Meine Damen und Herren, der Sprecher der Fraktion der SPD lobte in der ersten Plenarberatung am 24. Januar 2002 die im breiten Konsens formulierten Ergebnisse und Vorschläge der Kommission „Zukunft der Landwirtschaft – Verbraucherorientierung“. Ein zentraler Punkt in dem Kommissionsbericht, der sich auch im Entschließungsantrag wieder finde, sei die nachhaltige Verbesserung des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit. Der Agrar- und Ernährungswirtschaft werde empfohlen, die Eigenverantwortung für die Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität künftig durch ein betriebs- und stufenübergreifendes Qualitätssicherungssystem wahrzunehmen, welches über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehe und sich auf die gesamte Wertschöpfungskette beziehe.
Die Vertreterin der Fraktion der CDU schloss sich der Zielsetzung des Entschließungsantrages im Hinblick auf eine nachhaltige Verbesserung des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit grundsätzlich an. Sie sehe jedoch noch einen Diskussionsbedarf in der Finanzierung des von der Kommission vorgeschlagenen Modells zur Qualitätssicherung. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass die Akzeptanz eines solchen Qualitätssicherungssystems bei der Bevölkerung erst dann erreicht sei, wenn sich - branchenübergreifend - die Betriebe diesem Modell anschlössen.
Der Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen machte deutlich, dass er den Entschließungsantrag als Anlass werte, die Ergebnisse der Kommission offen zu diskutieren. Darüber hinaus sei seine Fraktion der Auffassung, dass das Kriterium „gentechnikfreie Futtermittel“ in das von den Kommissionsmitgliedern vorgeschlagene Qualitätssicherungssystem mit aufzunehmen sei.
In der Sitzung des Unterausschusses für Verbraucherschutz am 7. Februar verständigten sich die Mitglieder einvernehmlich darauf, gemeinsam mit dem federführenden Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Vertragspartnern aus der Fleisch- und Nahrungsmittelwirtschaft, die bereits Vereinbarungen zur Qualitätssicherheit getroffen haben, sowie Verbänden aus den Bereichen der Landwirtschaft und der Verbraucherzentrale Niedersachsen Gelegenheit zu geben, sich im Rahmen einer Anhörung zu den Vorschlägen der
Der Unterausschuss hörte sodann in seiner öffentlichen Sitzung am 6. März Vertreter von insgesamt acht Verbänden und Vertragspartnern der Fleischund Milchwirtschaft zu diesem Themenbereich an. Die angehörten Sachverständigen brachten hierbei zum Ausdruck, dass sie der Einführung eines Qualitätssicherungssystems grundsätzlich positiv gegenüberstünden. Einige der Unternehmensvertreter ließen jedoch auch Zweifel an der Praktikabilität eines solchen Systems deutlich werden.
In der sich anschließenden Beratung im Unterausschuss für Verbraucherschutz verständigten sich die Mitglieder einstimmig auf einen gemeinsamen – aus der Anhörung resultierenden - Änderungsvorschlag. In diesem Änderungsvorschlag, der Ihnen heute als Beschlussempfehlung in der Drucksache 3424 vorliegt, ist nunmehr durchgängig von einem „Qualitätsmanagementsystem“ die Rede. Darüber hinaus verdeutliche der Änderungsvorschlag, dass ein offensives Marketing für das Qualitätsmanagementsystem auf Bundes- und Landesebene angestrebt werde.
Der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten folgte sodann – ebenfalls einstimmig - der Empfehlung des Unterausschusses für Verbraucherschutz, den Entschließungsantrag in geänderter Fassung anzunehmen. Der mitberatende Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen hat sich dem so gefundenen Beratungsergebnis des Landwirtschaftsausschusses ohne weitergehende Diskussion angeschlossen.
Zum Schluss meiner Berichterstattung bitte ich Sie daher namens des federführenden Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der Beschlussempfehlung in der vorliegenden Drucksache 3424 zu folgen und den Entschließungsantrag in geänderter Fassung anzunehmen.
Danke schön für den Bericht, Herr Kollege Kethorn. - Meine Damen und Herren, Herr Kollege Groth hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!
deutlich kürzer fassen und muss die Entwicklung des Antrages nicht mehr schildern. Hierfür bedanke ich mich.
Ich glaube, dass der Antrag „Mehr Lebensmittelsicherheit durch Neuausrichtung in der Qualitätssicherung“ durch die Nitrofen-Debatte eine neue Aktualität gewonnen hat. Meines Erachtens müssen wir Politiker permanent, aber insbesondere nach solchen Vorkommnissen darüber nachdenken, wie die Lebensmittelsicherheit noch besser organisiert werden kann, als es ohnehin schon der Fall ist. Deshalb bin ich erfreut darüber, dass wir zu einem gemeinsamen Text gelangt sind und diesen heute einvernehmlich beschließen werden.
Folgendes ist neu: Wir haben uns in der bisherigen Diskussion über die Qualitätssicherung auf die konventionelle Landwirtschaft konzentriert. Vielleicht müssen wir hier und heute im Plenum sagen, dass diese Qualitätssicherungsdebatte auf die Bioproduktion ausgedehnt werden muss.
- Ich habe Ihnen insoweit auch gar nicht widersprochen. - Sie hat ihren Platz dort genauso wie im konventionellen Bereich. Angesichts der aktuellen Debatte sei dies hier angemerkt.
Wenn wir das Geschehen an den Entwicklungen, die nun im Zusammenhang mit Nitrofen offenbar sind, messen, müssen wir erkennen, dass die firmeneigene Qualitätssicherung insoweit gut war und geholfen hat, den Missstand offenzulegen, als sie erkannt hat, dass Chargen in die Produktion gelangt waren, die nicht in Ordnung waren. Wir müssen zugleich aber auch erkennen, dass die nur firmenbezogene Qualitätssicherung denen, die die Erkenntnis haben, die Gelegenheit gibt, ein Problem so zu managen, dass sie letztlich nicht selbst mit dem Problem assoziiert werden, indem sie nämlich dafür sorgen, dass die Produkte aus ihrem Wirkungsbereich verschwinden.
Aber hier fehlt - das auch die Entwicklung im Zusammenhang mit Nitrofen aus meiner Sicht deutlich - das stufenübergreifende Qualitätssicherungsmanagement. Der Antrag ist also so aktuell wie nie und dringend erforderlich. Firmen- und stufenübergreifend muss Qualitätssicherung angelegt werden. Es müssen viele am Markt teilnehmen, damit das Qualitätsmanagement stufen- und branchenübergreifend von einer großen Anzahl der
Der Staat hat in diesem System eine wichtige Rolle. Er hat die Kontrolle der betrieblichen Überwachung sicherzustellen, muss also gewährleisten, dass dieses vernetzte System auch funktioniert. Wir meinen, dass die im Antrag beschriebene Qualitätssicherung dringend erforderlich ist. - Hier lasse ich wieder Teile weg, weil sie im Bericht vorgetragen worden sind.
Meines Erachtens ist auch ein Hinweis, den Herr Stolze heute Morgen gegeben hat, unerlässlich. Wir haben ja gesehen, dass es für Biobauern verhängnisvoll ist, wenn sie nicht selbst für Futter sorgen können, das sie in ihren Betrieben benötigen, also arbeitsteilig arbeiten müssen, wenn sie sich der Strukturen bedienen müssen, die auch die Agrarindustrie versorgt. Ich glaube, es ist unerlässlich, dass wir im Zusammenhang mit einer umfänglichen Qualitätssicherung die Anforderung formulieren, dass sich die Bioproduzenten, wenn sie arbeitsteilig arbeiten, bei der Zulieferung eigener Strukturen bedienen müssen bzw. diese - bei aller wirtschaftlichen Schwierigkeit - aufbauen müssen. Dies gilt aber nicht nur für die Zulieferung, dies gilt meines Erachtens auch für die Veredelung.
Wir finden es, um auch einen Satz zu dem Antrag der Grünen zu sagen, nicht sehr hilfreich, wenn sie sagen: „Agrarwende nun erst recht!“ Wir sind mehr für eine friedliche Koexistenz sowohl der konventionellen Landwirtschaft als auch der Bioproduzenten. Beide müssen sich am Verbraucherschutz und an gesunden Produkten für die Verbraucher orientieren. Es hilft wohl nicht weiter, wenn wir die beiden Produzentengruppen in eine unnötige Gegnerschaft bringen. Wir produzieren dann eher solche Lagen, die wir auch in den letzten Monaten beobachten konnten, dass es dann zu klammheimlicher Freude bei denen kommt, die gerade kein Problem hatten und bei der anderen Gruppe das Problem beschrieben sehen.
(Frau Harms [GRÜNE]: Die klamm- heimliche Freude wurde nicht von Landwirten vorgetragen, die wurde von Ihrem Minister verbalisiert!)
Wir glauben, dass wir mehr für die Ziele werben müssen, die ich genannt habe. Es geht um gesunde Lebensmittel. Es geht um Verbraucherschutz. Dem müssen die konventionellen Landwirte wie die
Biolandwirte in gleichem Maße entsprechen. Dies kann durch gute Qualitätssicherung, durch eigenständige Strukturen in der Zulieferung und in der Veredelung mehr sichergestellt werden, als das derzeit der Fall ist.
In diesem Sinne bitte ich Sie, die Beschlussempfehlung, den wir Ihnen heute einstimmig vorgelegt haben, auch einstimmig zu tragen. - Danke.
Ich danke für den Hinweis, Frau Präsidentin Goede. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich will auf die nähere Begründung unseres Antrages unter Punkt 12 – „Nitrofen-Skandal: Eklatantes Versagen des Landes beim Krisenmanagement“ verzichten, weil ich meiner Kollegin Frau Hansen noch Gelegenheit geben möchte, einige Worte zum Verbraucherschutz und zur Qualitätssicherung zu sagen.
Die unglaublichen Vorgänge um die NitrofenFunde in Biofuttermitteln und Geflügel sind unentschuldbar, meine Damen und Herren. Was hier passiert ist, hat nicht nur nach der BSE-Krise das Vertrauen der Verbraucher erneut massiv erschüttert. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand können wir Folgendes festhalten.
Erstens. Der Ökoanbau hat seinen Heiligenschein verloren. Ökologische Landwirtschaft ist durch schwarze Schafe in der Branche jetzt genau so betroffen, wie wir das in der Vergangenheit bei der konventionellen Landwirtschaft erlebt haben.
Gabriel hat seinerzeit die Ursachen für die BSEKrise in der Agrarindustrie gesehen und kurzum die totale Umkehr in der Agrarpolitik gefordert. Offenbar war ihm damals entgangen, dass mehr als 98 % unserer Höfe bäuerliche Familienbetriebe sind und BSE nichts, aber auch gar nichts mit der Größe der Tierbestände zu tun hat.
Die ideologisch ausgerichtete Politik von Frau Künast, unsere Landwirtschaft in gute und böse Betriebe zu spalten, ist von dieser Landesregierung ohne Wenn und Aber mitgetragen worden.
Jetzt, wo die Ökobetriebe am Pranger stehen, kommen vom Ministerpräsidenten plötzlich ganz andere Töne. Man traut ja seinen Ohren kaum, wenn er jetzt fordert: Wir müssen aufhören, die konventionelle Landwirtschaft gegen die ökologische Landwirtschaft auszuspielen.
(Frau Harms [GRÜNE]: Welche Öko- betriebe stehen am Pranger? Wen stellen Sie jetzt schon wieder an den Pranger, Herr Kollege?)
Landwirtschaftsminister Bartels geht gleich richtig zur Sache. Dass auch er die Ökopolitik bisher voll mit unterstützt hat, spielt plötzlich keine Rolle mehr. Für ihn sei die einseitige Agrarpolitik von Frau Künast schon immer ein Trugschluss gewesen, erklärt er der erstaunten Öffentlichkeit. Der Minister gibt sogar den Ratschlag, die von ihr seit anderthalb Jahren zu verantwortende Politik der Polarisierung zu überdenken.
Dies ist nicht nur ein Zickzackkurs der Landesregierung. Es ist ein unglaublicher Populismus, wie wir ihn selbst bei dieser Landesregierung bisher kaum erlebt haben.
Zweitens. Die Vorgänge um die Nitrofen-Funde haben auch deutlich gemacht, dass es schier unglaubliche Schwachstellen im Meldesystem gibt,
nämlich bei der Weitergabe von Informationen von Ökounternehmen an Behörden und beim Tätigwerden der Behörden bzw. der Information des Ministeriums. Die Informationsstränge haben nicht funktioniert, Frau Harms, das werden Sie auch zur Kenntnis genommen haben.
(Frau Harms [GRÜNE]: Weil Frau Künast in 100 Tagen nicht das ganze Chaos, das Sie über Jahrzehnte aufge- baut haben, korrigieren kann! Sie muss in einem Jahr das alles aufräu- men, was Sie angerichtet haben! - Zu- stimmung bei der SPD - Zuruf von der CDU: Das ist doch eine faule Ausrede!)
- Frau Harms, Tatsache ist: Herr Minister Bartels, in Ihrem Hause ist geschlampt worden. Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht, Ökoverbände, Behörden auf Landesebene, aber auch auf Bundesebene waren es, die wie eine Art Vertuschungskartell Informationen nicht weitergegeben, sondern sich gegenseitig zugeschoben haben.