Protocol of the Session on January 24, 2007

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Nein, die stehen da ausdrücklich drin!)

- Wenn Sie etwas Sinnvolles beitragen können, dann melden Sie sich einfach mit dem kleinen Kärtchen beim Präsidium.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

In Ihrem Antrag heißt es u. a.:

„Für die Zukunft ist kommunale Selbstverwaltung ohne verstärkte interkommunale Kooperation nur schwer vorstellbar. Die interkommunale Zusammenarbeit bietet eine Alternative zur wiederholt geforderten Gebietsreform.“

Das klingt schon fast wie eine Drohung. Was wollen Sie denn machen, wenn die interkommunale Zusammenarbeit als Alternative scheitert? Ich frage ernsthaft: Was machen Sie dort, wo Sie mit der Freiwilligkeit nicht weiterkommen und an die Grenzen der Freiwilligkeit stoßen?

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Sie sind doch überall für Freiwilligkeit!)

In welchen Bereichen oder auch in welchen Regionen wollen Sie die interkommunale Zusammenarbeit fördern, oder wollen Sie mit Anreizsystemen den Druck auf die Freiwilligkeit erhöhen?

(Jörg Bode [FDP]: Sagen Sie doch mal, was Sie wollen! - Zurufe von der CDU - Glocke des Präsidenten)

- Ich glaube, wir reden aneinander vorbei. Sie haben den Antrag gestellt, nicht wir.

(Bernd Althusmann [CDU]: Sie wissen ja nicht einmal, was Sie wollen!)

Oder wollen Sie die fördern, die ohnehin schon an der Spitze der Bewegung stehen, und damit die regionalen Disparitäten verstärken? Oder muss die Landesregierung nicht doch in bestimmten Bereichen regulierend eingreifen? Oder wollen Sie lediglich einzelne Modellprojekte der interkommunalen Zusammenarbeit fördern?

(Unruhe)

Frau Modder, Augenblick! - Meine Damen und Herren, Sie sollten jetzt der Rednerin zuhören. Wer das nicht tun und sich mit seinem Nachbarn unterhalten möchte, den verweise ich darauf, dass es hier mehrere Türen gibt, durch die man nach draußen gehen kann. Das ist jetzt die letzte Mahnung vor der Mittagspause! - Frau Modder, Sie haben das Wort.

Dann wäre allerdings die berechtigte Frage angebracht, ob Sie ernsthaft glauben, dadurch die Leistungs- und damit die Zukunftsfähigkeit unserer Kommunen sichern zu können.

(Zuruf von der CDU: Ja, glauben wir!)

Oder greifen Sie vielleicht doch den Vorschlag von Herrn Professor Dr. Hesse auf, ein Anreizsystem mit Projektbezug zu schaffen sowie eine finanzielle Förderung freiwilliger Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften zu initiieren?

Meine Damen und Herren, ich hoffe, meine Ausführungen zu Ihrem Antrag machen deutlich, auch wenn Sie nicht gern zugehört haben, wie stümperhaft und nichtssagend dieser Antrag ist.

(Beifall bei der SPD - Hans-Christian Biallas [CDU]: Dies weise ich ent- schieden zurück!)

Sie geben mit Ihrem Entschließungsantrag offen den Handlungsbedarf zu. Ich hoffe, wir werden irgendwann einmal dieses Thema angehen können

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Das habe ich so nicht verdient!)

und die Zukunftsfähigkeit unserer Kommunen - darum geht es zumindest der SPD - ernst nehmen und daran arbeiten. Also ziehen Sie entweder Ihren Entschließungsantrag zurück,

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Kommt gar nicht in die Tüte!)

oder machen Sie konkrete Vorschläge, damit wir vernünftig beraten können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Professor Dr. Albert Lennartz [GRÜ- NE])

Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Bode das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Möhrmann, liebe SPD, so geht das jetzt aber nicht weiter. Irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, zu dem auch die SPD hier im Hause und in der Öffentlichkeit einmal Farbe bekennen muss. Sie haben vor einigen Jahren, als Herr Gabriel noch Ihrer Fraktion angehörte, eine Debatte in elitären Kreisen angefangen, in der es darum ging, dass es einer Gebietsreform bedürfe, weil die Kommunen nicht zukunftsfähig seien. Darauf angesprochen, kam aus Ihrer Fraktion: Na ja, das hat Herr Gabriel gesagt, unsere Meinung ist das nicht, wir befinden uns noch im Diskussionsprozess.

In den weiteren Debatten haben Sie sich mal dafür, mal dagegen ausgesprochen. Heute habe ich gedacht: Aha, jetzt sprechen für die SPD zwei Rednerinnen. Frau Leuschner spricht wahrscheinlich gegen die Gebietsreform, Frau Modder wahrscheinlich dafür. Auf diese Weise haben wir für alle Wähler etwas dabei. - So aber ist es nicht gekommen. Sie haben zu dieser Frage, die im nächsten Jahr von entscheidender Bedeutung sein wird, nichts gesagt.

(Beifall bei der CDU)

Die Wähler und die Bürger, die in den Gemeinden und Landkreisen leben und sich dort für ihre örtliche Gemeinschaft, für ihre Heimat engagieren, haben einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie die politischen Parteien die Behauptungen Einzelner, etwa vom Bund der Steuerzahler oder insbesondere von den Grünen, beantworten wollen.

Herr Lennartz, Sie haben immer wieder gesagt: zu teuer, zu klein, nicht effektiv, nicht zukunftssicher. Wenn man bedenkt, dass man vor Ort eine Struktur hat, von der Sie sagen, dass sie zu teuer sei

und deshalb geändert werden müsse, dann muss auch darüber nachgedacht werden, was eigentlich zu teuer ist. Wenn Sie hier das Hohelied Ihrer Gebietsreform singen, muss man auch einmal überlegen, ob die vielen ehrenamtlichen Ratsmitglieder, die ehrenamtlichen Bürgervertreter, die Heimatpfleger und all die anderen, die sich für ihre Gemeinde ehrenamtlich engagieren, diejenigen sind, die vor Ort etwas teuer machen. Oder sind es nicht gerade diejenigen, die vor Ort die Stütze des gesellschaftlichen Zusammenlebens sind und deshalb unbedingt unsere Unterstützung brauchen und nicht behindert werden dürfen?

(Beifall bei der FDP)

Die Antwort, die wir von der FDP und von der CDU seit etlichen Plenarsitzungen geben, ist ganz eindeutig. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir nicht von oben an die Strukturen in den Gemeinden, in den Samtgemeinden und in den Landkreisen herangehen dürfen und keine Zwangsfusionen durchführen und alles größer machen müssen. Ihre Auffassung, dass Größe besser ist, hat sich in der Region Hannover überhaupt nicht bestätigt, sondern ins Gegenteil verkehrt. Das, was Sie hier erzählen, ist doch widerlegt. Genau das wollen wir nicht.

(Beifall bei der FDP)

Herr Lennartz, ich habe gedacht, dass sich bei den Grünen inzwischen die richtige Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es nicht so sehr auf die Größe, sondern vielmehr auf die Inhalte ankommt. Da Sie nun aber weder Größe noch Inhalte haben, kommen Sie auf die Gebietsreform. Ich bedaure das sehr. Auch wir wollen, dass Steuergelder vor Ort effektiv eingesetzt werden. Deshalb muss man aber nicht all diejenigen, die sich ehrenamtlich für die Gesellschaft engagieren und sich für ihre Heimat einsetzen, diskreditieren, sondern man muss gemeinsam überlegen, wie man die Verwaltungsstrukturen optimieren und besser zusammenfassen kann, um so zu anderen Strukturen zu kommen. Unserer Meinung nach wird dies durch das Instrument der freiwilligen interkommunalen Zusammenarbeit möglich. Man muss vor Ort nicht alles genau so regeln wie im Nachbarort. Man kann sich auch an Wertschöpfungsketten orientieren und auch einmal andere Verwaltungsstrukturen aufbauen. Nicht in jeder Gemeinde muss von der Verwaltung jedes Detail erledigt werden, sondern man kann sich auch mit anderen Gemeinden zusammentun. Das heißt, eine Gemeinde befasst

sich mit der Sozialhilfe, eine andere Gemeinde befasst sich mit Baurechtsfragen. Man kann dies auch auf Kreisebene entsprechend zusammenlegen.

Es gibt eine Fülle von Möglichkeiten, die umgesetzt werden sollten. Dafür brauchen wir aber keine Enquete-Kommission, wie es Frau Leuschner auf den Punkt gebracht hat. In der von Ihnen vorgesehenen Zeit könnte eine Enquete-Kommission auch gar nicht einen Abschlussbericht vorlegen. Außerdem würde uns eine solche Kommission nicht voranbringen. Ich kann nur sagen: Wir von der FDP und von der CDU stehen zu unseren Gemeinden, Samtgemeinden und Landkreisen. Wir stehen zu unserer Heimat. Herr Lennartz, kommen Sie heraus aus Ihrem Elfenbeinturm. Und liebe SPD: Gehen Sie den Grünen nicht auf den Leim! Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Schünemann das Wort.

(Zuruf von der SPD: Eigentlich nicht nötig!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass wir die Verwaltungsstrukturen auf allen politischen Ebenen verschlanken müssen, ist, glaube ich, unstrittig. Auf der Bundes- und auf der Landesebene haben wir es bereits vorgemacht, aber auch auf der kommunalen Ebene. Auch heute habe ich wieder gehört, dass die interkommunale Zusammenarbeit von allen Fraktionen hier im Haus begrüßt wird.

Die Frage ist nun aber: Lassen wir die Kommunen bei der interkommunalen Zusammenarbeit allein, wie das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist, oder begreifen wir die interkommunale Zusammenarbeit als eine echte Chance? Wollen wir die Kommunen dabei unterstützen, hier einen gewaltigen Schritt nach vorn zu gehen, damit Zusammenschlüsse nicht nur im Kleinen zustande kommen, wie dies in der Vergangenheit geschehen ist? Wollen wir konzeptionell an die Sache herangehen, wie dies auch in anderen Bundesländern zum Teil schon gemacht worden ist?

Dazu kann ich Ihnen nur sagen, dass die Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen hier eine echte Chance sehen, den Bürgern vor Ort die Leistungen weiterhin anzubieten, die Verwaltungen zum Teil aber zu konzentrieren und zusammenzulegen, um auf diese Weise mehr finanziellen Spielraum für sogenannte freiwillige Aufgaben zu erreichen. Das ist doch das Ziel, das wir mit einer vermehrten interkommunalen Zusammenarbeit anstreben sollten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wie sind wir strategisch vorgegangen? - Zunächst haben wir ein Institut beauftragt, eine Erhebung vorzunehmen. Was wird schon alles gemacht? Das Ergebnis dieser Erhebung konnte dann ins Verhältnis zu den Aktivitäten gesetzt werden, die in anderen Bundesländern bereits in die Wege geleitet worden sind.

Es ist erkennbar geworden, dass in den wirtschaftlich stärkeren Regionen Niedersachsens eher Zusammenschlüsse vorgenommen werden als in denjenigen Regionen, die sich in einer wirtschaftlich und finanziell dramatischen Situation befinden. Beispielhaft möchte ich nur einmal die Region Harz nennen. Hier sind Zusammenschlüsse absolut notwendig. Wenn dafür aber noch der Mut fehlt, muss diese Landesregierung jetzt sinnvollerweise versuchen, in den betreffenden Regionen mehr interkommunale Zusammenarbeit zu erreichen.

Aus diesem Grunde sind die Regierungsvertretungen ein hervorragendes Instrument, um hier weiter voranzugehen. Wir haben schon einige Modellkommunen motivieren können, an diesem Konzept mitzuwirken. Hier gibt es ganz unterschiedliche Ansätze. Diese auszuwerten und zu moderieren, ist doch außerordentlich hilfreich. Hier geht es nicht darum, Zwang auszuüben, sondern darum, freiwillig zu überzeugen. Man muss aber auch durch gute Beispiele belegen, welche Chancen sich in diesem Bereich bieten. Deshalb wundere ich mich schon etwas, dass man hier auf der einen Seite zwar sagt, es sei ganz gut, auf der anderen Seite aber nicht wirklich dahinter steht und etwas erreichen will.

Was kann die Regierungsvertretung eigentlich tun? - Zum einen - das ist richtig - üben diejenigen, die kleiner sind, Zurückhaltung, weil sie befürchten, dass sie sonst von Größeren geschluckt werden. Hier kann man moderieren. Das ist der eine Punkt. Zum anderen kann in diesen Prozess aber auch

das gesamte Know-how auch der Landesverwaltung eingebracht werden. Ich möchte das anhand einiger Beispiele darstellen. Sehen Sie sich nur einmal die Heimaufsicht an. Wenn die landkreisübergreifend organisiert werden soll, können das Sozialministerium oder das Landesamt hier entsprechende Hilfestellung leisten. In diesem Fall wäre die Regierungsvertretung auch Mittler des erforderlichen Know-hows.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Nur Mittler!)