Protocol of the Session on June 12, 2002

(Schünemann [CDU]: Jetzt müsst ihr klatschen!)

Das macht viel Arbeit, Herr Schünemann, lohnt sich aber. Man sollte darüber nachdenken, ob man das in Zukunft nicht zum Prinzip macht.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Dr. Domröse, ich habe das Mikrofon abgestellt. Sie haben um dreieinhalb Minuten überzogen. Mehr kann ich wirklich nicht zulassen. Sie haben Ihren Dank bereits ausgesprochen. Überlassen Sie das Mikrofon doch der Kollegin Frau Mundlos, die für die CDU-Fraktion spricht.

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Domröse, die Drucksache zu weiten Teilen Ihrer Rede muss erst noch geschrieben werden. Die Qualität eines Hochschulgesetzes bemisst sich u. a. daran, ob die Rahmenbedingungen für Forschung und Lehre durch die Art und Weise der Beteiligung der Mitglieder der Universität verbessert werden. Das gilt insbesondere für die Entscheidungsrechte des Senats bei der Entwicklungsplanung, beim Haushalt und bei der Beschlussfassung über Berufungslisten.

Doch auch nach einjähriger Beratung ist nach wie vor die Abschaffung zentraler Mitwirkungsrechte der Hochschulangehörigen vorgesehen. Die vorgesehene Möglichkeit der Abwahl von Mitgliedern des Präsidiums mit einer Dreiviertelmehrheit ist eine eng begrenzte Ausnahmeregelung, die das fehlende Gleichgewicht von Senat und Präsidium nicht ersetzen kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war die Bewertung des Konzils der Universität Hannover zusammen mit dem Präsidenten der niedersächsischen Hochschulkonferenz. Gerade der Systemwechsel hin zur Machtfülle des Präsidenten wurde abgelehnt. Alle Senate niedersächsischer Hochschulen teilen diese Bewertung und kritisieren diesen Systemwechsel.

(Frau Trost [CDU]: Zu Recht!)

Sie finden Unterstützung bei zahlreichen Präsidenten, Vizepräsidenten, Kanzlern, Professoren, Mitarbeitern innerhalb der Hochschule und den Studierenden. Der Minister möchte aber einen mächtigen Präsidenten und ein mächtiges Präsidium, um so einen direkten Zugriff auf die Hochschulen zu haben.

(Beifall bei der CDU)

So sollen z. B künftig die alles entscheidenden Zielvereinbarungen dem Senat erst vorgelegt werden, wenn Ministerium und Präsidium diese be

schlossen haben. Es gibt keine vorherige Abstimmung und keine Mitsprache. Die Verteilung der Gelder, meine Damen und Herren, wird gleichermaßen innerhalb der Hochschule im Präsidium stattfinden. Die Mitsprache eines Hochschulparlamentes ist nicht erwünscht.

Auf uns übertragen würde das bedeuten, dass Sie alle - so wie Sie hier sitzen - künftig keine Möglichkeit mehr hätten, Ihr Landeshaushaltsrecht auszuüben. Eine solche Machtfülle lässt möglicherweise das Herz des einen oder anderen Hochschulpräsidenten höher schlagen, nimmt aber diejenigen, die die Reformen umsetzen müssen und die die Hochschule tragen, nicht mit.

(Beifall bei der CDU)

Die Professoren, die Studenten und alle Mitarbeiter werden kaltgestellt.

(Widerspruch bei der SPD)

Das Präsidium entfaltet ein unglaubliches Eigenleben.

(Plaue [SPD]: Haben Sie etwas dage- gen, dass wir diese Rede den Hoch- schulen schicken? Nein, nicht? Wir können sie auch gerne gleich ins In- ternet stellen!)

Wir hingegen wollen für die Professoren, Mitarbeiter und Studierenden mehr Selbstverwaltung und Mitwirkung eröffnen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb wollen wir dem Senat als Parlament der Hochschule mehr Kompetenzen und Entscheidungsrechte geben, als es die Landesregierung und die SPD-Fraktion wollen. Wir wollen, dass im Zusammenspiel mit dem Präsidium auch die Befugnisse über die Wirtschaftspläne, die Zielvereinbarungen, die innere Organisation, die Befugnisse über Berufungsvorschläge hinzukommen können, was wir durch einen entsprechenden Änderungsantrag zu diesem Gesetzentwurf unübersehbar dokumentiert haben.

(Wulf (Oldenburg) [SPD]: In letzter Minute! - Frau Seeler [SPD]: Zwei Tage vor Schluss!)

Dieser Änderungsantrag stört einen Hochschulpräsidenten ganz besonders, nämlich den Präsidenten der Uni Hannover, dessen Konzil und Senat sich

eindeutig gegen diese Machtfülle des neuen Präsidenten ausgesprochen haben. Ich habe das eingangs zitiert. Dieser Präsident schreibt nun eine Stellungnahme der Landeshochschulkonferenz und kritisiert den CDU-Antrag. Gegen Kritik ist überhaupt nichts einzuwenden, wobei konstruktive Kritik natürlich besser gewesen wäre.

(Beifall bei der CDU)

Aber eine persönliche Vorstellung, die auch darauf beruht, dass man persönlich in diesem Amt betroffen ist, als Stellungnahme aller Präsidenten darzulegen, während diese zum größten Teil nichts davon wissen, lässt ahnen, welche Risiken dann erst mit der Machtfülle der neuen Form des Präsidenten verbunden sein dürften.

(Beifall bei der CDU)

So viel zum inneruniversitären Machtverhältnis.

Ich will weitere Kritikpunkte an dem Hochschulgesetz ansprechen. Die so genannte Stiftungshochschule ist nichts anderes als ein - zugegeben - nicht ungeschickter, aber doch politischer Etikettenschwindel.

(Widerspruch bei der SPD)

Es handelt sich lediglich um Zuwendungsstiftungen, Stiftungshüllen, die dauerhaft am Tropf des Staates hängen werden. Von den Liegenschaften als Stiftungsvermögen zu sprechen, ist recht gewagt, da der Gesetzentwurf selbst vorsieht, dass das Vermögen in seinem Bestand zu erhalten ist. Man stellt also etwas als Köder in Aussicht, was die Hochschulen bereits haben, was sie vermutlich mehr kostet, als es ihnen einbringt. Die Landesregierung hofft, über die Rechtsform der Stiftungshochschule - sprechen wir es doch ruhig offen aus - an das Vermögen von Privatleuten zu gelangen und so neue Quellen der Hochschulfinanzierung, die sie selbst nicht hinreichend leistet, zu erschließen.

So gesehen, Herr Dr. Domröse, haben Sie Recht, wenn Sie von einer transparenten Hochschulfinanzierung sprechen: Ein Topf, der leer ist, ist überschaubar und transparent.

(Beifall bei der CDU)

Wir wissen aber, dass die Stiftungskultur bei uns in Deutschland eine ganz andere ist als in Amerika. Bei uns kommen ganze 0,4 %, bezogen auf die

Gesamtausgaben aller Hochschulen in Deutschland, aus Stiftungen, lediglich 100 Mio. Euro.

(Plaue [SPD]: Das wollen wir verbes- sern! Warum sind Sie dagegen?)

Das ist reichlich wenig.

(Frau Seeler [SPD]: Drum!)

Wenn wir über die Finanzen sprechen und deutsche Hochschulen mit den so oft zitierten Hochschulen wie die ETH Zürich, wo die Studierenden mehr als viermal soviel Geld zur Verfügung gestellt bekommen, und das MIT mit siebeneinhalbmal soviel Geld wie an deutschen Hochschulen, dann kann man lediglich sagen: Davon können Niedersachsens Hochschulen nur träumen. Die Kürzungen von 1995 bis 2003 um über 530 Millionen schwächen unsere Hochschulen nachhaltig im nationalen und internationalen Wettbewerb.

(Beifall bei der CDU)

Von Konkurrenzfähigkeit ist keine Rede. Hier wird versucht, Amerika zu einem Zehntel des Preises zu kopieren.

Bei den hochschulpolitischen Rahmenbedingungen fehlt uns in der Tat das Recht auf Auswahl der Studierenden nach Leistungsfähigkeit und Befähigung. Wie sieht es wirklich mit der Autonomie der Hochschulen bezüglich eines Konzeptes zur Qualifikation des wissenschaftlichen Nachwuchses aus? Die Juniorprofessur wird als Regelfall festgeschrieben. Flexibilität, eigene Möglichkeiten und Eigenverantwortung der Hochschulen – Fehlanzeige. Darüber hinaus werden die Hochschulen gegängelt, indem sie - institutionalisiert - Hochschulräte einführen müssen. Interessanterweise hat der ehemalige Präsident der Uni Göttingen, Prof. Schreiber, einmal kritisiert, solche Hochschulräte seien in erster Linie Ruheplätze für zu versorgende Politiker.

(Beifall bei der CDU)

Darüber hinaus gibt es im medizinischen Bereich große Sorgen, weil § 41 die Möglichkeit eröffnet, durch die HumanMed-Verordnung die §§ 17 bis 58 ganz auszuhebeln. Das ist Autokratie und nicht Autonomie.

Meine Damen und Herren, wir wollen in der Tat mehr Verantwortung an die Hochschulen abgeben. Das haben wir in einem Gesetzentwurf bereits 1997 deutlich gemacht und 1999 noch einmal op

timiert und dargelegt. Wir sehen in den Hochschulen auch Mitstreiter auf dem Weg zu einer leistungsfähigen Hochschullandschaft. Deshalb wollen wir ihnen die Verantwortung übereignen. Wir wollen eine Senatsverfassung in der Verantwortung der Hochschulmitglieder statt einer Präsidialverfassung.

(Beifall bei der CDU)

Wir stehen für notwendige konzeptionelle Flexibilität, für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, aber nicht für die Juniorprofessur als Allheilmittel. Das Selbstauswahlrecht treten Sie mit Füßen, und die Finanzen vernachlässigen Sie sträflich, sodass wir im Verhältnis zu den süddeutschen Flächenländern - u. a. bestätigt durch die Bertelsmann-Stiftung - zurückfallen.

Dass Sie für nach vorn gewandte Reformen, für mehr Mitverantwortung, für mehr Selbstverwaltung, mehr Beteiligung der in Hochschule Arbeitenden und Tätigen, stehen, zeigt dieser Gesetzentwurf jedenfalls nicht auf.

(Groth [SPD]: Sie sind die Einzige, die das meinen!)

Dass Sie hier und heute nicht das leisten können oder wollen, was Sie über lange Monate hin vollmundig versprochen haben, wird offensichtlich.