sachsen 262 Euro. Niedersachsen, das Agrarland Nummer eins, bildet mit 137 Euro das Schlusslicht mit den Ländern Brandenburg, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt.

Meine Damen und Herren, wir haben unseren Antrag auf drei Kernpunkte konzentriert: erstens die Umstellungsunterstützung, zweitens die Bereitstellung von eigenen AFP-Mitteln für den Ökolandbau, d. h. Änderung der Förderkriterien, und drittens die Verstärkung von Werbung, Information und Beratung, um das Interesse für die Umstellung zu wecken. Das Kompetenzzentrum in Visselhövede bietet dafür die fachlichen Voraussetzungen, wird von Ihnen aber immer mehr beschnitten.

Der Biomarkt wird weiter wachsen, egal, ob Sie, meine Kollegen und Kolleginnen von den Regierungsfraktionen, das politisch wollen oder nicht. Das ist so ähnlich wie bei den Gesamtschulen.

Die SPD-Fraktion will, dass die niedersächsische Landwirtschaft die Chance nutzen kann und davon profitiert. Von daher werden wir die Beschlussempfehlung ablehnen.

(Zustimmung bei der SPD - Dr. Harald Noack [CDU]: Das ist höchst bedauer- lich!)

Der nächste Redner ist der Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedauere, dass es nicht gelingen wird, hier und heute eine fraktionsübergreifende Entschließung zu verabschieden, vor allen Dingen deshalb, weil ich selbst die Initiative dazu angestoßen habe. Nach dem Besuch der BioFach im Frühjahr haben zumindest auf der parlamentarischen Seite gute Chancen für eine einheitliche Willensbildung bestanden. Aber leider waren die Koalitionsfraktionen nicht dazu in der Lage, dem Veto des Ministers etwas entgegenzusetzen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Schwach!)

Wir lehnen diese Beschlussempfehlung nicht ab, weil sie Falsches enthält. Wir lehnen sie deswegen ab, weil sie schlicht unvollständig ist, weil Entscheidendes fehlt, nämlich die Wiederaufnahme der Umstellungsförderung für die ersten beiden Umstellungsjahre. Die Abschaffung der Umstellungsförderung war ein schwerer Fehler. Ihre Wiedereinführung ist für uns unverzichtbar, wenn wir über die Förderung des Biolandbaus in Niedersachsen reden. Dem hohen Nutzen, der damit verbunden wäre, steht ein relativ geringer Einsatz von Landesmitteln entgegen. Man kann hier wirklich von Peanuts reden.

Da Sie unseren Argumenten nicht folgen wollen, möchte ich heute noch einmal andere zu Wort kommen lassen. Ich zitiere aus AGRA-EUROPE vom 18. Juni:

„Für die weitere Entwicklung des Ökomarktes müsse die heimische Bioproduktion entsprechend dem Marktwachstum ausgebaut werden.

Das hat der Fachausschuss Ökologischer Landbau des Deutschen Bauernverbandes... festgestellt. Die Neuumstellung von Betrieben auf den ökologischen Landbau finde derzeit nicht im erhofften Umfang statt. Haupthemmnis“

- hören Sie gut zu! -

„seien die im Vergleich zu früheren Jahren deutlich abgesenkte Umstellungsförderung sowie die derzeit guten Perspektiven in der herkömmlichen Landwirtschaft.“

(Filiz Polat [GRÜNE]: Aha!)

„Die Bundesländer stünden hier in der Pflicht,“

- hören Sie weiter gut zu! -

„über zusätzliche Umstellungs- und Investitionsanreize den stetig zunehmenden Bioimporten entgegenzuwirken, erklärte der DBV-Fachausschuss.“

Gleiches hören Sie aus dem Vorstand des Bauernverbandes. Sie hören es aus der DLG und - dies ist für die FDP vielleicht nicht uninteressant - auch vom agrarpolitischen Sprecher auf Bundesebene, Herrn Goldmann.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Kluge Menschen!)

Sie hören es auch von unserem Bundespräsidenten. Auf dem Bauerntag in Bamberg hat er auf den Bioboom hingewiesen. Er hat darauf aufmerksam gemacht, dass Bioprodukte made in Germany knapp werden und dass die deutschen Bauern diese Chance nutzen sollten, gerade weil die Regionalität ein überzeugender Vorzug des Ökolandbaus ist. Er hat ferner darauf hingewiesen, dass in der Übergangszeit mit erheblichen wirtschaftlichen Belastungen zu rechnen ist. Der Bundespräsident ist bei seinen Ausführungen davon ausgegangen, dass das frühere Spannungsverhältnis zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft einem gedeihlichen Miteinander gewichen ist.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass in dieser Landesregierung noch die eine oder andere Verkrampfung gelöst werden muss. Wie ist es sonst erklärbar, meine Damen und Herren, dass die Ablehnung der Umstellungsförderung immer wieder damit begründet wird, man wolle Öko und Konventionell gleich behandeln?

(Reinhold Hilbers [CDU]: Das ist rich- tig!)

Dabei wird immer wieder verdrängt, Herr Kollege, dass man Äpfel mit Birnen vergleicht.