Protocol of the Session on September 12, 2007

Meine Damen und Herren, in den abschließenden Beratungen gilt heute unser Dank allen Projektbeteiligten, die mit außergewöhnlichem Engagement dazu beigetragen haben, dass dieses Projekt in der Tat im Plan ist. Während der letzten Beratungen dieses Themas im Ausschuss für Inneres und

Sport wurde einmal mehr deutlich, dass sich die gute Vorarbeit des Innenministeriums offensichtlich ausgezahlt hat.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Das teilt a- ber der GBD nicht!)

Die Beratungen mit dem Gesetzes- und Beratungsdienst haben wesentlich dazu beigetragen, dass der Gesetzentwurf in der Form, wie er in der Ausschussempfehlung in der Landtagsdrucksache abgedruckt ist, abstimmungsreif ist. Wer dazu etwas lesen will, sollte vielleicht das Protokoll über die letzte Innenausschusssitzung lesen. Bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs hat sich lediglich der Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Sie, Herr Innenexperte Heiner Bartling, und Ihre Kollegen haben kein Wort dazu gesagt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heiner Bartling [SPD]: Das ist jetzt der Grund, warum wir das ablehnen müs- sen! - Zurufe von der CDU und der FDP)

Ich vermute einmal, dass die SPD-Fraktion gegen den Gesetzentwurf stimmen wird, obwohl sie sich im Innenausschuss nicht geäußert hat.

(Heiner Bartling [SPD]: Eine richtige Vermutung!)

Vermutlich tun Sie dies, weil Veränderungen nun einmal der Feind des Bestehenden sind.

(Lachen bei der SPD)

Wir von der CDU-Fraktion sind aber der Auffassung, dass Stillstand Rückschritt bedeutet. Wir wollen eine moderne Aus- und Fortbildung im Bereich der nichttechnischen Verwaltungsdienste in Niedersachsen und stimmen diesem Gesetzentwurf uneingeschränkt zu. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heiner Bartling [SPD]: Herzlichen Glückwunsch!)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Abgeordnete Professor Dr. Lennartz das Wort.

(Zuruf von der SPD: Albert, ein biss- chen seriöser, bitte!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Hildesheim wird zugleich mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, wenn es heute beschlossen werden sollte, zum 1. Oktober abgeschafft. Das ist aus unserer Sicht ein schwerer Fehler.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Man hätte sie mit der dortigen Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst fusionieren können und sollen. Dabei wären Synergieeffekte erreichbar gewesen. Zugleich wären der hochschulische Charakter der Ausbildung gestärkt und die Akkreditierung der Studiengänge sicher gewesen. Mittelfristig wäre das, was man jetzt für die Ausbildung für die allgemeine Verwaltung plant, nämlich ein Studium an der Fachhochschule Osnabrück, dann auch für den Polizeibereich erreichbar, nämlich eine Ausbildung an einer normalen Hochschule. Aber dies fürchten die Polizeiführung und der Innenminister so, wie angeblich der Teufel das Weihwasser fürchtet.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das stimmt doch nicht!)

Bei der Ausbildung der Polizei muss der Innenminister immer den Daumen drauf haben. Was jetzt in Gestalt einer Polizeiakademie kommen soll, ist keine Hochschulausbildung mehr, sondern nur eine „hochschulangenäherte“ Ausbildung, wie es der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst in unseren Beratungen im Innenausschuss formuliert hat.

Meine Damen und Herren, aus Zeitgründen gehe ich nicht detailliert auf die Geschichte der Standortschacherei ein. Herr Ahlers hat eben darauf hingewiesen, dass Nienburg der neue zentrale Standort der Polizeiakademie sein soll. Das war der Preis für das Motto der Landesregierung „Die Fläche stärken“. Die Fläche fühlte sich dadurch natürlich bemüßigt, zu sehen, wie sie gestärkt wird. Nachdem die Zusage, in Nienburg eine Regierungsvertretung einzurichten, zurückgezogen worden war, musste die Polizeiakademie dorthin. Auf die Probleme der Standortpolitik in Celle kann ich aus Zeitgründen nicht eingehen; aber dies ist ein Thema für sich, das zu beleuchten interessant wäre.

Ich komme auf den Gesetzentwurf zurück. In der Polizeiakademie soll ein Bachelor vergeben werden, ursprünglich war es sogar ein Bachelor of Arts. Das fände ich angesichts der Arbeit der Polizei sehr passend. Ich habe mir schon vorgestellt, wie die Lehrveranstaltung mit dem Titel „Ästhetik des Wasserwerfereinsatzes“ in der Polizeiausbildung durchgeführt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN - Heiterkeit bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der FDP)

Nun hat man sich, um solche Lehrveranstaltungen zu vermeiden, darauf beschränkt, nur einen Bachelor zu vergeben. Zur Begründung für diesen Hochschulabschluss nach einer Ausbildung, die nicht hochschulisch, sondern nur hochschulangenähert ist, hat das Innenministerium ausgeführt, dass die Eingangsvoraussetzungen für Professoren denen an Fachhochschulen entsprächen. Das ist doch eigentlich komisch, meine Damen und Herren. Wie passt es zusammen, wenn man keine Hochschulausbildung durchführt, aber einen Hochschulabschluss verleiht und Hochschulprofessoren benötigt? - Des Rätsels Lösung liegt in der Antwort auf die Frage, warum die Landesregierung eine Akademie anstatt einer Fachhochschule will: weil sie die Gremienstruktur einer Hochschule mit Selbstverwaltungsrechten und Gruppenparität in den Gremien nicht will. In Niedersachsen bedeutet Polizeiausbildung in Zukunft wieder Ansage und Gehorsam.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dies mag manchem Konservativem in der CDU richtig vorkommen und sympathisch sein. Ich frage mich aber, warum die FDP bei einem solchen Konzept mitmacht. In Ihren Sonntagsreden, meine Damen und Herren von der FDP, sprechen Sie doch immer von Bürgerrechten und Erziehung zur Mündigkeit, legen also typische Alt-68erGesinnung an den Tag.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN)

Wenn es aber zu Entscheidungen kommt und wenn Sie intern abstimmen, wie es laufen soll, dann gilt wieder das tägliche Prinzip „hinterher und abnicken“. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Bartling das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu der Standortfrage könnte man natürlich noch eine ganze Menge sagen. Bei den Polizeibediensteten werden Sie kaum jemanden finden, der dafür Verständnis hat, warum man jetzt in Nienburg die zentrale Ausbildungseinrichtung für die Polizei einrichtet. Es bleibt ein Geheimnis dieser Landesregierung, warum die Akademie ausgerechnet in Nienburg ihren Sitz haben soll.

Man kann ein solches Thema natürlich nicht behandeln, ohne auf die Anmerkungen einzugehen, die eben von Herrn Ahlers gemacht wurden. Wir haben uns zu diesem Gesetzentwurf durchaus geäußert; Frau Leuschner hat dies sehr intensiv getan. Aber wir haben auch kein Hehl daraus gemacht, dass wir es für grundlegend falsch halten, die Fachhochschulausbildung durch eine Akademieausbildung abzulösen. Da wir wussten, dass die Mehrheit so entscheiden würde, erschien es uns nicht sinnvoll, im Ausschuss über Einzelheiten zu diskutieren.

Eine solche Veränderung muss man in den Kontext stellen, wie die Landesregierung mit der Polizei umgeht. Ich möchte Ihnen dazu einige Beispiele nennen. Vor Kurzem konnten wir in der emsländischen Zeitung Der Wecker Folgendes lesen - ich zitiere aus einer Ausgabe vom 9. September:

„Auch der emsländischen Polizeiführung ist der Steueranteil des Treibstoffes in Deutschland offenbar zu hoch. Wie jetzt bekannt wurde, gibt es für die Autobahnpolizei Lingen/Lohne von der zuständigen Polizeiinspektion Emsland eine Dienstanweisung, nach der mit Diesel betriebene Dienstfahrzeuge in den Niederlanden zu betanken sind. Damit könne die Polizei im Jahr rund 5 000 Euro an Kraftstoffkosten einsparen, so die Führung der Polizeiinspektion.“

Meine Damen und Herren, was soll man dazu eigentlich noch sagen? Das ist geradezu organisierte Steuerhinterziehung. Ich finde es ein bisschen peinlich, welche Ausmaße der Mangel an

Ausstattung unserer Polizei zurzeit annimmt. Das, meine Damen und Herren, ist die derzeitige Polizeiwirklichkeit in Niedersachsen nach vier Jahren CDU/FDP-Landesregierung.

Allerdings gibt es doch auch etwas Gutes zu berichten, nämlich die Verhinderung der Abschaffung der zweigeteilten Laufbahn. Wenn wir nicht gemeinsam mit den Berufsverbänden der Polizei den Versuch unternommen hätten, dies zu verhindern, dann wäre es in der Tat umgesetzt worden. Denn das stand in dem Programm der CDU zu Beginn der Legislaturperiode.

Ich möchte noch ein Zitat aus dem Wahlprogramm der CDU anführen:

„Ferner ist zu prüfen, inwieweit Aufgaben, die nicht zwingend von Polizeivollzugsbeamten wahrgenommen werden müssen, auf Angestellte übertragen werden können.“

Das genaue Gegenteil ist gemacht worden, meine Damen und Herren: Angestelltenstellen wurden abgebaut. Aber Sie behaupten, Sie hätten zusätzliche Vollzugsbeamte auf die Straße gebracht. Dabei verschweigen Sie, dass diese angeblich zusätzlichen Vollzugsbeamten Verwaltungsaufgaben wahrnehmen müssen, die früher von Angestellten erledigt wurden. Auch das ist Polizeiwirklichkeit in Niedersachsen.

Die CDU-Fraktion in diesem Hause sollte sich schon darauf ansprechen lassen, was Sie zu Beginn der Legislaturperiode alles versprochen hat. Da heißt es z. B.:

„Wir wollen für Niedersachsen die beste Polizei. Mit dem ‚Zukunftsprogramm Polizei‘ werden wir für eine bessere materielle und technische Ausstattung der Polizei sorgen.“

Das sind schöne Worte, meine Damen und Herren, aber leider steckt nichts dahinter.

Herr Abgeordneter Bartling, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Biallas?

Nein. Ich musste ja vorhin schon zur Kenntnis nehmen - der Herr Kultusminister hat das gesagt -, dass wir wenig Zeit haben und deshalb keine Fra

gen beantwortet werden könnten. Erlauben Sie mir deswegen bitte, weiter im Zusammenhang vorzutragen. Aber der Kollege Biallas wird sicherlich noch Gelegenheit haben, hier zu sprechen.

Meine Damen und Herren, nach der Demontage von Bezahlung und Ausstattung wollen CDU und FDP mit dem Gesetz, das heute verabschiedet werden soll, auch noch die Polizeiaus- und -fortbildung zerschlagen. Es ist aus meiner Sicht ein absoluter Anachronismus, dass in Niedersachsen die Polizeiausbildung „herabgestuft“ wird, indem sie nun an einer Berufsakademie und nicht mehr an einer Fachhochschule stattfinden soll, obwohl die Länder gerade per Staatsvertrag die bisherige Führungsakademie in Münster-Hiltrup zur „Deutschen Hochschule der Polizei“ aufgewertet haben. Die Absurdität dieses niedersächsischen Weges spiegelt sich übrigens auch in der inzwischen abgeschlossenen verzweifelten Suche nach einer Berufsbezeichnung wider.

Meine Damen und Herren, falls es zu diesem falschen Weg - ich will das nicht als Chaos bezeichnen - noch eine Steigerung gibt, dann vielleicht im Bereich der Fort- und Weiterbildung. Sie erinnern sich vielleicht noch daran, dass im letzten Jahr durch unsere Intervention gerade noch verhindert werden konnte, dass das Landeskriminalamt aus Geldmangel eine Fachtagung zum internationalen Terrorismus absagte.

(Reinhold Coenen [CDU]: Herr Bart- ling, mir kommen die Tränen!)

- Da brauchen Ihnen gar nicht die Tränen zu kommen, Sie müssen nur die entsprechenden Reaktionen zeigen. Diese Tagung wurde dann doch noch durchgeführt, obwohl sie eigentlich schon abgesagt war. Ich kann Ihnen das Fax zeigen, falls Sie immer noch nicht bereit sind, die Realität zur Kenntnis zu nehmen.

(Zustimmung bei der SPD)

Mit dem Gesetz, das heute verabschiedet werden soll, wird das Bildungsinstitut für die Polizei in Niedersachsen quasi mit einem Federstrich aufgelöst. Jetzt könnte man erwarten, dass sich die Landesregierung schon ausreichend Gedanken darüber gemacht hat, wie die Fort- und Weiterbildung künftig organisiert werden soll. Immerhin ist Fortbildung eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Polizeiarbeit. Denken Sie bitte an Eigensicherung und Selbstverteidigung. Die Anzahl der Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten hat in der letzten

Zeit ja dramatisch zugenommen. Oder denken Sie an Fortbildung in Sachen Spurensicherung, um auch den ins Stocken geratenen Anstieg der polizeilichen Aufklärungsquote ein wenig zu beschleunigen.