Protocol of the Session on November 10, 2023

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Landesregierung die Bildungsministerin Frau Oldenburg.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Wettkampfgedanken bei den Bundesjugendspielen erhalten“ – mit diesen Worten verabschiedete der sportpolitische Sprecher der CDU eine Resolution und forderte den rot-grünen Hamburger Senat auf, sich auf Bundesebene für die Beibehaltung des Wettkampfcharakters einzusetzen. So ähnlich positioniert sich auch die CDU im Saarland, wenn hier der sportpolitische Sprecher im Landtag beschreibt, wie

falsch er diesen Wettbewerbsgedanken findet. Er nennt die Entscheidung, dass sich die Kleinen nicht mehr in einem Wettkampf, sondern in einem Wettbewerb messen, pädagogisch zweifelhaft. Er betont, dass Kindern vermittelt werden muss, dass Niederlagen zum Leben gehören und man nach Niederlagen wieder aufstehen kann. Auch in Schleswig-Holstein will der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU die Bundesjugendspiele retten und nun schwappt dieser Gedanke auch in unser Bundesland.

(Daniel Peters, CDU: Na Gott sein Dank!)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube nicht daran, dass die Wiedereinführung von Wettkämpfen alleine dazu beiträgt, mit Niederlagen richtig umzugehen.

(Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD: Aber ganz gewaltig.)

Um zu erkennen, wie schwer es auch Erwachsenen fällt, Niederlagen zu akzeptieren und daraus auch Schlüsse zu ziehen für künftiges Handeln, muss man nicht in die Ferne schweifen, das begegnet uns auch bei Erwachsenen täglich.

Vielleicht ist es wichtig, noch einmal daran zu erinnern, dass die Kinder in unserem Bundesland weder in der 1. noch in der 2. Klasse mit Noten bewertet werden, sondern ein Kompetenzzeugnis erhalten, um ihrer Entwicklung Rechnung zu tragen und gerade in diesem Alter Misserfolgserlebnisse zu begrenzen. Ich gebe Ihnen vollkommen recht, dass man sie nicht beschützen muss und dass wir die Misserfolgserlebnisse nicht ausgrenzen dürfen. Da haben Sie vollkommen recht, Herr Waldmüller, aber man muss sie begrenzen. Ob Wettkampf oder Wettbewerb, der Leistungsgedanke bleibt erhalten, denn auch in dieser Wettbewerbsform messen sich die Kinder untereinander. Und Sie haben ja beschrieben, dass Kinder sich immer messen wollen, und das stimmt, und es bleibt aber trotzdem erhalten.

Die Bezugsgrößen in der Leichtathletik sind aber jetzt nicht mehr die Normtabellen, sondern die Platzierung der Kinder innerhalb der Klasse oder aber der Klassenstufe. Und beim Schwimmen werden im Wettbewerb die Leistungen mit „gekonnt“ oder „nicht gekonnt“ bewertet.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Da die meisten Kinder in Mecklenburg-Vorpommern erst in der 3. oder 4. Jahrgangsstufe Schwimmunterricht haben, macht doch ein Wettkampf in diesem Altersbereich auch wirklich keinen großen Sinn.

Und weil ich jetzt eben das Gelächter höre, es geht hier um Bundesjugendspiele, nicht um den Sportunterricht in der Schule.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Na warten Sie mal ab!)

Das sind zwei ganz verschiedene Sachen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Nee.)

Ich hoffe, dass ein Redner noch sagen wird, wie viele Schulen denn überhaupt in Mecklenburg-Vorpommern an diesen Bundesjugendspielen teilnehmen. Wir reden nicht

vom Sportunterricht, wir reden von Bundesjugendspielen, die außerhalb von einer Form sind.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von René Domke, FDP)

Die sind nicht zu vergleichen wie in der DDR mit Spartakiaden oder so, sondern es gibt nur diese Bundesjugendspiele. Da baut nichts irgendwo drauf auf, sondern sie sind einfach in den Bundesjugendspielen dann angemeldet. Und wie gesagt, bei uns lernen die Kinder in der 3. und in der 4. Jahrgangsstufe schwimmen, also macht sich ja eine Wettkampfform in einem früheren Alter bei den Bundesjugendspielen auch nicht so richtig gut.

Und genau mit dieser Thematik „Wettkampf oder Wettbewerb“ hat sich ein Ausschuss befasst und einen Beschluss gefasst. Allerdings gehe ich davon aus, dass dieser Ausschuss, dass dem das nicht an Kompetenz mangelt.

(René Domke, FDP: Wer saß denn da drin?)

Ich möchte Ihnen sagen, womit, wie er zusammengesetzt ist: Das ist die Kommission Sport der Kultusministerkonferenz, das ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das ist der Deutsche Olympische Sportbund. Das sind Vertreter der Spitzenverbände, die an den Bundesjugendspielen teilnehmen, also der Behindertensportverband, der Deutsche Leichtathletik-Verband und der Deutsche Turner-Bund. So setzt sich das zusammen. Das ist keine geringe Kompetenz und das ist auch keine geringe Erfahrung, die hier diese Empfehlung gefasst hat.

Sehr geehrte Damen und Herren, bereits seit 2011 wurde die Wettbewerbsform für die Jahrgangsstufen 1 und 2 schon verbindlich eingeführt, also vor zwölf Jahren. Und nun hat die Kommission Sport zahlreiche Experten der Vertretungen des Ausschusses der Bundesjugendspiele angehört. Und hinter diesen Empfehlungen stand die Beobachtung, dass bei den klassischen Formen sowohl in der Leichtathletik als auch im Schwimmen nicht mehr alle Kinder erreicht wurden, denn die Bundesjugendspiele waren so konzipiert, dass die Erwartungen und Regeln, die für Erwachsene gelten, auf die Kinder übertragen wurden. Und hier wurden weniger die Fragen der motorischen, körperlichen und auch der sozialemotionalen und kognitiven Entwicklung in den Fokus genommen. Und das hat man eben jetzt versucht zu berücksichtigen oder berücksichtigt, dass sich Kinder entwickeln in dieser Zeit.

Mit der Neuerung zum Wettbewerbsformat sind die Bundesjugendspiele – und ich habe Ihnen genannt, welche Experten das entschieden haben – nun motorisch vielseitiger, kindgemäßer und natürlich auch entwicklungsorientierter ausgerichtet. Der Wettbewerb kann jetzt praktisch auf allen Sport- und Freizeitanlagen durchgeführt werden und ist nicht mehr ausschließlich von normierten Sportanlagen abhängig. Die Schulen können selbst entscheiden, welche Disziplinen sie im Wettkampf durchführen wollen. So sind Staffelläufe, Umkehrläufe, Drehwürfe, Sprünge in bestimmten Zonen, wie Herr Waldmüller schon sagte, möglich. Leistungen können jetzt einfacher und schneller erfasst werden. Das führt bei den Bundesjugendspielen zu weniger Wartezeit, zu mehr Bewegungszeit.

Sehr geehrte Damen und Herren, wie bereits erwähnt, wurde die Wettbewerbsform für die ersten beiden Jahrgangsstufen bereits vor zwölf Jahren eingeführt. Und das bleibt nicht ohne Folgen, denn bei der LeichtathletikEuropameisterschaft der U20-Jährigen in diesem Jahr in Jerusalem hat Rosina Schneider Gold bei den 800 Metern geholt, Nina Ndubuisi Gold im Kugelstoßen. Deutschland erzielte insgesamt einen Dreifacherfolg im Diskuswerfen bei den jungen Frauen. Lasse Schulz und Lukas Schober erzielten Gold und Silber im Kugelstoßen und Amadeus Gräber holte Gold in der Königsdisziplin, dem Zehnkampf. Na, wenn das nichts ist!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Die deutschen Leichtathletiktalente der U20-Europameisterschaften hat Deutschland als stärkste Mannschaft abgeschlossen. Expertinnen und Experten aus der Leichtathletik führen diesen positiven Entwicklungstrend auch auf die Einführung der sogenannten Kinderleichtathletik 2011 zurück. Und diesen Erfolg werden wir nicht behindern oder gar beenden. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin!

Die Ministerin hat die angemeldete Redezeit um drei Minuten überschritten.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD Herr de Jesus Fernandes.

Sehr geehrtes Präsidium! Werte Abgeordnete! Natürlich geht es in diesem Antrag um eine gesellschaftspolitische Entscheidung, die wir mitdiskutieren.

(Thore Stein, AfD: Richtig!)

Und mit Erlaubnis des Präsidiums würde ich gerne ein Zitat vortragen: „Bei uns haben sie jetzt das Wählen im Sportunterricht abgeschafft“, weil wenn ein Kind zuletzt gewählt wird, dann wäre das für das Kind „traumatisierend“.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – David Wulff, FDP: Das war schon immer ganz schön fies.)

„Ja, das traumatisiert,“

(allgemeine Unruhe)

„und zwar zu Recht,“

(Julian Barlen, SPD: Zu Recht?)

„denn wer“ schlecht „spielt, wird nicht gewählt. Das ist ein ganz wichtiges Lernziel der Schule, dass man das begreift.“

(allgemeine Unruhe – Torsten Koplin, DIE LINKE: Auslese. – Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

„Wir haben eine Grundschule bei uns um die Ecke, und dort haben sie ernsthaft den Wettlauf abgeschafft. … Ich bin zwar nicht wirklich oft zur Schule gerannt …, aber da bin ich hin“

(Zuruf von Julian Barlen, SPD)

„und ich habe dort gefragt,“

(Zuruf vonseiten der Fraktion der SPD: Und, angekommen?)

„… warum gibt es hier keinen Wettlauf mehr, das macht den Kindern doch Spaß. Da hat mir die Lehrerin wörtlich gesagt: Weil die einen Kinder schneller sind als die anderen.“ Zitatende. Und wissen Sie, von wem das ist? Wissen Sie nicht, ne, weil Ihnen Humor abgeht. Das ist von Dieter Nuhr, der genau über diese gesellschaftspolitischen Themen eben auch seine Satire macht, wo die ganze Bevölkerung sicherlich ihren Spaß dran hat,

(Zurufe von Julian Barlen, SPD, und Marcel Falk, SPD)

weil die das nämlich nachvollziehen kann, dass das hanebüchener Unsinn ist, wenn man den Wettkampfgedanken verabschiedet,

(Heiterkeit und Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

meine Damen und Herren!