Meine Damen und Herren, die Haushaltsberatungen sind noch nicht abgeschlossen. Die Grundvoraussetzung für die Auseinandersetzung mit einem Haushalt ist, verehrte Frau Kollegin, dass man einen Haushalt lesen kann. Wenn Sie noch einmal hineinschauen, wird Ihnen vielleicht noch das eine oder andere Licht aufgehen. Wir sind aber auch noch nicht am Ende der Haushaltsberatungen angelangt. Vielleicht verschiebt sich da und dort die eine oder andere Zahl. Ich möchte jedoch hier dafür geradestehen, dass wir die Schulen, die wir eigenverantwortlich machen, auf diesem Weg begleiten und in passenden Schritten immer für die notwendige Unterstützung sorgen. In dieser Frage können Sie ganz beruhigt sein, meine Damen und Herren. - Danke schön.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden.
Tagesordnungspunkt 8: Einzige (abschließende) Beratung: Juniorprofessuren als erfolgreiches Instrument der Nachwuchs- und Frauenförderung unterstützen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3913 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 15/4117
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fünf Jahre nach Einführung der Juniorprofessur hat das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) mit der Veröffentlichung der Ergebnisse einer Befragung der Stelleninhaber und der Hochschulen eine erste Bilanz gezogen.
Danach muss man Folgendes feststellen: Die derzeit rund 800 besetzten Juniorprofessurenstellen liegen zahlenmäßig weit hinter den Erwartungen. Aufgrund der geringen Zahl von Neuausschreibungen ist allenfalls mit Konstanz, aber nicht mit einem weiteren Ausbau zu rechnen. Der weitaus größte Teil der Stelleninhaberinnen und Stelleninhaber ist mit dem gewählten Qualifikationsweg zufrieden. Die gesetzlich vorgeschriebenen Zwischenevaluationen sind ganz überwiegend positiv verlaufen. Die Hochschulen schätzen die Qualität der Bewerberinnen und Bewerber ganz überwiegend sehr gut bis gut ein. Die Verankerung eines Tenure Track ist eher die Ausnahme als die Regel. Und: Der Frauenanteil bei den Juniorprofessuren liegt mit bundesweit 28 % weit über dem anderer Professuren mit 10 %; das gilt auch und besonders für die traditionell männerdominierten Natur- und Ingenieurwissenschaften. Fazit: Die Beteiligten sind zufrieden. Allseits beschworene Ziele wie Frauen- und Nachwuchsförderung gerade in den Natur- und Ingenieurwissenschaften werden erreicht. Trotzdem stagniert die Juniorprofessur auf niedrigem Niveau.
Herr Minister Stratmann wird uns vermutlich gleich erzählen, in Niedersachsen sei das alles ganz anders. Richtig ist: Wir liegen mit 187 von 800 bundesweit eingerichteten Juniorprofessuren und mit einem Frauenanteil von 40 % gut im Rennen.
Richtig ist aber auch, dass 146 der Stellen bis Ende 2004 geschaffen wurden und nur 41 in den folgenden zwei Jahren hinzugekommen sind und nur in elf Fällen bei der Ausschreibung ein Tenure Track eingerichtet worden ist. Auch hier zeichnet sich also eine deutliche Stagnation ab. Es gibt deshalb keinen Anlass, sich auszuruhen, sondern die Landesregierung muss deutliche Zeichen setzen. Es reicht eben nicht, in Sonntagsreden die Notwendigkeit von Nachwuchs- und Frauenförderung besonders in den Natur- und Ingenieurwissenschaften zu beschwören. Niedersachsen und
seine Hochschulen stehen im Wettbewerb um die besten Köpfe, und sie haben mit der Juniorprofessur einen Erfolg versprechenden Weg, um diesen zu bestehen.
Vor einem Jahr ist von der DFG in Anbetracht der dramatischen Zahlen eine Frauenquote gefordert worden, weil wir es uns auf die Dauer nicht leisten können, 40 % unseres intellektuellen Potenzials vor der Tür zu lassen.
Der Frauenanteil bei den Professuren steigt zurzeit um ein sagenhaftes halbes Prozent pro Jahr. Auch aus dem Kreis der ausländischen Wissenschaftler, die mit der Bewertung der Projekte im Rahmen der Exzellenzinitiative befasst waren, gab es nur Unverständnis für diese deutsche Besonderheit und die Forderung nach einem Systemwechsel. Dem hat sich Bundeswissenschaftsministerin Schavan angeschlossen. Als vorläufiges Ergebnis dieser Debatte haben sich Ende November 2006 die HRK, der Wissenschaftsrat, die DFG und alle großen Forschungsinstitute im Rahmen einer „Offensive für Chancengleichheit“ zu Maßnahmen gegen das sogenannte Phänomen der leckenden Pipeline verpflichtet.
Die Juniorprofessur ist u. a. dafür ein sehr geeignetes Mittel, wie die Zahlen eindrucksvoll zeigen. Die Landesregierung muss deshalb ein Signal an die Hochschulen geben, verstärkt die Einrichtung von Juniorprofessuren vorzusehen. Ein solches Signal gehört auch in die Zielvereinbarungen.
Von Vertretern von CDU und FDP haben wir in der Ausschussberatung stattdessen aber nur Kostproben der Argumentation von „Old-Boys-Networks“ genießen können. Leider fehlt gerade einer der beiden „old boys“, die ich heute ganz besonders ansprechen wollte; allerdings entschuldigt. In völliger Ignoranz der Realität wurde dort jeder Handlungsbedarf abgewehrt mit der Begründung, in Anbetracht der steigenden Zahl von weiblichen Studierenden wachse sich das alles schon irgendwie aus. Ich vermute, vielen weiblichen Mitgliedern dieses Parlaments kommt diese Argumentation sehr bekannt vor. Für mich trifft das jedenfalls zu.
Die Zahlen zeigen: Das Auslaufen der Bundesförderung in Höhe von 60 000 Euro pro Stelle Ende 2004 und die Beendigung des Landesprogramms im Jahr 2005 haben eine wesentliche Rolle für die zögerliche Einrichtung gespielt. Baden-Württemberg hat bereits die Konsequenzen gezogen und ein Förderprogramm aufgelegt, mit dem die Arbeitsbedingungen der Juniorprofessoren bei der Durchführung von Forschungsvorhaben verbessert werden sollen. Qualitätsvolle neue Forschungsprojekte können dort mit bis zu 120 000 Euro gefördert werden. Ein solcher Schritt ist auch in Niedersachsen dringend notwendig, und die SPD-Fraktion fordert die Landesregierung auf, diesen zu tun.
„Der Wissenschaftsrat hat sich für eine starke Regelung zum Tenure Track ausgesprochen und die Möglichkeit einer ausschreibungsfreien Übertragung unbefristeter Professuren als im Interesse der Entwicklung des Wissenschaftssystems liegend angesehen“, heißt es in der Studie des CHE. Diese Frage sei von entscheidender Bedeutung für die Attraktivität und die Durchsetzungsfähigkeit der Juniorprofessur. Bundesweit wie auch in Niedersachsen ist allerdings festzustellen, dass nur in Ausnahmefällen davon Gebrauch gemacht wird. Das führt zu Verunsicherung unter den Wissenschaftlern u. a. mit der Folge, dass mehr als ein Drittel der Stelleninhaber gleichzeitig eine Habilitation plant. Das kann aber nicht Sinn und Zweck dieses Qualifikationsweges sein. Auch beklagen viele das Verpuffen von Arbeitsleistungen bei langfristig angelegten Forschungsvorhaben, die wegen der Befristung der Juniorprofessuren auf sechs Jahre nicht zu Ende geführt werden können. Und das, obwohl nach Feststellungen der DFG gerade diese große Erfolge bei der Einwerbung von Drittmitteln zu verzeichnen haben. Außerdem werden sich die besten Nachwuchskräfte dann zwangsläufig eher nach Amerika oder an die ETH in Zürich orientieren, wo der Tenure Track inzwischen zur Regel geworden ist.
Meine Damen und Herren, ein Anteil von 4 % aller Professorenstellen an deutschen Universitäten ist angesichts des in der Juniorprofessur steckenden Potenzials viel zu wenig.
Niedersachsen kann hier einen großen Schritt nach vorn tun, wenn die richtigen Signale gesetzt und Perspektiven geboten werden. Die SPDFraktion fordert, dass die Landesregierung und die
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf noch einmal erinnern: Frau Bulmahn hat mit der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes im Jahr 2002 eine glatte Bauchlandung hingelegt. Das Gesetz war, wie wir alle noch wissen, verfassungswidrig. Damit ging der Rundumschlag gegen die Habilitation - damaliger O-Ton des BMBF: „Die Generation der Privatdozenten muss man verschrotten“ - völlig ins Leere. Das war aber auch gut so; denn die Abqualifizierung der Habilitation war durch nichts gerechtfertigt und den Habilitanden gegenüber menschenverachtend.
Ich persönlich habe diese Töne noch gut im Ohr; denn ich bin einer der wenigen, die im Jahr 1968 tatsächlich studiert haben. So etwas kommt mir sehr bekannt vor. Schon in unserem Antrag aus dem Jahr 2002 haben wir die damalige Landesregierung - leider vergeblich - gewarnt. Folgerichtig haben CDU und FDP nach der Regierungsübernahme die Habilitation neben der Juniorprofessur im NHG verankert.
Ich will jetzt aber nicht nachkarten. Die Juniorprofessur - das sage ich hier ganz deutlich - ist eine Riesenchance für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist aber nur dann Erfolg versprechend, wenn sie sich an den Bedürfnissen der wissenschaftlichen Nachwuchskräfte orientiert.
Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, höhere Eigenverantwortung, Gestaltungsfreiraum, größere Unabhängigkeit in Forschung und Lehre sowie gute Berufsaussichten müssen daher im Mittelpunkt stehen. Als neuer Karriereweg bietet die Juniorprofessur dem wissenschaftlichen Nachwuchs so einen weiteren Zugang zur - ich sage einmal - ordentlichen Professur, und sie ermöglicht
bereits im Alter um die 30 ein eigenständiges Forschen und Lehren. Ich füge hinzu: Ich kannte auch damals, zu meiner Zeit, habilitierte Ordinarien, die noch keine 30 Jahre alt waren.
Die Juniorprofessur erhöht das Innovationspotenzial in Forschung und Lehre durch junge und motivierte Leistungsträger und steigert damit gleichzeitig durch Schaffung international vergleichbarer Standards die Internationalität des Wissenschaftsstandortes Niedersachsen und damit auch des Wissenschaftsstandortes Deutschland. Ein wichtiger Nebeneffekt ist auch die Verhinderung der Abwanderung qualifizierter Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler ins Ausland, des sogenannten Braindrain. Gleichzeitig werden für derzeit international Tätige attraktive Arbeitsmöglichkeiten geschaffen.
Die Flexibilisierung der Qualifizierungswege kommt besonders der Berufs- und Lebensplanung von Frauen zugute. Ein wichtiges Ziel unserer Politik war und ist neben der Verjüngung auch die Vergrößerung des Frauenanteils unter den Wissenschaftlern. Dies ist mit der Einführung der Juniorprofessur gelungen. Das möchte ich hier ausdrücklich feststellen. Der Frauenanteil unter den Juniorprofessoren liegt in Niedersachsen bei etwa 40 %. Damit nimmt Niedersachsen neben Berlin eine Spitzenposition in Deutschland ein.
Angesichts dessen ist es auch nicht verwunderlich, dass laut der hier schon zitierten CHE-Studie mehr als die Hälfte der befragten Juniorprofessoren Kinder haben. Die Juniorprofessur lässt sich also hervorragend mit Familie und Beruf vereinbaren. Man könnte auch sagen: Frühe Selbstständigkeit, verbesserte Gleichstellung und Internationalisierung, wissenschaftliche Innovation und eine verbesserte Planbarkeit wissenschaftlicher Karriereverläufe scheinen mit der Juniorprofessur erreicht worden zu sein.
Nun zu den Forderungen in Ihrem Antrag: Neben all den vorher genannten positiven Aspekten darf die Einrichtung von Juniorprofessuren aber auch nicht überstrapaziert werden. Schließlich soll möglichst jeder Juniorprofessor und jede Juniorprofessorin die Möglichkeit haben, auf eine ordentliche Professur berufen zu werden. Aus diesem Grunde und auch auf Grund der Tatsache, dass Niedersachsen in diesem Bereich eine Spitzenposition einnimmt, ist ein weiteres Landesförderprogramm nicht notwendig, zumal bei der DFG mehr als die Hälfte der Forschungsanträge von Juniorprofesso
ren stammt. Die Einwerbung von Drittmitteln ist bekanntlich ein wichtiges und wesentliches Kriterium für die Berufung.
Wir haben die Freiheit der Hochschulen erweitert. In Zielvereinbarungen hat die Schaffung von neuen Stellen für Juniorprofessoren meines Erachtens nichts zu suchen. Das ist in die Beliebigkeit und die Freiheit der einzelnen Hochschule gestellt. Mit der Möglichkeit zur Einrichtung des Tenure Track wird die Karriere für Nachwuchswissenschaftler besser planbar. Das ist richtig. Ich möchte allerdings anmerken, dass manche Juristen den Tenure Track als verfassungsrechtlich bedenklich einstufen, da er mit dem Übergang der befristeten Juniorprofessur in eine Lebenszeitprofessur ohne Ausschreibung nicht mehr den gleichen Zugang für alle geeigneten Bewerber auf ein Amt gewährleistet. Ich würde empfehlen, diese Optionen seitens der Hochschulen nicht inflationär zu gebrauchen. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen gehen die Hochschulen in Niedersachsen mit dieser Option aber sehr gewissenhaft um.
Wir verschweigen wirklich nicht: Jede Reform muss sich natürlich in der Praxis bewähren und ist oft zu Beginn Kritik bzw. Anregungen ausgesetzt. Wir haben in dieser Hinsicht bereits einiges getan, auch um Unsicherheiten abzubauen. Uns bleibt es, diese Entwicklung weiterhin genau zu beobachten und natürlich auch positiv zu begleiten.
Da Sie erkennen müssen, dass wir in diesem Bereich vieles getan und auch schon vieles eingeleitet haben, ist Ihr Antrag überflüssig; wir werden ihn deshalb ablehnen und der Ausschussempfehlung zustimmen. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einführung der Juniorprofessur unter Rot-Grün wird auch nach fünf Jahren Praxiserfahrung in allen Wissenschaftsorganisationen einhellig als kluge Entscheidung gewertet, der man nach wie vor zukunftsweisende Bedeutung zuschreibt. Die Vorredner haben das schon aufgezählt.