Protocol of the Session on September 13, 2007

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Stimmt! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

- Herr Meinhold, selbst Ihr Fraktionsvorsitzender stimmt mir gerade zu. Sie sollten überlegen, was Sie jetzt noch sagen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Deshalb sind wir ja im Gegensatz zu Ihnen für Mindestlöhne, Sie Heuchler!)

Herr Kollege Althusmann, ich unterbreche Sie. Ich hätte fast gesagt „damit die Diskussion sich nicht ausweitet“. - Herr Jüttner, Sie erhalten einen Ordnungsruf. - Herr Althusmann, Sie haben noch 15 Sekunden.

Ich will nur deutlich machen, dass jeder, der mit dem Thema Soziales ernsthaft und seriös umgeht, immer bei den Fakten und bei der Wahrheit blei

ben und die Menschen nicht verunsichern soll. Es gibt weltweit keinen anderen Staat, der so viel für seine Menschen tut, wie Deutschland.

(Beifall bei der CDU)

Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Busemann zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schwarz, wir hatten ja noch nicht allzu oft die Ehre, die Klingen miteinander zu kreuzen, weil wir eher in politisch unterschiedlichen Gebieten unterwegs sind. Aber immer, wenn ich Sie über die Jahre - Sie sind ja noch länger hier dabei als ich verfolgt habe, hatte ich den Eindruck, dass Sie Probleme mit der politischen Korrektheit hatten. Das ist mir auch heute wieder aufgefallen.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich will nur einen oder zwei Punkte herausgreifen. Sie stellen sich mit Ihrer Litanei von Vorhalten dreist hin und sagen, wir hätten die Schülerbeförderung zum Nachteil der Betroffenen geändert. Wüsste jemand zu bestätigen, dass in den letzten viereinhalb Jahren die Kostenregelung zur Schülerbeförderung im Gesetz geändert worden wäre? Könnte das jemand bestätigen?

(Zurufe von der CDU: Gar nicht!)

Dann zur Frage, ob das Problem der hungernden Kinder eine Massenbewegung ist. Man kann das nicht damit gleichsetzen, dass 25 % der Kinder unter der Armutsgrenze leben, und behaupten, dies seien hungernde Kinder. So ist es - bei aller Problematik - nicht, und man kann das auch nicht so sagen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Das habe ich auch nicht so gesagt!)

Schauen wir uns die Lernmittelbefreiung an: 11 % der Eltern sind bedürftig. Das ist ebenfalls ein hoher Prozentsatz. Gleichwohl können Sie nicht sagen, dass alle dahinter stehenden Menschen und deren Kinder hungern. Das kann man nicht miteinander vergleichen. Das will ich Ihnen einmal ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU)

Was mich am meisten stört, ist diese geradezu widerwärtige Art, dem politischen Gegner jedes Empfinden, jede Sensibilität, jedes Kümmern und jeden guten Willen abzusprechen. Das kann man nicht machen! Das ist alles schwierig genug!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn das auch noch jemand tut, der hier schon länger sitzt als ich, der schon in der Regierungsfraktion gesessen hat, als Gerhard Schröder regiert hat, und auch schon erlebt hat, wie Schröder und Fischer so manches Gesetz in Berlin auf den Weg gebracht haben, und kurze Zeit später trotzdem aber solch einen Forderungskatalog vorlegt und solch eine Litanei von Vorhalten in unsere Richtung vorbringt, dann ist das nicht in Ordnung. Leiden Sie unter Amnesie, oder haben Sie Probleme bei der Wahrnehmung von Wahrheiten? Ich frage mich, was das soll.

(Beifall bei der CDU)

Ich als Christdemokrat - ich denke, Sie alle denken genauso - lasse hier nicht stehen, dass Sie so aus der Hüfte sagen: Das sind demoralisierende Ausbeutungen. - Wo leben wir hier überhaupt? Welche Ausdrücke verwenden Sie hier eigentlich? - Wer in Sachen Christentum die Deutungshoheit hat, lassen wir jetzt einmal offen. Sie jedenfalls nicht!

(Beifall bei der CDU)

Über Jahre ist hier so eine Art Staatsruin hingelegt worden. Vor ein paar Jahren war das Land Niedersachsen nicht mehr kreditwürdig. Wir hätten keine Pensionen und keine Sozialleistungen mehr bezahlen können, wenn wir nicht unseren Sparkurs eingeschlagen hätten. Das wird immer nur beiseite gewischt, und man tut so, als hätte man all das nicht miterlebt und mit verursacht. Es ist doch nicht in Ordnung, wie Sie da rangehen.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister Busemann! Herr Kollege Voigtländer - -

Ich bin sofort fertig, und dann ist es auch gut gewesen. - Noch zwei Schlussbemerkungen. Jetzt verstehe ich auch, warum Herr Jüttner hier keinen Finanzminister aufbietet. Wer so einen Sozialmi

nister in Aussicht hat, der braucht keinen Finanzminister mehr.

(Lachen und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gestatten Sie mir doch noch einen persönlichen Hinweis: Mir steht nicht zu, zu beurteilen, was gute oder weniger gute Sozialpolitiker sind. Es könnte aber wohl richtig sein, dass man vielleicht erst dann ein guter Sozialpolitiker wird, wenn man eine gewisse intellektuelle und menschliche Wärme mitbringt. - Danke schön.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Korter hat um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung gebeten. Eineinhalb Minuten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Busemann, ich finde es unerträglich, wie Sie sich hier wegen eines so relativ kleinen Sozialfonds, der aber sehr viel konkrete Hilfe für die Kinder, für die Sie zuständig sind, und für den Bildungsbereich, für den Sie zuständig sind, leisten könnte, derart aufregen. Wir können von Ihnen zu Recht etwas anderes erwarten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Dass bei diesem ernsten Thema ein solcher Zirkus aufgeführt wird und dass Sie sich hier so rausreden, obwohl die Landesarmutskonferenz diese Daten erhoben hat und obwohl Ihnen viele niedersächsische Verbände die Notlage von Kindern und die zunehmende Armut von Kindern in Familien, die Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II beziehen, bescheinigen können, ist unerträglich. Ich erwarte, dass Sie hier ganz deutlich sagen, dass ein Sozialfonds das Mindeste ist, was Sie im nächsten Jahr sofort auflegen werden, falls Sie dazu überhaupt noch eine Chance erhalten werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Auch Herr Kollege Jüttner erhält eine zusätzliche Redezeit, und zwar von drei Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nichts zur Sache sagen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist meistens so!)

Herr Kollege Jüttner, dann bereiten Sie mir jetzt Probleme. Sie haben um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung gebeten. Das heißt, Sie wollen zur Sache, also zu den Anträgen unter den Tagesordnungspunkten 15 und 16 reden. Dafür bekommen Sie drei Minuten Redezeit.

(Unruhe)

- Zunächst einmal müssen wir dafür sorgen, dass es ein bisschen ruhiger wird, damit zumindest ich verstehen kann, ob Sie zur Sache reden. - Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir führen hier eine Debatte über eines der ernsthaftesten Themen, mit denen wir uns überhaupt zu befassen haben. Wir haben eben - damit schließe ich an Frau Korter an - einen verantwortlichen Minister gehört, dem 80 000 Landesbedienstete unterstellt sind und in dessen Verantwortungsbereich knapp 1 Million Schülerinnen und Schüler fallen.

Meine Damen und Herren, in den letzten Tagen - ich werde dies auch weiter machen - habe ich Mitglieder meines zukünftigen Kabinetts vorgestellt. Sie werden sich daran gewöhnen müssen - -

(Reinhold Hilbers [CDU]: Was? Das geht noch weiter?)

- Das geht noch weiter. Sie werden sich weiter wundern können.

Meine Damen und Herren, die Art und Weise, in der von Ihnen innerhalb und außerhalb dieses Hauses agiert wird, ist wirklich unverschämt.

(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Das sagt der Richtige! Das sagt der Richtige! Unglaublich ist das! - Weitere Zurufe von der CDU)

Zu Herrn Busemann habe ich etwas gesagt. Deshalb werde ich die letzten Sekunden nutzen, um auf Sie, Herr McAllister, einzugehen, da Sie sich gerade eingemischt haben. Der Tiefpunkt des bisherigen Vorwahlkampfes kommt von Ihnen. In der taz erschien ein Interview von Ihnen, autorisiert mit Zitaten. Es heißt dort wörtlich:

„Wenn Jüttner frech wird, kriegt er was auf die Fresse.“

Das, meine Damen und Herren, ist Ihr Chef, den Sie hier in die Debatte schicken. Ich sage Ihnen: Wenn Sie Ihr Verhalten in den nächsten Monaten nicht ändern, dann werden wir hier noch so manches erleben. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir uns das gefallen lassen. Aber auf das Niveau gehen wir nicht herunter.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD)