Protocol of the Session on October 11, 2006

- Ja, doch, so ging es los. Regionen müsse man bilden, Kreis- und Gebietsreform.

(Heiner Bartling [SPD]: Herr Bode, Sie können nicht zuhören, habe ich den Eindruck!)

- Na ja, Herr Bartling, Sie haben doch früher hier im Hause gesagt, diese Verwaltungsreform löst Nachdenken über weitere Gebietsreformen aus.

(Heiner Bartling [SPD]: Besser zitie- ren!)

Da freue ich mich, dass Herr Jüttner gerade den Saal betritt. Hier wird nämlich deutlich, dass es da einen ganz großen Streit innerhalb der SPDFraktion gibt.

(Heiner Bartling [SPD] lacht)

In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 14. September 2006 sagt Herr Jüttner: „Die meisten der Dinge bei der Verwaltungsreform sind ohne Alternative gewesen.“ Da frage ich mich natürlich: Wer hat jetzt Recht, der Fraktionsvorsitzende, Herr Bartling oder Frau Leuschner? Welches ist die Position der SPD-Landtagsfraktion wirklich?

(Heiner Bartling [SPD]: Lesen Sie mal das Protokoll im Zusammenhang! Dann haben Sie keine Schwierigkei- ten!)

Wir haben durch die Verwaltungsreform das Land Niedersachsen neu aufgestellt. Wir haben es zukunftsfähig gemacht. Wir haben das Zusammenspiel zwischen Landesregierung, Landesverwal

tung und Kommunalverwaltung auf eine neue Ebene gestellt, die absolut vernünftig funktioniert.

(Zustimmung von Hans-Werner Schwarz [FDP])

Wir haben Kommunen, die zukunftssicher sind und auch zukunftssicher bleiben werden. Wir brauchen die Diskussion, die Sie jetzt auslösen wollen, im Jahr vor der Landtagswahl jetzt nach der Kommunalwahl wirklich nicht.

(Heiner Bartling [SPD]: Weil Sie Angst haben!)

Das Zeitfenster, das Sie uns da vorgeben, wenn man es wirklich ernsthaft betreiben will, kann nicht zu vernünftigen Ergebnissen führen. Teile des Untersuchungsauftrages, den die Grünen aufgeschrieben haben, wickelt gerade die bestehende Enquete-Kommission „Demografischer Wandel...“ bereits ab. Das wäre überflüssig und würde die Arbeit der anderen Enquete-Kommission behindern.

Wir sollten die Kommunen, so wie wir es machen, weiter bei der interkommunalen Zusammenarbeit fördern. Wir werden dies tun, zum einen durch Beratung, durch Manpower und zum anderen auch durch finanzielle Unterstützung, so wie es die Kommunen vom Land Niedersachsen gewohnt sind. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Bode.

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Zur federführenden Beratung soll der Antrag an den Ältestenrat gehen, mitberatend soll der Ausschuss für Inneres und Sport tätig sein. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist einstimmig so beschlossen. Herzlichen Dank.

Ich rufe die nächsten beiden Tagesordnungspunkte vereinbarungsgemäß zusammen auf.

Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung: Zusätzliche Studienplätze schaffen, Bildungsfonds auflegen - Mehr Studienplätze mit Qualität! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/3193

und

Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung: Mehr Studierende für Niedersachsens Hochschulen als Chance begreifen und handeln - Sofortprogramm für 10 000 Studienplätze - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/3203

Zur Einbringung des Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Frau Kollegin Dr. Heinen-Kljajić gemeldet. Sie haben das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die niedersächsische Hochschullandschaft befindet sich mehr und mehr in einer fatalen Schieflage. Während die Zahl junger Menschen, die auf eine Hochschule gehen könnten, stark ansteigt, wird die Zahl der Studienplätze in Niedersachsen stetig abgebaut.

Laut KMK-Prognose wird die Zahl der Studienanfänger in Niedersachsen von derzeit 25 400 auf 35 000 im Jahre 2010 bzw. auf 40 000 in den Jahren 2011 und 2012 ansteigen und wird sich danach auf knapp 34 000 Studienanfänger einpendeln. Dies ist ausdrücklich eine konservative Schätzung, die weder eine allseits geforderte Steigerung der Überleitquote von deutlich über 80 % noch eine Änderung der Wanderungssalden mit einkalkuliert.

Im Vergleich dazu die Istzahlen bzw. die Zahlen vom Stand 2005: Wir haben 29 700 Studienanfängerplätze mit abnehmender Tendenz, vor allem bedingt durch die höheren Betreuungsrelationen bei der Umstellung auf Bachelor und Master. Der Wissenschaftsrat hat hierzu einen Mehrbedarf von ca. 20 % an Lehrkapazitäten errechnet. Die Umstellung auf Bachelor und Master bedeutet also im

Gegensatz zu dem, was Minister Stratmann immer wieder äußert, keine Kapazitätsentlastung, sondern führt zu einer Mehrbelastung pro Studienplatz.

Das heißt, obwohl wir in Zukunft mehr Hochschulabsolventen brauchen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben, vergibt diese Landesregierung die Chance, durch den zeitnahen Ausbau von Studienplätzen mehr hoch qualifizierte junge Menschen an Niedersachsen zu binden. Obwohl der Wissenschaftsrat nachdrücklich darauf verweist, dass die Zahl der steigenden Studienberechtigten nur dann zur Chance wird, wenn der Ausbau des Hochschulsystems kurzfristig in Angriff genommen wird und langfristig angelegt ist, lässt weder der Zukunftsvertrag mit einer Laufzeit bis 2010 noch der Haushalt 2007 einen Kapazitätsausbau erkennen.

Herr Minister Stratmann, diesen erst im Rahmen der Verhandlungen über eine Verlängerung des Zukunftsvertrages zu diskutieren, wie Ihr Haus in der Enquete-Kommission „Demografischer Wandel...“ berichtete, wäre nach Meinung aller Experten definitiv zu spät. Denn schon jetzt haben wir eine Unterversorgung mit Studienplätzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der von Ihnen an dieser Stelle immer wieder gerne angeführte Hochschulpakt, der mit Bundesmitteln die durch doppelte Abiturjahrgänge bedingten Spitzenlasten abfedern soll, wird das Problem alleine nicht lösen und entbindet Sie nicht von der landespolitischen Verantwortung, auch mit eigenen Mitteln in Richtung Kapazitätsausbau umzusteuern.

Ich darf an dieser Stelle die heutige Kommentierung der HRK-Präsidentin Wintermantel zum Hochschulpakt zitieren: „Wir brauchen ein entschlossenes Handeln, keinen Tropfen auf den heißen Stein.“

Wenn man sich vor Augen führt, dass diese Landesregierung mit dafür gesorgt hat, dass Hochschulpolitik ausschließlich Länderkompetenz geworden ist und es diese Regierung war, die mit ihrer Schulpolitik erst durch den doppelten Abiturjahrgang die Spitzenlast ausgelöst hat, dann wird deutlich, dass es so etwas wie ein bildungspolitisches Gesamtkonzept bei Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, offensichtlich nicht gibt. Oder wenn es doch eines geben sollte, folgt dies

offensichtlich dem Prinzip der paradoxen Intervention.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Niemand wird bestreiten, dass der kurzfristig zu bewältigende Kapazitätsausbau in der Spitzenlast 2011/2012 ohne Bundesmittel nicht machbar ist. Da aber der Hochschulpakt nur mit Zustimmung aller 16 Bundesländer beschlossen werden kann, wird er keinen Ausgleich für Wettbewerbsnachteile bieten. Ohne landeseigene Anstrengung wird das Süd-Nord-Gefälle im Hochschulbereich weiter zunehmen. Unser negativer Wanderungssaldo - schon heute sind wir mit über 25 000 Studierenden Exportmeister - wird weiter mit fatalen Folgen für unsere Wirtschaft steigen. Kurzfristig mag es sinnvoll sein, im Rahmen des Hochschulpakts zur Bewältigung des doppelten Abiturjahrgangs freie Studienplätze in den neuen Bundesländern zu nutzen. Langfristig, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, führt dieser Weg in eine Falle. Am Vorteilsausgleich wird nach Meinung aller Experten, vom CHE bis zum Wissenschaftsrat, kein Weg vorbeiführen. Kommt er, müsste Niedersachsen für den Nettoexport von Studierenden an andere Bundesländer zahlen. Das heißt, wir müssten die finanziellen Lasten für Studienplätze in anderen Ländern übernehmen, aber den volkswirtschaftlichen Nutzen würden andere abschöpfen.

Gestern war der Presse zu entnehmen, dass auch im Rahmen des Hochschulpaktes nicht damit zu rechnen ist, dass der Bund die Kosten für die Aufrechterhaltung von Studienplatzkapazitäten in den neuen Bundesländern übernehmen wird.

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen. Einen Satz haben Sie noch!

Da muss ein Fehler vorliegen. Ich habe neun Minuten.

Fünf Minuten!

Neun Minuten laut Liste. Ich bitte, das zu kontrollieren.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Neun Mi- nuten!)

Der Fehler ist hier passiert. Es sind nicht fünf Minuten, wie uns angezeigt wurde. Frau Helmhold, Sie haben recht, genauso wie Frau Dr. HeinenKljajić. Ich gebe mich geschlagen: neun Minuten!

Kein Problem. Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, aus den genannten Gründen ist es daher unumgänglich, zügig mit dem Ausbau der eigenen Studienplatzkapazitäten zu beginnen. Wir beantragen, in einem ersten Schritt zusätzlich 3 000 neue Studienanfängerplätze einzurichten, was bei einer angenommenen durchschnittlichen Verweildauer von acht Semestern pro Studierendem nach vier Jahren 12 000 zusätzliche Studienplätze bedeuten würde. Bei 3 000 Studienanfängerplätzen haben wir uns an dem vom MWK ermittelten mittelfristigen Mehrbedarf bis 2020 orientiert.

Auf die Frage der Spitzenlast des doppelten Abiturjahrgangs geht der Antrag bewusst nur am Rande ein, abgesehen davon, dass bereits jetzt dauerhaft geschaffene neue Studienplätze natürlich ab 2011 zu einer Entschärfung beitragen.

Darüber hinaus wollen wir die Ergebnisse des Hochschulpaktes abwarten. Wir setzen voraus, dass die Spitzenlast mit Maßnahmen aufgefangen wird, die temporär wirken und der Normalisierung des Kapazitätsbedarfes ab 2020 angepasst werden können. Ansonsten erwarten wir, dass im Rahmen der Verhandlungen erreicht wird, dass sich der Bund langfristig an der Finanzierung von Studienplätzen beteiligt und dass ein Vergleichsschlüssel erreicht wird, der Niedersachsen nicht benachteiligt und für dessen Ausschöpfung selbstverständlich entsprechende Komplementärmittel zur Verfügung gestellt werden.

Neben dem quantitativen Ausbau der Studienplätze brauchen wir allerdings ebenso dringend eine Qualitätsoffensive für die Lehre; denn unser Problem sind nicht nur zu wenige Studienplätze, sondern auch zu hohe Abbrecherquoten und zu lange Studierdauern. Das Überlastproblem mit der Folge unzureichender Betreuungsrelationen hat zu Stu