Ich habe sechs Jahre lang in einem Stadtteil gearbeitet, in dessen Grundschule die Quote von ausländischen Kindern bei 50 % lag. Dort habe ich einen Stadtteiltreff des Kinderschutzbundes für Kinder und Jugendliche aufgebaut. Dabei ging es gerade auch darum, Migrantenkinder zu fördern, damit sie Chancen im Schulsystem haben.
Anfrage, die wir an die Landesregierung gestellt haben, muss ich Ihnen keine Lösungen präsentieren, sondern das muss Herr Busemann machen. Herr Busemann hat aber außer „Sprachförderung“ keine Antwort gegeben.
Ich möchte noch etwas zu der von Ihnen bezweifelten Bereitschaft der Migrantenfamilien zur Mitarbeit sagen: In einer bundesweiten Umfrage an alle Bundesländer zu der Frage, ob Kinder aus Migrantenfamilien am Schwimm- und Sportunterrichten teilnehmen und ob die Landesregierungen in diesem Bereich Probleme sehen, hat Niedersachsen nach meinen Informationen geantwortet, dass es in diesem Bereich keine Problem gebe; davon sei ihr nichts bekannt. - So weit dazu. Das müssten Sie vielleicht einmal genauer erläutern, wenn Sie auf der anderen Seite meinen, dass in diesen Familien nicht genügend Bereitschaft besteht mitzuarbeiten.
Ich kenne Konzepte, wie man diese Familien vernünftig einbezieht. Das ist ja gerade ein Schwerpunkt der interkulturellen Bildung. Zum Beispiel gibt es das Konzept der Elternlotsen an den Schulen und viele andere Konzepte. Im Moment sind aber von der Landesregierung Konzepte gefragt. Ich kann Ihnen eine ganze Menge Konzepte aufzählen.
Frau Präsidentin! Herr Schwarz, meine Kurzintervention geht in die gleiche Richtung: Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass es ein Geben und Nehmen ist, dass beide Seiten zur Integration beitragen müssen. Aber bei der Großen Anfrage war die Position der Landesregierung gefragt. Es geht darum, was das Land tut.
Ich will Ihnen aus meinem Erfahrungsbereich ein Beispiel nennen. Es gibt einige Bereiche des Landes, in denen die sehr hohe Zahl von Bekenntnisgrundschulen dazu führt, dass diese entgegen der ursprünglichen Intention nicht mehr einer konfessionellen Orientierung dienen, sondern einer Trennung nach Herkunftsländern
und dass die wenigen Schulen für Schüler aller Konfessionen an diesen Standorten fast nur noch von Kindern nicht deutscher Herkunft besucht werden. Das ist ein unhaltbarer Zustand, und den hat das Land zu verantworten.
Die Möglichkeiten, noch mit Verordnungen einzugreifen, sind erschöpft. Entgegen allen großspurigen Ankündigungen - u. a. von Ihnen, Herr Klare - aus früheren Legislaturperioden ist vor allem die CDU in diesem Bereich mit allen Regelungsversuchen gescheitert. Auch hier besteht gerade im Interesse der Kinder dringender gesetzlicher Handlungsbedarf.
Nein, Frau Korter und Herr Poppe, so geht es nicht. Sie haben erst darauf geantwortet, nachdem ich Ihnen vorgehalten habe, dass Sie dazu keine Silbe verloren haben. Dieser Punkt gehört zu der Gesamtdiskussion dazu. Der Titel der Großen Anfrage lautet „Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen aus Einwandererfamilien in den Kindertagesstätten und Schulen in Niedersachsen“. Ich haben Ihnen gesagt, dass dazu beide Seiten gehören. Ich habe betont, dass es auf der einen Seite sicherlich darum geht, Hilfestellung des Landes zu formulieren. Dazu sind hier Ausführungen gemacht worden, und dazu haben wir auch eine ganze Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ich erinnere beispielsweise an die 600 ehrenamtlichen Integrationslotsen.
Auf der anderen Seite gehört aber die Bereitschaft der Familien dazu, sich einzubinden. Diese Seite haben Sie unterschlagen. Dort, wo diese Bereitschaft besteht, klappt es vorzüglich. Diese Erfahrung habe ich gemacht. Es gibt in der Tat Einwandererfamilien, die sich bereit erklären, mitzumachen und sich bereitwillig zu integrieren. An diesen
Stellen klappt das. Wenn das flächendeckend oder stärker passieren würde, als es bisher der Fall war, könnten wir uns eine ganze Menge der Anstrengungen ersparen. Aber diese Bereitschaft ist nicht vorhanden. Dafür habe ich zu viele Erfahrungen mit diesen Dingen. Sie müssten diese Erfahrungen in den Schulen auch gemacht haben, Herr Poppe.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Claus Peter Poppe [SPD]: Ach was, Herr Schwarz, alles weiße Salbe!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte es mir jetzt ganz einfach machen und auf die gute Rede des Ministers von vorhin verweisen, der alles zutreffend dargestellt hat.
Gestatten Sie mir aber doch noch einige kurze Anmerkungen zu der Großen Anfrage und zu der Antwort auf die Große Anfrage „Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen aus Einwandererfamilien in den Kindertagesstätten und Schulen in Niedersachsen“. Wir haben mit der Antwort der Landesregierung auf diese Große Anfrage eine hervorragende, umfassende Darstellung dieser sensiblen Frage erhalten. Für diese 42-seitige Arbeit danke ich namens der CDU-Fraktion dem Ministerium und allen Mitarbeitern.
Sie haben akribisch alle Fragen bearbeitet und, soweit überhaupt möglich, umfassend beantwortet. Ich danke nochmals für diese hervorragende Arbeit.
In sechs Abschnitte unterteilt hat der Fragesteller Bündnis 90/Die Grünen 55 Fragen mit bis zu 18 Teilfragen aufgeworfen - eine Flut von Fragen, die allerdings kaum Fragestellungen enthält, die zu neuen Erkenntnissen führen würden, sondern längst Erfragtes und Bekanntes oder etwas ent
Das fängt gleich mit der Überschrift und den ersten Fragen unter der Nr. 1 in Abschnitt A an, in der die Grünen wissen wollen:
„Wie viele Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus Einwandererfamilien leben in Niedersachsen, und wie viele von ihnen haben a) eine ausländische Staatsangehörigkeit und b) eine deutsche Staatsangehörigkeit (jeweils differenziert nach Herkunfts- ländern) ?“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, zunächst einmal ist Ihre Wortwahl - „Einwandererfamilien“ - in diesem Zusammenhang nicht stichhaltig und statistisch auch gar nicht belegbar. Wir erfassen nur die jeweilige Staatsbürgerschaft. Sie kann sicherlich ein Herkunftsmerkmal sein, sagt aber nichts über den Wunsch der betreffenden Person über ihr künftiges Bleiben in Deutschland aus. In den entsprechenden Statistiken werden auch nichtdeutsche Staatsbürger geführt, die nur vorübergehend in Deutschland leben wollen und nach einer gewissen Zeit Deutschland wieder verlassen wollen. Mit Ihrer Wortwahl suggerieren Sie also falsche Annahmen und verlassen den Boden einer seriösen Politik.
Darüber hinaus haben mich diese Fragen doch erstaunt; denn haben Sie wirklich nicht gewusst, dass eine Erfassung der ethnischen Herkunft deutscher Staatsbürger statistisch gar nicht vorgenommen wird?
Spätestens seit der gescheiterten Volkszählung von 1983 und dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1983 darf dies gar nicht mehr festgehalten werden. Dabei war es doch u. a. gerade Ihre Partei, liebe Freunde von den Grünen, die vehement gegen die Volkszählung und den ihrer Meinung nach drohenden Überwachungsstaat zu Felde gezogen ist und damals sogar noch zu einem Boykott der vom Bundesverfassungsgericht zugelassenen Fragen aufgerufen hat. Aber ich freue mich; denn nun
scheinen Sie durchaus Interesse an wichtigen Daten der Bundesbürger zu haben und werden der kommenden Volkszählung etwas aufgeschlossener gegenüberstehen.
Auf die Große Anfrage bezogen muss man feststellen: Die Grünen formulieren nicht nur die rund 100 Fragen an die Landesregierung, sie formulieren - in der Einleitung - ihrer Großen Anfrage auch schon die Antworten auf die Fragen, die sie anschließend stellen, wenngleich diese Antworten sehr pauschal ausfallen. Die Antworten sind nicht unbedingt falsch, sondern stellen die Situation der Kinder mit ausländischer Staatsbürgerschaft in unseren Schulen im Großen und Ganzen durchaus zutreffend dar; das ist gar nicht infrage zu stellen. Sie haben mit Ihren kleinschrittigen Fragen unseren Ministerialbeamten viel Arbeitszeit abverlangt. Aber sei es drum: Wir haben mit der Antwort der Landesregierung nun eine sehr genaue Beschreibung der Lage der Kinder mit nichtdeutscher Staatsbürgerschaft an unseren Schulen, und wir können anhand der Antworten der Großen Anfrage auch schon erste positive Erkenntnisse über unsere gute Schulpolitik und die von dieser Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen in den letzten vier Jahren eingeleiteten Maßnahmen zur Verbesserung der Situation gerade auch dieser Kinder gewinnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ausgehend von den PISA-Ergebnissen und anderen Erkenntnissen haben sich die Fraktionen von CDU und FDP und die Landesregierung bereits gleich nach der Regierungsübernahme dieses Problems der nicht hinreichenden Chancen von Kindern mit Migrationshintergrund an niedersächsischen Schulen angenommen. Wir haben sofort die Einsicht umgesetzt, dass für ein schulisches Gelingen aller Kinder - gerade auch der nichtdeutschen Kinder sichere Kenntnisse der deutschen Sprache von elementarer Bedeutung für die Lernentwicklung der Kinder sind. Je früher die Kinder die deutsche Sprache beherrschen, desto besser sind die Aussichten für ihr Gelingen in der Schule.
Eine Vielzahl von Maßnahmen hat die Landesregierung in diesen vergangenen vier Jahren auf den Weg gebracht. Wir haben einiges in der Antwort gelesen und einiges vom Minister gehört. Ich will einige herausstellen. Diese Landesregierung hat die Kindertagesstätten von Anfang an dem Kultusministerium zugeordnet, also dem Bildungsbereich, und damit den Elementarbereich bildungs
technisch sehr gestärkt. In dem dann gemeinsam mit den Kindergartenträgern entwickelten Orientierungsrahmen für Bildung und Erziehung im Elementarbereich ist die sprachliche Bildung in einem eigenen Kapitel dargestellt. Daran und an der seit dem Schuljahr 2003/2004 im Schulgesetz verankerten vorschulischen Sprachförderung sehen Sie, meine Damen und Herren, den hohen Stellenwert, den wir dieser vorschulischen Sprachförderung geben. Mit Beginn dieses gerade begonnenen Schul- und Kindergartenjahres wurde die Sprachförderung von einem halben auf ein ganzes Jahr ausgedehnt. Damit werden die bisher schon erzielten guten Ergebnisse der Sprachförderung im Kindergarten noch weiter gesteigert werden können. Noch bessere Deutschkenntnisse sowie die weitere Verbesserung der allgemeinen Schulfähigkeit und des sozialen Lernens werden den Kindern das erfolgreiche Mitarbeiten in der Schule erleichtern.
Für den schulischen Bereich gibt es für die Primarstufe und die Sekundarstufe I ein ganzes Bündel von Maßnahmen zur Sprachförderung, das Sie dem Erlass „Integration und Förderung von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache“ vom Juli 2005 entnehmen können. Ich nenne nur beispielhaft die Sprachlernklassen für Seiteneinsteiger ohne oder mit geringen Deutschkenntnissen und die intensiven Förderkurse für Sprachanfänger. Übrigens: Wir haben 2003 umgehend die Zahl der Unterrichtsstunden in der Grundschule erhöht, auch im Fach Deutsch, und zwar zur Förderung der Sprachfähigkeit. Die Vorgängerregierung hatte dort sträflich gekürzt und wundert sich dann darüber, dass die entsprechenden Kenntnisse in der deutschen Sprache nicht vorhanden waren.
Gleichzeitig mit diesen Verbesserungen haben wir gemeinsam mit der Landesregierung dafür Sorge getragen, dass auch die Pädagoginnen und Pädagogen in den Kindergärten und Schulen für die besondere Sprachförderung noch besser vorbereitet werden. Die Aus- und Weiterbildung dieser Fachkräfte ist mit Blick auf die Sprachförderung entsprechend entwickelt worden. Als Beispiel sei an dieser Stelle nur die Verpflichtung aller Lehramtsstudenten des Faches Deutsch genannt, die Kenntnisse des Erst- und des Zweitsprachenerwerbs nachweisen müssen.
Zum ersten Mal wurden für Deutsch als Zweitsprache eigene Rahmenrichtlinien eingeführt. Im Dezember des vergangenen Jahres wurde eine Kooperation mit dem Goethe-Institut in München - der Minister hat das vorhin bereits angesprochen - für eine entsprechende Fortbildung mit einem sechsmonatigen Fernlehrkurs vereinbart. Daran kann man deutlich sehen: Der Zweisprachigkeit und den daraus resultierenden Chancen für Kinder mit Migrationshintergrund wird von der Landesregierung und von den beiden Regierungsfraktionen ein sehr hoher Stellenwert zugebilligt. Dies wird durch den herkunftssprachlichen Unterricht in der Grundschule untermauert, der verstärkt die bikulturelle Entwicklung der Kinder für ihr weiteres Leben in Deutschland fördern wird. Für dieses Ziel ist eine umfangreiche Fortbildung der herkunftssprachlichen Lehrkräfte angeschoben worden. Herkunftssprachliche Lehrkräfte sind in die zurzeit laufende Erarbeitung eines Kerncurriculums „Herkunftssprache“ einbezogen. Das ist das Erste seiner Art in Deutschland. Auch hierbei sind wir in Niedersachsen wie in vielen anderen Bildungsbereichen führend. Als Beleg nenne ich das vielleicht noch nicht so bekannte Projekt „Abschlussquote erhöhen Berufsfähigkeit steigern“. Finanziell unterstützt von der Agentur für Arbeit, haben wir im ganzen Land Berufsstarterklassen für Schülerinnen und Schüler von Haupt- und Förderschulen eingerichtet, in denen sie von Lehrkräften und schulexternen Fachleuten eine individuelle besondere Förderung ihrer Ausbildungsfähigkeit erhalten. Besonders Jugendliche mit Migrationshintergrund profitieren von diesem Projekt, genauso wie bei dem Projekt „Berufseinstiegsklassen“ an einer großen Zahl niedersächsischer Berufsschulen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich ist nicht nur die Sprachförderung wichtig. Wenn wir aber die Sprachprobleme, die die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund überwiegend haben, überwinden können, dann sind wir dem Ziel der Integration einen großen Schritt näher. Um dieses Ziel aber insgesamt zu erreichen, müssen wir auch die Eltern dieser Kinder davon überzeugen, dass gute Deutschkenntnisse der Schlüssel für eine gute schulische Bildung und spätere berufliche Ausbildung sind. Der Minister hat vorhin schon einiges dazu gesagt. Auch hierbei ist die Landesregierung auf dem richtigen Weg. Die detaillierten Antworten zum Fragenkomplex in Abschnitt E können das belegen. Wir sprechen gerade im Zusammenhang mit der vorschulischen
Sprachförderung auch die Eltern an - speziell die Mütter -, die in entsprechenden Projekten sprachlich gefördert werden.
Man kann natürlich laut lamentieren, dass alle unsere guten Maßnahmen und Verbesserungen noch lange nicht hinreichend sind. Man kann durch Teilwahrnehmung Tatsachen schief darstellen. Man kann auch viel mehr fordern, insbesondere mehr Geld. Aber Geld ist nicht alles. Natürlich kann man kritisieren, dass in den letzten Jahren an der einen oder anderen Stelle unter Umständen bestimmte Maßnahmen und Angebote etwas zurückgefahren worden sind. Dafür sind aber andere Maßnahmen in Gang gesetzt worden. Wichtiger ist die Erkenntnis - diese hatten ja schon die Vorredner; selbst Herr Poppe hat dies zum Teil anerkennen müssen -, dass diese Landesregierung die Problematik richtig erkannt hat.