Ich wundere mich insofern ein bisschen, als auch auf Bundesebene, wo sich Ihre Partei ja in der Regierungsverantwortung befindet, davon ausgegangen wird, dass bei der ausgebauten Betreuung später ein Drittel in der Tagespflege angeboten werden soll. Deswegen ist es doch klar, dass dies mit einbezogen werden muss. Das heißt, wir gehen nicht nur von Krippenplätzen aus.
Sie haben den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ein- bis dreijährige Kinder ab 2013/14 angesprochen. Jetzt ist eine entsprechende Ankündigung erfolgt. Sie ist aber noch nicht beschlossen und auch noch nicht umgesetzt. Solange Sie in Berlin noch in der Regierung sind - man weiß ja nicht, wie lange das sein wird -, können Sie darauf achten, dass auf diesem Weg auch wirklich alles weiter bearbeitet wird.
Eine bessere Betreuungsquote ist unabdingbar, und zwar nicht nur für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern auch - das wissen wir natürlich ebenfalls - für bessere Startchancen für alle Kinder. Dass es hier einen Zusammenhang gibt, ist überhaupt nicht von der Hand zu weisen. Das haben wir auch niemals bestritten. Darum setzen sich natürlich auch CDU und FDP dafür ein, dass hier einiges verbessert wird.
Sie fordern in Ihrem Entschließungsantrag, dass wir von der Herdprämie Abstand nehmen. Das tun wir sowieso - für meine Fraktion und auch für meine Partei kann ich das sagen -; die entsprechende Reaktion kam ja auch sofort. Ich weiß auch, dass in der CDU die gleiche Meinung vertreten wird. Es ist die CSU, die in dieser Hinsicht bewegt werden müsste. Sie können auf Bundesebene ja durchaus das Ihre dafür tun, dass dies auch wirklich passiert.
Sie fordern weiterhin, Betreuung, Bildung und Erziehung vor allem in Krippen und nur ergänzend in der Tagespflege auszubauen. Auch hier erinnere ich noch einmal an das, was vom Bund beschlossen worden ist. Das scheinen Sie nicht ganz ernst zu nehmen oder hier zumindest nicht zu unterstützen. Der Beschluss beinhaltet einen Ausbau der
Das entspricht nicht nur dem Wunsch der Eltern, sondern es bedeutet auch Flexibilität vom Angebot her. Frau Eckel, das bezieht sich nicht nur auf den ländlichen Raum, sondern natürlich auch auf Ballungszentren.
Wir werden es niemals schaffen, mit Krippen- oder mit Kindergartenplätzen den Bedarf, den junge Familien haben, zeitlich vollkommen abzudecken. Es wird immer eine Ergänzung durch andere Formen von Betreuung geben müssen. Sie gehen auf diese Variante von flexibler Betreuung gar nicht ein, wenn Sie jetzt die Qualitätsoffensive starten. Sie fordern ein Expertenforum. Sie sagen, unser Programm, das jährlich Investitionen von 20 Millionen Euro im Rahmen des 100-Millionen-EuroProgramms vorsieht, sei bar jeden Expertentums. Ich weiß genau, wie viele Experten daran mitgearbeitet haben. Dieses Programm entspricht sicherlich auch dem, was von der Bevölkerung gewünscht wird. Sie scheinen ferner völlig zu verkennen, dass hier in Niedersachsen - das wurde vom Kultusminister schon verschiedentlich angekündigt - jetzt ein Institut zur Intensivierung der frühkindlichen Bildung und Entwicklung eingerichtet wird. Dies ist gerade in Arbeit. Es wird in diesem Herbst vorbereitet und soll ab Anfang nächsten Jahres arbeiten. Von daher gesehen ist es absolut überflüssig, uns daran zu erinnern, dass die Betreuung und die Bildung von Kindern von früh an auf Qualität ausgerichtet sein sollte. Das haben wir sehr wohl auf unserem Schirm.
Es ist außerdem so, dass wir eine Betreuung und eine frühkindliche Bildung haben wollen, die nach der Elternzeit, also schon ziemlich früh einsetzen. Natürlich ist es so, dass man auch kindgerecht vorgehen und sehen muss, was ein Kind in welchem Alter überhaupt an Angeboten verarbeiten kann. Natürlich sollte man nicht von vornherein mit Lerninhalten vorgehen. Wir haben einen Orientierungsplan für die Kindertagesstätten. Das haben Sie angesprochen. Dieser Orientierungsplan ist ganzheitlich und sehr gut. Natürlich wird auch in dem von uns eingerichteten Institut an einem Curriculum für die frühkindliche Bildung gearbeitet werden. Mit Sicherheit wird aber natürlich auch in der Tagespflege - ich weise darauf ausdrücklich
hin - mit Qualität gearbeitet. Eine Tagesmutter und ein Tagesvater haben zwar keine so lange Ausbildung wie eine Erzieherin oder ein Erzieher - es handelt sich schließlich auch um eine andere Form von Betreuung -, aber sie haben sehr wohl auch Qualität zu bieten. Sie absolvieren das 160Stunden-Curriculum des DJI, dem auch alle zustimmen, und sie nehmen ebenfalls an Weiterbildung und Fortbildung teil. Auch diesen Bereich bauen wir ja mit unserem 100-Millionen-Programm weiter aus. Es geht also nicht nur um die Ausbildung von Tagesmüttern und -vätern, sondern auch um deren Weiterbildung.
Schließlich noch ein Wort zu den flexiblen Großtagespflegeplätzen. Mir war klar, dass Sie diese ablehnen. Das hat aber mit mangelnder Qualität überhaupt nichts zu tun. Es ist sehr wohl möglich, dass gerade auch an solchen Großtagespflegeplätzen, wo ja zwei Tagesmütter gemeinsam Kinder betreuen, qualitativ gut gearbeitet wird. Es liegen dort ja die gleichen Voraussetzungen vor wie woanders auch. Dieses Modell schlechtzureden geht, wie ich denke, an der Wirklichkeit für junge Familien von heute vorbei.
Ich will nun auf einige Zahlen, die die Betreuung betreffen, eingehen. Es ist das Ziel, bis 2013 eine Betreuungsquote von 35 % zu erreichen. Das ist das Barcelona-Ziel der EU. Derzeit beträgt die Betreuungsquote im Bund durchschnittlich 12 % und bei uns in Niedersachsen teilweise bis zu 10 %. Natürlich wollen wir in diesem Bereich noch besser werden. Dafür haben wir ja das Programm „Familien mit Zukunft“ aufgelegt. Nach dem TAG muss bis 2010 eine Quote von 20 % erreicht werden. Wir wollen darüber hinausgehen und helfen mit unserem Programm den Kommunen im Moment schon, dieses Ziel eher zu erreichen. Vorbilder sind Schweden und Finnland. Dort wurde schon eine Quote von 40 % erreicht. Das werden wir nicht schaffen. Wir müssen die Quote bei uns aber auf jeden Fall verbessern.
Für Niedersachsen bedeutet das 54 000 neue Plätze. Nach dem Schlüssel von 70 zu 30 bzw. zwei Dritteln zu einem Drittel würde das 38 000 Krippenplätze und 16 000 Tagespflegeplätze bedeuten. Auf die für diesen Ausbau erforderlichen Finanzen bis 2013 sind Sie schon eingegangen, Frau Eckel. Sie haben dabei aber einen Aspekt
ausgelassen, wahrscheinlich deshalb, weil er Ihnen ideologisch nicht passt. Aus ESF-Mitteln sollen von 2008 bis 2010 nämlich auch Betriebskindergärten und andere privat-gewerbliche Einrichtungen unterstützt werden. Sie sollen eine Anschubfinanzierung pro Kind bekommen, wenn sie Betreuungsplätze einrichten.
Wir von der FDP - ich weiß, dass die CDU es genauso sieht - haben das Ziel der Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Betreuungsangeboten. Speziell meine Partei wünscht, dass wir von der Objektförderung wegkommen und zur Subjektförderung hinkommen.
Wir wollen eine Kinderbetreuung mit Kinderbetreuungs- und Bildungsgutscheinen. Das wäre sicherlich eine Variante, die neu ist
und die auch für die Eltern gut ist, weil sie eine echte Wahlfreiheit zwischen den Angeboten haben. Uns ist ganz wichtig - ich habe schon gesagt, dass wir auf keinen Fall eine Herdprämie wollen -, dass die Gelder nicht in falsche Kassen fließen, sondern den Kindern direkt zukommen. Deswegen ist es uns wichtig, dass man den Bildungsgutschein, dem wir im Moment mit unserem Programm „Familie mit Zukunft“ praktisch den Weg bereiten, auch für andere Betreuungsangebote für ganz Kleine benutzen kann, aber auch für andere Bildungsangebote, vielleicht bei Musikschulen oder anderswo.
In Hamburg ist von unserer Partei die Kita-Card eingerichtet worden. Anfangs gab es damit Probleme, weil vor allem das Angebot nicht stimmte. Inzwischen läuft es sehr gut. Das ist genau die fortschrittliche Richtung, die wir brauchen, die vom Betreuungsangebot her gut funktioniert und die auch qualitativ vom Angebot her und inhaltlich akzeptiert wird. Fahren Sie einmal nach Hamburg, und gucken Sie sich das an! Dann wissen Sie, wie die frühkindliche Bildungs- und Betreuungslandschaft der Zukunft aussieht.
Weitere Beratungen werden noch stattfinden. Sie haben zwar die sofortige Abstimmung beantragt. Darüber müssen wir aber noch reden. Aus meiner Sicht sind die Kinder in Niedersachsen bei CDU und FDP bestens aufgehoben und werden es mit Sicherheit auch über das nächste Jahr hinaus sein.
Danke, Frau Meißner. - Nächste Rednerin ist Frau Janssen-Kucz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Bevor sie redet, möchte ich alle - ich meine wirklich alle - darum bitten, dass es hier ruhiger wird.
- Das ist hier nicht erlaubt. - Diejenigen, die Gespräche führen möchten, bitte ich, nach draußen zu gehen. - Frau Janssen-Kucz, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Haben Sie alle eigentlich die taz vom 3. September gesehen?
Das war ein Tag nach diesem Krippenkompromiss. Sie hätten sich einmal das Foto anschauen sollen. Ich zitiere die Bildunterschrift:
„Das Foto zur Einigung bei den Kinderkrippen sprach Bände. Zu sehen war ein Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit dem üblich mürrischen Blick seines Lieblingstiers, dem Nashorn.“
„Und daneben ein zerknirschter, düpierter, beinahe wütender Niedersächsischer Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) - ein gänzlich ungewohnter Anblick des Dauerlächlers und Lieblings aller Schwiegermütter.“
Meine Damen und Herren, was hatte unserem Ministerpräsident eigentlich so die Laune verhagelt? Sollte er sich nicht freuen, dass der Bund jetzt 4 Milliarden Euro für den Krippenausbau bereitstellt, sogar die Betriebskosten mitfinanzieren will? - Ich glaube, dem Ministerpräsidenten hat an der gefundenen Lösung nicht gepasst, dass er seine Blockadepolitik in Bezug auf den Rechtsanspruch beenden muss. Ihn ärgert auch, dass niedersächsische Frauen und Männer dank Peer Steinbrücks goldener Knute bald das Recht auf einen Krippenplatz einklagen können. Ohne diese hätten die Eltern in Niedersachsen wohl noch sehr lange darauf warten können.
Das Kabinett Wulff hat in viereinhalb Jahren mehr oder weniger im Tiefschlaf gelegen und für den Ausbau von Krippenplätzen kaum etwas getan.
Bundesweit ist Niedersachsen immer noch Schlusslicht. Noch im Dezember 2006 haben Sie eine unserer Initiativen für ein kinder- und familienfreundliches Niedersachsen einfach abgelehnt. Ihr Programm für die Einrichtung von Kinderservicestellen, das Sie aufgelegt haben - auch das wurde eben erwähnt -, schafft keine Krippenplätze, sondern vernetzt erst einmal den Mangel und dient dazu, Tagesmütter zu qualifizieren, schafft aber keine Krippenplätze. Für mehr Qualität sorgen diese Servicestellen auch nicht.
Wir müssen nämlich in die Qualitätsdebatte einsteigen, und diese Qualitätsdebatte scheuen Sie. Es geht um mehr als die Vereinbarkeit, um mehr als die Ermöglichung der Beruftätigkeit von Frauen und um mehr als die Steigerung der Geburtenrate: Es geht um ein ganzheitliches Bildungskonzept vom ersten Lebensjahr an.
Wir brauchen auch mehr als das, was in dem SPDAntrag steht. Das ist eine unzureichende Qualifizierungsoffensive, die dort gefordert wird. In dieser Forderung fehlen auch verbindliche Standards. Es fehlt die Anhebung des Niveaus der Ausbildung
der Erzieherinnen auf einen europäischen Standard. Wir haben dazu zwar einiges verabschiedet. Aber Sie kommen mit dieser Landesregierung einfach nicht in die Puschen. Sie sollten sich endlich einmal einig werden, wer für den Bereich zuständig ist: Das Sozial- oder das Kultusministerium? Geht es um Kinderbetreuung, oder geht es um frühkindliche Bildung? - Diese Frage müssen Sie sich endlich einmal selbst beantworten.
Übrigens: Ob SPD oder CDU - auf Bundesebene hat niemand etwas im Rahmen des Kompromisses über Qualität gesagt. Da bleibt auch die SPD, wie schon gesagt, in ihrem Antrag sehr nebulös. Dafür brauchen wir kein Expertenforum. Es gibt konkrete Vorschläge, wie Bildungsstandards für Kinder auch unter drei Jahren auszusehen haben.
Meine Damen und Herren, der Rechtsanspruch kommt letztendlich zu spät. Beenden Sie Ihre Blockadepolitik. Sorgen Sie dafür, dass umgehend gehandelt wird, dass wir nicht so lange warten müssen, bis auch das erste Kindergartenjahr frei ist, sondern sorgen Sie dafür, dass wir hier im Hinblick auf die Finanzierung und auf die Qualitätsstandards Klarheit bekommen. Meine Damen und Herren, das sind wir den Eltern und den Kindern in Niedersachsen schuldig.