Protocol of the Session on December 8, 2006

Zu 1: Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Zu 2: Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Zu 3: Nein.

Anlage 36

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 39 des Abg. Enno Hagenah (GRÜ- NE)

Busunfall in Herzberg aufgrund unzureichenden Streueinsatzes?

Der schwere Busunfall in Herzberg am 3. November 2006, bei dem bei Glatteis ein Schulbus mit einem Holztransporter kollidierte, wird u. a. von einem örtlichen Bürgermeister als Folge des Modellversuches zur Privatisierung des Winterdienstes angesehen. Neun Kinder wurden dabei schwer verletzt.

Obwohl an dem Morgen bereits um 3.45 Uhr die Meldung über die Notwendigkeit des Streueinsatzes wegen Glatteises von den zuständigen Landesstellen an den privaten Dienstleister für den Winterdienst weitergegeben worden sein soll, war um 6.43 Uhr, zum Zeitpunkt des Unfalls, in diesem Straßenbereich offenbar noch nicht gestreut worden.

Eine lückenlose Offenlegung der Rahmenbedingungen des dortigen Pilotprojekts und der konkreten Abläufe am Unglückstag zwischen Landesbehörde und dem beauftragten privatem Dienstleister gegenüber dem Landtag erscheint daher dringend geboten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Was genau enthielt die Meldung der Landesdienststelle in der Unfallnacht, und welcher Streueinsatz hätte vertraglich aufgrund dieser Meldung vom privaten Dienstleister wann und in welchem Umfang gefahren werden sollen?

2. Hätte nach den vertraglichen Vorgaben der Unfallbereich zum Unfallzeitpunkt schon abgestreut sein müssen?

3. Wie waren die organisatorischen Abläufe und der Umfang des Streueinsatzes bei einer vergleichbaren Meldelage vor dem Pilotprojekt Privatisierung des Winterdienstes vor Ort genau geregelt?

Am 3. November 2006 ereignete sich um 6.40 Uhr ein schwerer Schulbusunfall, bei dem 28 Schüler und der Busfahrer verletzt wurden. Der Unfallort

liegt auf der L 530 am Ortsrand von Herzberg auf einer Eisenbahnbrücke innerhalb der Ortslage. Die Fahrbahn war zum Unfallzeitpunkt eisglatt und nicht gestreut.

Zuständig für den Winterdienst im Bereich der Unfallstelle ist die Stadt Herzberg. Diese hat für die Durchführung des Winterdienstes erstmals für die Ortsdurchfahrt Herzberg unter dem Datum vom 25. März 1998 eine Verwaltungsvereinbarung mit der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Geschäftsbereich (GB) Goslar, geschlossen, nach der diese den Winterdienst auf den Ortsdurchfahrten der Landes- und Bundesstraßen wahrnimmt. Dabei unterwirft sie sich der Winterdienstorganisation des GB Goslar und stellt das Land Niedersachsen von einer Haftung frei.

Im Rahmen des Pilotvorhabens bedient sich die Straßenmeisterei Herzberg für die Durchführung des Winterdienstes in vollem Umfang privater Dienstleister. Ausgenommen ist der Streckenkontrolldienst, der weiterhin von der Straßenmeisterei durchgeführt wird.

Nach europaweiter öffentlicher Ausschreibung hat der Regionale Geschäftsbereich Goslar die Arbeitsgemeinschaft (Arge) Eurovia Infra GmbH Hastrabau-Wegener GmbH/Kemnabau Andreae GmbH & Co. KG mit der Ausführung des Winterdienstes sowie weiterer Leistungen im Rahmen eines auf drei Jahre befristeten Pilotprojektes beauftragt. Für die Erledigung des Winterdienstes hat die Arge wiederum zwei Firmen als Subunternehmer verpflichtet, die der Straßenbauverwaltung aus früheren Winterdienstaufträgen im Bezirk Herzberg als zuverlässig bekannt sind oder die über entsprechende Erfahrungen auch aus anderen Bundesländern verfügen.

Die Übergabe des Winterdienstes an Private ist keine Besonderheit, sondern seit über 30 Jahren - in Einzelfällen sogar seit Mitte der 50er-Jahre gängige Praxis bei allen Straßenmeistereien in Niedersachsen. Auch dort wird nur ein Teil des Winterdienstes durch die Meistereien selbst vorgenommen. In Herzberg wurden bereits vor Beginn des Pilotversuches lediglich drei von sieben Streuschleifen mit eigenem Gerät bedient.

Der Vertrag mit dem privaten Dritten enthält auch Regelungen, wie die Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge und des Personals nachzuweisen ist. Im Vertrag heißt es:

„Einzusetzende Fahrzeuge und Geräte sind dem Auftragnehmer nachzuweisen... Auf Anforderung des Auftraggebers sind entsprechende Nachweise zu erbringen sowie Fahrzeuge und Geräte für notwendige Prüfungen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen... Die Funktionssicherheit und Einhaltung der Streuparameter der Geräte ist durch eine Überprüfung mit Protokoll nach Herstellerangaben durch eine autorisierte Werkstatt jeweils bis zum 25.09. des Jahres nachzuweisen... Zum 15. eines jeden Vormonats sind Einsatzund Bereitschaftspläne für Personal, Fahrzeuge und Geräte der SM Herzberg mitzuteilen. Durch sie ist zu gewährleisten, dass mit den Winterdiensteinsätzen innerhalb der in den Positionen des Leistungsverzeichnisses benannten Fristen begonnen wird.“

Auf dieser Grundlage hat die Arge mit Beginn der Winterdienstperiode Einsatz- und Bereitschaftspläne vorzulegen. Aktuelle Einsatz- und Bereitschaftspläne für den Winterdienst für Personal und Gerät wurden im September und Oktober 2006 für die Monate Oktober und November vorgelegt. Diese Einsatz- und Bereitschaftspläne weisen u. a. das Gerät aus, das in den vorherigen Wintern bereits eingesetzt war und mit dem die Arge in den Jahren 2004 und 2005 den Winterdienst im Wesentlichen ordnungsgemäß ausgeführt hatte. Aufgrund dieser vertraglichen Basis, der positiven Erfahrungen in den Jahren 2004 und 2005 und der Vorlage aktueller Einsatz- und Bereitschaftspläne bestanden für den Leiter der SM keine Zweifel an der Einsatzfähigkeit der Winterdienstfahrzeuge.

Als am frühen Morgen des 3. November 2006 feststand, dass seitens der Arge nur drei Fahrzeuge verfügbar waren, konnte die Straßenmeisterei kurzfristig auch keine Ersatzfahrzeuge ordern, da in den benachbarten Bezirken ebenfalls Winterdienst ausgelöst war und somit keine anderen geeigneten Fahrzeuge frei waren. Von Dritten konnten diese Spezialfahrzeuge ebenfalls kurzfristig nicht angemietet werden.

Als erste Konsequenz aus dem Unfall wurde zwischen den Vertragsparteien Einigkeit dahin gehend erzielt, dass für die gesamte Vertragslaufzeit des Winterdienstes die volle Einsatzbereitschaft

hergestellt sein muss. Weiterhin wurden als sofortige Konsequenz aus dem Unfall vom regionalen Geschäftsbereich Goslar Maßnahmen veranlasst, die auf eine verbesserte Information zwischen den Vertragspartnern abzielen. Dazu zählt, dass die Arge künftig bereits am Mittag Einblick in die Straßenzustands- und Wetterinformationen (SWIS) erhält und über die Rufbereitschaft innerhalb der Straßenmeisterei informiert wird. Damit kann sich die Arge frühzeitig auf den Winterdiensteinsatz einstellen. Schließlich wurden Gespräche mit der Stadt Herzberg über eine mögliche Hilfestellung im Notfall geführt, sodass auch Vorsorge bei eventuellen Fahrzeugausfällen getroffen wird.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Aufgrund der Straßenwettervorhersagen des Deutschen Wetterdienstes (SWIS) hat der Leiter der Straßenmeisterei (SM) Herzberg am 2. November 2006 für die beiden Wettermelder der SM die sogenannte Rufbereitschaft angeordnet. Die beiden Wettermelder sind daher am 3. November 2006 um 2.30 Uhr zu ihren Kontrollfahrten aufgebrochen.

- Um 3.43 Uhr haben sie aufgrund ihrer Feststellungen den Streueinsatz auf allen sieben Schleifen - d. h. im gesamten Bezirk der SM Herzberg telefonisch beim Einsatzleiter der mit dem Streudienst beauftragten Firmen angefordert.

- Um 4.18 Uhr hat der technische Mitarbeiter der SM Herzberg festgestellt, dass statt der für die insgesamt sieben Streuschleifen erforderlichen sieben Fahrzeuge nur zwei Fahrzeuge für den Einsatz bereitstanden. Letztendlich kamen dann drei Fahrzeuge zum Einsatz.

- Um 4.55 Uhr begann der Winterdiensteinsatz auf Streuschleife 3, um 5.05 Uhr auf Schleife 2 und um 5.10 Uhr auf Schleife 1.

- Der Unfall ereignete sich um 6.40 Uhr auf Schleife 5, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht gestreut war.

Aufgrund des Winterdienstabrufs der SM hätte spätestens nach einer Stunde auf allen sieben Streuschleifen mit dem Streudienst angefangen sein müssen.

Zu 2: Ja.

Zu 3: Unabhängig davon, ob der Winterdienst in eigener Tätigkeit oder durch Dritte erfolgt, ist der

Ablauf identisch: Der Anordnung der Rufbereitschaft folgen das Ausrücken der Wettermelder zu ihren Kontrollfahrten und im Bedarfsfall die Alarmierung der Einsatzkräfte. Der Einsatz muss spätestens eine Stunde nach der Alarmierung beginnen.