Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einführung der Juniorprofessur unter Rot-Grün wird auch nach fünf Jahren Praxiserfahrung in allen Wissenschaftsorganisationen einhellig als kluge Entscheidung gewertet, der man nach wie vor zukunftsweisende Bedeutung zuschreibt. Die Vorredner haben das schon aufgezählt.
Erste Auswertungen zeigen, dass die Personalkategorie die Attraktivität der wissenschaftlichen Karriere steigern kann; der Frauenanteil bei der Juniorprofessur liegt in allen Fächergruppen, auch in den stark männerdominierten Natur- und Ingenieurwissenschaften, höher als bei den Vollprofessuren. Weil das lange und aufwendige Habilitationsverfahren entfällt und damit ein längst überholter deutscher Sonderweg endlich umgangen werden kann, sinkt das Alter für eine Berufung auf ein international vergleichbares Niveau. Das lässt eine Wissenschaftskarriere in Deutschland deutlich attraktiver werden.
Meine Damen und Herren, bei der jüngsten Jahrestagung des Netzwerks deutscher Nachwuchswissenschaftler in den USA, bei der das Who is Who der deutschen Wissenschaftspolitik - von der Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz bis zum Staatssekretär im Bundesbildungsministerium - auftrat, um für eine Rückkehr nach Deutschland zu werben, gab es eine zentrale Botschaft, die die Wissenschaftler mit auf den Weg gaben: Die Habilitation wird als karrierefeindliche Hürde empfunden.
Und was machen Sie, CDU und FDP, hier in Niedersachsen? - Meine Damen und Herren, Sie geben eine Trumpfkarte aus der Hand, statt sie auszuspielen.
Denn im Ländervergleich hat Niedersachsen bisher eine Vorreiterrolle bei der Einführung des neuen Qualifizierungsweges innegehabt. Die Universitäten Oldenburg, Hannover und Göttingen gehören zur Spitzengruppe in Deutschland. Aber nach dem Auslaufen der Bundesförderung - Frau Graschtat hat das ausgeführt - in 2004 und der Landesförderung in 2005 ist der Ausbau der Juniorprofessur auch in Niedersachsen ins Stocken geraten. Deshalb brauchen wir dringend wieder ein Landesförderprogramm für die Juniorprofessur.
Meine Damen und Herren, die Beharrungskräfte an den Hochschulen, die viel mit Macht und Einfluss der Professoren zu tun haben, aber wenig mit inhaltlichen Kriterien, müssen mit Anreizsystemen gebrochen werden.
Meine Damen und Herren, aufseiten der Regierungsfraktionen fehlt es an sachlichen Argumenten gegen ein solches Programm. Auch die Ausführungen von Herrn Winn - das tut mir leid - waren da nicht wirklich überzeugend.
Werte Kollegen von CDU und FDP, lieber Herr Winn, seien Sie doch so ehrlich und geben Sie zu: Sie versperren den Weg der Juniorprofessur oder den Ausbau der Juniorprofessur, weil Sie einst von einer rot-grünen Bundesregierung eingeführt wurde. Verlassen Sie also die ideologischen Grabenkämpfe und lassen Sie Vernunft walten! Der jüngste Vorstoß des Ministerpräsidenten in Sachen Gesamtschule hat doch gezeigt, wie dringend nötig Sie einen bildungspolitischen Kurswechsel brauchen.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier steht ein stellvertretender „old boy“, der sicherlich nicht im Verdacht steht, irgendwelchen akademischen Netzwerken anzugehören, obwohl ich natürlich Universitäten von innen kenne, weil ich dort als Studierender Mitglied war. Nur, gelehrt habe ich allenfalls als Aushilfskraft.
Kein Zweifel besteht daran, meine Damen und Herren, dass die Juniorprofessur in Niedersachsen im bundesweiten Vergleich besonders gut ausgebaut dasteht. Das hat auch die Kollegin Frau Graschtat hier erwähnt. Mit 187 von knapp 800 Stellen bundesweit ist der Anteil sehr groß.
Der Theorie jedoch, dass ausschließlich und ganz besonders das Instrument Juniorprofessur geeignet sein könnte, dem unstrittigen Ziel, Frauen stärker in die Hochschulen hineinzubringen, näher zu kommen, vermögen wir uns mangels einer guten Datenbasis nicht anzuschließen.
Im Niedersächsischen Hochschulgesetz ist die Gleichstellung als Ziel ausdrücklich verankert. Die Hochschulen bemühen sich um die Gleichstellung und um das Anwachsen des Frauenanteils. Auch das ist hier heute schon ausgeführt worden.
Nicht richtig ist es jedoch, dass die Tenure-TrackOption in anderen Ländern so durchgehend in die Ausschreibungen hinein gegeben wird, wie Sie das hier dargestellt haben. Vielmehr ist Sachlage, dass in den USA die Tenure-Track-Option bei den Ausschreibungen für Juniorprofessuren oftmals mit einem hohen Grad an Unverbindlichkeit gegeben ist und nachher in der Praxis auch nicht gezogen wird. Insofern muss die Evaluation während der Dauer der Juniorprofessur der eine Weg sein, die entsprechende Qualifikation zu erwerben, und der andere Weg ist, seine Karriere so zu planen, dass man sich für andere Professuren empfiehlt.
Die Juniorprofessur soll ausdrücklich nicht die Habilitation ersetzen, sondern sie soll sie ergänzen. Es ist mit diesem Instrument erfreulicherweise gelungen, den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland zu halten. Insofern ist bis hierhin doch einiges erreicht worden.
Der falsche Weg wäre es, meine Damen und Herren, hier den Antragstellern zu folgen und die Universitäten durch Zielvereinbarungen zu verpflichten, zukünftig die Juniorprofessuren in einem vorgegebenen Umfang einzurichten. Diese Forderung steht im klaren Widerspruch zur Autonomie der Hochschulen, die wir wollen und die Sie sonst an anderen Tagen - das haben Sie ja eben so gesagt - auch wollen.
Ein wichtiges Ziel für die Zukunft des akademischen Nachwuchses muss es jedoch auch sein, dass Karrieren ermöglicht werden, die nicht ausschließlich und in jungen Jahren als akademische Karrieren auf Lebenszeit angelegt sind. Es tut der Forschung und der Wissenschaft und vor allen Dingen auch der Wirtschaft gut, wenn in Zukunft mehr Austausch zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft ermöglicht wird. Das ist ein Ziel, das Sie sonst auch formulieren und das wir nicht aus
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich zu den Ausführungen von Herrn Riese zu Wort gemeldet, weil es offenbar doch ein Missverständnis gibt, was das Instrument der Zielvereinbarungen bewirken soll. Zielvereinbarungen sind dafür da, auch landeshochschulpolitische Vorstellungen umzusetzen. Eine ganz zentrale Vorstellung zielt auf die Förderung von Exzellenz an unseren Hochschulen. Es gibt keine Exzellenz, wenn die Hälfte der Wissenschaftlerinnen auf der Ersatzbank sitzt.
Von daher ist es unser legitimes Interesse und ist es die Pflicht des Landes Niedersachsen, über das Instrument der Zielvereinbarungen für Exzellenz an unseren Hochschulen zu sorgen. Ohne Frauenförderung geht das nicht, und Juniorprofessuren sind ein Instrument der Frauenförderung. So einfach ist das, Herr Riese.
Herr Riese, Sie haben jetzt auch noch einmal das Wort, um auf den Beitrag von Frau Dr. Andretta zu antworten. - Eineinhalb Minuten!
So lange werde ich gar nicht brauchen, Frau Präsidentin. Selbstverständlich kann man das Instrument der Juniorprofessur als Instrument der Frauenförderung verstehen. Das ist allerdings keineswegs die Hauptaufgabe, sondern es ist ganz allgemein der Anspruch, dass eine akademische Karriere früher begonnen werden kann, die aber keine Karriere auf Lebenszeit sein muss.
ten. Das ist ein Anliegen der beiden Koalitionsfraktionen, das wir mit Energie durchsetzen. Seien Sie gespannt auf unsere weiteren Anträge im Rahmen der Haushaltsberatungen!
Vielen Dank, Herr Riese. - Bevor ich jetzt dem Minister das Wort erteile, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Fraktionen übereingekommen sind, dass über die Tagesordnungspunkte 9 und 11 ohne Aussprache direkt abgestimmt werden soll. - Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Diskussion, von der Opposition vom Zaun gebrochen, hat nach meinem Eindruck wieder ein bisschen das Ziel, die Situation schlechter zu reden, als sie in Wirklichkeit ist. Es bleibt erstens festzuhalten, liebe Frau Dr. Andretta, liebe Frau Heinen-Kljajić - dies ist ja in den Wortbeiträgen zum Ausdruck gekommen -, dass wir im Hinblick auf die Gesamtzahl der Stellen für Juniorprofessoren mit 20 % weit über dem Bundesdurchschnitt liegen. Zweitens ist festzustellen, dass wir, was den Frauenanteil anbelangt, mit 40 % neben Berlin eine Spitzenposition innehaben. Ein Punkt ist hier nicht erwähnt worden: Auch bei den Promotionen durch Frauen nehmen wir bundesweit eine Spitzenstellung ein. Wir haben die Zahl der Doktorandinnen sogar steigern können und liegen bei etwa 40 %.
Hier soll wieder der Eindruck erweckt werden, dass wir durch die Einführung der Habilitation als Option, als Möglichkeit sozusagen eine Entscheidung getroffen hätten, die sich gegen die Juniorprofessur richtet. Das ist aber falsch. Das, was uns unterscheidet, ist, dass wir sagen: Warum sollen wir, wenn es den besonderen Wunsch nach einer Habilitation gibt, den Wettbewerb an der Stelle nicht zulassen? Denn Wettbewerb ist per se ja nichts Negatives, sondern, im Gegenteil, er sorgt in der Regel für mehr Exzellenz als für weniger. Darauf lege ich gesteigerten Wert. Das ist der einzige Grund, warum wir die Habilitation wieder über das NHG zulassen.
Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass der Wunsch danach weniger aus der Politik, sondern überwiegend aus den Hochschulen selbst gekommen ist. Wir haben also das getan, was die Hochschulen uns gegenüber als Wunsch zum Ausdruck gebracht haben. Dagegen kann in diesem Haus wohl niemand etwas sagen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen - im Grunde ist alles bereits gesagt worden -: Es muss bedacht werden, meine Damen und Herren - der Kollege Kuno Winn hat das zum Ausdruck gebracht -, dass das Verhältnis von Juniorprofessuren zu Professuren ausgewogen bleiben muss. Die Anzahl der Juniorprofessuren darf nicht beliebig gesteigert werden; denn Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren sollen die Chancen auf eine spätere Berufung auf eine Professur behalten. Diese Chancen sollten eröffnet werden. Diese Perspektive, meine Damen und Herren, ist aber nur dann gegeben, wenn hinreichende Professuren zur Besetzung anstehen. Deshalb sehen wir zurzeit keine Notwendigkeit, die Attraktivität der Juniorprofessur durch ein erneutes Landesförderprogramm weiter zu steigern.
Die Opposition hat in ihrem Entschließungsantrag erwähnt, dass Baden-Württemberg ein solches Förderprogramm aufgelegt hat. An dieser Stelle sei mir der Hinweis erlaubt, dass die Personalkategorie der Juniorprofessur in Baden-Württemberg erst mit dem Landeshochschulgesetz vom 1. Januar 2005 eingeführt worden ist. Das heißt, die BadenWürttemberger hinken im Vergleich zu Niedersachsen weit hinterher. Dass sie aus der Sorge heraus, den Anschluss zu Ländern wie Niedersachsen zu verlieren, gesagt haben „Wir fördern das jetzt in besonderer Weise“, ist aber noch kein Argument, das man auf niedersächsische Verhältnisse übertragen könnte. Wir sind vielmehr bereits so gut, dass andere deshalb Förderprogramme auflegen. Wir selbst brauchen das an dieser Stelle nicht. Nach meinem Dafürhalten wäre es auch vom systematischen Ansatz her falsch.
Lassen Sie mich nun einige ganz kurze Ausführungen zum Thema Tenure Track machen. Diese Möglichkeit ist nach dem NHG gegeben, übrigens im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Ländern. Sie werden zugeben müssen, dass wir auch hier fortschrittlich sind.
- Ja, das haben Sie unterstützt. Meine Bitte ist aber: Wenn wir solche Debatten wie diese führen - sie werden ja hoffentlich auch außerhalb dieses Hauses wahrgenommen -, dann sollten wir über die Dinge, die wirklich gut sind, auch so reden, dass sie gut sind, und sie nicht ständig in ein schlechtes Licht stellen.
Es wird immer auf das Beispiel Vereinigte Staaten verwiesen. Dabei wird aber verschwiegen, meine Damen und Herren, dass die Tenure-Track-Option auch in den USA keinesfalls der Regelfall ist und dass auch dort zunehmend davon Abstand genommen wird, abgesehen davon, dass hier zwei unterschiedliche Systeme vorliegen. Sie werden mir recht geben, wenn ich immer häufiger darauf hinweise, dass es völlig falsch wäre, das amerikanische System undifferenziert auf europäische oder gar deutsche Verhältnisse übertragen zu wollen. Dies wird von vielen immer dann gemacht, wenn es gerade passt. Das ist aber unzulässig, weil die Unterschiede gravierend sind. Das ist keineswegs sozusagen ein übertragbares Modell. Also: Auch in den USA wird mehr und mehr davon Abstand genommen.
Ob sich die Möglichkeit zu einer solchen Option eröffnet, zeigt sich meist erst während der Zeit der Anstellung als Juniorprofessorin oder Juniorprofessor. Ich bin sicher, meine Damen und Herren, dass die Hochschulen dabei die nötige Sorgfalt walten lassen und bei entsprechender Qualifikation und einem personellen Bedarf in dem entsprechenden Fach von dieser Option auch Gebrauch machen.