Oder nehmen wir meinetwegen die erteilten Unterrichtsstunden je Schüler: Am meisten gibt es wieder in Thüringen.
Da ergeben sich 1,8 Unterrichtsstunden pro Schüler. Niedersachsen ist mit 1,45 Unterrichtsstunden pro Schüler das zweitschlechteste Bundesland. Das sind Tatsachen, meine Damen und Herren!
Meine Damen und Herren, Frau Korter hat auf die Unterrichtsversorgung hingewiesen und die Region Hannover als Beispiel zitiert. Das ist deutlich. Die reale Unterrichtsversorgung auch an den Gymnasien liegt deutlich unter den zugesagten 100 %.
Wir haben einen Brief der Elternvertretung der Grundschule Adendorf bekommen. Ich gehe auf diesen Bereich ein. Dort müsste an sich 105 % Unterrichtsversorgung sein: Verlässliche Grundschule, also 100 %, plus 5 % Vertretungsreserve. Aber das ist nicht der Fall, weil die Schule die Lehrkräfte nicht hat. Dort reißt inzwischen eine Praxis ein, die unverantwortlich ist. Die Eltern haben uns aus Adendorf geschrieben, dass inzwischen der Vertretungsunterricht in der zweiten Klasse nicht von einer Pädagogin, also einer Lehrkraft, erteilt wird, sondern von einer Mutter, einer technischen Designerin, deren Qualifikation sich daraus ergibt, dass sie Mutter von drei Kindern ist. Die Eltern erinnern in ihrem Schreiben daran, dass Herr Busemann noch in seiner Oppositionszeit 1999 gesagt hat:
„Unterricht und Betreuung müssen klar voneinander getrennt werden. Wir wollen, dass Unterricht von ausgebildeten Lehrern erteilt wird. Das gilt auch für Vertretungsstunden.“
sachsens Grundschulen schreiben die Eltern aus Adendorf enttäuscht an uns, dass sie betroffen den Kopf schütteln. Das ist nur ein Beispiel, meine Damen und Herren. Es tut not, dass auch das in einem Bildungsbericht offensichtlich gemacht wird. In der Hinsicht haben die Grünen völlig recht.
Oder nehmen wir z. B. die Klassenfrequenzen, meine Damen und Herren: Unter SPD-Regierungen betrugen sie beispielsweise an Gymnasien noch zwischen 23,9 und 26 Schülerinnen und Schülern. Inzwischen sind sie im Schnitt bei 28,1 angekommen.
- Das sagen Ihre Daten. - Inzwischen weisen fast 50 % der gymnasialen Klassen mehr als 29 Schülerinnen und Schüler auf. In vielen 5. und 6. Klassen sind es inzwischen mehr als 32 Schülerinnen und Schüler. Das ist überhaupt keine Seltenheit mehr.
Das also ist die Realität an Niedersachsens Schulen. Wo sollen dann die Lehrkräfte noch individuelle Förderung leisten? Wo soll dann noch Binnendifferenzierung geleistet werden? - Das sind die Tatsachen.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren, wo bleibt Ihre viel beschworene Durchlässigkeit? - In Ihrer Presseerklärung, Herr Busemann, zum Schuljahresbeginn haben Sie noch geschrieben, dass im letzten Schuljahr 707 Schülerinnen und Schüler von Hauptschulen zu Realschulen und 636 von Realschulen zu Gymnasien gewechselt sind.
Stolz waren Sie darauf. Aber schauen Sie sich einmal die tatsächlichen Daten an. Sie verschweigen nämlich, meine Damen und Herren, dass 3 015 Schülerinnen und Schüler aus Gymnasien auf die Realschulen und 4 333 Schülerinnen und Schüler aus Gymnasien und Realschulen auf die Hauptschulen zurückgegangen sind. Insgesamt sind es mehr als 7 300 Schülerinnen und Schüler.
- Herr Busemann hat es in der Presseerklärung bewusst nicht gesagt. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.
Das ist die Wahrheit in Niedersachsen. Durchlässigkeit gibt es in Niedersachsen hauptsächlich nur von oben nach unten und nicht von unten nach oben. Das ist der entscheidende Punkt. Durchlässigkeit findet bei Ihnen nur umgekehrt statt, meine Damen und Herren.
Tatsache ist, meine Damen und Herren, dass Sie noch nicht einmal Ihre frei werdenden Lehrerstellen besetzen. In diesem Jahr werden 250 Stellen gestrichen. In den nächsten Jahren sollen es jeweils über 400 sein. Das sind die Tatsachen.
Sie sind ja so stolz auf Ihre 2 500 zusätzlichen Lehrkräfte, die Sie gebracht haben. Dazu gebe ich Ihnen mal ein paar Daten. In den vier Jahren von 2003 bis 2006 haben Sie nach Ihren eigenen Zahlen 9 378 Lehrkräfte eingestellt. In den vier Jahren von 1999 bis 2002, also unter der SPDRegierung und in dem gleichen Zeitrahmen, sind 11 660 Lehrkräfte eingestellt worden. Das sind 2 300 mehr als in Ihrer Regierungszeit! Das ist die Tatsache, meine Damen und Herren.
Dann kommen wir einmal zum Thema Hauptschulen. Das hat Frau Eckel vorhin sehr deutlich gesagt. Von dem Zeitpunkt an, meine Damen und Herren, als Herr Busemann anfing, die Hauptschulen zu stärken, ging die Nachfrage nach Hauptschulen zurück, und zwar von 23 % auf inzwischen noch 16,5 % der Schülerinnen und Schüler, welche die Hauptschule besuchen wollen.
Tatsache ist, meine Damen und Herren, dass fast 50 % aller Hauptschulen inzwischen unter der Zweizügigkeit liegen. Sie sehen diese Entwicklung, und Sie tun gar nichts, obwohl die Hälfte aller niedersächsischen Hauptschulen in ihrer Existenz gefährdet ist.
Zusammenfassend, meine Damen und Herren, aufgrund Ihrer eigenen Daten: Ihre Schulpolitik geht zu Ende, volle Klassen, insbesondere in den Eingangsstufen der Realschulen und Gymnasien, ohne hinreichende Förderstunden, eine der schlechtesten Lehrer-Schüler-Relationen in der Bundesrepublik, eine immer schlechter werdende Unterrichtsversorgung, eine immer unzureichendere Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern und - zu guter Letzt - eine Schulstruktur aus dem letzten Jahrhundert. Ihre Bilanz, Herr Busemann, ist selbst auf der Grundlage Ihrer eigenen Daten vernichtend. Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen: Gehen Sie nach Hause, Herr Busemann. Ihre Hausaufgaben haben Sie nicht gemacht.
(Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Wenn Sie doch alle Daten kennen, warum fordern Sie den Bil- dungsbericht?)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Erst einmal, Herr Wulf, meinen Respekt für die Fleißarbeit, die Sie all den offiziellen Zahlen aus dem Kultusministerium geleistet haben. Sie haben den besten Beweis geliefert, dass Ihr Antrag eigentlich überflüssig ist und Sie uns hier die Zeit stehlen.
Wir haben seit der ersten Beratung des Antrages der Grünen zum Thema Bildungsbericht versucht herauszubekommen, was Sie eigentlich wollen. Dass Sie genau die Zahlen gar nicht wollen, über die Sie schon verfügen, ist gerade dargelegt worden. Dreh- und Angelpunkt waren bei Ihnen immer die Zahlen. Darum ging es das letzte Mal und auch heute. Sie kritisieren auch heute wieder, dass sich die Eltern ihre Zahlen selber zusammensuchen müssen. Sie möchten gerne, dass das Ministerium das macht. Sie haben aber bereits gezeigt, dass das Ministerium jede Menge liefert. Wie ist denn das eigentlich bei den ganzen Differenzierungen, die Sie vornehmen wollen? Soll dann jede Schule einzeln ihre Zahlen nach Hannover liefern? Und Hannover beglückt dann die mehr als 3 000 Schulen im ganzen Lande mit genau den Einzelzahlen? - Viele Ihrer Vorschläge, liebe Kolleginnen
Sie fordern zugleich, dass die ganzen Zahlen zeitnah veröffentlicht werden sollen, also nicht nur einmal im Jahr, damit das Ganze hieb- und stichfest ist, was Sie ja gerade gern verkündet haben. Mit einer solchen Statistik können Sie aber nur einen kleinen Zeitraum überschauen, und schon wieder stimmen die Zahlen bei der Veröffentlichung nicht mehr. Dann ist es besser, wir einigen uns gleich auf das, was im Allgemeinen in diesem Lande immer Konsens war, dass wir die Zahlen zu einem Stichtag erheben. Das war in der Vergangenheit so, und das ist auch jetzt so. In den nächsten Tagen liefert Ihnen das Kultusministerium wieder die Zahlen, die Sie dann in der nächsten und übernächsten Sitzung zitieren können.
Wir brauchen genau diese klare, transparente Basis, nicht etwa Momentaufnahmen. Die helfen uns nicht, die helfen nur Ihnen, meinen Sie, bei der Absicht zu dramatisieren. Denn Sie wollen genau das. Sie sagen: Wir wollen Zahlen. - Dazu sagen wir: Wir haben sie. - Dann sagen Sie: Nee, die sind nicht glaubwürdig. Der Kultusminister tarnt, trickst, täuscht.
Aber seine Zahlen sind dann für dieses Haus gut genug, wenn sie unter 100 % sind. - Da merkt man die Masche.
Bezeichnend ist auch, wie Sie überall komplette Handlungskonzepte - das sind Lieblingsbegriffe bei Ihnen - fordern. Wenn jemand gründlich Reformen macht, sprechen Sie von einer Reformwut. Erinnern Sie sich, Frau Korter! Das haben Sie neulich gesagt. Wenn die ganzen Teilbereiche der Reform verzahnt sind, dann sagen Sie, die Schulen würden von unten bis oben aufgewühlt. Ihre Sprache, auch heute, ist verdächtig. Sie wollen diskriminieren und nicht argumentieren.
Dabei klingt manche Ihrer Fragen scheinbar - aber nur scheinbar! - klug, nämlich etwa die Frage, wie
viel Unterricht fachfremd vertreten wird. Dabei ist nicht allein entscheidend, ob der Unterricht fachfremd vertreten wird, sondern was sich in einer Unterrichtsstunde abspielt. Vergessen Sie nicht, dass viele Unterrichtsstunden, die vertreten werden, Einzelstunden sind, in denen etwa die Schüler Hausaufgaben machen. Dabei ist es in der Tat egal, wer die Aufsicht führt.
Wenn sie nur Langzeitvertretungen erfassen wollen, dann müssen Sie auch das sagen. Aber dann müssen Sie einen Leitfaden entwickeln, damit die Schulen wissen, was sie wann in die Statistikbögen, die noch entworfen werden müssen, einzutragen haben. Bürokratismus pur!