In Bezug auf Ihre Ausführungen zur Justizreform bzw. zur mangelnden Akzeptanz möchte ich darauf hinweisen, dass die gesamte Justizministerkonferenz der Länder genau dieser Konzeption zugestimmt hat. Manchmal braucht so etwas länger, weil die Menschen natürlich mit eingebunden werden müssen. Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir auf diesem Weg auch weiterkommen. Da können Sie ganz sicher sein, lieber Herr Briese. Wir haben auch noch Zeit, eine ganze weitere Legislaturperiode, da bin ich mir auch sicher.
In dem Antrag der SPD-Fraktion geht es um die angemessene Unterbringung der hannoverschen Fachgerichte. Frau Bockmann, ich aber möchte sehr viel mehr. Ich möchte nicht nur die hannoverschen Fachgerichte angemessen unterbringen, sondern ich möchte ein umfassendes Dienstleistungsangebot der Justiz im Zentrum Hannover schaffen. Ich möchte in unmittelbarer Nähe von Amtsgericht, Landgericht und Staatsanwaltschaft die fünf Fachgerichte in einem Gebäude unterbringen, das für die Bürgerinnen und Bürger, die Anwältinnen und Anwälte und auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr gut erreichbar ist. Gleichzeitig soll durch diese gemeinsame Unterbringung ein Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts geleistet werden, sie soll günstiger für das Land sein als die bisherige Art der Unterbringung.
Insofern beschreibt die Überschrift zu diesem Antrag genau das Vorgehen der Landesregierung bei diesem Projekt. Alternativen wurden bis zuletzt geprüft. Allen Zweifeln und Bedenken wurde auf unterschiedliche Art und Weise Rechnung getragen. Jetzt können vorbehaltlich der bereits laufenden und noch einzuleitenden personal- und richterrechtlichen Beteiligungsverfahren die hannoverschen Fachgerichte angemessen untergebracht werden.
Ich habe die Voraussetzungen für eine Anmietung des Bürohauses mehrfach - auch hier - in der Öffentlichkeit und in Gesprächen mit den Richterräten dargelegt, übrigens auch in Gesprächen mit dem Steuerzahlerbund. Da muss ich Ihnen widersprechen: Nach den Gesprächen mit dem Steuerzahlerbund ist der jedenfalls auch von der Wirtschaftlichkeit dieses Projektes überzeugt. Insofern haben Sie das hier nicht ganz richtig dargestellt.
- Ich gehe nur auf den Einwand von Frau Bockmann ein. Sie hatte gesagt, dass der Steuerzahlerbund das als nicht wirtschaftlich kritisiert. Das entspricht nicht den Tatsachen.
Ich will Ihnen die Voraussetzungen noch einmal darstellen. Erstens. Die neuen Räumlichkeiten müssen hinsichtlich des Umfangs ausreichend sein. Zweitens müssen sie nach den Anforderungen der Justiz hergestellt werden. In der Form, wie sie jetzt vorhanden sind, können wir sie tatsächlich nicht nutzen. Von den Räumlichkeiten dürfen für die Bediensteten keine Gesundheitsgefährdungen ausgehen. Die Klimaanlage muss modernisiert werden. Drittens - noch einmal -: Das Projekt muss wirtschaftlich sein.
Alle diese Punkte sind in den Gesprächen mit den Behördenleitungen und Bediensteten, aber auch gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der potenziellen Vermieterin immer wieder angesprochen und kritisch hinterfragt worden.
In der Sitzung des Rechtsausschusses am 5. September hat Herr Staatssekretär Dr. Oehlerking zu allen Punkten ausführlich Auskunft gegeben; Herr Dr Biester hat darauf hingewiesen. Aus meiner Sicht verfügt das Bürohaus „Lister Tor“ über die geeigneten Räumlichkeiten zur Unterbringungen eines Fachgerichtszentrums.
Erstens. Nach den vorläufigen Planungen des Architekten der Vermieterin lässt sich der genehmigte Raumbedarf im Bürohaus „Lister Tor“ tatsächlich darstellen.
Zweitens zur Frage der Schadstoffbelastung. Nach den vorgenommenen Schadstofferhebungen sind in dem Gebäude zwar Schadstoffe verbaut worden. Sie sind in der vorgefundenen Form allerdings ungefährlich. Diese Einschätzung teilt auch die Landesbaubehörde. Um auch nach den Baumaßnahmen Sicherheit im Hinblick auf die Gesundheit unserer Beschäftigten zu haben, wird im
Mietvertragsentwurf vorgesehen, dass nach Abschluss der Bauarbeiten, aber noch vor Einzug eine Freimessung hinsichtlich etwaiger Schadstoffe von einem unabhängigen, im Einvernehmen mit dem Justizministerium zu beauftragenden Institut erfolgen muss.
Den Richtervertretern und den Personalvertretungen ist auch in diesem Zusammenhang mitgeteilt und zugesagt worden, dass sie auch hieran beteiligt werden. Deshalb bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass ein Mehr an Sicherheit nicht erreicht werden kann und von dem Gebäude keine Gefahr für die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch nicht durch Asbest, ausgeht.
Drittens zur Wirtschaftlichkeit. Wir haben ein vorzeigenswertes Ergebnis erzielt. Bei einer Anmietung des Bürohauses über die Vertragslaufzeit ergibt sich ein Vorteil von rund 4 Millionen Euro gegenüber dem jetzigen Zustand. Allein die Baukosten für einen Neubau werden auf ca. 50 bis 55 Millionen Euro veranschlagt. Ein Neubau stellt deswegen eben keine Alternative dar.
Besonders ärgerlich finde ich allerdings inzwischen den Vorwurf, der auch heute wieder vorgetragen wurde, wir hätten Alternativen nicht geprüft. Das stimmt einfach nicht. Natürlich haben wir Kontakt zu allen Anbietern aufgenommen, deren Angebot auch nur theoretisch hätte in Betracht kommen können.
In den letzten Tagen ist dann noch der Gebäudekomplex der Pädagogischen Hochschule in die Diskussion eingebracht worden. Hierzu noch einmal: Zum einen ist der Standort in der Südstadt weiß Gott nicht ideal; das sehen auch die Hannoveraner so. Ein Fachgerichtszentrum sollte vorrangig im Innenstadtbereich in der Nähe der übrigen Gerichte gelegen sein. Zum anderen ist die bauliche Eignung dieses Gebäudes sehr in Zweifel zu ziehen. So ist nach einer vorsichtigen Schätzung der Bauverwaltung für die Herrichtung dieses Gebäudes ein Betrag von rund 70 bis 80 % der Neubaukosten anzusetzen. Das sind nun wiederum 40 Millionen Euro. Dafür müssen Sie dann auch noch die Zinsen rechnen, die eine Dauerbelastung darstellen.
Meine Damen und Herren, Ihr Entschließungsantrag hat sich meines Erachtens durch diese Darstellung bereits erledigt.
Federführend soll sich der Ausschuss für Rechtsund Verfassungsfragen mit dem Antrag beschäftigen, mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Dann ist das so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 31: Erste Beratung: Gentechnikrecht: Verbessern - nicht verwässern! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/4039
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich erteile ihm das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser Antrag bezieht sich auf ein Paket verschiedener Gentechnikgesetze und -verordnungen, die am 8. August durch das Bundeskabinett verabschiedet worden sind und zu denen jetzt der Bundesrat und damit auch Niedersachsen eine Stellungnahme abgeben muss. Das parlamentarische Verfahren soll im Herbst und Winter durchgeführt werden.
Wesentlicher Impuls für unseren Antrag war, dass beim Marketing für diesen Kabinettsbeschluss Minister Seehofer verkündete, er habe das Gentechnikrecht verschärft. Darüber hinaus gehe es nur um ein paar Peanuts, die man nicht weiter beachten müsse.
Nur, meine Damen und Herren, exakt das Gegenteil ist der Fall. Die vorliegenden Novellen stellen einen deutlichen Paradigmenwechsel dar, und zwar die Abwendung vom Vorsorgeprinzip, das bisher Grundlage der nationalen und der EU-Gesetzgebung war, hin zum Prinzip „nach mir die Sintflut“. Mit den neuen Bestimmungen wird der Schutz der Umwelt und vor allem der Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft massiv verschlechtert. Dieser Schutz wird einer, ich sage, verantwortungslosen sogenannten Förderung von
Gentechnikforschung und Gentechnikanwendung geopfert, und das gegen den Willen der meisten Menschen.
In der Verordnung zur guten fachlichen Praxis wurde das ursprüngliche Ziel gestrichen, dass Gentechnikpflanzen nur angebaut werden sollen, wenn sie die Koexistenz, also die weitere Existenz von Biolandbau und gentechnikfreier Landwirtschaft, nicht gefährden. Wie soll man denn das interpretieren? Doch nur so, dass dieses Ziel offensichtlich aufgegeben wurde, vielleicht weil man weiß, dass diese Koexistenz in der europäischen Landwirtschaft ein Argumentationstrick ist, um die Akzeptanz für diese Technik zu steigern. Ansonsten ist Koexistenz auf Dauer ein Hirngespinst.
Diese Bestimmungen sollte man deswegen lieber „Verordnung zur schlechten fachlichen Praxis“ nennen. Die Regelungen bieten keinen ausreichenden Schutz gegen die schleichende Verunreinigung unserer Umwelt mit gentechnisch veränderten Organismen. Da ist es natürlich auch grotesk, wenn der Bauernverband fordert, dass die Einhaltung eines solchen Flickwerks auch noch von jeder Haftung freistellen soll. Die Abstandsregeln für Genmais von 150 m bei konventionellen Beständen und 300 m für Biomais ist ein Witz. Sie macht deutlich, dass es sich hierbei vor allem um politische Setzungen handelt, denen keinerlei wissenschaftliche Erkenntnis gegenübersteht; denn der Natur und den Kulturpflanzen dürfte es egal sein, ob die schleichende Kontamination durch Auskreuzung nun über konventionelle oder Biopflanzen erfolgt. Abstandsregelungen zu Naturschutzgebieten gibt es natürlich überhaupt nicht.
Keinerlei Lösungsangebote finden wir auch zur Imker- oder, besser gesagt, zur Bienenproblematik, obwohl inzwischen vor den deutschen Gerichten verhandelt wird und mangels rechtlicher Vorgaben meines Erachtens häufig nach dem Zufallsprinzip entschieden wird. Bienen nehmen genetisch veränderten Pollen auf. Sie fliegen über mehrere Kilometer, verteilen ihn entsprechend und tragen ihn in ihren Stock und damit in den Honig und andere Imkereiprodukte ein. Trotzdem gibt es keine Mitteilungs- und Anpassungspflicht von Gentechnikbauern gegenüber Imkern in der Region. Trotzdem fehlt die Festlegung, dass Pollen Organismen im Sinne des Gentechnikrechts sind. Es gibt keine Klarstellung, die Imker für gentechni
sche Verschleppungen durch ihre Bienen von der Haftung freistellt. Das hat sicher auch wieder damit zu tun, dass man ja sonst eingestehen müsste, dass das Konstrukt der Koexistenz vor allem eine Beruhigungspille und ohne jede signifikante Wirkung ist.
Meine Damen und Herren, nicht einmal diese schlechte fachliche Praxis ist als Mindestsicherheitsnetz garantiert. Sie kann durch eine einfache privatrechtliche Absprache zwischen den bäuerlichen Nachbarn ausgehebelt werden nach dem Motto „Wir verstehen uns doch so gut, für uns gilt das Recht nicht“. Das ergibt einen sehr zweifelhaften Schutz vor Schadensersatz bei direkten Nachbarn. Aber wer schützt in diesem Fall die Verbraucher, wer schützt die Imker, die Naturschutzgebiete und die entfernteren Landwirte? Meine Dame und Herren, das ist ein Freibrief zur Gentechnikverschmutzung.
Zu dieser Freibriefpolitik gehört auch eine Reihe von - harmlos - „Lockerungen“ genannten Veränderungen für den Forschungsanbau. Besonders gravierend ist folgende Veränderung: Da werden bestimmte gentechnisch veränderte Pflanzen, die die Regierung als sicher einstufen kann, de facto aus dem Gentechnikrecht herausgenommen, wenn sie in sogenannten geschlossenen Systemen angebaut werden. Das bedeutet u. a. keine Anmeldeund keine Aufzeichnungspflichten und keine spezifischen Sicherheitsmaßnahmen. Dabei - das ist das Problem - sind Interpretationen durch unklare Formulierungen Tür und Tor geöffnet. Möglicherweise kann schon die Umzäunung eines Institutsfeldes mit einem Maschendrahtzaun diese Bedingung erfüllen. Das führt dann zu der paradoxen Situation, dass kommerzieller Gentech-Anbau mit zugelassenen Pflanzen schärfer geregelt ist als das wissenschaftliche Experimentieren mit ungeprüften Organismen. Meine Damen und Herren, das ist nicht nur paradox, sondern das ist unverschämt und muss verhindert werden.
Es führt auch dazu - hier besteht das Landesinteresse -, dass den Ländern in diesen Fällen keine Möglichkeit der Kontrolle und Rückverfolgung bleibt, um ihren Überwachungsaufgaben gerecht zu werden.
Dann verwundert es natürlich auch nicht, dass weitere Probleme, die sich in den letzten Monaten aus der Diskussion und aus der Praxis ergeben haben, nicht geregelt werden. Das betrifft eine verursachergerechte Kostenzuweisung, die den zusätzlichen Aufwand für Untersuchungen, Reinigungsarbeiten u. Ä. den Gentechnikbauern auferlegt. Bisher bleibt der Biobauer auf seinen Kosten sitzen, wenn er seinem Großhändler die Gentechnikfreiheit seiner Ware belegen muss. Auch die Klarstellung, dass die gesetzliche Haftung nicht an den Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9 % gekoppelt ist, sondern jede Verunreinigung betrifft, fehlt nach wie vor.
Zum Seehofer-Marketing des Kabinettsbeschlusses gehörte auch das vollmundige Bekenntnis, man wolle die altehrwürdige Seehofer-Verordnung, die noch aus seiner Zeit als Gesundheitsminister ist, überarbeiten, damit es praktikabler wird, Lebensmittel, die ohne Gentechnik produziert werden, auch als solche zu kennzeichnen. Das ist in der Tat ein sinnvolles Projekt, da bisher kaum jemand bereit war, die hohen administrativen Hürden für eine solche Kennzeichnung anzugehen. Aber, meine Damen und Herren, wenn man sich das Rechtspaket, das dem Kabinett vorlag, anschaut, reibt man sich verwundert die Augen. Die angesprochene Verordnung ist gar nicht dabei, sie steht gar nicht einmal zur Debatte. Meine Damen und Herren, im Kampf um den CSU-Vorsitz mag ja alles erlaubt sein, aber im Umgang mit verunsicherten Verbrauchern sicherlich nicht, vor allen Dingen keine arglistige Täuschung.
Wie verhängnisvoll Gentechnikschlamperei im Forschungsbereich sein kann, hat uns der jüngste Gentechnikunfall mit kontaminierten Genrapssamen gezeigt, den die Vertriebsfirma auf entsprechende Versuche von vor über zehn Jahren zurückführt. Wer also heute noch ernsthaft behaupten will, dass dauerhaft ein Nebeneinander von Genraps und gentechnikfreiem Raps auf einem Kontinent möglich ist, der ist ein verantwortungsloser gentechnischer Traumtänzer oder Triebtäter. Trotzdem wurde auch in diesem Jahr wieder ein Freisetzungsversuch in Ostdeutschland genehmigt. Das darf es in Zukunft nicht mehr geben. Überhaupt lässt die Informationspolitik der Minister Ehlen respektive Sander hier zu wünschen übrig. Mit einer allgemeinen Ankündigung, man habe das Unterpflügen verfügt, ist es nicht getan. Wir wollen
schon genauer wissen, ob alle verkauften Samen eingesammelt und vernichtet werden. Nach der Aussaat ist es mit einem einmaligen Unterpflügen auch nicht getan, Herr Minister.
Ich komme zum letzten Satz. - Zur Vernichtung von Durchwuchs dürfte auf dem Feld mindestens zehn Jahr lang kein Raps mehr angebaut werden. Der Handlungsbedarf liegt also auf der Hand. Stimmen Sie unserem Antrag zu! - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die öffentliche Debatte um Gentechnik ist - das haben wir in der Vergangenheit auch in diesem Hause erlebt - häufig von geringer Sachlichkeit und geringer Bereitschaft zum Dialog geprägt. Diesen Dialog zu führen, dazu ist die CDU-Landtagsfraktion jederzeit bereit - kritisch, aber auch ergebnisoffen. Wir sollten uns der grünen Gentechnik nicht grundsätzlich verschließen. Sie kann eine zukunftsweisende Technologie sein, deren Potenziale wir nutzen sollten.
Meine Damen und Herren, seit Jahren werden Ölsaaten und eiweißhaltige Futtermittel in die Europäische Union eingeführt, weil der Selbstversorgungsgrad der EU hier nur bei etwa 35 % liegt. 2006 erreichten diese Importe ca. 40 Millionen t, davon ca. 22 Millionen t Sojaschrot, 15 Millionen t Sojabohnen sowie 2,6 Millionen t Maiskleberfutter. Sie wissen, dass ein Großteil dieser Futtermittel von gentechnisch veränderten Pflanzen stammt. 2006 lag der Anteil gentechnisch veränderter Sojabohnen an der gesamten Anbaufläche in den Vereinigten Staaten bei fast 90 % und, Herr Kollege Oetjen, in Argentinien bei nahezu 100 % und in Brasilien bei 60 %. So kommen natürlich auch