Protocol of the Session on January 25, 2023

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem energiepolitisch sehe ich keine Zeitenwende. Wir haben inzwischen in Deutschland drei LNG-Terminals,

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

die zu einem kleinen Teil die Gaslieferungen ersetzen, die vorher durch Nord Stream 1 kamen. Gleichzeitig ist die Ampelkoalition aber nicht bereit, erneut über Verlängerungen der Laufzeiten für Kernkraftwerke zu reden. Und außerdem soll Deutschland in sieben Jahren aus der Kohle aussteigen. Demnach stehen in sieben Jahren nur noch erneuerbare Energien, Gas von unseren europäischen Partnern und etwas LNG zur Verfügung. Das wird nicht reichen,

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Oha!)

jeder kann das nachrechnen. „Wird schon werden“ ist keine Energiestrategie für ein Land, dessen Wohlstand nach wie vor in erheblichem Maße auf energieintensiver Industrie basiert. Hier wäre eine Zeitenwende angebracht hin zu sicherer Energieversorgung, hin zu einer echten Strategie. Leider, es gibt sie bislang noch nicht.

Und wir werden natürlich diese Woche noch über die Energiewende sprechen und über den Beitrag, den Mecklenburg-Vorpommern leistet. Ich stelle hierzu allerdings auch fest, im letzten Jahr wurden in MecklenburgVorpommern ganze 15 Windkraftanlagen genehmigt. Das liegt natürlich auch daran, dass die Genehmigungszeiten in Mecklenburg-Vorpommern die längsten in ganz Deutschland sind. Dafür mag beispielsweise Herr Backhaus Ausreden haben, Frau Schwesig mag das auch weglächeln. Aber was die Energiewende angeht, sind wir hinten und unten im Ranking.

(Sebastian Ehlers, CDU: So ist es.)

Und ob sich das ändern wird, werden wir sehen. Die Zuständigkeiten bei den Genehmigungsverfahren zu ändern, das kann sicher einen Beitrag leisten. Wir werden ja gleich den entsprechenden Gesetzentwurf der Landesregierung hier noch diskutieren. Erstaunlicherweise scheint die Landesregierung allerdings auch nicht selbst so richtig an ihr Gesetz zu glauben. Ich hätte mir an dieser Stelle auch gewünscht, dass die Landesregierung mutiger gewesen wäre und auch die Genehmigungsverfahren für Leitungsnetze verändert. Es gab ja durchaus da auch Ideen. Und meine Fraktion hat ja auch im entsprechenden Ausschuss dazu einen Änderungsantrag gestellt. Die Linkskoalition hat auch das abgelehnt. An dieser Stelle auch Zeitenwende abgesagt.

Und auch bei den Netzentgelten warten die Menschen auf eine Zeitenwende. Nach wie vor zahlen wir die höchsten Preise. Frau Schwesig hat das hier auch erwähnt. Ich habe die Worte gehört, ich bin jetzt auf die Taten gespannt.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, so sehr ich es mir wünsche, die Zeitenwende ist allenfalls Stückwerk, und Mecklenburg-Vorpommern steht dieser Zeitenwende in besonderer Weise im Wege. Sicherheits-, außen- und verteidigungspolitisch spricht die Landesregierung nicht mit einer Stimme. Es fehlt ihr an Glaubwürdigkeit, die Energiewende kommt langsamer voran als anderswo, den gesetzlichen Neuregelungen fehlt letztlich der Mut. Zeitenwende ist ein schönes Wort, aber jetzt braucht es Taten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Fraktionsvorsitzende Frau Rösler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Wort „Zeitenwende“ ist untrennbar verbunden mit dem Entsetzen über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und dessen scharfe Verurteilung. Das Wort „Zeitenwende“ und vor allem die ganz aktuelle Entwicklung sind verbunden mit der Angst und der Verunsicherung der Menschen, der Angst vor einer Ausweitung des Krieges, der Angst vor einem möglichen Atomkrieg. Die sogenannte Zeitenwende hat Aufrüstung in Deutschland und in Europa in Gang gesetzt. Die Logik des Militärischen und der Kriegsproduktion gewinnen in erschreckender Weise immer weiter Oberhand.

„Zeitenwende“ steht für den Begriff einer neuen Ära, und es ist Aufgabe und Verantwortung aller, dass diese neue Ära nicht auf Hochrüstung, Leid und Krieg aufgebaut wird. In den Mittelpunkt gehört die Frage, wie durch Frieden das Blutvergießen beendet werden kann.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, viele Menschen blicken mit Sorge zurück auf das letzte Jahr, mit Sorge in die Zukunft. Es ist Realität: Menschen geraten zunehmend in Not. Wenn mehr als zwei Millionen Menschen und damit mehr als doppelt so viele wie im Jahr 2021 die Hilfe der Tafeln benötigen, dann spricht dies für sich, für eine enorm gewachsene soziale Ungleichheit, wie sie auch der jüngste Oxfam-Bericht einmal mehr deutlich anprangert. Von den Krisen und Kriegen profitieren wenige in einem unfassbar hohen Ausmaß.

Mit unserem Protest gegen diese massiven Verwerfungen stehen wir nicht allein. Auch Gewerkschaften, die Kirchen und viele Organisationen fordern eine weitreichende Besteuerung von Krisengewinnen, um eben Armut, Ungleichheit und Klimakatastrophen zu bekämpfen, Ursachen von Krieg, Flucht und Zerstörung weltweit.

Meine Damen und Herren, unter sehr schwierigen Bedingungen bringt die rot-rote Landesregierung MecklenburgVorpommern durch die stürmischen Zeiten und macht es zugleich fit für die Zukunft. Sie hat schnell und zielgerichtet ein ganzes Bündel an Maßnahmen ergriffen, um die ausgerufene Zeitenwende mit den Menschen im Land zu meistern. Mit mehr als 1 Milliarde Euro im Energie- und Härtefallfonds haben wir nicht nur Instrumente der Krisenbewältigung auf den Weg gebracht, sondern auch Zukunfts

investitionen für die Umstellung des Wirtschafts- und Energiesystems. Eine halbe Milliarde Euro wird davon allein aus dem Landeshaushalt bereitgestellt – ein ganz gewaltiger Kraftakt! Mit den Mitteln aus dem Härtefallfonds kommt Geld zum Einsatz – dort, wo die Energiekrise soziale und andere Einrichtungen in existenzielle Bedrängnis bringt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch wenn durch große Anstrengungen eine Gasmangellage unwahrscheinlicher wird, geht es weiter und auch unabhängig davon darum, Energie einzusparen und neue Quellen zu erschließen. In Lubmin ist vor wenigen Tagen ein LNGTerminal in Betrieb gegangen. Die Einspeisung in das Gasnetz funktioniert und auch die Versorgung der Raffinerie Schwedt über den Hafen Rostock läuft. Das verschafft Luft, aber keine Verschnaufpause. Die Investitionen müssen sichern, dass LNG nur der Überbrückung dienen kann, denn die Zukunft gehört dem Wasserstoff. Das ist die Chance für die wirtschaftliche Entwicklung im Land und weit darüber hinaus.

(Thore Stein, AfD: Sieht das die Wirtschaft auch so? Ich glaube nicht.)

Wir wollen nicht, dass erneuerbare Energien nur abgeleitet oder Windkraftanlagen abgeschaltet werden, weil die Netze überlastet sind. Wir wollen, dass Wertschöpfung im Land bleibt. Und das ist mit der Wasserstofftechnologie machbar.

(Thore Stein, AfD: Und wo ist die?)

Wir nutzen die Chancen einer klugen Ansiedlungspolitik mit dem Ziel, dass sich Unternehmen eben dort ansiedeln, wo auch der Strom erzeugt wird,

(Thore Stein, AfD: Wen haben Sie denn schon angesiedelt hier?)

und der muss selbstverständlich bezahlbar sein. Und deshalb wird sich die rot-rote Landesregierung weiter mit aller Vehemenz für eine solidarische Wälzung der Netzentgelte einsetzen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, wenn wir über Energiewende reden, müssen wir auch über die Verkehrswende reden. Wir haben mit dem Azubi-Ticket, dem dreimonatigen Stresstest durch das 9-Euro-Ticket und der geplanten Einführung des Deutschlandtickets nebst Seniorenticket in der Tariflandschaft mehr erreicht als in den Jahrzehnten zuvor. Logisch, dass das nicht von heute auf morgen alles wie geschmiert läuft. Wir wissen, dass das Nahverkehrsangebot beileibe noch nicht so aufgestellt ist, dass alle Menschen von preisgestützten Tickets profitieren können. Aber die Schelte des Kollegen Wulff von der FDP war unnötig.

(David Wulff, FDP: Hier! – Zuruf vonseiten der Fraktion der CDU: Aha!)

Herr Wulff, seien Sie versichert, mehr Bus und Bahn ist und bleibt das Ziel der rot-roten Koalition!

(Zurufe von Sebastian Ehlers, CDU, und René Domke, FDP – Heiterkeit und Zuruf von David Wulff, FDP)

Stichwort „Landesweites Rufbussystem“, „Digitalisierung des ÖPNV“ und die eine oder andere Verbesserung im Bahnangebot einschließlich zusätzlicher Saisonzüge – etwa von Berlin an die Ostsee –, all das kostet viel Geld,

(Sebastian Ehlers, CDU: Schön für die Menschen aus M-V!)

sehr viel Geld!

(Sebastian Ehlers, CDU: Ja.)

Und direkt an Sie, an die FDP gerichtet: Sorgen Sie mit dem direkten Draht zum Bundesverkehrsminister dafür,

(René Domke, FDP: Ein Feiertag kostet auch viel Geld, Frau Kollegin!)

dass die Regionalisierungsmittel weiter erhöht werden! Mehr Mittel bedeuten am Ende auch mehr Bus und Bahn. Und dafür sollten Sie sich an der richtigen Stelle stark machen!

(René Domke, FDP: Ja.)

Meine Damen und Herren, vor einem Jahr,

(Zurufe von Daniel Peters, CDU, und René Domke, FDP)

vor einem Jahr war vieles, was uns nur wenige Wochen und Monate später vor besondere Herausforderungen stellte, überhaupt nicht vorstellbar. Tausende Kinder und Jugendliche flohen und fliehen zumeist mit ihren Müttern aus der Ukraine. Derzeit sind knapp die Hälfte der rund 12.000 Kinder und Jugendlichen nicht deutscher Herkunftssprache geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. Sie sind oft traumatisiert und brauchen gute Betreuung. Die pädagogischen und organisatorischen Aufgaben sind so groß wie nie zuvor. Dennoch, sie werden von allen, die in Kita und Schule arbeiten oder für Kita und Schule Verantwortung tragen, eindrucksvoll und hoch engagiert gemeistert. Dafür Respekt, Anerkennung und großen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zurufe von Sebastian Ehlers, CDU, und Daniel Peters, CDU)

Wir haben das bisher geschafft, meine Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, wir schaffen das auch in Zukunft!

(Zuruf von Jan-Phillip Tadsen, AfD – Harry Glawe, CDU: Ja, ja, ja, ja!)

Meine Damen und Herren, Rot-Rot bleibt nicht bei der Krisenbewältigung stehen. Wir kümmern uns unter anderem ganz konkret um eines der drängendsten Probleme der Unternehmen außerhalb der Energiepreisentwicklung, und zwar die Fachkräftesicherung und Fachkräftegewinnung. Alles, was dazu beiträgt – angefangen von guter Kita,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Schule, Aus- und Weiterbildung bis hin zu guten Löhnen –, sind Zukunftsinvestitionen.

(Zuruf von Jan-Phillip Tadsen, AfD)

Und dies gilt gleichermaßen für die Förderung von Willkommenskultur und Weltoffenheit. – Vielen Dank!