Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Demzufolge kommen wir zur Ausschussüberweisung.
Der Ältestenrat empfiehlt, den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten mit diesem Antrag federführend zu befassen und die Ausschüsse für innere Verwaltung und für Rechts- und Verfas
Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung: Länderübergreifendes Biosphärenreservat „Karstlandschaft Südharz“ - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/3698
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Überlegungen und Planungen für ein Biosphärenreservat „Karstlandschaft Südharz“ haben eine lange Geschichte. Sie reichen bis in die 80er-Jahre zurück. Spätestens seit im Jahre 1997 mit dem Gutachten der Planungsgruppe Ökologie die Machbarkeit und der Nutzen eines Biosphärenreservats im Gipskarst für den Naturschutz und für die wirtschaftliche Entwicklung der Region nachgewiesen wurden, liegt eine solide Grundlage vor, dieses Projekt anzugehen.
Und es ist gut begründet. Die Karstlandschaft Südharz ist ein in Europa einmaliger Lebensraum. Sie erstreckt sich von Südniedersachsen über Thüringen bis nach Sachsen-Anhalt. Aufgrund der besonderen geologischen und klimatischen Bedingungen ist in diesem Gebiet eine Landschaft von herausragender Schönheit und großer Vielfalt an Tieren und Pflanzen entstanden. Elemente dieser Landschaft sind Karsterscheinungen wie bizarre weiße Felsen und Steilwände, Höhlen, Karstquellen, Bachschwinden und Dolinen. Mit seinem geologischen Formenreichtum und seiner ungewöhnlich großen Vielfalt an Tieren und Pflanzen erfüllt die Südharz-Region wichtige Auswahlkriterien für eine Anerkennung als UNESCO-Biosphärenreservat.
Es ist Zeit zum Handeln seit 1997, sollte man meinen. Doch dieses Projekt liegt der SPD in Niedersachsen nicht am Herzen, der CDU auch nicht. Die Gipskarstlandschaft in Niedersachsen wird von Ihnen hauptsächlich unter Rohstoff- und Abbaugesichtspunkten betrachtet. Jedes Jahr gibt es einen neuen „Gipskompromiss“ mit der Gipsindustrie.
Nur die Eingeweihten kennen ihn, Sie aber verkünden, dass es endlich den Durchbruch für den Naturschutz gegeben habe - und das, obwohl wieder ein wertvolles Stück Landschaft dem Abbau geopfert worden ist. Die Folgen für den Naturschutz sind dramatisch. Gleichzeitig zerstören Sie mit dem Naturgipsabbau das Landschaftskapital der Region und Perspektiven für die Menschen.
Als seinerzeit die gemeinsame Erklärung der drei Länder unterzeichnet werden sollte, musste der Niedersächsische Umweltminister von Thüringen und Sachsen-Anhalt zur Unterschrift getragen werden.
Das Ergebnis sieht man: Die Erklärung ist von niedersächsischer Seite niemals mit Leben gefüllt worden. Weder die SPD-Fraktion noch irgendeine Behörde vor Ort oder auf Landesebene haben sich für ein Biosphärenreservat eingesetzt oder gar dafür gekämpft.
Wo haben Sie denn, Herr Plaue, wie geplant Gespräche in der Region zu diesem Projekt geführt? Wie gestaltet sich der vorgesehene regelmäßige Erfahrungsaustausch mit den Gemeinden, Landkreisen, Verbänden? Gibt es irgendwelche Ergebnisse? Sie haben doch nichts vorzuweisen.
Das Umweltministerium hat sich sogar die Peinlichkeit geleistet, im Jahre 2000 den Vorsitz der gemeinsamen Arbeitsgruppe der drei beteiligten Länder überhaupt nicht wahrzunehmen. Die Entschuldigungen für Ihr Nichthandeln, die vermutlich gleich angeführt werden, kann ich schon vorhersehen.
Sie werden darauf verweisen, Herr Jüttner, dass drei Partner beteiligt seien, dass damit auch die Fehlerquellen größer seien und dass sich Umstände und Konstellationen entwickeln, bei denen dann die Ursache bestimmter Entwicklungen nicht mehr genau nachzuvollziehen sei. Deshalb könne der Niedersächsischen Landesregierung kein Vorwurf gemacht werden. - Vielleicht sagt das aber auch nicht Herr Jüttner, sondern Herr Plaue.
Solche Entschuldigungen sind Ausreden und nicht akzeptabel. Sehen wir nach Sachsen-Anhalt, wo die Landesregierung nicht auf die Nachbarländer gewartet hat, sondern das Biosphärenreservat installiert - Stück für Stück und mit Unterstützung der Bevölkerung.
Sie wollen in Niedersachsen an dieses Projekt nicht heran, weil Sie einen Konflikt mit der Gipsindustrie scheuen. Aber Sie vertun eine einmalige Chance: Sie haben eine wertvolle, vielgestaltige, einmalige Naturlandschaft, die als Biosphärenreservat eine äußerst große Attraktivität für den Tourismus haben wird, gerade im Verbund mit den geologischen Highlights in den anderen Bundesländern wie dem Kyffhäuser in Thüringen. Sie könnten Naturschutz und Entwicklung der Region verbinden, aber Sie müssten sich für eine sensible ökonomische Nutzung entscheiden und sich von der weiteren Zerstörung der Karstlandschaft durch Gipsabbau verabschieden.
Deswegen fordere ich Sie auf - das ist auch der Inhalt des Entschließungsantrags -: Intensivieren Sie umgehend die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern Sachsen-Anhalt und Thüringen, führen Sie den Dialog mit allen Beteiligten, um das Biosphärenreservat „Karstlandschaft Südharz“ der Verwirklichung näher zu bringen. Da das natürlich auch eine materielle Seite hat, appelliere ich an Sie, endlich die notwendigen personellen und finanziellen Voraussetzungen für die Anmeldung der niedersächsischen Karstlandschaft als Teil eines UNESCO-Biosphärenreservats bereit zu stellen. Das sollte unser Ziel für das Jahr 2003 sein! Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat handelt es sich bei dem Zechsteingipsgebiet im Südharz um eine einzigartige Naturlandschaft. Es sind ca. 20 000 Hektar im Landkreis Osterode, die einzigartig sind, und zwar nicht nur für Nieder
Allerdings, Frau Steiner, habe ich etwas bei Ihnen vermisst, nämlich den Hinweis, dass es sich bei diesem Gebiet auch um einen Wirtschaftsraum handelt.
Von diesen 20 000 Hektar Zechsteingipsgebiet, die für ein Biosphärenreservat in Frage kommen, sind 10 % jetzt schon Naturschutzgebiet, 25 % sind Landschaftsschutzgebiet, und immerhin 15 % sind nach Brüssel als FFH-Gebiet gemeldet worden. Es kann also nicht sein, dass diese Regierung dieses Gebiet ausschließlich als Rohstoffabbaugebiet betrachtet.
Aber ich möchte das auch nicht negieren. Die Region, der gesamte Harz ist besiedelt worden aufgrund seiner Rohstoffvorräte, und auch heute noch ist die Bevölkerung in vielen Bereichen auf den Abbau dieser Rohstoffe angewiesen. Den Rohstoff von dort, den Naturgips, findet man bestimmt auch in vielen Grünen-Wohnungen und das Produkt aus Walkenried z. B., das ganz besonders rein ist, in so manchem Gebiss eines älteren Menschen, vielleicht auch schon unter uns. So hochwertig sind die Produkte, die von dort kommen.
Bisher hat trotz anders lautender Meldungen weder für die Gipskartonplatten noch für diese medizinischen Anwendungen ein Ersatzstoff gefunden werden können. Also bitte, negieren Sie nicht den Gipsabbau!
Bei jedem Vorkommen, das dort angefasst wird, gibt es einen langwierigen Abstimmungsprozess, an dem auch Ihre Interessenvertreter beteiligt sind.
Wir wissen auch, dass die Firmen, die dort abbauen, auf der Grundlage von Recht und Gesetz arbeiten können, weil viele dieser Rohstoffvorkommen schon lange in der Landes-Raumordnung abgesichert sind. Das können wir also auch nicht abweisen.
Sie wollen der Landesregierung unterstellen, sie hätte nicht an dem Biosphärenreservatsgesetz gearbeitet. Gleichzeitig haben Sie in Ihrem Antrag aber darauf hingewiesen, dass das vor Ort erfolgen muss. Dieses Ganze muss auch von unten nach
oben wachsen. Das heißt, wenn die dortigen Kommunen, wenn der dortige Landkreis soweit ist und das Signal gibt, dass ein Biosphärenreservat daraus werden kann, dann wird das auch gemacht.
Aber es kann nicht von oben verordnet werden. Dieser Abstimmungsprozess läuft ja: Bezirksregierung, Kreis und Kommune sind dauernd dran. Sie weisen nicht nur neue Abbaugebiete, sondern auch neue Schutzgebiete aus. Es sind schon wieder neue Naturschutzgebiete in der Planung.
Es ist u. a. gelungen, in mehreren Abschnitten das Hainholz, ein exemplarischer Abschnitt dieses Zechsteingipses, mit den Erdfällen, mit den Bachschwinden, mit den Höhlen endgültig zu sichern. Exemplarische Anteile werden also gesichert. Aber wir werden es auch noch Jahrzehnte erleben, dass dort Abbau stattfindet.
Sie können dieser Region die Erwerbsmöglichkeit auch nicht nehmen, denn eines ist doch wohl klar: Es hat sich erwiesen, dass wir nicht ein Biosphärenreservat ausweisen und den Leuten dann sagen können: „Der Rohstoffabbau ist vorbei, ihr lebt jetzt vom Tourismus.“ Das klappt nicht, das hat nicht einmal im Kerngebiet des Harzes geklappt. Wir wissen ganz genau, dass wir dort einen Bevölkerungsrückgang haben, dass die Menschen ihre Lebensgrundlagen dadurch verlieren, dass international tätige Konzerne ihre Produktionsstätten dort schließen.
Andererseits führen Sie Sachsen-Anhalt als positives Beispiel an. Sachsen-Anhalt hat nun gerade die wenigsten Flächen, die vom Gesteinsabbau betroffen sind. Vielmehr haben Thüringen und Niedersachsen die Hauptabbaugebiete. Das muss einmal eindeutig festgehalten werden. Gehen Sie einmal nach Thüringen und sagen Sie den dortigen Arbeitern, die jeden Arbeitsplatz dringend brauchen, dass Sie dort auf den Rohstoffabbau verzichten wollen! Die werden Sie, zu Deutsch gesagt, zum Teufel jagen.
Ihr Antrag ist - das ist mir aufgefallen - in zwei Termine eingebettet. Am 31. August 2002 hat in Osterode die BUND-Fachtagung „Naturgips gehört in die Berge“ stattgefunden. Das ist richtig aus Sicht des BUND. Aber genauso richtig ist das, was ich gesagt habe: Wir müssen die Interessen der Bevölkerung im Auge behalten.
Frau Steiner, Sie hätten es besser wissen müssen. Wir stehen kurz vor der Landtagswahl. Sie wissen, wie viele Gesetzesvorhaben diese Regierung und wir als Parlament schon mit den Nationalparkgesetzen geschultert haben. Sie wissen, dass wir das UVP-Gesetz gerade verabschiedet haben. Wir sind dran an der Elbtalaue. Es folgt vielleicht noch das Gesetz über Abfallwirtschaft, das Gesetz über Naturschutz. Wir können unser Arbeitsprogramm überhaupt nur mit etlichen Sondersitzungen schaffen. Den Zeitpunkt, zu dem Sie diesen Antrag gestellt haben, betrachte ich daher als wenig seriös, sondern als Bedienung Ihrer Klientel. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.