- Herr Haase, mit dem Glauben ist das bei Ihnen möglicherweise ein bisschen schwierig. Aber das, was ich vortrage, sind Fakten.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heiner Bartling [SPD]: Herr Rolfes, Sie haben meinen Zwischenruf nicht gehört! Ich hatte gesagt: Da klatscht niemand!)
Die rot-grüne Landesregierung hat den Flächenfaktor im kommunalen Finanzausgleich als Ausdruck ihrer Politik gegen den ländlichen Raum 1992 abgeschafft und den ländlichen Raum dadurch erheblich geschwächt. Auf der Landkreisversammlung des Niedersächsischen Landkreistages in Göttingen hat Herr Professor Henneke als geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistages zum Thema Flächenfaktor übrigens Folgendes gesagt:
„Dass es in Niedersachsen wieder gelungen ist, in den kommunalen Finanzausgleich einen Flächenfaktor zu integrieren, war überfällig. - Dass Sie ihn in den 90er-Jahren abgeschafft haben, war sozusagen ein Bubenstück erster Sorte. Außerhalb von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gibt es überall Flächenindikatoren. Das ist in einem so flächengeprägten Land wie Niedersachsen auch bitter notwendig.“
Für diese Fehlentscheidung waren damals maßgeblich Gerhard Schröder als Ministerpräsident und der damalige Innenminister Gerhard Glogowski und natürlich auch Herr Jüttner als führendes Mitglied der SPD-Fraktion verantwortlich. Meine Damen und Herren, das zeigt, wer Wort gehalten hat. Das wurde bei der Regierungserklärung versprochen, und es wurde eingehalten. Die Landkreise und die großen Flächenkreise werden es zu danken wissen.
Zweitens. Mit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Grundsicherung im Alter bei Erwerbsminderung ist es notwendig geworden, den Soziallastenansatz zum 1. Januar 2007 an die Rechtslage anzupassen.
Der dritte wesentliche Schwerpunkt ist die Einführung des Demografiefaktors. Erstmalig wird im kommunalen Finanzausgleich in Niedersachsen die Bevölkerungsentwicklung berücksichtigt. Zukünftig wird eine rückläufige Bevölkerungsentwicklung für die betroffene Kommune finanziell abgefedert. Für die maßgebliche Einwohnerzahl einer Kommune gilt zukünftig entweder die stichtagsbezogene Einwohnerzahl oder die höhere durchschnittliche Einwohnerzahl aus den letzten fünf Jahren vor dem Stichtag. Dies wird den schrumpfenden Kommunen bei ihrem notwendigen Anpassungsprozess helfen. Wir sind damit nach Bayern das zweite Bundesland, das einen solchen Faktor einführt. Damit schaffen wir ein sehr modernes Regelwerk und sind auf dem neuesten Stand der Entwicklung.
Viertens. Mit dem Änderungsgesetz heben wir außerdem die Steuerverbundquote wieder von 15,04 % auf 15,5 % an und erhöhen damit den kommunalen Finanzausgleich um 78 Millionen Euro. Das System des Finanzausgleichs entspricht nach unserer festen Überzeugung den Vorgaben des Staatsgerichtshofs. Der Finanzausgleich ist aufgaben- und ausgabengerecht. Wenn man sich die konkreten Auswirkungen der neuen Regelungen auf die Landkreise, Städte und Gemeinden ansieht und die Ergebnisse 2006 mit den neuen Ergebnissen 2007 vergleicht, dann stellt man fest, dass es bis auf ganz wenige Ausnahmen fast nur Gewinner gibt. Alle acht kreisfreien Städte erhalten 2007 höhere Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich als 2006.
Alle 38 Landkreise erhalten 2007 mehr Mittel aus dem KFA als 2006. Im Durchschnitt beträgt die Erhöhung 34,9 %.
Von 417 kreisangehörigen Städten und Gemeinden erhalten 370 - das entspricht über 88 % - in diesem Jahr mehr Mittel aus dem KFA als 2006. Im Durchschnitt beträgt die Steigerung 32 %.
Dies, meine Damen und Herren, sind beeindruckende Zahlen. Wer an diesen Ergebnissen jetzt herummäkelt, sucht nur das Haar in der Suppe. Davon werden wir uns sicherlich nicht beeindrucken lassen.
Ich nenne nur einige Beispiele: Auf Initiative dieser Landesregierung ist die Gewerbesteuerumlage gesenkt worden. Hierbei ist es zu einer wesentlichen Entlastung gekommen. Das Modellkommunen-Gesetz ist von dieser Landesregierung initiiert und von den Mehrheitsfraktionen beschlossen worden. Ferner ist es dem Verhandlungsgeschick unseres Ministerpräsidenten zu verdanken
- ja, an Fakten sollte man sich halten -, dass die Erstattung der Unterkunftskosten von 29,1 % auf 31,2 % angehoben wurde. Ich könnte noch viele andere Beispiele nennen. Aber eine Redezeit von sechs Minuten, Herr Bartling, ist nicht genug, um diese Liste fortzusetzen. Wir machen also eine durchgängig gute Politik für die Kommunen, eine durchaus gute Politik für unsere Städte, Gemeinden und Landkreise.
Nun sage ich allerdings in aller Gelassenheit: Allen gleichzeitig recht zu tun, ist eine Kunst, die niemand beherrscht. Dieser Opposition etwas recht zu machen - das haben wir eben gerade bei der destruktiven Diskussion gesehen -, ist eine Kunst, die schon überhaupt niemand beherrscht. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Bevor ich dem Kollegen Bartling das Wort erteile, teile ich mit, dass sich die Fraktionen darauf verständigt haben, die Tagesordnungspunkte 14 und 15 auf morgen Abend - im Anschluss an den Ta
gesordnungspunkt 37; wann immer das sein mag zu verschieben. - Bitte schön, Herr Bartling, Sie haben jetzt das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bubenstück, von dem Herr Rolfes gesprochen hat, ist ja zumindest eines
- ja, damit haben Sie uns gemeint -, das vom Staatsgerichtshof als rechtmäßig bestätigt worden ist. Damals hat die CDU-Fraktion eines auf die Mütze bekommen, weil sie geklagt hat. Dies sollten Sie in Erinnerung behalten. Aber gut, das ist Geschichte.
Ich will Sie gar nicht lange über die Position der SPD-Fraktion zu diesem Gesetzentwurf im Unklaren lassen. Wir werden kein Gesetz mitbeschließen, mit dem der von CDU und FDP im Jahre 2005 begonnene Griff in die kommunalen Kassen fortgesetzt wird.
(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist ja unerhört! - Heinz Rolfes [CDU]: Die allergrößten Räuber waren Sie!)
- Da können Sie sich noch so sehr erregen. Sie müssen es nun einmal zur Kenntnis nehmen. - Wir werden nicht für ein Gesetz stimmen, mit dem den niedersächsischen Kommunen nach dem Willen von CDU und FDP rund 103 Millionen Euro pro Jahr vorenthalten werden.
Wir haben seit 2005 in jedem Jahr beantragt, diesen Raubzug durch die kommunalen Kassen zu beenden und werden - insoweit besteht durchaus Hoffnung für die niedersächsischen Kommunen 2008 mit der unsozialen kommunalfeindlichen Politik wulffscher Machart Schluss machen.
Ich halte es übrigens für ausgesprochen bemerkenswert, meine Damen und Herren, in welcher willfährigen Art und Weise sich der amtierende Innenminister vom Ministerpräsidenten bei diesem Gesetzentwurf hat instrumentalisieren lassen.
- Es scheint so zu sein, dass auch er unter ihm leiden muss. Deshalb werde ich mich mit diesem Thema noch ein bisschen beschäftigen.
In der HAZ vom 16. Januar 2007 wird unter der Überschrift „Wulff: Mehr Geld für Kreise“ berichtet, dass sich der Ministerpräsident für die Verankerung eines Flächenfaktors in den kommunalen Finanzausgleich einsetzt. Vor dem Hintergrund der Annahme, dass diesem Engagement des Ministerpräsidenten eigentlich sorgfältige Modellberechnungen zugrunde liegen müssten, schon um den Eindruck abzuwehren, hier werde zugunsten einflussreicher Parteifreunde aus dem Westen des Landes gemauschelt
- damit sind Sie gemeint -, haben wir die Landesregierung nach der Offenlegung der notwendigen Vergleichsrechnung gefragt. Offengelegt wurde dann aber etwas ganz anderes, meine Damen und Herren - jetzt sollten Sie aufmerksam zuhören -: Der Innenminister musste auf unsere Anfrage ein bisschen kleinlaut - bekanntermaßen ist er sonst das genaue Gegenteil von kleinlaut - einräumen, dass Herr Wulff gar keine Modellrechnungen angestellt hatte, bevor er ihm die Änderung des Finanzausgleichs, über die heute abgestimmt wird, befohlen hat. So nenne ich es einmal. Es mag bei Ihnen ja etwas vornehmer ausgedrückt werden. Ich aber benutze diese Begriffsbestimmung.
Damit diese Trickserei nicht zu sehr auffällt, wurde die ohne jegliche Berechnungsgrundlage verordnete und deshalb als willkürlich zu bezeichnende Einführung eines Flächenfaktors mit einer halbherzigen Halbierung des seit 2005 durchgeführten Griffs in die kommunalen Kassen verbunden. Meine Damen und Herren, damit in diesem Zusammenhang keine Missverständnisse aufkommen, stelle ich eines ganz deutlich klar: Die jetzt behauptete Erhöhung des kommunalen Finanzausgleichs um 75 Millionen Euro ist in Wahrheit lediglich eine Halbierung des vor dem Staatsgerichtshof rechtsanhängigen und nach Ansicht der Kommunen rechtswidrigen Griffs in die kommunalen Kassen, der jährlich ca. 160 Millionen Euro ausmacht.
Ein Dieb, der 75 Millionen Euro weniger klaut, als er ursprünglich vorhatte, handelt immer noch in voller Höhe rechtswidrig.
Ich erinnere daran, dass CDU und FDP bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2005 das Finanzverteilungsgesetz verändert und die sogenannte Verbundquote um 1,05 Prozentpunkte von 16,09 auf 15,04 % reduziert hatten.
Diese Kürzung der Steuerverbundquote hat zu erheblichen Belastungen der niedersächsischen Kommunen geführt. Im Ergebnis haben CDU und FDP die den kommunalen Gebietskörperschaften zustehenden Mittel im Jahre 2005 um 150 Millionen Euro und in den Folgejahren um jeweils ca. 162 Millionen Euro gekürzt. Bis Ende 2006 sind den Kommunen mithin bereits 312 Millionen Euro vorenthalten worden. Gegen diese Änderung des Finanzausgleichssystems ist eine kommunale Verfassungsbeschwerde vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg anhängig.
Wenn jetzt die Kürzung des KFA lediglich zur Hälfte rückgängig gemacht werden soll, dann bedeutet dies nichts anderes, als dass CDU und FDP auch in den Jahren 2007 und 2008 in die kommunalen Kassen greifen. Allerdings wollen sie künftig nur etwa halb so viel Geld wegnehmen wie in den Jahren 2005 und 2006. Ich zitiere in diesem Zusammenhang den Städte- und Gemeindebund aus seinem Rundschreiben 19 aus dem Jahre 2007:
„Wir weisen darauf hin, dass im Jahre 2005 die Verbundquote von 16,09 % willkürlich zur Stärkung der Landesfinanzen reduziert wurde. Finanzpolitisch wird also der kommunalen Ebene nur ein Teil der entzogenen Mittel zurückgegeben. Die einseitige Reduktion der Masse wird also, wenn auch vermindert, weiter wirken.“
Wir haben aber auch aus einem anderen Grund Bedenken gegen diesen Gesetzentwurf. Diese Bedenken hatte übrigens auch der amtierende Innenminister, der uns im Januar-Plenum - auch